Wir hatten es befürchtet: Der ständige Ausschuss der Berner Konvention in Straßburg hat den Schutzstatus des Wolfs geschliffen. Die Entscheidung vom 3.12. 2024 schafft die Voraussetzung für einen schnelleren Abschuss von Wölfen. Ich sehe das als einen äußerst bedenklichen Präzedenzfall.
Den Schutzstatus des Wolfes herabzustufen ist offenkundig eine rein politisch motivierte Entscheidung. Die Entscheidung wurde ohne belastbare wissenschaftliche Grundlage gefasst, wie etwa Experten der Large Carnivore Initiative bestätigen. Diese Gruppe der Weltnaturschutzunion (IUCN) wird regelmäßig von der Berner Konvention und der Europäischen Kommission konsultiert.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse gibt es nicht. Der gleiche Wissensstand, der 2022 noch die Ablehnung eines Vorstoßes der Schweiz zur Herunterstufung des Wolfs begründete, dient nun als Grundlage dafür, den Schutz zu mindern. Diese Farce schwächt das Vertrauen in die europäischen Institutionen, die eigentlich auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse handeln sollten. Zumal eine Legalisierung der Jagd auf Wölfe gar nicht mit EU-Recht zu vereinbaren ist, wie der Europäische Gerichtshof noch im August 2024 bestätigte.
Das Absurde: Bejagung der Wölfe hilft eben nicht
Eine Lockerung des Schutzstatus ist noch nicht mal ein effektives Mittel zur Verringerung von Wolfsrissen an Weidetieren. Eine Studie aus der Slowakei zeigt, dass Abschüsse von Wölfen keine signifikanten Verbesserungen für Nutztierhalter bringen. Und für sogenannte Problemwölfe, die trotz hoher Zäune Nutztiere reißen, gibt es ohnehin bereits jetzt Regelungen zum Abschuss.
Was wirklich gegen den Wolf hilft
Ich kann es nur immer wieder betonen: Das wirksamste Mittel zur Verringerung von Nutztierrissen bleibt effektiver Herdenschutz. Es ist entscheidend, gezielt und unbürokratisch in die Unterstützung von Weidetierhaltern zu investieren, um Konflikte mit Wölfen zu minimieren — anstatt auf undifferenzierte Jagd zu setzen. Bessere Entschädigungsregelungen und eine stärkere Nutzung von EU-Fördermitteln für den Herdenschutz sind der richtige Weg.

Bevor jetzt in Deutschland Wölfe leichter gejagt werden können, muss aber noch das EU-Recht geändert werden. Zunächst die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH), in der die Schutzbestimmungen von Tieren, Pflanzen und Lebensräumen festgeschrieben sind. Das braucht die Zustimmung des Rates und des Europäischen Parlaments. Und dann müsste in Deutschland auch das Bundesnaturschutzgesetz geändert werden. Wenn eine Änderung angenommen wird, wären Wölfe zwar noch geschützt, aber nicht mehr unter „strengem“ Schutz.
Welche Arten sind als nächstes dran?
Ich befürchte, dass die Causa Wolf ein gefährlicher Präzedenzfall ist, um die Flora Fauna-Habitat-Richtlinie insgesamt zu schleifen. Nach den Attacken auf den Wolf dürften Versuche auf Otter, Luchse, Greifvögel und andere „unbequeme“ Wildtiere folgen. Die Diskussion um den Wolf darf nicht den europäischen Artenschutz insgesamt untergraben.
Der Beitrag Der Wolf – ein bedenklicher Präzedenzfall erschien zuerst auf WWF Blog.