Waldsterben 2.0? Geschockt im Gespensterwald

Mein Leben dreht sich quasi 7 Tage die Woche um den Wald. Unter der Woche arbeite ich für den WWF zu internationalen Waldthemen. Am Wochenende bin ich praktische Försterin im heimischen Mecklenburger Wald. Und ganz ehrlich: Das zurückliegende Wochenende hat mich zutiefst erschüttert! Ich habe den Wald sterben sehen.

Sterben im Wald jetzt auch die Buchen?

Ich bin durch einen absterbenden 170 jährigen Buchenwald gewandert. Unmengen teilweise noch grüner Blätter am Boden. Es sah nicht nach Spätsommer, sondern nach tiefstem Herbst aus. Nicht nur die alten Buchen, auch junge und mittelalte Bäume lassen durch den anhaltenden Trockenstress ihre Blätter fallen. Ist die Buche nun nach Ulme, Esche, Fichte, Kastanie die nächste Baumart, die flächenmäßig ausfallen wird?

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Auch in einem angrenzenden Naturschutzgebiet, wo seit über 30 Jahren nichts forstlich gemacht wurde, schaut es nicht anders aus. Selbst im Naturschutzgebiet am See sind die Buchen braun.

Waldsterben Mecklenburg 2019: Selbst am See sind die Buchen braun
Selbst am See sind die Buchen braun © Von Laer / WWF

International glaubwürdig — aber Waldsterben vor der eigenen Haustür?

Mir stellt sich nun die dringende Frage: Wie können wir international glaubwürdig auftreten, für einen Stopp von Entwaldung und uns für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung einsetzen, wenn uns der eigene Wald unter den Händen wegstirbt? Wir werben dafür, dass man dem Tropen-Wald seinen richtigen monetären Wert beimisst, die sogenannte Inwertsetzung von Ökosystemdienstleistungen (Klima, Biodiversität, Wasserspeicher, Erholung etc). Nur so kann man mit anderen Landnutzungsformen wie der Waldumwandlung zu Soja in Brasilien und zu Palmöl in Indonesien konkurrieren. Wir müssen aber mit gutem Beispiel vorangehen!

Wald heißt mehr als Holz!

Noch habe ich mehr Fragen als Antworten. Aber sicher ist: Unser Wald ist bei weitem mehr als ein Holzlager. Ich möchte hier nicht den Wert von Holz schmälern. Natürlich wünsche ich mir auch, dass wir unseren Holzbedarf aus den Wäldern vor der Tür decken können, statt auf teilweise dubiosen Import aus dem Ausland angewiesen zu sein, der zudem mit einem hohen CO2-Fussabdruck einhergeht.

Aber auch unser Wald

  • schützt das Klima, durch den in der Waldbiomasse gespeicherten Kohlenstoff;
  • ist Lebensraum von zwei Dritteln aller Pflanzen- und Tierarten;
  • ist Wasserspeicher und Produzent von Sauerstoff.

Um den Wald in Deutschland unter ungewissen Folgen des Klimawandels schützen zu können, darf sich die Bewirtschaftung nicht ausschließlich auf die reine Holzwirtschaft beschränken. Wir müssen hin zu einem naturnahen Waldmanagement, indem nicht nur finanzielle Anreize über den Verkauf von Holz gesetzt werden!

Der Beitrag Waldsterben 2.0? Geschockt im Gespensterwald erschien zuerst auf WWF Blog.