Klimakrise: Wenn sich Zeitfenster schließen

Bei manchen Dingen ist das eben so: Es gibt ein (Zeit)fenster, das sich irgendwann schließt – und dann ist es zu spät. „Window of opportunity“, sagt man auf Englisch. Beispiele für solche Fenster gibt es zahlreich. Der Gärtner säht in einem bestimmten Zeitfenster, damit die Pflanzen wachsen und Früchte tragen. Marktlücken haben oft ein Zeitfenster, in dem sie von Unternehmer:innen genutzt werden können, bevor andere ihnen zuvorkommen.

Ein anderes Window of opportunity betrifft ist drängender als je zuvor: Die Klimakrise. Der Weltklimarat der Vereinten Nationen hat in seinem Bericht zu den naturwissenschaftlichen Grundlagen nochmal deutlich unterstrichen, dass die Zeit drängt. Die Veränderungen, die der Mensch im Klimasystem verursacht, sind bereits jetzt beispiellos. Die Oberflächentemperatur, die CO2-Konzentration in der Atmosphäre und der Meeresspiegel steigen immer schneller an. Bereits jetzt ist die Temperatur auf der Erde durchschnittlich 1,1°C höher als zwischen 1850 und 1900. Das hat weitreichende Folgen.

Folgen der Erderhitzung

Extreme Wetterereignisse wie Starkregen, Dürre oder extreme Hitze betreffen uns bereits jetzt. Mit steigender Erderhitzung werden diese Extremwetter noch häufiger. Die Flutkatastrophe in Deutschland – wir alle haben die Bilder aus dem Sommer 2021 noch im Kopf – ist nur ein Beispiel. Der Starkregen war, wie viele weitere Extremwetter ebenfalls, durch die Erderhitzung deutlich wahrscheinlicher geworden.

Außerdem ist auch die Artenvielfalt massiv von der Klimakrise bedroht: Die Klimaveränderungen beeinflussen die Lebensräume von Tieren und Pflanzen und sensible Ökosysteme geraten aus dem Takt. Ein Beispiel ist die Bramble-Cay-Mosaikschwanzratte – die sagt euch nichts? Es gibt sie auch leider nicht mehr. Sie hat 2016 traurige Berühmtheit erlangt, weil sie ist als erstes Säugetier nachgewiesenermaßen durch die Klimakrise ausgestorben ist. Dieses Schicksal droht auch unzähligen weiteren Arten. Die damit verbundene Kettenreaktion in Ökosystemen gefährdet die gesamte biologische Vielfalt.

Kopf hoch statt in den Sand!

Es gibt aber keinen Grund den Kopf in den Sand zu stecken. Denn der Weltklimarat macht nicht nur deutlich, dass die Erderhitzung dramatische Folgen hat, sondern auch, dass sie menschengemacht ist. Das ist eine gute Nachricht. Denn was wir selbst verantworten, haben wir auch selbst in der Hand – noch zumindest! Womit wir wieder beim Zeitfenster wären. Jetzt zählt Schnelligkeit und Effektivität. Die Geschwindigkeit, mit der sich das Klima verändert, zeigt uns, dass wir nicht mehr viel Zeit haben:

Das Fenster ist noch offen – aber es schließt sich sehr bald.

Jetzt zählt jedes Zehntelgrad und jede Maßnahme, um die Ziele des Pariser Abkommens einzuhalten. Alle Staaten müssen dazu beitragen die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen und noch schneller Treibhausgasemissionen zu reduzieren.

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Einerseits kann auch jede:r Einzelne von uns versuchen seinen oder ihren Alltag so klimafreundlich wie möglich zu gestalten. Zum Beispiel viel Fahrrad und ÖPNV fahren und weniger tierische Produkten verbrauchen. Aber wir brauchen vor allem einen regulatorischen, übergeordneten Rahmen, um Klimaschutz sozialverträglich und effektiv anzugehen. Mit anderen Worten: die Politik ist gefragt.

Die neue Bundesregierung muss das Zeitfenster nutzen!

Die neue Bundesregierung muss das offene Window of opportunity jetzt nutzen, bevor es zugeht. Klima- und Umweltschutz muss sie zu dem zentralen Thema ihrer Politik machen. Dafür muss sie unter anderem den Ausbau erneuerbarer Energien stärken, schneller aus den fossilen Energien aussteigen, klima- und umweltschädliche Subventionen abbauen und die Dekarbonisierung aller Sektoren forcieren.

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Außerdem liegt es auch an Deutschland, einen ambitionierten Klimaschutz auf europäischer und globaler Ebene voranzubringen. Denn allein kann Deutschland die Klimakrise nicht aufhalten. Wir sollten beispielsweise im EU-Parlament mit gutem Beispiel vorangehen und die Umsetzung des Fit for 55-Pakets der EU-Kommission schnell angehen. Zusätzlich zu dem Paket braucht es weitere Maßnahmen, um alle Emissionen langfristig auf null zu reduzieren.

“Todesloste” Politik auf die Spur bringen

Bisher passiert in diese Richtung jedoch leider zu wenig. Und da kommen wir alle wieder ins Spiel. Wie der Youtuber Rezo es in seinem Video zur „Klima-Katastrophe“ so schön ausdrückt: Es sind leider einige Politiker:innen „todeslost“, was den Umgang mit der Klimakrise angeht. Damit sie ihren Weg wiederfinden, bedarf es vielleicht einiger Hinweise aus der Zivilgesellschaft.

Beim großen Klimastreik am 24. September können wir alle zeigen, dass wir uns mit fadenscheinigen Lösungen nicht zufriedengeben, sondern echten Klimaschutz wollen.

Klimastreik 24.9.2021 Aufruf

Jede:r einzelne kann mit Politiker:innen reden, ihnen Briefe schreiben, deutlich machen, dass der Klimaschutz für uns und kommende Generationen fundamental ist. In ein paar Tagen ist Bundestagswahl – macht sie zur Klimawahl und wählt die Partei, die in Euren Augen die besten und wirksamsten Pläne für den Schutz unseres Klimas hat.

Der Beitrag Klimakrise: Wenn sich Zeitfenster schließen erschien zuerst auf WWF Blog.