Wie raus aus der Abhängigkeit vom russischen Gas?

Deutschland sitzt in der Falle der fossilen Abhängigkeit. Verdeutlicht nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Wie kommen wir da raus?

Gas, Öl, Kohle und Uran – hier sind Deutschland und die Europäische Union von Russland abhängig. Die EU überweist Tag für Tag bis zu einer Milliarde Euro an Gazprom, Rosneft und Co. Und finanziert so indirekt die russischen Devisenkassen. Also einfach nicht mehr in Russland kaufen? So einfach ist es mal wieder nicht.

Mit dem WWF-Newsletter nichts mehr verpassen!

Deutschland könnte bis 2027 auf nahezu alle russischen Importe und damit auf bis zu ein Fünftel der Gasimporte generell verzichten, schätzt die Denkfabrik Agora Energiewende. Dazu sind aber weitreichende Maßnahmen nötig.

Was schnell hilft: Sparen!

Es ist ganz klar: ein Bereich mit sehr großem Potential wurde viele Jahre lang brachliegen gelassen: die Energieeffizienz beziehungsweise die gesamtwirtschaftliche Effizienz. Zu Deutsch: das Einsparen. Das müssen wir jetzt als erstes machen. Jede nicht verfeuerte Kilowattstunde an fossiler Energie entlastet die Energieversorgung im kommenden Winter.

Der größte Teil des deutschen Erdgasverbrauchs geht in unsere Heizungen. Diese hängen zu oft noch an den Wänden ungedämmter Häuser unter zugigen Fenstern. Für kurzfristig wirksame Ergebnisse bräuchte es Verhaltensänderungen bei Verbrauchern, Gewerbe und Industrie. Die Absenkung der Raumtemperatur brächte, wenn flächendeckend durchgeführt hohe Ersparnisse.

Folge uns in Social Media

Facebook
Twitter
Youtube
Instagram
LinkedIn
TikTok
Newsletter

Dazu könnten gasabhängige Industrieprozesse zurückgefahren werden. Eine jetzt mit Nachdruck gestartete Sanierungsoffensive für die Bausubstanz und ein schnelles Tauschprogramm fossiler Heizungen gegen Wärmepumpen würde hier mittelfristig helfen. Schon bis zum nächsten Winter.

Wie beim Heizen sparen?

Die Elektrifizierung von Heizungen und Autos ist langfristig der Schlüssel zur Halbierung des gesamten Energieverbrauchs. Elektrische Anwendungen sind deutlich sparsamer als die Verbrennung von Gas und Öl in Heizkesseln und Motoren. Dafür braucht es aber mehr erneuerbaren Strom.

Was mittelfristig hilft: Endlich Erneuerbare Ausbauen!

Auch die bisher hartnäckigsten Gegner der Energiewende in der Bundesregierung haben in der Konsequenz des Ukrainekrieges erkannt. Sonne, Wind und Wasserkraft sind eben „Freiheitsenergien“, die rasant ausgebaut werden müssen. Die Erkenntnis ist genauso überfällig wie richtig. Sie wird uns aber nicht in wenigen Monaten unabhängig von fossiler Energie machen.

Hier rächt sich, dass die Vorgängerregierungen durch das Festhalten an fossilen Energieträgern die Energiewende ausgebremst, den Zusammenbruch der deutschen Solarindustrie nicht verhindert haben und bei der Windkraft aufgrund seit Jahren Flaute herrscht. Bis also die „Freiheitsenergien“ Deutschland komplett versorgen können, werden also noch einige Jahre ins Land gehen.

Schneller als beim Gas könnte es beim Öl gehen

Hier könnten mittelfristig eine Reihe anderer OPEC Länder von Saudi-Arabien bis Venezuela einspringen. Darüber hinaus stehen eine Reihe von verkehrspolitischen Maßnahmen bereit, die sofort wirken. Von Tempolimit zu autofreien Wochenenden oder die Verlängerung der Home-Office Pflicht. Mittelfristig gilt es die Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr auf Busse und Bahnen ebenso wie die Elektrifizierung des Sektors schneller als bisher voranzutreiben.

Was nicht hilft: Tankrabatt

Neuwagen Stoßstange an Stoßstange
Wir brauchen weniger Autos © roibu/iStock/Gettyimages Plus

Angesichts der steigenden Energiepreise wird nicht nur in Deutschland über eine Entlastung der Verbraucher:innen debattiert. Ausgerechnet der liberale Finanzminister Christian Lindner brachte einen staatlichen Tankrabatt ins Spiel. Das wäre sozusagen die erneute Subventionierung von „Unfreiheitsenergien“. Dies freut zwar die Autofahrer, bedeutet aber vor allem das Festhalten an fossilen Abhängigkeiten und Ankurbeln des Verbrauchs. Den es eigentlich zu reduzieren gilt.

Ein sozialer Ausgleich für die rasant gestiegenen Energiepreise sollte deshalb nicht über die direkte Subventionierung oder Deckelung der Preise geschehen. Schon jetzt wird der Haushalt mit über 65 Milliarden Euro umweltschädlichen Subventionen pro Jahr belastet. Geld, das an anderer Stelle für die Transformation der Wirtschaft fehlt.

Eine gezieltere und sozial gerechtere Entlastung könnte beispielsweise über Pro-Kopf-Rückerstattungen in Form von Klima- und Mobilitätsgeldern erfolgen — ergänzt um eine Zusatzprämie, die sich an der Höhe der Einsparmaßnahmen orientiert.

Der Beitrag Wie raus aus der Abhängigkeit vom russischen Gas? erschien zuerst auf WWF Blog.