Wie uns eine klimafreundliche Finanzpolitik hilft

Kurz vor Halloween veröffentlicht das Umweltbundesamt seinen Bericht zu umweltschädlichen Subventionen in Deutschland. Zufall? Es ist eine 160-Seiten-starke Auflistung von Steuerbegünstigungen und Subventionen in Höhe von 65,4 Milliarden Euro, die im Berichtsjahr 2018 auf Kosten der Steuerzahlenden und des Klimas ausgegeben wurden.

Für mich lesen sie sich wie eine Gruselgeschichte längst vergangener Zeiten: Steuerliche Begünstigungen für Braunkohle und für Diesel. Energiesteuerbefreiungen für fossile Energie. Zuschüsse an stromintensive Unternehmen, die dem Emissionshandel zuwiderlaufen. Besonders absurd wirken die Zahlen, da just die Ampelkoalitionäre in spe zäh darüber verhandeln, wie Zukunftsinvestitionen etwa in Klimaschutz – nach Forderung von Bündnis 90/Die Grünen in Höhe von 50 Milliarden Euro jährlich — bereitgestellt werden können, ohne die gesetzliche Schuldenbremse aufzuweichen.

Zudem fließen bereits jetzt Milliarden in die Dekarbonisierung von Energie‑, Verkehrs- und Gebäudesektor. Diese widersprüchliche und ineffiziente Finanzpolitik muss schnellstens im Hier und Jetzt ankommen. Vorschläge dazu, wie das gelingen kann, liegen vor. Sie können dem sozial-ökologischen Wandel und der Energiewende mehr Dynamik verleihen.

Das größte Potenzial liegt im Verkehrssektor

30,8 Milliarden Euro flossen laut Bericht unter anderem in die Steuervergünstigung für Diesel gegenüber Benzin, für die private Nutzung von Dienstwagen und in die Entfernungspauschale. Die Regelungen setzen ökonomische Anreize für umweltschädliches Verhalten. Das führt zu mehr Verkehr und einer stärkeren Luftschadstoffbelastung. Und bevorteilt vor allem Besserverdienende. Viel besser wäre es, wenn Fahrtkosten zur Arbeit nur noch im Rahmen einer Härtefallregelung steuerlich abgesetzt werden könnten. Das würde gezielt jene Arbeitnehmer entlasten, die aus sozialen oder beruflichen Gründen lange Arbeitswege haben. Mehreinnahmen könnten für die Stärkung des ÖPNVs genutzt werden.

Für einen zügigen Strukturwandel hin zu Klimaneutralität müssen wir solche Subventionen aber auch gezielt und zeitlich begrenzt so umbauen, dass sie die Verkehrswende beschleunigen.

 

Anteile umweltschädlicher Subventionen nach Sektoren
Anteile umweltschädlicher Subventionen nach Sektoren © UBA

Die klimaschädlichen Begünstigungen in der Energieversorgung schlagen mit 25,4 Milliarden Euro zu Buche. Subventionen entlasten energieintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb durch Begünstigungen bei der Strom- und Energiesteuer. Doch die Begünstigungen erfolgen pauschal nach dem Gießkannenprinzip, egal ob Unternehmen tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen oder nicht. Alternativ könnten Vergünstigungen nach der Handels- und Stromintensität gestaffelt werden und nur tatsächlich gefährdete Unternehmen unterstützt werden. Ähnliches gilt für die energieintensiven Unternehmen. Sie zahlen im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nur einen Bruchteil der Umlage zur Finanzierung der Energiewende. Und treiben die Kosten für alle anderen Stromkunden und Unternehmen so in die Höhe.

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Hinzu kommt neben dem ohnehin niedrigeren Energiesteuersatz für Kohle die implizite Begünstigung der Braunkohleförderung. Etwa durch Verzicht auf die Förderabgabe für Bodenschätze und Freistellung von den Wasserentnahmeentgelten. Diese Fehlanreize müssen wir abbauen. Das würde langfristig helfen, den Anteil der Braunkohle-Verstromung zu mindern. Der Weg für mehr erneuerbare Energien wird dadurch schneller frei.

Einnahme- und CO2-Einsparpotenzial der zehn klimaschädlichsten Subventionen
Einnahme- und CO2-Einsparpotenzial der zehn klimaschädlichsten Subventionen © WWF

Auf EU-Ebene kann sich die Bundesregierung gegen die Energiesteuerbefreiung von Kerosin und die Mehrwertsteuerbefreiung internationaler Flüge einsetzen.

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Freiwerdende Gelder sollten wir dafür nutzen, soziale Härten abzufedern und steigende Preise durch eine effektive Sozialpolitik zu flankieren. Bürgerinnen und Bürger mit geringeren Einkommen können wir so entlasten. Wie sich an der aktuellen Energiepreisentwicklung zeigt, hilft energiepolitisch nur die Flucht nach vorn: Der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien und der zügige Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas werden uns langfristig unabhängig von Preisspitzen und teuren Energieimporten machen.

Mehr Geld für den Sozial-ökologischen Umbau

Ein klimafreundlicher Umbau der Subventionen verschafft der öffentlichen Hand Mehreinnahmen, die sinnvoller eingesetzt werden können. Und zwar so, dass sie die sozial-ökologische Transformation für alle erleichtern, statt Investitionen in Klimaschutz zu neutralisieren. Die neue Bundesregierung muss sich dieser Aufgabe stellen.

Wie die Modernisierung der Klimafinanzpolitik mutig gestaltet und auf das 1,5 Grad-Ziel eingestellt werden kann, haben wir gemeinsam mit dem FÖS erarbeitet: Fünf Impulse für eine zukunftsfähige Klima-Finanzpolitik.

Der Beitrag Wie uns eine klimafreundliche Finanzpolitik hilft erschien zuerst auf WWF Blog.