Klimakrise im Wahlkampf: Jetzt mal ehrlich!

Sollte sich hier jemand finden, der zu wirklich allen Bundestagswahl-Talks eingeschaltet hat: Kompliment. Denn es waren viele. One-on-ones, Trielle, große Runden: Es kann sich nun wirklich niemand beklagen, dass die Kandidat:innen für die Bundestagswahl nicht ausreichend auf den Prüfstand kamen. Oder doch?

In mancher Hinsicht schon. Denn beim Thema Klimakrise – eines der drängendsten Themen unserer Zeit – gingen die Debatten oft am eigentlichen Punkt vorbei. Und der ist, das möchten wir nach den vielen Debatten kurz vor der Wahl am 26.9. nun ein für alle Mal deutlich sagen: Die Klimakrise kostet unfassbar viel Geld. Sie sorgt für immense soziale Schieflagen. Sie beraubt uns unserer Freiheit. Das gilt umso mehr für unsere Kinder und Enkel.

Klimaschutz dagegen ist die preiswertere Lösung. Die soziale Lösung. Die freiheitliche Lösung.

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In den Gesprächen schien hingegen oftmals der Klimaschutz das Problem zu sein, das Kosten verursacht. Die Klimakrise und ihre Folgen wurden dahinter ausgeblendet. Was für eine verkehrte Welt. Wie heikel, kurz vor so einer wichtigen Wahl.

Ja, der Umbau kostet Geld

Die Wahrheit ist – und es bringt nichts, drum herum zu reden oder gar etwas verschleiern zu wollen, die Bürger:innen kommen schon mit der Wahrheit zurecht – nein, sie haben sogar ein Recht darauf: Der Umbau hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft wird Geld kosten. Er wird manche Jobs überflüssig machen. Er wird auch ordnungsrechtliche Maßnahmen benötigen (Achtung, Verbote!).

Der Nicht-Umbau kostet uns fast alles

Aber: Der Nicht-Umbau – und er ist gleichbedeutend damit, die Klimakrise weiter anzuheizen – wird uns fast alles kosten. Da reden wir nicht mehr nur über Milliarden Euro und Jobs. Sondern auch über unsere Gesundheit. Über unser Leben, das unserer Kinder. Bei der Flutkatastrophe diesen Sommer haben mehr als 180 Menschen ihr Leben verloren. Hitze und Dürren belasten unser Wohlergehen, die Lebensmittel- und Wasserversorgung. Die Überlebensfähigkeit von Landwirt:innen.

Der Umbau eröffnet Chancen

Mit ihm geben wir Geld nicht für die Schadensbegrenzung aus, wie nach dem Hochwasser. Wir bauen Zukunftsmärkte. Fördern Innovationen und soziale Gerechtigkeit. Und sichern Freiheiten für unsere Kinder.

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Einmal auf die Zahlen geschaut: Für den klimafreundlichen Umbau unserer Wirtschaft veranschlagt das Beratungsunternehmen McKinsey Investitionen in Höhe von 240 Milliarden Euro bis 2045. Dann ist der Umbau quasi fertig.

Dagegen gerechnet: Eine Tonne CO2 verursacht laut Umweltbundesamt Umweltschäden in Höhe von 195 Euro. Und das ist eine konservative Annahme. Großbritannien geht seit kurzem von Kosten in Höhe von 300 Euro pro Tonne CO2 aus, wenn es Projekte bewerten und Entscheidungen treffen muss. Deutschland hat 2020 739 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente ausgestoßen. Macht für das Jahr rund 222 Milliarden Euro und ein paar Zerquetschte.

Ja, auf den ersten Blick ein paar Milliarden weniger. Aber folgendes gilt es zu beachten.

  1. 2020 lagen die Emissionen aufgrund der Pandemie niedriger als erwartet, 2021 sind die Zahlen schon wieder rasant angestiegen.
  2. Die Folgen der Klimakrise verschlimmern sich, wenn nicht ausreichend dagegen unternommen wird. Dann gibt es Extremwetterereignisse wie das „Jahrhunderthochwasser“ mit Schäden von rund 5,5 Milliarden Euro allein für versichertes Eigentum längst nicht mehr nur einmal im Jahrhundert.
  3. Gar nicht eingerechnet, weil extrem schwierig: Kipppunkte. Was passiert, wenn zu viel Gletschereis schmilzt und Dynamiken in Gang kommen, die nicht mehr aufzuhalten sind?

Diese Kosten fallen außerdem auf ewig an. Das macht die Rechnung doch einfach. Nehmen wir jetzt Geld in die Hand, um eine lebenswerte Zukunft zu schaffen? Oder geben wir das Geld nur reaktiv aus, um die Schäden der Klimakrise zu bezahlen?

Gleiches gilt für die Freiheitsdebatte. Welche Freiheit beanspruche ich, wenn ich mit meinem SUV mit 200 km/h über die Autobahnen rase, wenn meine Kinder dafür in ihren Möglichkeiten extrem eingeschränkt sein werden – wo sie wohnen können, mit welchen Krankheiten sie leben müssen? Was mute ich ihnen damit zu?

Deutschlands Rolle in der Welt wurde GAR NICHT  thematisiert.

Was für eine Leerstelle auch in Bezug auf die Klimakrise. Deren globale und außenpolitische Dimension kam ebenso wenig vor in den Debatten wie die absolut zentrale Rolle der EU für klimapolitischen Fortschritt. Und die in der Vergangenheit oft mangelhaft wahrgenommene deutsche Verantwortung dafür.

Was überhaupt fehlt in der deutschen Debatte und der europäischen: ein ehrlicher und empowernder Blick auf den reichen Erfahrungsschatz mit wirtschaftlicher, gesellschaftlicher und politischer Transformation, den der Osten dieses Landes und des ganzen Kontinents zu bieten hat. Daraus lohnt es sich zu lernen.

Bitte ehrlich!

Zukunfstwahlcheck WWF Welche Partei will was?
Welche Partei will was?

Es wäre wünschenswert gewesen, wenn diese Debatten im Wahlkampf ehrlicher geführt worden wären. Apropos ehrlich: Wir vom WWF haben die Wahlprogramme der demokratischen Parteien im Bundestag übrigens einmal genau unter die Lupe genommen – für die Entscheidung am Sonntag noch eine kleine Hilfe: unser WWF Wahlcheck.

Und wer noch mehr Hilfe bei der Entscheidung braucht und noch nicht genug von den TV-Debatten hat, dem legen wir die WWFthinks sehr ans Herz.

Der Beitrag Klimakrise im Wahlkampf: Jetzt mal ehrlich! erschien zuerst auf WWF Blog.