Woher kommt der Grüne Wasserstoff?

Wasserstoff wird als Wunderwaffe beim Klimaschutz gehandelt. In meinem letzten Blogbeitrag, habe ich aufgezeigt, wie energieaufwändig seine Herstellung ist und wo er sinnvollerweise eingesetzt werden sollte. Diesmal beschäftige ich mich mit der Frage, wo Grüner Wasserstoff gewonnen wird und was das für Mensch und Natur bedeutet.

Überschüsse in Deutschland nutzen

Aus unserer Sicht werden wir in Deutschland nicht ausreichend erneuerbaren Strom produzieren können, um den Bedarf an grünen Wasserstoff zu decken. Nur ein kleiner Teil kann künftig durch inländische Produktion gedeckt werden. Dafür würden Überschüsse an erneuerbaren Energien im Stromnetz genutzt werden. Diese Überschüsse entstehen beispielsweise, wenn besonders viel Windenergie erzeugt und gleichzeitig relativ wenig davon verbraucht wird. Dies ist schon heute manchmal der Fall. Bei einem Energiesystem, das ausschließlich auf erneuerbaren Energien basiert, wird dies häufiger vorkommen. Ausreichen wird dies aber nicht. 

Wo die Sonne scheint und der Wind weht

Also sind wir auf Importe angewiesen. Es ist sinnvoll, den grünen Wasserstoff dort herzustellen, wo Wind und Sonne im Überfluss vorhanden sind. Das erhöht die Ausbeute der Anlagen und reduziert die Kosten. Als geeignete Produktionsstandorte werden oft Nord- und Westafrika, der Mittlere Osten, Chile, Australien und Norwegen diskutiert.

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Auch Off-Shore-Windenergie wird gebraucht, um Wasserstoff zu erzeugen. © IStock / Getty Images
Auch großflächige Off-Shore-Windenergie wird gebraucht, um Grünen Wasserstoff zu erzeugen. © IStock / Getty Images

Wenn Wasserstoff importiert bzw. exportiert wird, muss sichergestellt sein, dass der Strom für die Wasserstoffproduktion tatsächlich 100 Prozent erneuerbar ist und nicht mit Kohle- oder Kernkraftstrom ergänzt wird, wodurch indirekt der Neubau von Kohle- und Kernkraftwerken in anderen Ländern drohen würde.

Lokale Energiewende first, Energie-Exporte second

Deutschland ist nicht das einzige Land, das auf den Import von Grünem Wasserstoff angewiesen ist. Und auch die Wasserstoff-Produktionsländer selbst benötigen erneuerbaren Strom und grünen Wasserstoff für ihre eigene Energiewende. Zudem ist in vielen geeigneten Standorten in Ländern des globalen Südens Energiearmut teilweise noch ein großes Problem. Deshalb darf der Aufbau von grünen Wasserstoff-Anlagen nicht die lokale Energiewende ausbremsen, sondern muss Hand in Hand gehen.

Wasserrisiken und Naturschutz mitdenken

Als weiteres Ausgangsmaterial für die Herstellung von grünem Wasserstoff wird Wasser benötigt. Zum Beispiel braucht man für einen Liter synthetisches Kerosin (auf Basis von Wasserstoff) rund 1,4 Liter sauberes Süßwasser. Hochgerechnet auf den Kerosinbedarf der deutschen Fluggesellschaften wären dafür jährlich rund 16 Millionen Kubikmeter Wasser nötig. Zum Vergleich: Dies entspricht dem durchschnittlichen, jährlichen Wasserbedarf von rund 350.000 Tausend Menschen in Deutschland.

Fehlendes oder verschmutztes Süßwasser ist oft der unsichtbare Startpunkt von Problemen. © WWF
Fehlendes oder verschmutztes Süßwasser ist oft der unsichtbare Startpunkt von Problemen. © WWF

Sonne, Wasser und Wind sind nicht nur die Basis für eine nachhaltige, Grüne Wasserstoffproduktion, sondern auch für das Leben auf der Erde. Sehr gute Erneuerbaren-Standorte überschneiden sich deshalb teilweise mit Schlüsselregionen der biologischen Vielfalt. In Wüstenregionen, wie zum Beispiel Nordafrika, ist dies der Fall. Denn auch die Wüste lebt und vermeintlich artenarme Regionen und Ökosysteme spielen eine wichtige Rolle für den Erhalt der Artenvielfalt.

Wie kommt der grüne Wasserstoff zu uns?

Für den internationalen Transport des Wasserstoffs gibt es unterschiedliche Optionen. Aus Nordafrika zum Beispiel könnten Pipelines genutzt werden. Spezielle Transportschiffe würden benötigt, um Wasserstoff von weiter entlegenen Produktionsorten zu importieren. In welcher Form der Wasserstoff am besten transportiert wird, ist noch nicht hinreichend geklärt. Die Möglichkeiten variieren zwischen „pur“ flüssig oder gasförmig, wobei es zu hohen Transportverlusten kommen kann. Weiterhin wäre es möglich, Wasserstoff an Kohlenstoff zu binden, um Methan, Methanol oder Ammoniak zu erhalten. Dabei besteht aber die Problematik, dass es eine nachhaltige Kohlenstoffquelle, z. B. die Luft, braucht. Auch ist Methan ein sehr starkes Treibhausgas und Ammoniak sehr giftig.

Grünen Wasserstoff ganzheitlich betrachten

Rein theoretisch schickt uns die Sonne einen gigantischen Überfluss an Energie. Doch die Wasserstoffgewinnung ist mit einigen kritischen Themen verbunden. Es muss sichergestellt werden, dass Wasserrisiken und mögliche Auswirkungen auf die Artenvielfalt berücksichtigt werden. Dies gilt dabei nicht nur für Landflächen, sondern auch für Meeresregionen bzw. Küstenlinien beispielsweise in Südamerika.

Die WWF-Schlüsselregionen der Biodiversität © WWF
Die WWF-Schlüsselregionen der Biodiversität © WWF

In Summe lässt sich festhalten, dass beim Thema Wasserstoff – ähnlich wie beim Windenergieausbau in Deutschland – die Landschaftsräume ganzheitlich zu betrachten sind. Klimaschutz und Energiewende stellen ein globales, gesellschaftliches Gemeinschaftswerk dar, an deren Gestaltung die Menschen vor Ort spürbar mitwirken und teilhaben sollten. Deshalb möchte dieser Artikel keine Standortempfehlungen abgeben, sondern dient vielmehr als Denkanstoß für die weitere Debatte. 

Was macht der WWF zum Thema Wasserstoff?

Der WWF ist an diesem hochaktuellen und wichtigen Thema dran. So sind wir am Kopernikus-Projekt Power-to‑X beteiligt. Dort arbeiten Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam an Lösungen für die Energie der Zukunft, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Falls du dich mehr für dieses Thema interessierst und mehr darüber erfahren möchtest, wie klimaneutral CO2 als Rohstoff wirklich ist und wie der Industriesektor klimaneutral werden kann, schau auch auf unseren Themenseiten zu CCU und Industrie vorbei.

Der Beitrag Woher kommt der Grüne Wasserstoff? erschien zuerst auf WWF Blog.