Gesetz zum Kohleausstieg: Absage an den Klimaschutz

Kann man eigentlich erwarten, dass eine gewählte Regierung einen Kompromiss umsetzt, den eine von ihr eigens eingesetzte Kommission (KWSB) aus unterschiedlichsten Interessenvertreter:innen und Wissenschaftler:innen ausgehandelt hat? Diese Frage stellte sich in meinem Twitterfeed heute früh, dem Tag der Verabschiedung des „Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung” im Bundeskabinett.

Ganz grundsätzlich muss sich eine demokratisch gewählte Regierung nicht an solche Empfehlungen halten. Aber die Bundesregierung hatte zuvor bei jeder Gelegenheit bekräftigt, dass sie genau das tun werde. Und schließlich hat sie heute auch geliefert. Fast alle Beteiligten dürften von dem Gesetz profitieren. Ein paar wichtige Interessen sind jedoch auf der Strecke geblieben: Der Klimaschutz, die Steuerzahler:innen und zukünftige Generationen. Für diese hat die Bundesregierung denkbar schlecht verhandelt.

Kohleausstieg mit Steinkohleverstromung?

Heute wurde im Bundeskabinett paradoxerweise ein Kohleausstiegsgesetz verabschiedet, dass zunächst mal mehr Kohle ans Netz bringt. Mit Datteln IV geht – obwohl die Kohlekommission das anders festgehalten hatte – noch in diesem Jahr geht ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz. Dessen Emissionen können nicht vollständig durch andere Stilllegungen kompensiert werden. Und das damit gesendete Signal ist wirklich fatal.

Der “Kohleausstieg”, den wir jetzt haben, bedeutet zudem, dass weitere sechs Dörfer per Gesetz für einen energiewirtschaftlich nicht notwendigen Braunkohletagebau weichen müssen. Im Klartext heißt das: Sie werden weggebaggert. Zum Hambacher Wald steht nichts mehr drin.

Gesetz zum Kohleausstieg ignoriert die Kohlekomission

Der Kohleausstieg, den wir jetzt haben, schont die Braunkohle vor allem in der Lausitz. Er setzt in keiner Weise den von der Kohlekommission ausgehandelten stetigen Minderungspfad um. Stattdessen mindert er die Erzeugung und Emissionen in langen Treppenstufen immer erst kurz vor der jeweils festgelegten Deadline.

Der Kohleausstieg, den wir jetzt haben, garantiert den Betreibern RWE (Rheinisches Revier) und LEAG (Lausitzer Revier) Milliarden an Entschädigung. Sie werden bezahlt von Steuergeldern. Die LEAG erhält diese Zahlung sogar für einen Stilllegungspfad, der sich kaum von den ursprünglichen Planungen des Unternehmens unterscheidet. Das Gesetz schreibt zwar immerhin fest, dass die Entschädigungen für Wiederherstellung und Rekultivierung eingesetzt werden müssen. Allerdings ist das ohnehin die Aufgabe der Betreiber, aus den Einnahmen dafür Geld zurückzulegen.

Steuergelder als Entschädigungen für Betreiber

Der Kohleausstieg, den wir jetzt haben, wird aus öffentlichen Kassen mit über vier Milliarden Euro Entschädigungen allein für die Braunkohlebetreiber unterstützt. Hinzu kommen noch die Ausschreibungssummen für die Steinkohlekraftwerke,  mit bis zu weiteren fünf Milliarden Euro “Anpassungsgeld” für Arbeitnehmer:innen und weitere 40 Milliarden Euro Strukturwandelförderung für die Regionen. 

Kohleausstieg ohne Klimaschutz

Der Kohleausstieg, den wir jetzt haben, kann überhaupt nur dann einen Klimaschutzeffekt haben, wenn die Emissionszertifikate im Emissionshandel, die durch die Stilllegungen frei werden, gelöscht werden. Das ist so direkt nicht vorgesehen – denn damit gehen Einnahmenverluste einher. Stattdessen werden die Zertifikate in die sogenannte Marktstabilitätsreserve verschoben. Das hat die Folge, dass sich Deutschland die Kosten für diesen teuer erkauften Kohleausstieg dann mit klimapolitisch mutiger voranschreitenden Mitgliedsstaaten wie Griechenland (Kohleausstieg 2028) teilen kann.

Eigentlich ist es ja nicht zuviel erwartet:

Wenn man eine Kommission einsetzt zur Ausarbeitung eines gesamtgesellschaftlichen Kompromisses zur Befriedung eines großen und komplexen Konfliktes, der in seiner Bedeutung für den internationalen Klimaschutz nicht hoch genug zu bewerten ist, und dieser Kompromiss laut Bundesregierung dann auch Eins zu Eins umgesetzt werden soll, dann muss dieser sorgfältig austarierte Kompromiss eben auch tatsächlich genau so umgesetzt werden.

Kann man das eigentlich erwarten? Ich finde ja. 

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