Braunbär zurück in Bayern – Was tun?

Womöglich kehrt der Bär zurück nach Bayern. Ende Oktober tappte in Garmisch-Patenkirchen ein Braunbär in eine Fotofalle. Einige Tage zuvor war im Balderschwanger Tal in den Allgäuer Alpen Bärenkot entdeckt worden. Vermutlich vom gleichen Bär. Es scheint ein junger Braunbär zu sein, der sich sehr scheu und vorsichtig verhält, aber ein großes Streifgebiet hat. Denn zwischen den beiden Fundorten liegen 50 Kilometer.

Wo kommt der Braunbär her?

Dass Braunbären in Süddeutschland auftauchen, ist gar nicht so ungewöhnlich. Schließlich war Deutschland jahrhundertelang Heimat der großen Raubtiere. Zwar leben momentan keine Bären dauerhaft unmittelbar in deutschen Grenzregionen. Doch auch der Weg von Norditalien bis zu uns ist für Braunbären nicht wirklich weit. Wir vermuten, dass der junge Braunbär aus dem etwa 120 Kilometer entfernten italienischen Trentino über Österreich nach Bayern eingewandert ist.

Braunbär Begegnung: Wie soll man sich verhalten?

Die Wahrscheinlichkeit, dem Bären wirklich zu begegnen, ist sehr gering. Braunbären sind Menschen gegenüber scheu. Im Ernstfall solltet ihr wie bei jedem anderen Wildtier Abstand halten und euch langsam zurückziehen. Vermeidet unbedingt, den Bären zu provozieren oder zum Beispiel ein Foto mit ihm zu machen!
Wanderer sollten außerdem keine Abfälle wie Essensreste in der Natur zurück lassen. Das könnte den Bären anlocken und er könnte sich an menschliches Futter gewöhnen. Im schlimmsten Fall lernt so ein Bär die Nähe von Menschen aktiv aufzusuchen – so wie vor 13 Jahren „Problembär Bruno“.

Braunbär in Bayern — Wie ist der aktuelle Stand?

Seit Ende Oktober ist der Braunbär nicht wieder gesichtet worden. Womöglich hat er uns also nur kurz besucht und streift im Grenzgebiet zwischen Österreich und Deutschland umher. Vielleicht bereitet er sich auch darauf vor, hier zu überwintern. Und es kann durchaus sein, dass sich in Zukunft weitere Bären bei uns niederlassen.

Kein neuer „Bruno“, einfach ein Bär

Seit ihrer Ausrottung in Deutschland haben erst zwei Bären wieder zu uns gefunden. Der letzte Bär, der nach Bayern einwanderte, war „Problembär“ Bruno 2006. Er wurde leider erschossen. Das darf und muss sich nicht wiederholen! Damals war Bayern überhaupt nicht vorbereitet und Bruno zeigte sich ungewöhnlich aufdringlich und suchte bewusst Siedlungen und Nutztiere auf. Der Braunbär, der nun — 13 Jahre später — in Bayern auftauchte, zeigt sich artgemäß sehr scheu und unauffällig. Ein ganz normaler Bär also.

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Wie gefährlich sind Bären für Schafe, Kälber und Bienen?

Große Beutegreifer wie Wolf und Bär sind natürlich eine Gefahr für ungeschützte Nutztiere. Um Konflikten vorzubeugen, müssen Anwohner, Landwirte und Bienenzüchter informiert und aufgeklärt werden. Bärensichere Mülleimer und Kompostierstationen, Herdenschutzzäune und ein Expertenteam sollten zumindest bereitstehen – damit Deutschland nicht erneut seinen einzigen Meister Petz verliert.

Bayern ist seit Bruno zumindest auf dem Papier gut vorbereitet. Die Behörden sollten jetzt die Winterruhe nutzen, um alles umzusetzen. Aber in Baden-Württemberg beispielsweise fehlen solche Pläne völlig. Und auch hier ist eine Zuwanderung von Braunbären theoretisch möglich!

Wie überwintern Braunbären?

Zwischen Oktober und Dezember beginnt für die Braunbären die Winterruhe. Sie graben sich dafür eine Höhle oder nutzen fertige Löcher und Spalten und polstern sie mit Gras, Laub, Moos und ähnlichem. Doch sie legen sich darin nur zur Winterruhe, nicht in einen Winterschlaf. Das heißt, sie dösen eher, als dass sie tief schlafen.

Wie viele Braunbären gibt es in Europa?

Insgesamt gibt es auf der Erde etwa 200.00 Braunbären. Davon leben vermutlich über 100.000 Tiere in Russland. In Europa (ohne den russischen Teil) sind es nur etwa 17.000.

Wie schnell, wie groß, was frisst er? Kurzsteckbrief Braunbär

Der Braunbär ist ein Allesfresser und ernährt sich von dem, was ihm vor die Nase kommt. Deshalb ist es so wichtig, Mülltonnen genau wie Nutztiere zu schützen.

Braunbären sind neben den Eisbären die größten Landraubtiere. Die großen Männchen können bis zu 2,50 Meter lang, 1,50 Meter hoch und über 500 Kilogramm schwer werden. Der Europäische Braunbär ist aber deutlich kleiner als seine Verwandten in Nordamerika. Ein männlicher Braunbär bei uns wiegt zwischen 135 und 150 Kilogramm, die Weibchen zwischen 80 und 120 Kilogramm. Wenn nötig, können Braunbären bis zu 50 Kilometer pro Stunde laufen.

Mehr dazu findet Ihr in unserem Artenlexikon.

Wildes Deutschland

Braunbär (Ursus arctos) © Ralph Frank / WWF

Deutschland wird wieder wilder: Wölfe und Elche kehren zurück, Luchse streifen wieder durch unsere Wälder und bald vielleicht auch der Bär.
Für uns wäre es ein großer Gewinn, wenn der Braunbär sich wieder dauerhaft in Deutschland niederließe – aber natürlich auch eine Herausforderung, auf die man vorbereitet sein muss.

 

 

 

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Getrübte Freude: Das neue Klimaschutzgesetz

Manchmal macht auch ein Riesenerfolg nicht richtig glücklich. So ging es mir, als Bundestag und Bundesrat endlich das Bundes-Klimaschutzgesetz beschlossen haben. Vor zehn Jahren hatten wir vom WWF erstmals ein Klimaschutzgesetz vorgeschlagen. Mit viel Engagement haben wir im Bundestag dafür geworben, mit einem solchen Gesetz die deutschen Klimaziele festzuschreiben, die Zielerreichung jährlich zu überprüfen und – wenn sie nicht erreicht werden sollten – die Bundesregierung zu verpflichten, zusätzliche Klimaschutz-Maßnahmen auf den Weg zu bringen. Jetzt ist aus unserem Vorschlag ein Gesetz geworden!

Das Halbgare am Klimaschutzgesetz

Wir hätten gern ein rauschendes Fest gefeiert – das hat uns aber der Rest des Klimapakets der Bundesregierung verhagelt. Denn das Klimaschutzgesetz ist ein Rahmengesetz. Und dieser Rahmen muss mit Klimaschutzmaßnahmen gefüllt werden, sonst verfehlt die Bundesregierung selbst ihre unzureichenden eigenen Klimaziele. Genau daran scheitert aber das Klimapaket! Wenn es dabei bleibt, würde das Klimaziel der Bundesregierung für 2020 erst in der zweiten Hälfte des nächsten Jahrzehnts erreicht und das Klimaziel für 2030 verfehlt. Deshalb gab es am 29.11.2019, als auch der Bundesrat das Klimaschutzgesetz verabschiedet hat, keine große Feier, sondern eine große Demonstration.

Wir haben uns lange dafür stark gemacht

Natürlich haben wir trotzdem auf den Erfolg beim Klimaschutzgesetz angestoßen – und auf jede einzelne Kollegin und jeden Kollegen, die sich in den letzten Jahren so vehement für das Klimaschutzgesetz stark gemacht haben. Denn solch ein Rahmengesetz fällt nicht vom Himmel. Gesetzgebungsprozesse seitens einer Umweltorganisation mitzugestalten braucht Expertise, einen langen Atem und oft das Gespür für den richtigen Moment.

Den ersten Vorschlag für ein Klimaschutzgesetz haben wir schon vor zehn Jahren vorgelegt. Zwei weitere Entwürfe sollten folgen. Dazwischen lagen unzählige Gespräche mit Politikerinnen und Ministerialbeamten, mit Juristinnen und Wissenschaftlern. Skeptiker mussten überzeugt, Mitstreiter gewonnen, Vorschläge überprüft und Gegenargumente widerlegt werden. All dies diente dazu, das Thema in Parteiprogrammen, Koalitionsverträgen und letztlich im Gesetz zu verankern. Bis zuletzt haben wir um Verbesserungen gerungen.

Zeit zu handeln

Dieses Jahrzehnt ist womöglich heißer denn je. © Astrid860 / iStock / Getty Images Plus

Für den Erfolg beim Klimaschutzgesetz brauchte es einen Handlungsdruck, den die Politik gespürt hat: Aufeinanderfolgende Hitzesommer, ein steigendes Wählerinteresse am Klimaschutz und die immer lauter werdende Bewegung Fridays for Future haben das Verfahren beschleunigt und für eine gewisse Offenheit gesorgt. So fiel es auch uns leichter, uns Gehör zu verschaffen und mit unseren Argumenten durchzudringen: Noch Anfang November, kurz vor Verabschiedung des Gesetzes, durfte ich bei einer Bundestagsanhörung unsere letzten Verbesserungsvorschläge selbst einbringen. Und tatsächlich haben die Regierungsfraktionen einen davon übernommen: Bundestag und Bundesregierung können den im Gesetz vorgesehenen Expertenrat Klimaschutz mit Sondergutachten beauftragen. So steht es nun im Gesetz.

Klimaschutz ist ständige Lobby-Arbeit

Politische Rahmenbedingungen und gesellschaftliche Stimmungen ändern sich schnell. Was wiederum die Prioritäten auf der politischen Agenda der Entscheidungsträger manchmal gehörig durcheinander wirbelt. Nach Wahlen kann aus der Opposition eine Regierungspartei werden oder umgekehrt. So haben wir die SPD für das Klimaschutzgesetz begeistern können, als sie noch in der Opposition saß, 2017 hat sie es dann in den Koalitionsvertrag geschrieben. Die Karten werden also immer wieder neu gemischt. Auch darum sind mein Team und ich seit Jahren mit Vertreterinnen und Vertretern aus fast allen Fraktionen im Austausch, um für unsere Position zu werben.

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Für unser aller Zukunft

Um beim Klimaschutz endlich in einem Tempo voranzukommen, das der Herausforderung angemessen ist, müssen wir diese Arbeit verstärken. Für eine Reihe von Ansätzen haben wir bereits Konzepte vorgelegt, manche sind schon auf einem guten Weg in die Wahlprogramme einzelner Parteien. Zum Beispiel der WWF-Vorschlag zur Einführung eines CO2-Mindestpreises im Stromsektor. Auch ein schnellerer Kohleausstieg mag zwar ehrgeizig erscheinen, ist aber umsetzbar und bietet Chancen für den Standort Deutschland. Zudem arbeiten wir an Konzepten, um ganze Industriezweige klimaneutral zu machen.

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Die schönsten Schilder beim Klimastreik

Unsere Bildergalerie der besten Demo-Schilder vom Klimastreik

Seit fast einem Jahr streiken Kinder und Jugendliche in ganz Deutschland als Klima-Bewegung Fridays For Future für ihre Zukunft und die Zukunft unseres Planeten. Sie haben es damit geschafft, die Klimakrise ganz nach oben auf die politische Agenda zu bringen. Am Thema Klimaschutz kommt heute niemand mehr vorbei, auch wenn es aktuell bei der Umsetzung in wirkungsvolle Klimaschutzpolitik bei der Bundesregierung noch scheitert.

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Am 29.11. waren nun zum zweiten Mal Menschen JEDEN Alters aufgerufen, ihren Alltag zu unterbrechen und unter dem Motto NeustartKlima in 519 Orten auf die Straßen zu gehen. 630.000 Menschen folgten diesem Aufruf und zeigten, dass man auch bei so einem ersten und dringendem Thema seinen Humor nicht verlieren muss.

Das seht Ihr hier in der Galerie:

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COP25 Madrid: Vorreiter gesucht

Ende Novembern stand die CDU  ganz plötzlich ohne C da. Aktivistinnen und Aktivisten hatte es gestohlen, weil die Partei ihrer Meinung nach nicht mehr christlich sei, zumindest handelt sie nicht mehr so. Das verschwundene C stammte aus einer Plastik, die vor der Berliner Parteizentrale stand. 

Hinter dem Diebstahl stecken die Kolleginnen und Kollegen von Greenpeace. Die gravierenden Veränderungen, die der Klimawandel mit sich bringe, stellen eine Gefahr für die Schöpfung dar, doch die CDU scheint das nicht zu interessieren. Die Aktion sollte aufrütteln. Denn in der nächste Woche wird es gerade auf zwei Frauen aus den Reihen der Christdemokraten ankommen – EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzlerin Angela Merkel. 

COP25: “Zeit zu handeln”

Am Montag beginnt in Madrid die diesjährige Welt-Klimakonferenz. Es ist die bereits 25. Vertragsstaatenkonferenz (COP25).  “Zeit zu handeln” ist dabei das Motto in diesem Jahr. Und das auch völlig zu Recht. Denn inzwischen werden die Folgen der menschengemachten Klimakrise immer offensichtlicher. 

Vergangenen Freitag waren wieder viele Millionen vor allem junge Menschen auf den Straßen, um für eine wirksame Klimapolitik zu demonstrieren. Es war der bereits zweite, globale Klimastreik. Das EU-Parlament hatte einen Tag zuvor den Klimanotstand ausgerufen. Alle scheinen sich einig zu sein — doch gehandelt wird nicht. Das mag auch am Zustand der Weltgemeinschaft liegen, die heillos zerstritten wirkt.  

EU als Vorreiter im Klimaschutz

Die Europäische Union ist aufgrund seiner wirtschaftlichen und kulturellen Bedeutung durchaus in der Lage voranzuschreiten. Die meisten der EU-Staaten zählen zu den reichsten der Welt – wir müssen verantwortlich voranschreiten. Und wir könnten zeigen: Volkswirtschaftlicher Erfolg und Klimaschutz schließen sich nicht aus. 

Einerseits wäre es wünschenswert, wenn von der Leyen und Merkel vor allem die noch zögerlichen Mitgliedsstaaten wie Polen, Tschechien und Ungarn, die nach wie vor auf fossile Energieträger setzen, zu überzeugen, das gemeinsame Ziel der Treibhausgasneutralität mit anzustreben. Andererseits gehört die Bundesrepublik ja selber zu den “zögerlichen” Nationen. Deutschland ist sogar Weltmeister in der Braunkohleförderung. Hierzulande wird aktuell über Mindestabstände von Windrädern diskutiert. Im Ausland jedoch hat Merkel die Chance, ihren Titel als Klimakanzlerin zurückzuerobern. 

Verschärfung der Klimaziele und internationale Kooperation

Die Verbesserung der nationalen Klimaziele wird erst bei der kommenden COP26 in Glasgow auf die Agenda rücken. Doch schon in diesem Jahr benötigt dieses Thema Aufmerksamkeit, damit Vorreiter hier dringend benötigte Signale senden. Eines der weiteren wichtigen Themen in Madrid: Das sogenannte Regelbuch zum Pariser Abkommen ist noch nicht ausformuliert und hat empfindliche Lücken, wie etwa beim Artikel 6 (Internationale Kohlenstoffmärkte). 

Warschau-Mechanismus: Finanzierung sicher stellen

Die Nationen des globalen Südens, die unter den Folgen des Klimawandels am meisten zu leiden haben werden, brauchen Unterstützung. Der sogenannte “Warschau-Mechanismus” (WIM) läuft aus und wird in diesem Jahr überprüft. Dabei wird es wieder zu Diskussionen zur Finanzierung kommen.  

COP25: Von Chile nach Madrid

Ursprünglich war Chile Gastgeber der COP25. Die heftigen aktuellen Unruhen in der Andenrepublik zwangen die Organisatoren zum “Umzug” nach Madrid. Aufgrund der hektischen Umplanung, wird die COP25 inhaltlich leiden. Denn die Klimakonferenz wird weit weniger global, international und divers sein als in der jüngeren Vergangenheit. 

Familiendiskussionen dank Fridays for Future

Zeitgleich streiken jedoch immer mehr Menschen für eine ambitionierte Klimapolitik. Fridays For Future hat es geschafft, die abstrakte, politische Klimadiskussion von den Hinterzimmern auf die Straße und sogar bis an die familiären Esstische zu führen. Die junge Generation hat Angst um ihre Zukunft. Es ist an der Zeit, Klimapolitik ernst zu nehmen und voranzuschreiten.

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Windenergie und Artenschutz verbinden

Das große Ziel ist die Treibhausgasneutralität bis spätestens Mitte des Jahrhunderts. Auf dem Weg in eine klimaneutrale Gesellschaft benötigt Deutschland, immerhin die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt, weitreichende Veränderungen. Bis zum Jahr 2030 müssten mindestens 65 Prozent des Bruttostromverbrauches (also des gesamten, in Deutschland verbrauchten Stromes) aus Erneuerbaren Energien bezogen werden. Neben einer drastischen Erhöhung der Energieeinsparungen in allen Sektoren (Industrie, Handel, Verkehr, Haushalt) wird vor allem ein massiver Ausbau Windenergie an Land benötigt. Doch genau in diesem Bereich ist der Ausbau im Vergleich zum Durchschnitt der vergangenen Jahren um mehr als 80 Prozent eingebrochen.

Windenergie: Vom Hoffnungsträger zum Sorgenkind

Tatsächlich droht in Deutschland dieser Zukunftsindustrie im Kampf gegen die Klimakrise das Aus. Dabei ist die Akzeptanz für Windenergieanlagen seit Jahren unvermindert hoch, gerade auch bei Menschen, die im direkten Umfeld der Anlagen wohnen. Die Wissenschaft wird indes nicht müde zu betonen, dass pauschale Mindestabstände zu den Anlagen keinen Einfluss auf die Akzeptanz haben.

Ausbau wird verkompliziert

Aktuell erzeugen in Deutschland etwa 30.000 Windenergieanlagen an Land schätzungsweise 92 Terrawattstunden sauberen Strom. Bis zum Jahr 2050 wird mindestens die vierfache Strommenge benötigt. Anstelle der Windenergie zu neuem Auftrieb zu verhelfen, verkompliziert die Bundesregierung die Lage unnötig und erhöht die bestehende Rechtsunsicherheit. Es gibt ohnehin schon genügend Ausbauhemmnisse. Nun kommen Mindestabstände zu “dörflichen Strukturen mit signifikanter Wohnbebauung” und kommunal gesondert auszugestaltende Grundsteuerhebesätze hinzu.

Artenschutz als Klagegrund gegen Windenergie

Gerade die Rechtsunsicherheit erweist sich als besonders große Windenergiebremse. Immer öfter kommt es zu Klagen gegen Bauvorhaben. Häufig wird der Artenschutz als Klagegrund herangezogen. Es erweckt den Eindruck, als würden Artenschutzbelange instrumentalisiert, um ungeliebte Windenergie-Projekte zu verhindern. Die (raum-)planerische Steuerung und die behördliche Genehmigungspraxis genießen derzeit keine ausreichende Rechts-und Verfahrenssicherheit. Und die Vorschläge der Bundesregierung tragen eher zu einer Verschärfung als zu einer Deeskalation der Situation bei.

Aktuell gibt es weder Artenschutz noch Ausbau der Windenergie

Klar ist: aktuell wird weder der dringend benötigte Ausbau der Windenergie vorangetrieben, noch wirksamer Artenschutz betrieben. Die bundespolitischen Ausbauziele für die Erneuerbaren sollten in möglichst konkrete länderspezifische Strommengen- und Flächenziele – Stichwort Zwei-Prozent-Ziel – für die Windenergienutzung übersetzt werden. Die Länder sollten auf Grundlage landschafts- und artenschutzbezogener Raumbewertungen nach bundesweit einheitlichen Kriterien darlegen, wie sie diese Ziele zu erreichen gedenken und entsprechende Flächen ausweisen und nutzbar machen.

Bessere Planung erforderlich

Die geplanten Mindestabstände würden den Ausbau der Windenergie weiter verkomplizieren. © Canetti / iStock / Getty Images Plus

Eine solche kaskadenförmige Ableitung raumplanerischer Zielsetzungen für die Windenergienutzung kann zudem akzeptanzfördernd wirken. Bei der vollziehenden Umsetzung regionalplanerischen Festlegungen und der Bewältigung von Konflikten mit Anwohnern würde die kommunale Bauleitplanung entlastet.

Keine Windenergie in Dichtezentren

Um die Ziele des Artenschutzes zu stärken, benötigen wir öffentliche Artenschutzprogramme auf Länderebene, die den Erhaltungszustand der bedrohten Arten stabilisieren und langfristig verbessern. Wir setzen uns für eine bundesweite Anwendung des sogenannten Dichtezentren-Ansatz aus. Außerhalb von Schutzgebieten, in denen der Ausbau der Windenergie gesetzlich sowieso tabu ist, sollten hohe Vorkommensdichten besonders schützenswerter Arten (Rotmilan) in Dichtezentren mit bestandsstabilisierenden Maßnahmen geschützt werden. Diese Dichtezentren sollten von der Windenergienutzung freigehalten werden. So kann ein wirksamer populationsbezogener Artenschutz gewährleistet werden.

In Deutschland besteht im Artenschutz ein individuenbezogener Schutzansatz und ein individuenbezogenes Tötungsverbot (Art. 45 (7) BNatschG).

Aus Sicht des WWF gilt jedoch:

Werden die Windkraftanlagen auf Flächen, die räumlich von diesen Dichtezentren entfernt sind, geplant und errichtet, sollten in diesen ausgewiesenen “Windkonzentrationszonen” regelmäßige Ausnahmen vom individuenbezogenen Tötungsverbot nach 45 (7) BNatschG ermöglicht werden. Und zwar ausschließlich nach einer sachgemäßen Bearbeitung der rechtlichen Alternativenprüfung durch die verantwortlichen Behörden.

Artenschutzfachliche Einzelprüfungen

Grundlage einer sachgemäßen Bearbeitung durch die Genehmigungsbehörden bleibt allerdings die Erarbeitung untergesetzlicher und allgemein anerkannter Methodenstandards, um eine möglichst rechtssichere artenschutzfachliche Einzelfallprüfung zu gewährleisten.

Die Konflikte sind lösbar

Die Energiewende, aber auch die allgemeine Modernisierung des ländlichen Raumes, bringt Konflikte mit sich. Doch sie sind lösbar. An klugen Ideen und Lösungsvorschlägen ist kein Mangel, allein: Es fehlt der Mut zum Fortschritt. Unterschätzt wird die Akzeptanz und Unterstützungsbereitschaft Vieler für eine ökologische Modernisierung. Überschätzt wird hingegen der Strukturkonservatismus. Es ist Aufgabe der Politik, den vom Wandel betroffenen Menschen, die Notwendigkeit zu Veränderungen zu erklären und sie von den Vorzügen einer klimafreundlichen Transformation zu überzeugen. Aller Erfahrung nach gelingt das am besten, wenn man sie dazu einlädt, diese Prozesse mitzugestalten und davon zu profitieren.

 

 

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