Wehrhafte Hunde gegen Wölfe, Bären, Luchse & Co

Mit jedem Schritt, dem man sich nähert, wird das Gebell lauter und bedrohlicher. Es wird geknurrt und gekläfft, sodass jeder weiß: Irgendwer kommt, der lieber fort bleiben sollte. Genau das ist die Aufgabe eines Herdenschutzhundes. Hunde die bellen, beißen nicht, heißt es. Anders ist es bei den Herdenschutzhunden. Sie sind jederzeit bereit, bis zum Äußersten zu gehen, sogar gegen Wölfe, Luchse und Bären. 

Hunde und Menschen verbindet schon seit Jahrtausenden eine gemeinsame Geschichte. Die Beziehung zwischen Hirten und ihren Hunden gilt dabei wohl als eine der ursprünglichsten. Es gibt spezielle Hunde, um eine Herde zusammenzuhalten. Andere, um sie vom Stall auf die Weide zu bewegen. Und es gibt wieder andere Hunde, deren Aufgabe es ist, die Herde um jeden Preis zu beschützen. Vor allem vor Wölfen und Bären, die Schafe und Rinder reißen.

Rückkehr der Wölfe: Herdenschutz wurde wieder aktuell

Mit dem Verschwinden der großen Beutegreifer verschwand auch das Wissen, sich gegen solche Tiere wie Wölfe, Bären und Luchse zur Wehr zu setzen. Der Herdenschutz konnte vernachlässigt werden und die alten Hunderassen gerieten in Vergessenheit. Um die Jahrtausendwende herum wurden jedoch wieder Wölfe in Deutschland heimisch. Damit änderte sich alles schlagartig. 

Plötzlich las man in den Zeitungen von gerissenen Schafen und Rindern. Zunächst in Sachsen, danach in Brandenburg und schließlich fast überall dort, wo neue Rudel gründeten. Die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland war auch immer von uralten Ängsten geprägt, die nun mit Meldungen über totes Weidevieh neues Futter erhielten.
Wo es vor kurzem noch reichte, das Vieh gegen das Ausbrechen zu schützen und sie nachts unbewacht auf der Weide verbleiben konnten, mussten die Viehhalter die Herden nun zusätzlich vor ungebetenen “Einbrechern” schützen. Die alten Hunderassen erwiesen sich dabei als ein geeignetes Mittel, um Wölfe von den Herden fern zu halten.

Was sind eigentlich Herdenschutzhunde?

Herdenschutzhunde werden fast immer im Stall geboren. Sie wachsen anschließend meist unter Schafen oder auch unter Ziegen oder Rindern auf. Es gibt sogar Herdenschutzhunde für Geflügel. Die Hunde verstehen sich als Teil der Herde und bleiben 365 Tage im Jahr bei Wind und Wetter an der Seite ihrer “Familie”. Das klingt zunächst erst einmal knuffig und etwas putzig. Aber die Rassen, die als Herdenschutzhunde gezüchtet werden, sind wirklich knallhart. Hierzulande am häufigsten eingesetzt werden der Maremmano Abruzzese oder Pyrenäenberghund. Sie stellen sich allem entgegen und verteidigen ihre Herde zur Not auch mit dem eigenen Leben. 

Herdenschutzhunde können herausfordernd sein

Das macht die Arbeit mit ihnen auch nicht gerade einfach. Für manche Viehhalter stellen diese Hunde mitunter eine große Herausforderung dar, vor allem auf Weiden in Siedlungsnähe. Die Hunde erfordern viel Erfahrung. Sie sind teuer und spezielle Züchtungen. Darüber hinaus sind einige von ihnen äußerst lebhaft – und je nach Größe der zu schützenden Herde ist es mit einem Herdenschutzhund meist nicht getan. Besser wären zwei oder drei.

Es tut sich was: Ausbildung von Herdenschutzhunden

Herdenschutzhunde würden sogar gegen Wölfe bis zum Äußersten gehen um ihre Herde zu schützen. © Peter Jelinek / WWF
Herdenschutzhunde würden sogar gegen Wölfe bis zum Äußersten gehen, um ihre Herde zu schützen. © Peter Jelinek / WWF

In Deutschland gibt es mittlerweile mehrere Vereine, die sich mit der Zucht und der Ausbildung von Herdenschutzhunden beschäftigen. Es gibt sogar Prüfungen, in denen die Eigenschaften und Fähigkeiten der Hunde abgeprüft werden – denn ein Schäfer muss sich hundertprozentig auf seine Vierbeiner verlassen können. Meistens sind die Hunde schließlich mit den Weidetieren alleine.

WWF fordert mehr Unterstützung für Weidetierhalter

Die meisten Bundesländer zahlen immerhin die Anschaffung von Herdenschutzhunden, jedoch gibt es für Tierarzt- und Futterkosten bisher nur in den seltensten Fällen Unterstützung. Damit sich das ändert, ist der WWF Teil eines Bündnisses von elf Verbänden aus Naturschutz, Tierhaltung, Tierschutz und Jagd. Gemeinsam setzen wir uns für eine stärkere Unterstützung der Weidetierhalter ein. Außerdem organisiert der WWF Austauschreisen zwischen Tierhaltern aus unterschiedlichen Regionen, damit sie sich darüber austauschen können, was gut funktioniert im Herdenschutz und was nicht. Auch an der Errichtung des Herdenschutzzentrums im Wildpark Schorfheide, welches im Mai eröffnet wird, ist der WWF beteiligt.

Projekt LIFE EuroLargeCarnivores:

Der WWF Deutschland koordiniert darüber hinaus, das von der Europäischen Union geförderte Projekt LIFE EuroLargeCarnivores. Gemeinsam mit 16 Partner aus 16 verschiedenen Ländern wird dabei an Lösungen gearbeitet, die gemeinsamen Lebenräume von Wildtieren und Menschen unter Berücksichtigung aller Interessen zu gestalten. “Stories of Existence” ist dabei eine Videoreihe, die von diesem Zusammenleben erzählt.

LIFE EURO LARGE CARNIVORES

 

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Klimaschutz mit Power-to‑X, Wasserstoff, eFuels & Co?

Ist Wasserstoff die Wunderwaffe beim Klimaschutz? Power-to‑X, eFuels und Co sind derzeit in aller Munde. Viele sehen darin Schlüsseltechnologien für den Klimaschutz. Wasserstoff wird als „Öl des 21. Jahrhunderts“ angepriesen. Auch die Bundesregierung hält viel davon. Im Klimapaket wurde eine Wasserstoffstrategie angekündigt. Doch was verbirgt sich hinter diesen Begriffen? Und welchen Beitrag zur Klimaneutralität können sie tatsächlich leisten? Ich versuche mal Licht ins Dunkel zu bringen.

Power-to-Was?

Power-to‑X (PtX) ist der Überbegriff für Technologien, mit denen Strom (Power) in andere Energieträger oder Stoffe (X) umgewandelt wird. PtX ermöglich damit Strom auch in Bereichen wie Verkehr oder Wärmeversorgung zu nutzen. Zukünftig könnte so auch in diesen Bereichen auf fossiles und klimaschädliches Erdöl und Erdgas verzichtet werden (Sektorkopplung).

Wie wird Wasserstoff hergestellt?

Alle diese Technologien haben eines gemeinsam: Zuerst wird mit Strom und Wasser durch Elektrolyse Wasserstoff hergestellt. Entweder kann dieser direkt verwendet werden, wie bei der klimafreundlichen Stahlherstellung oder in Brennstoffzellen. Oder er wird zu synthetischen, kohlenstoffhaltigen Energieträgern weiterverarbeitet. Dazu benötigt man Kohlenstoffdioxid. Nachhaltig zum Beispiel aus der Luft, welches mit dem Wasserstoff chemisch verbunden wird. Dadurch entstehen Kohlenwasserstoff-Moleküle, die mit den Erdöl-Produkten Benzin, Diesel oder Heizöl chemisch identisch sind. Das sind sogenannte synthetische Kraftstoffe oder eFuels.

Wasserstoff: Wie klimafreundlich ist C02 Graphik
Wie klimafreundlich ist C02? © WWF

Was bringt das für den Klimaschutz?

Um die Erderhitzung auf 1,5 °C zu begrenzen, muss in allen Lebens- und Wirtschaftsbereichen Klimaneutralität erreicht werden. Wasserstoff und andere PtX-Stoffe werden dafür in verschiedenen Sektoren eine Rolle spielen. Allerdings sind sie nicht per se ein Allheilmittel für den Klimaschutz.

Wichtigste Voraussetzung für eine klimafreundliche Produktion von PtX-Stoffen ist, dass zu 100 Prozent Strom aus erneuerbaren Energien verwendet wird. Nur dann leisten diese Technologien wirklich einen Beitrag zum Klimaschutz. Wird aber Strom aus dreckigen Kohlekraftwerken verwendet, ist PtX sogar klimaschädlicher als konventioneller Diesel oder Benzin.

Warum grüner Wasserstoff selten ist

Wirklich grüner Wasserstoff wird immer kostbar und selten bleiben. Für die Produktion von Wasserstoff wird enorm viel Energie benötigt. Zum Vergleich: Ein mit synthetischen Kraftstoffen betriebenes Fahrzeug benötigt die fünffache Menge erneuerbaren Stroms im Vergleich zu einem Elektroauto. Und erneuerbarer Strom ist (noch) eine Mangelware. Aber auch zukünftig wird es nicht genügend Wind- und Solaranlagen geben, um den gesamten Energiebedarf in Deutschland zu decken. Deshalb ist klar, dass die Produktion von PtX-Stoffen wie Wasserstoff hauptsächlich im Ausland an sonnen- oder windreicheren Standorten stattfinden wird. Zum Beispiel in Nordafrika. Doch auch dort gibt es nicht unendlich Flächen und Energie. Und es gilt auch andere soziale und ökologische Auswirkungen zu berücksichtigen wie zum Beispiel den Wasserverbrauch.

Warum Wasserstoff sich nicht für Autos eignet

Deshalb dürfen Wasserstoff und PtX-Stoffen nur dort eingesetzt werden, wo Alternativen fehlen oder nur schwer umsetzbar sind. Wasserstoff ist eben kein Freifahrtschein für den Verkehr. Für Autos ist die Technologie zu ineffizient. Sie wird nur da eine Rolle spielen, wo Elektroantriebe bisher nicht möglich sind. Für den Wasserstoff gilt dies etwa im Schwerlastverkehr. Kohlenstoffhaltige PtX-Stoffe stellen eine Alternative für den Flugverkehr oder Teile des Schifffahrt dar. Viel wichtiger jedoch ist der Einsatz von Wasserstoff in der Industrie. Dort ist er die Voraussetzung für eine klimaneutrale Herstellung von Stahl und chemischen Grundstoffen.

Was muss getan werden?

Damit diese Technologien wie Power-to‑X, Wasserstoff, eFuels und Co wirklich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten, muss der Ausbau erneuerbarer Energien schnellstmöglich vorangehen. Derzeit ist die Energiewende in Deutschland ins Stocken geraten. Insbesondere der Windenergie-Ausbau. Die Bundesregierung muss den Ausbau der erneuerbaren Energien endlich wieder entschieden vorantreiben. Damit einhergehend dürfen PtX-Stoffe nur mit erneuerbarem Strom hergestellt werden. Genauso wichtig ist es, dass vorausschauend auch der Ausbau des Strom- und Gasnetzes geplant und konsequent an der Weiterentwicklung der PtX-Technologien gearbeitet wird.

Schlussendlich darf nicht vergessen werden, dass es mindestens genauso wichtig ist, den Verbrauch zu reduzieren. Andernfalls sind die Energiebedarfe zu hoch, um auf nachhaltige erneuerbare Energien umgestellt zu werden.

Was macht der WWF zu Wasserstoff & Co?

Wir beim WWF arbeiten am hochaktuellen und wichtigen Thema Wasserstoff und Co. So beteiligen wir uns am Kopernikus-Projekt Power-to‑X. Dort arbeiten Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, gemeinsam an Lösungen für die Energie der Zukunft. Falls Du dich dafür interessierst und mehr darüber erfahren möchtest, wie klimaneutral CO2 als Rohstoff wirklich ist, schau auch auf unserer Themenseite vorbei.

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Rückgang der Nashorn-Wilderei in Südafrika

Es gibt gute Nachrichten aus Südafrika. Nachdem 2018 noch 769 Nashörner der Wilderei zum Opfer fielen, waren es im vergangenen Jahr “nur” noch 594. Das bedeutet ein Rückgang der illegalen Nashornjagd um fast ein Viertel.  

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Damit fallen diese Zahlen schon seit fünf Jahren in Folge – das ist ein großer Erfolg. Südafrika ist das Land mit den mit Abstand größten Beständen der beiden afrikanischen Nashornarten, dem Breit- und dem Spitzmaulnashorn. Dem Einsatz von Politik, privaten Parkbetreibern und Tourismusanbietern, Nichtregierungsorganisationen und Gemeinden sind diese positiven Nachrichten zu verdanken. 

Nashorn-Wilderei: Noch kein Anlass zur Freude

Anlass zur reinen Freude sind diese Zahlen jedoch noch lange nicht. 2014 bildete bislang den blutigen Höhepunkt der Nashornwilderei, als wir insgesamt 1215 Nashörner in nur einem einzigen Jahr verloren. In den letzten zehn Jahren wurden allein in Südafrika über 8500 Tiere gewildert. Zu viel für die Bestände der Breitmaulnashörner, die zuletzt merklich zurückgegangen sind. Die Populationen ist um fast zehn Prozent eingebrochen. Das ist ein schwerer Schlag, nachdem die Bestände ein ganzes Jahrhundert lang fast stetig gewachsen sind.

Wie viele Nashörner im Moment in Südafrika leben, wissen wir nicht genau. Die letzten Schätzungen beziffern die Bestände auf rund 17.500 Tiere. Daher ist es auch schwierig, die dortigen, aktuellen Wildereizahlen final in den Kontext zu packen. Niedrigere Wildereizahlen können zum Teil auch einfach daher rühren, dass es weniger Tiere gibt, die getötet werden können.

Südafrika im Kampf gegen Nashornwilderei

Wichtig ist jedoch in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass die Nashorn-Nationen wie Südafrika nicht allein gelassen werden dürfen. So lange die Nachfrage aus dem Ausland nach dem Horn der Nashörner bestehen bleibt, werden wir den Kampf gegen die Wilderei vor Ort nicht gewinnen. Wir haben nur eine Chance, wenn wir alle an einem Strang ziehen. Die Netzwerke des illegalen Artenhandel arbeitet global und so müssen auch wir international zusammenarbeiten.

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Umweltrisiken bedrohen Weltwirtschaft

“Mit großer Sorge beobachten wir die Auswirkungen der fortwährenden Umweltzerstörung sowie den rapiden Artenverlust”, schreibt Børge Brende. Soweit keine Überraschung, diese Sorge haben wir vom WWF auch. Das Besondere ist: Börge Brende ist kein Umweltschützer. Er ist der Präsident des Weltwirtschaftsforums und das Vorwort stammt aus dem Weltrisikobericht 2020. 

Einmal im Jahr stellt das Weltwirtschaftsforum (WEF) die größten Risiken für die Weltwirtschaft zusammen. Dazu befragt die Stiftung führende Wirtschaftsexpert:innen, welche Risiken sie für die Weltwirtschaft in näherer Zukunft sehen. Sie werden auch zur Einschätzung von Eintrittswahrscheinlichkeit und Folgen dieser Risiken befragt. 

Umweltrisiken bedrohen die Weltwirtschaft

In der Vergangenheit galten meist geopolitische Spannungen oder soziale Ungleichheit als größten Risiken. Die Bedeutung der umweltbezogenen Risiken nahm dabei über die letzten Jahre stetig zu. Erstmals in seiner Geschichte macht der Bericht nun aber fünf Umweltthemen als die Risiken aus, deren Eintritt als am wahrscheinlichsten eingeschätzt werden. Es sind Schlagwörter, die direkt aus unserem Living-Planet-Report stammen könnten: Extremes Wetter, Umweltkatastrophen, Artensterben, Zusammenbruch von Ökosystemen, großen Naturkatastrophen sowie Versagen bei der Eindämmung von und Anpassung an die Erderhitzung.

Die fünf größten Bedrohungen für die Weltwirtschaft sind Umwelt-Risiken. CC0 WEF / Global Risk Report 2020
Die fünf größten Bedrohungen für die Weltwirtschaft sind Umweltrisiken. CC0 WEF / Global Risk Report 2020

Was Umweltschützer:innen seit vielen Jahren befürchten, scheint nun auch in Kreisen erhört zu werden, in denen es lange vor allem um Wirtschaftswachstum ging. Das Weltwirtschaftsforum warnt davor, weiterhin die Umweltrisiken durch Klimakrise und Artensterben zu unterschätzen. Die letzten fünf Jahre waren die heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Hurricanes, Dürren, Überschwemmungen traten zuletzt in unbekannter Häufigkeit auf. Steigende Meeresspiegel, tauende Permafrostböden und Extremwetter würden die Szenarien noch dramatisch beeinflussen und das Klima sprichwörtlich weiter anheizen.

Klimakrise und Artensterben: Ein Teufelskreis

Die Klimakrise und Artensterben sind Zwillingskrisen. Beide hängen zusammen und beschleunigen sich gegenseitig: Die Erderhitzung verändert Ökosysteme in dramatischem Tempo. Viele Tiere und Pflanzen können sich nicht schnell genug anpassen. Die Feuerkatastrophe in Australien ist ein gutes Beispiel für diese enge Verbindung von Klimakrise und Artensterben. Die extreme Trockenheit, die auf die Klimakrise zurückzuführen ist, begünstigt die Brände. Die Feuer wiederum setzen große Menge an CO2 frei – die Erderhitzung wird weiter angekurbelt. Extremwetter und steigende Temperaturen bedrohen die Lebensräume bedrohter Tierarten, wie den Koalas im Beispiel Australien.

Die Menschheit hat ein Großteil der Artenvielfalt vernichtet. © Zurich Insurance Group
Die Menschheit hat ein Großteil der Artenvielfalt vernichtet. © Zurich Insurance Group

Das Artensterben zeigt sich aber auch direkt vor unserer Haustür, wo Ackervögel verstummen und Wildbienen verschwinden. Das Sterben einzelner Tier- und Pflanzenarten, bringt auch größere Ökosysteme wie Regenwälder und Auewiesen in Gefahr. Laut Weltrisikobericht wären die Folgen für die Wirtschaft daraus dramatisch. Der Wert von Waren und Dienstleistungen auf der Grundlage gesunder Ökosystemen wird auf 33 Billionen US-Dollar im Jahr geschätzt. Das entspricht der Wirtschaftskraft der USA und China zusammen.

Biodiversität bildet unsere Lebens- und Wirtschaftsgrundlage

Die Natur versorgt uns mit Trinkwasser, sauberer Luft, Nahrung und mehr. Mit dem Verlust der biologischen Vielfalt geht zwangsläufig ein Nahrungsmittelverlust einher, wie es schon jetzt in der Fischerei spürbar ist.  Ebenso dramatisch wäre der Verlust von sauberem Trinkwasser. Laut den Vereinten Nationen war Wasser bereits im Jahr 2017 ein Grund für Konflikte in 45 Ländern. Der Weltrisikobericht rückt diese Fakten in wirtschaftlichen Kontext. Schäden durch Umwelteinflüsse betrugen im Jahr 2019 ganze 165 Mrd. US$. Das Fazit: wir als Menschen und unsere Wirtschaftsstruktur brauchen intakte Ökosysteme.

 

Die Natur bietet eine Vielzahl so genannter Ökosystemdienstleistungen. © Zurich Insurance Group
Die Natur bietet eine Vielzahl so genannter Ökosystemdienstleistungen. © Zurich Insurance Group

Nur eine sofortige Kooperation von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft verspricht nach Ansicht des Weltwirtschaftsforums Erfolge im Kampf gegen die derzeit größten Gefahren. Ziel der Kooperation sollte ein umfassender Strukturwandel sein. Auch der WWF erkennt die Umweltrisiken und fordert ebenso wie das Weltwirtschaftsforum Politik, Unternehmen und Bevölkerung zum Handeln auf. Laut dem Weltrisikobericht ist der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen durch die Klimakrise und Artensterben gefährdet, doch gleichzeitig ist der ökologische Fußabdruck von Unternehmen ist oft überdurchschnittlich groß.

Strategie für Umweltrisiken benötigt

Trotzdem fehlen den meisten Unternehmen angemessenen Strategien, um ihren Fußabdruck zu verkleinern. Der Weltrisikobericht ist ein weiterer Grund dies zu ändern: Unternehmen müssen sich unter anderem Klimaziele setzen, um die Natur und unsere Lebensgrundlage langfristig zu schützen. Glaubhafter, unternehmerischer Klimaschutz bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Konkret heißt das: Um Klimakrise und Artensterben zu stoppen, statt zu verschlimmern, müssen Unternehmen angemessene, wissenschaftsbasierte Nachhaltigkeitsziele stringent in ihr Kerngeschäft etablieren und Transformationspläne erarbeiten und öffentlich zugänglich machen.

Weltrisikobericht sendet wichtiges Signal:

Auch Unternehmen müssen sich gegen die Erderhitzung stark machen und im Einklang mit den Klima-Zielen aus dem Paris Abkommen wirtschaften. Nicht nur für Natur und Tiere, sondern auch für die Sicherung der Lebensgrundlagen von uns Menschen und für eine zukunftsfähige Wirtschaft.

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Klimaschutz: Vier Beiträge zur nachhaltigen Landwirtschaft

Was Effizienz und Produktivität betrifft, kann die deutsche Landwirtschaft sich wirklich sehen lassen. In kaum einem Land werden solche Getreide-Hektarerträge erzielt. Und auch auf die Landfläche bezogen, wird nirgends so viel Fleisch in hoher Qualität für den eigenen Konsum und den Export erzielt wie bei uns. Selbst um das Wohl der Tiere sorgt man sich – ein Tierwohllabel jagt das nächste.

So ist zumindest die oberflächliche Betrachtung – aber leider liegt die Tücke im Detail. 

Was den Klima-Fußabdruck betrifft, leisten wir uns ein landwirtschaftliches Produktionssystem, das, je nachdem welche Treibhausgasemissionen einberechnet werden, rund sieben bis 14 Prozent zu den Treibhausgasen ganz Deutschlands beiträgt. 

Treibhausgase: Zu geringe Reduktionsziele bis 2030

Da Deutschland zu den globalen Top-Ten-Treibhausgasemittenten der Welt gehört, verbergen sich hinter diesen Zahlen beachtliche Mengen. Die 66 Mio. Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalente direkter Emissionen aus der Landwirtschaft entsprechen beispielsweise den gesamten Treibhausgasemissionen von Irland. 

Die Landwirtschaft ist der Sektor, für den sich die Bundesregierung die geringsten 2030-Reduktionsziele aller Sektoren gesetzt hat. Lediglich eine Reduktion von maximal 34 Prozent (gegenüber den Emissionen von 1990) sind angepeilt. Alle anderen Sektoren liegen über 40 Prozent. Denn  insgesamt muss die Bundesregierung die im Pariser Klimaabkommen gesetzten Reduktionsziele von 55 Prozent erreichen. 

Klimaschutz: Landwirtschaft muss Beitrag leisten

Dass die Landwirtschaft hier geschont wird, liegt wohl daran, dass Nahrungsmittelproduktion nicht übergebührlich belastet  werden soll. Nach dem Motto: „Aufs Autofahren kann verzichtet werden. Aber Essen muss nun einmal jeder. “ 

Das mag verständlich klingen, ist aber gelinde gesagt ambitionslos. Auch wird vergessen, dass die Landwirtschaft einen entscheidenden Vorteil hat, den viele andere Sektoren nicht haben. Sie kann aktiv zum Klimaschutz beitragen, indem Kohlendioxid aus der Luft festgelegt wird.

1. Kohlendioxid-Emissionen stoppen, Moorböden schützen

Entwässerte und in landwirtschaftlicher Nutzung befindliche Moorböden sind echte CO2 Schleudern! Der über Jahrtausende aufgebaute Torf wird rasant abgebaut. Obwohl sie nur rund acht Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ausmachen, emittieren sie zwischen 30 und 40 Mio. Tonnen Kohlendioxid jedes Jahr. Der effektivste und vergleichsweise einfachste Klimaschutz ist es, diese Emissionen zu stoppen. Das geht (leider) nur über eine gänzliche Wiedervernässung und somit Änderung/Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung.

2. Methan: Fleischkonsum senken, Nutztierzahlen reduzieren

Die Rinderzucht ist auch für Methan verantwortlich, einem extrem wirksamen Klimagas. © iStock Getty Images
Die Rinderzucht ist auch für Methan verantwortlich, einem extrem wirksamen Klimagas. © iStock Getty Images

Neben diesem „echten“ CO2 aus ehemaligen Moorböden ist Methan (CH4) ein ebenso großer Klimakiller in Deutschland. Methan entsteht bei der Verdauung von Wiederkäuern und dem Management von Wirtschaftsdünger (Gülle und Festmist). Gleichzeitig wirkt Methan etwa 25 mal klimaschädlicher als CO2. Wir leisten uns jährlich 33 Mio. CO2 Äquivalente in Form von Methanemission aus der Landwirtschaft. Weniger ist momentan zügig und mit einfachen Mitteln nur möglich, in dem wir Nutztierzahlen reduzieren.

Das heißt: Weniger Fleisch konsumieren! Zu einer Halbierung unseres momentanen Fleischkonsums raten auch Ärzte. Zudem ist zu diskutieren, wie viel Fleisch Deutschland für den reinen Export produzieren möchte bzw. was unserer Umwelt zugemutet werden kann. Weniger Tiere hieße hier auch weniger Import von nicht-nachhaltig produziertem Soja aus Südamerika und dem zusätzlichen CO2-Fußabdruck (und die brennenden Wälder), den wir dort hinterlassen.

3. Überdüngung stoppen: Nitrat und Lachgas senken

Bei der Überdüngung mit Gülle entsteht unter anderem Lachgas. © iStock Getty Images
Bei der Überdüngung mit Gülle entsteht unter anderem Lachgas. © iStock / Getty Images

Gülle und Festmist enthalten unter anderem Stickstoff. Gerade deshalb werden sie als Wirtschaftsdünger auf den Acker ausgebracht. Das ist grundsätzlich gut, denn so wird dem Boden wieder zugeführt, was über die Pflanzen und Ernte vorher entzogen wurde. Aus dem Ruder läuft es, wenn zu viele Gülle produziert wird. Das ist eine direkte Folge der Tierzahlen. Aus dem Stickstoff wird unter anderem das Klimagas Lachgas (N2O) und Nitrat (NO3), das ins Grundwasser sickern kann. Auch synthetisch hergestellter mineralischer Stickstoffdünger verursacht diese „Verluste“. Das Treibhauspotential von Lachgas ist fast 300-fach höher als CO2. Bereits kleine Mengen haben also große Wirkung. Weitere 30 Mio. CO2-Äquivalente leisten wir uns in Form von Lachgas in unserer intensivierten Landwirtschaft.

Reduzieren wir die Stickstoffmengen, die wir in Form von Dünger ausbringen, so reduzieren sich auch – fast automatisch – diese Emissionen. Aber können wir uns das erlauben, ohne Flächenerträge (und damit auch Gesamterträge) zu schmälern und die Qualität unserer Anbaufrüchte zu gefährden? Die Antwort lautet: Das Problem ist einfach lösbar! Zum einen leisten wir uns momentan beachtliche Stickstoffüberschüsse. Es wird systematisch in Kauf genommen, dass große Mengen an Stickstoff gar nicht von den Pflanzen aufgenommen werden. Zum anderen lassen sich über effizientere Sorten und smartere Anbausysteme (und Fruchtfolgen) solche Einsparungen ohne Zielkonflikte realisieren. Hier ist also “viel Luft nach oben”, im wahrsten Sinne des Wortes.

4. Humus: Gesunde Böden fördern Klimaschutz

Gesunde Böden speichern CO2, das aus der Luft über die Pflanzen aufgenommen wurde. Kohlenstoff. © iStock / Getty Images
Gesunde Böden speichern CO2, das aus der Luft über die Pflanzen aufgenommen wurde. Kohlenstoff. © iStock / Getty Images

Humus, d.h. die organische Substanz im Boden, enthält viel Kohlenstoff, der als CO2 von Pflanzen aus der Luft aufgenommen wurde. Unsere landwirtschaftlichen Böden haben im Laufe von Jahrhunderten Humus verloren. Man geht davon aus, dass Böden auch heute noch Kohlenstoff in Form von CO2 verlieren. Aber mit geeignetem ackerbaulichem Management wäre es möglich, den Humusgehalt wiederaufzubauen. Diese Kohlenstoffsenke “Boden” wäre für mindestens die nächsten 20 Jahre eine Möglichkeit, jährlich rund 15 Mio. Tonnen CO2 einzusparen. Fast nebenbei würden wir auch die Bodenfruchtbarkeit erhöhen. Unsere Landwirtschaft wäre so klimaresilienter aufgestellt. Denn humose Böden speichern mehr Wasser und Nährstoffe.

Klimaschutz: Deutsche Landwirtschaft kein Exportschlager

Diese vier Tipps folgen klassischen Ansätzen; andere Innovationen (Digitalisierung, Fortschritte in der Pflanzenzüchtung, effizientere Kreislaufwirtschaft, etc.) sind hier noch gar nicht angedacht, und böten weitere Einsparpotentiale, wenn sinnvoll gefördert und gesteuert.

Aber eins sollte klar sein: Ohne diese Transformation der deutschen Landwirtschaft ist sie leider momentan kein wirklicher „Exportschlager“. Der Klimafußabdruck unserer Landwirtschaft ist einfach zu hoch! 

Grüne Revolution in Afrika?

Eine grüne Revolution für Afrika, nach dem Vorbild der landwirtschaftlichen Intensivierung in Asien in den 1970ern (soll heißen, in Grundzügen der Landwirtschaft wie ich sie oben skizziert habe), und so wie sie noch immer von einigen Akteuren in der Entwicklungszusammenarbeit mit Nachdruck gefordert und gefördert wird, würde nicht nur bedeuten, dass afrikanische Länder die gleichen Fehler machen wie wir – wir hätten also offensichtlich nichts gelernt. Darüber hinaus würden wir auch die Erderhitzung zusätzlich befeuern. Das darf nicht unser Ziel sein! 

Rechnen Sie es sich selbst aus: wenn 16,7 Mio. Hektar unter Landwirtschaft in Deutschland 66 Mio. Tonnen CO2 emittieren (≈ 4 t CO2 pro Hektar), wie viele Tonnen wären dies bei einer analog intensivierten Landwirtschaft in Afrika südlich der Sahara auf 1025 Mio. Hektar landwirtschaftlicher Fläche?

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