Ich weiß gar nicht mehr so recht, wie früh oder wie oft ich das Mantra vom ausgewogenen Journalismus während meines Studiums und Volontariats gehört habe. Auf jeden Fall hat es sich ähnlich wie die Popper‘sche Falsifikation eingebrannt.
Und das ist auch richtig so: Immerhin beansprucht Qualitätsjournalismus nicht die eine Wahrheit für sich. Er zeigt, welche Sichtweisen bei Themen aufeinanderprallen, welche Meinungen wer in Konflikten vertritt.
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Das ist nicht einmal unbedingt nur im Journalismus so: Schon als Kinder lernen wir doch, dass es unterschiedliche Meinungen gibt und wir uns in andere hineinversetzen sollen, um Streitigkeiten beizulegen.
Erkenntnis versus Meinung
Aber da liegt nun die Krux: Manchmal darf es nämlich nicht um Meinungen gehen, sondern um Erkenntnisse. Um Fakten, die wissenschaftlich belegt sind. Wenn wir etwa über die Klimakrise schreiben, ihre Ursachen und Folgen, muss Ausgewogenheit anders aussehen als das übliche Pro und Contra. Dabei geht es um Fakten, nicht um Meinungen.
Ja doch: Die Wissenschaft ist sich einig
Dann bedeutet Ausgewogenheit, dass sich die nahezu 100 Prozent wissenschaftliche Übereinstimmung zu dem Thema auch so im Bericht niederschlägt. Die wenigen, häufig abseitigen Theorien von Klimaskeptikern hingegen dürfen nicht die Hälfte des Beitrags ausmachen. Das wäre dann verzerrt. „False balancing“ nennt man das Ganze. Beispiele dafür gibt es zuhauf. Das Ergebnis: Viele Menschen glauben an einen wissenschaftlichen Dissens, den es gar nicht gibt.
Wenn Journalist:innen in die Falle tappen
Die Gegenseite zu Wort kommen zu lassen ist natürlich auch hier nicht verkehrt. Aber sie bekommt allzu oft einen überproportionalen Anteil, gemessen an dem, was wissenschaftlich erwiesen ist. Der Wunsch nach Berücksichtigung aller Seiten lässt Journalist:innen zum Teil noch immer in eine Falle tappen, wenn es um die Erderhitzung geht.
Pro & contra bitte bei den Lösungen
Bei der Diskussion um die Lösungen zur Klimakrise ist ein Pro und Contra wiederum nicht verkehrt. Im Gegenteil. Hier braucht es den Austausch, um am Ende hoffentlich das Beste herauszuholen. Idealerweise natürlich basierend auf belegbaren Fakten, umfassenden Berechnungen.
Aber ein ausgewogener Artikel über die Grundlagen der Klimakrise – ihrer Treiber, ihrer Auswirkungen – muss eben nicht alle abseitigen Meinungen wiedergeben. Dafür gibt es ja im Zweifel auch immer noch das Internet. Der Artikel muss einordnen. Und dabei die wissenschaftliche Übereinstimmung repräsentieren.
Womit wir irgendwie auch wieder bei Karl Popper wären – wie kann es auch anders sein. Denn ja: Klimaschwankungen hat es immer gegeben. Sie sind wie die weißen Schwäne. Aber was aktuell passiert, ist nach überwältigendem Konsens der Wissenschaft nicht natürlich: Es ist ein menschengemachter schwarzer Schwan.
Mit Deutschland und der Energiewende ist es ein bisschen so wie mit der Erfindung des Fahrrads. Es wurde viel getüftelt und ausprobiert. Und am Anfang war alles noch sehr teuer. Aber irgendwann stimmte die Technik. Die Energiewende kam ins Laufen, sie hatte quasi endlich zwei gleich große Räder und alle wollten Fahrradfahren.
Mittlerweile aber hat Deutschland vergessen, wie man Fahrrad fährt, während andere Länder schon auf Pedelecs umsatteln. Deutschland, Geburtsland der Energiewende, hat den Anschluss verloren. Das ist nicht nur für unsere Wirtschaft gefährlich: Als eine der größten Industrienationen stehen wir in besonderer Verantwortung, was den Klimaschutz angeht. Aber ohne eine umfassende Energiewende hin zu Erneuerbaren heizen wir die Klimakrise weiter an.
Stattdessen sind noch immer sechs der zehn größten CO2-Schleudern Europas deutsche Kohlekraftwerke. Trotz Kohleausstiegsgesetz. Und das Klimaziel 2020 hat Deutschland nur erreicht, weil es unschöne Schützenhilfe von der Corona-Pandemie bekommen hat. Wir alle wissen, dass dieser Emissionsrückgang nicht nachhaltig bleiben wird.
Deutschland braucht mehr Erneuerbare
Unser gesamtes, zukunftsfähiges System hängt davon ab, dass uns ausreichend Strom aus Wind und Sonne zur Verfügung steht. Auch für den Verkehr: Wenn Tesla jetzt bald aus dem brandenburgischen Grünheide den deutschen Automarkt mit Elektroautos versorgt, brauchen diese Strom aus Erneuerbaren, um einen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Auch die Industrie braucht den schnellen Ausbau
Und auch die Industrie braucht einen schnellen Ausbau: Kommen jetzt nicht die richtigen Weichenstellungen aus der Politik, kann es passieren, dass in klimaschädliche Produktionsanlagen reinvestiert wird, die über Jahre Bestand haben. Neben direkter Elektrifizierung ist für die Industrie auch die Förderung Grünen Wasserstoffs wichtig – also solcher, der mithilfe Erneuerbarer hergestellt wird. Denn nur grüner Wasserstoff ist langfristig sinnvoll.
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Augen auf für die Realität
Es ist also Zeit, die Augen zu öffnen und die Realitäten anzuerkennen. Wind und Sonne gehören die Zukunft. Deutschland möchte nicht in einer Flaute stecken bleiben, wenn nun auch die USA wieder mit dem Wind segeln. Wenn sich die Regierungsparteien hoffentlich endlich wieder den neuen Ausbauzielen in der Novelle des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) widmen, dann braucht es Verstand und Herz. 2030 sollten 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs aus Erneuerbaren stammen. Nur so kommen wir den Zielen des Pariser Klimaabkommens und der Klimaneutralität bis spätestens 2050 nahe.
Der Platz ist da
Daneben gilt der Blick der Fläche: Erneuerbare benötigen Platz. Wie wir vom WWF berechnet haben, reichen rund zwei Prozent der Landesfläche und die Dachflächen, um Deutschlands Energieversorgung zum größten Teil mit Wind- und Solaranlagen zu decken. Damit diese Flächen aber sozial- und naturverträglich erschlossen werden, ist eine viel bessere Planung und Steuerung auf regionaler Ebene nötig. Dafür braucht es unter anderem mehr personelle und finanzielle Ressourcen für die zuständigen Behörden. Und es braucht einheitliche, wissenschaftliche Kriterien, nach denen Standorte für Erneuerbare ausgewählt werden.
Dabei müssen zwingend auch die Menschen vor Ort eingebunden werden. Es ist unsere Energiewende, unsere Zukunft, die wir mitgestalten wollen und sollen. Dabei geht es auch um die finanzielle Beteiligung etwa an Windparks. Die großen Vorteile, die Wind- und Solarparks mit sich bringen, müssen endlich auch die Standortkommunen unmittelbar spüren.
Die Erneuerbaren entschlossen auszubauen ist eine Chance auf nachhaltigen Wohlstand – für uns und andere Länder. Der Innovationsgeist hierzulande hat einst dazu geführt, die Energiewende zum Exportschlager zu machen. Diesen Geist gilt es, wiederzubeleben. Sonst verlernt Deutschland vielleicht irgendwann tatsächlich noch das Fahrradfahren.
(Dieser Blogbeitrag erschien in ähnlicher Form als Gastkommentar in der taz vom 23.4.2021)
Jeder Bissen zählt heißt das Motto des diesjährigen Earth Days. Was gibt es also heute zu beißen? Spaghetti. Mit gutem Gewissen. Nicht schon wieder? Dann bitte Linsen.
Es ist keine leichte Kost. Grafiken, Texte, Tabellen, Zusammenhänge. Nicht immer leicht zu konsumieren und zu verdauen, die große WWF-Studie “Der kulinarische Kompass”. Aber ich habe mich durchgewühlt. Nach vielen überraschten Huchs! und Ahas! war ich danach sehr viel schlauer. Wie viele Kilos Fleisch isst der Deutsche so pro Jahr? Wieviel landwirtschaftliche Fläche brauchen wir wo für? Was werden wir 2050 essen? Wie verändert flexitarische, vegetarische oder vegane Ernährung unsere Welt? Na? Eben, höchst interessant.
Was soll ich essen?
Besonders wichtig für mich (so kurz vor der Mittagspause): Welches Essen ist besonders gut für die Umwelt, welches besonders schlecht?
Besonders schlimm für die Weltund den Bauch: Fleisch. Hamburger mit Pommes. Gefolgt von Schweinebraten (wusste ich als Kind schon).
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Besonders gut beispielsweise: Spaghetti mit Tomatensoße (wusste ich auch als Kind schon). Noch besser aber: Linsen. Wow. Die Studie hat festgestellt: Wir sollten alle viel mehr Hülsenfrüchte essen. Gut und gerne doppelt soviel wie bisher. Das ist gut für die Gesundheit der Erde, das ist gesünder für mich. Das muss ja nicht nur die Schwäbische Linsensuppe sein. Sondern zum Beispiel, hmmm, leckeres Dal, das indische Grundnahrungsgericht überhaupt. Kennst Du nicht? Solltest Du.
Das haben wir alle verstanden: Wir müssen unser Leben sozial-ökologisch ausrichten, um die Grenzen unseres Planeten nicht zu überschreiten. Doch wie geht das? Wir haben uns gemeinsam mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) auf die Suche nach guten sozial-ökologischen Vorbildern gemacht. Und haben dabei erstaunlich vielfältige innovative Ansätze mit positiven ökologischen und sozialen Effekten gefunden. So geht Zukunft. Wir stellen einige dieser Ansätze in lockerer Serie hier vor. Hier: Mobilität
Barcelona. Millionen Touristen pilgern jedes Jahr durch die Stadt. Sie bestaunen den Baufortschritt an der Sagrada Familia, einer Kathedrale, die wohl niemals fertig wird, flanieren über die Ramblas und das Barrio Gótico. Oder machen einen Abstecher zum FC Barcelona ins Camp Nou.
Neuerdings mischen sich unter die Fans von Jugendstilbauwerken und gepflegtem Ballbesitzfußball vermehrt Verkehrsplaner und Lokalpolitiker, um einen neuen Ansatz in der Stadtplanung unter die Lupe zu nehmen: „Superilles“ oder „Superblocks“ heißt das Konzept, das inzwischen auch außerhalb Kataloniens Nachahmer findet.
Das Prinzip ist einfach. Schachbrettartig werden rund ein Dutzend Häuserblöcke verkehrstechnisch zu Inseln zusammengefasst, aus denen der Durchgangsverkehr systematisch ausgesperrt wird. Anders als in autofreien Quartieren dürfen Anwohner mit ihren Fahrzeugen weiter bis vor die Haustür fahren und auch der Lieferverkehr hat Zugang, allerdings mit deutlich reduzierter Geschwindigkeit. Geparkt wird in Tiefgaragen. Fußgänger und Radfahrer haben grundsätzlich Vorrang. Erste Pilotprojekte gab es schon in den 1990er Jahren. Doch erst in den letzten Jahren scheint das Konzept richtig durchzustarten.
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Der Grund dafür liegt zum einen an den politischen Mehrheitsverhältnissen in der Stadt. Zum anderen an einem erheblichen Leidensdruck. Wie die meisten Großstädte ist Barcelona in den vergangenen Jahrzehnten mehr und mehr unter die Räder gekommen. Die Stadt leidet seit Jahren unter Staus, hoher Luftverschmutzung und Lärmbelastung. Jedem Bewohner stehen durchschnittlich nur 6,6 Quadratmeter Grünfläche zur Verfügung, in den Innenstadtvierteln sogar nur 1,85 — während die WHO mindestens neun Quadratmeter pro Kopf empfiehlt.
Lebensqualität statt Stau
Zeit etwas zu ändern, nicht nur in Katalonien. Es geht letztlich darum, die Stadt nicht mehr allein durch die Windschutzscheibe zu planen. Noch beanspruchen Autos 60 Prozent der Verkehrsfläche in Barcelona, sie bewältigen aber nur 20 Prozent der Mobilität. Mit den Superblocks will die Stadt die Dominanz der Autos brechen. Das beginnt bei der Neuverteilung des öffentlichen Raums. Neue Rad- und Fußwege werden gebaut, zwischen die Häuser pflanzt man Bäume. Es entstehen Plätze mit Bänken und Spielmöglichkeiten, die als „erweitertes Wohnzimmer“ eine gemeinschaftliche Nutzung der Straßen ermöglichen sollen. Im Idealfall entstehen Cafés, Spielstraßen und kleine grüne Oasen, die die ganze Nachbarschaften aufblühen lassen. Das Ganze hat allerdings auch einen Haken: Nicht nur die Lebensqualität steigt, sondern auch die Mieten. Die Angst vor Gentrifizierung geht um.
Vielleicht wird sich dieses Problem lösen, wenn die Zahl der umgestalteten Quartiere wächst. Bislang hat Barcelona sechs solcher Superblocks realisiert. Dort wohnen gerade mal 40.000 der 5,6 Millionen Bewohner. Es bleibt also noch einiges zu tun, damit das Konzept messbare Wirkung entfaltet. Die Stadtverwaltung will 500 weitere Blocks umsetzen. Die Verantwortlichen rechnen damit, dass dadurch der motorisierte Individualverkehr um knapp 20 Prozent zurückgeht und damit zugleich Luftverschmutzung und Lärmbelastung in den Quartieren.
Viele Städte sind inzwischen auf der Suche nach Wegen aus der verkehrspolitischen Sackgasse. Die Corona Pandemie hat innovative Ansätze vielerorts beschleunigt. Auch wenn aus Angst vor Ansteckung so mancher wieder die Flucht ins eigene Auto angetreten hat, werden viele Pop-Up-Radwege nach der Pandemie nicht wieder mehrspurigen Schnellstraßen weichen. Die Mobilitätswende hat Fahrt aufgenommen. Beobachten kann man das beispielsweise in Paris. Bürgermeisterin Anne Hidalgo hat vor Kurzem angekündigt, die weltbekannten Champs-Élysées in einen außergewöhnlichen Garten zu verwandeln.
Paris, Stadt der Fahrräder
Bis es soweit ist können sich die Pariser bereits an die modernen Zeiten gewöhnen. An jedem ersten Sonntag im Monat ist der Prachtboulevard und vier weitere Innenstadtbezirke bereits seit 2019 für den Autoverkehr gesperrt. Wenn das autofreie Zentrum von kommt, sollen dort elektrische Shuttlebusse für zusätzliche Mobilität sorgen.
Die Pläne sind Teil eines größeren Vorhabens, Die Bürgermeisterin ist angetreten für eine Stadt der kurzen Wege. In 15 Minuten soll jeder Bürger Supermärkte, Schulen und Ärzte zu Fuß oder per Fahrrad erreichen können.
Fahrrad for future
Paris ist damit auf den Spuren von Amsterdam oder Kopenhagen. Insbesondere das Fahrrad soll als innerstädtisches Verkehrsmitte an Bedeutung gewinnen. 60.000 Parkplätze werden gestrichen. Stattdessen sollen in den nächsten Jahren in jeder Straße ein Fahrradweg entstehen.
Wasser als Verkehrsweg
Es tut sich einiges in der französischen Hauptstadt und nicht nur auf Straßen und Plätzen, sondern auch auf der Seine. Vorreiter war der Lebensmittelhändler Fanxprix. Das Unternehmen startete 2012 damit, seine Märkte auf dem Wasserweg zu beliefern. Inzwischen werden rund 300 Supermärkte auf diese Weise versorgt. Lastkähne fahren täglich zwei Haltepunkte in der französischen Hauptstadt an und liefern Container voll mit Trockennahrungsmittel, Haushaltwaren und Getränken. Nur die letzten Kilometer Supermarkt werden noch mit dem LKW bewältigt.
Die Rückbesinnnung auf die Binnenschifffahrt ist ein wenig aus der Not geboren, denn schon lange ächzt die Metropole unter dem zunehmenden Warenverkehr. Das enge Pariser Straßennetz ist dem innerstädtischen Schwerlastverkehr nicht gewachsen und es fehlt an geeigneten Parkmöglichkeiten. Das führt nicht nur zu Frust bei Kunden und Lieferanten, sondern auch zu hoher Belastung der Straßen, Staus und Luftverschmutzung.
Frachtkähne verbrauchen im Vergleich zum Warentransport mit Lkws fünfmal weniger Kraftstoff. Kein Wunder also, dass die Stadt Güterverkehr auf Wasserstraßen fördern will. Insgesamt soll er sich verdreifachen — und damit zwei Millionen Lastwagenfahrten einsparen.
Bartgeier, Luchs und Wildkatze: 10 Tiere, die ihn Deutschland fast ausgestorben waren – und jetzt wieder da sind.
Bartgeier: Rückkehr der Riesenvögel
Er ist ganz schön riesig: Mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,9 Metern zählt der Bartgeier zu den größten flugfähigen Vögeln überhaupt. Lange Zeit waren die Geier als gefährliche Vögel verrufen, die gar sogar Lämmer jagen sollten – weshalb sie auch Lämmergeier genannten werden. Sogar der Raub von Kindern wurde ihnen angedichtet. Es folgte eine gnadenlose Verfolgung. Anfangs des 20. Jahrhunderts verschwanden sie gänzlich aus den Alpen.
Jetzt kommt der Bartgeier zurück in die deutschen Alpen. In den Berchtesgadener Alpen sollen in diesem Sommer die ersten Küken ausgewildert werden.
In der Schweiz und Österreich waren der WWF und andere Naturschutzorganisationen mit ähnlichen Projekte in den letzten Jahren erfolgreich. Über 220 Bartgeier fliegen heute schon wieder über der Schweiz, Österreich, Italien und Frankreich. Viele der Greifvögel haben bereits erfolgreich gebrütet. Heute zählen wir pro Jahr 15 bis 20 Freiland-Geburten.
Kegelrobbe: Deutschlands größtes Raubtier zurück an den Küsten
Die Kegelrobbe ist mit zweieinhalb Meter Länge und 330 Kilo Deutschlands größtes Raubtier. Früher wurden Kegelrobben als Konkurrent der Fischer erbarmungslos gejagt. Als dann auch noch immer mehr Gift ins Meer gekippt wurde, kamen immer weniger Kegelrobben an die deutschen Küsten. Und irgendwann gar keine mehr. Doch seit die Robben und große Teile ihres Lebensraums unter Schutz stehen, kehren immer mehr Tiere zurück. Inzwischen sind es im Wattenmeer von Dänemark, Deutschland bis zu den Niederlanden schon wieder mehr als 5400 Tiere. Auch an der Ostsee werden es immer mehr.
Der WWF unterstützt die Rückkehr der Kegelrobbe an die deutsche Ostseeküste mit Projekten zu Monitoring, Umweltbildung und Öffentlichkeitsarbeit. Im Sinne eines präventiven Konfliktmanagements steht er in engem Dialog mit lokalen Küstenfischern.
Waldrapp: Schräge Vögel auf dem Rückflug
Der Waldrapp ist mit seinem kahlen Gesicht, dem sichelförmigen roten Schnabel und den strubbeligen Nackenfedern ein schräger Vogel. Er galt früher als Delikatesse verspeist und wurde daher stark bejagt.Bereits im 17. Jahrhundert starber in ganz Mitteleuropa aus. Lediglich in Marokko, Spanien, Österreich und der Türkei gibt es noch Vorkommen des Ibis-Vogels. Er ist einer der seltensten Vögel der Welt.
Biber galten in Deutschland schon im 19. Jahrhundert als fast ausgerottet. Der Verlust ihrer Lebensräume durch Flussbegradigungen dezimierte ihre Bestände rapide. Sie wurden aber auch wegen ihres Pelzes und ihres Fleisches intensiv bejagt. Nur 190 Tiere überlebte an der Mittelelbe. Inzwischen haben sich die Bestände wieder erholt, sehr zum Wohl ihrer Lebensräume.
Aktuell leben in ganz Deutschland fast 30.000 Biber – der Großteil von ihnen in der so genannten “Mittleren-Elbe-Region”. Wir führen das größte Projekt des WWF Deutschland durch: Die Schaffung eines Verbundes echter, überflutbarer Auenwälder.
Wisent: Es waren nur noch 54 in Gefangenschaft…
Ursprünglich waren Wisente fast in ganz Europa heimisch. Schon vor etwa 6000 Jahren fingen die Lebensräume der Wisente an zu schrumpfen. Im 20. Jahrhundert wurden die Wisente in freier Wildbahn komplett ausgerottet. Weltweit überlebten nur 54 Wisente in Gefangenschaft. Zum Glück schlossen sich einige der Wisenthalter zusammen, um das größte europäische Landsäugetier vor dem Aussterben zu retten. Und langsam wieder in die Natur zu entlassen.
Der Bestand von freilebenden Wisenten entwickelt sich positiv. Etwa 6200 Tiere sind es aktuell in verschiedenen Teilen Europas. Die Weltnaturschutzorganisation IUCN stuft die Wisente von „gefährdet“ zu „potenziell gefährdet“ herabgestuft. Das ist ein klarer Erfolg der weltweiten Naturschutzarbeit. Ja, auch unserer Arbeit.
Luchse schleichen sich zurück
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war auch der Luchs aus weiten Teilen Mittel- und Südeuropas verschwunden. Rückzugsgebiete fand er in abgelegenen Regionen der Pyrenäen, Alpen oder Karpaten. In Deutschland lebten die letzten Exemplare im Bayerischen Wald.
Doch durch Einwanderung und Ansiedlungsprojektewerden es wieder mehr. Im Bayerischen Wald und im Oberpfälzer Wald wird die Zahl der Luchse auf rund 70 Tiere geschätzt. In Rheinland-Pfalz nimmt die Zahl an Luchsen seit 2016 durch ein vom WWF unterstütztes Wiederansiedlungsprojekt beständig zu. Auch in den Harz wurden zwischen 2000 und 2006 mehrere Luchse gebracht.
Derzeit zählen wir in Deutschland rund 130 ausgewachsene Luchse. Der Luchs ist zurück.
Wolf: Seit 20 Jahren wieder da
Einst gejagt und vertrieben galt der Wolf 150 Jahre lang in Deutschland als ausgestorben. Heute ist er zurück – und das schon seit 20 Jahren. Für den WWF ist das ein Riesenerfolg, denn der Wolf steht mit seiner Symbolkraft für den Schutz der Wälder und sorgt als großer Beutegreifer für die Gesundheit des Ökosystems.
Elch: Einwanderung
Ursprünglich lebten die Riesenhirsche nicht nur in Skandinavien, wie heutzutage viele annehmen, sondern fast in ganz Europa. Und eben auch in Deutschland. Seit Mitte des letzten Jahrhunderts waren sie bei uns aber ausgestorben. Der kleine Bestand in Mecklenburg und Neuvorpommern verschwand mit den Kriegswirren. Doch nach und nach besiedeln die scheuen Tiere nun wieder den Osten Deutschlands. Auf der Suche nach geeigneten Lebensräumen überqueren sie die polnische Grenze Richtung Deutschland – wie schon viele Jahre zuvor die Wölfe.
Auch der imposante Seeadler, das Wappentier der Bundesrepublik Deutschland, ist zurück. Lange Zeit betrachteten die Menschen Adler als Nahrungskonkurrenten. Der Seeadler war um 1900 fast vollständig ausgerottet. Der WWF rief bereits 1968 das „Projekt Seeadlerschutz“ in Schleswig-Holstein ins Leben, das als internationales Projektmodell auch auf nordeuropäische Länder wie Schweden, Finnland und Norwegen übertragen wurde. In Deutschland kaufte der WWF in ausgewählten Gebieten Schleswig-Holsteins, Mecklenburg-Vorpommerns und Brandenburgs Wald- und Wasserflächen zum Schutz der Seeadler an.
Großflächige Entwässerungen, aber auch Bejagung drängten die ursprünglich in Europa weit verbreiteten Vögel nach Norden zurück. Anfang der 1970er-Jahre war der Kranich beinahe ausgestorben.
Jetzt wächst der Bestand seit Jahren kontinuierlich – dank umfangreicher Naturschutzarbeit. Der WWF begann schon 1973 ein Kranichschutz-Projekt am Westrand ihrer Brutverbreitung in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Feuchtgebiete wurden renaturiert und Ruhezonen gesichert. Naturschutzarbeit wie diese zeigenunübersehbare Erfolge. Heute man kann im Herbst und Frühjahr wieder das faszinierende Schauspiel des Kranichzugs beobachten.Es sind wieder 300.000 Tiere.
Noch im 19. Jahrhundert war die Wildkatze über weite Teile Europas und Deutschlands verbreitet. Zwischenzeitlich waren die scheuen Wildkatzen fast ganz verschwunden. Sie wurden gejagt, Lebensraumzerstörung und ‑zerstückelung und der Straßenverkehr setzen den letzten Populationen schwer zu. Auch der Einsatz von forstlichen Großmaschinen zur Aufzuchtzeit kann den Katzen gefährlich werden.
Heute leben nach Schätzungen wieder einige Tausend in Deutschland. Auch im WWF Projektgebiet an der Mittleren Elbe sind die scheuen Katze wieder da. Dieser positive Trend muss aber weiterhin unterstützt werden, so dass die wilden Katzen ihre ehemaligen Lebensräume dauerhaft wiederbesiedeln können.
Welche der Rückkehrer habt ihr schon getroffen? Schreibt uns über eure Begegnungen!