Die Ausbeutung unserer Erde wird massiv durch Industrieprodukte vorangetrieben, die besonders viele Rohstoffe und Energie benötigen.
Auf der einen Seite können wir das durch weniger Konsum ausgleichen. Auf der anderen Seite gibt es heute auch immer mehr Betriebe, die umweltschädliche Herstellungsverfahren revolutionieren, um die Ressourcen unseres Planeten zu schonen. Ein Beispiel für diese Industrie der Zukunft kommt aus der Zement- und Betonproduktion. Die ist nämlich – wie viele vielleicht nicht wissen – ein großes Problem für unsere Umwelt.
So geht Zukunft
Wie werden wir leben? Woher kommt unser Essen, unsere Energie, unsere Kleidung? Wie bewegen wir uns fort und wie kann das alles umweltverträglich geschehen? Wir haben uns mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) auf die Suche nach Vorbildern für ein zukunftsfähiges, sozial-ökologisches Wirtschaften gemacht. Und dabei erstaunliche Ansätze gefunden. So geht Zukunft. Wir stellen einige der Ansätze in lockerer Serie vor. Hier: Ressourcenintensive Industrie
Zement und Beton: Extrem umweltschädlich
Bezogen auf die Masse ist Zement das weltweit am meisten hergestellte Produkt. Kein Wunder, Zement ist schließlich die Grundzutat für Beton. Doch die Herstellung von Beton und Zement benötigt Unmengen an Wasser und Energie, setzt bei der Produktion noch zusätzlich CO2 frei und verursacht daher die Riesenmenge von etwa fünf Prozent der globalenTreibhausgasemissionen. Das ist mehr als doppelt so viel, wie ganz Deutschland an Treibhausgas ausstößt.
Gleich zwei bahnbrechende Erfindungen
Das amerikanische Start-Up-Unternehmen Solidia hat eine neue, nachhaltigere Art von Zementproduktion erfunden und nutzt für die Weiterverarbeitung zu Beton ein innovatives Verfahren, bei dem kein Wasser verschwendet und sogar CO₂ wieder verwertet wird. Ein Vorzeigeprojekt ressourcenschonender Produktion. Um seine Vorteile für die Umwelt zu erklären, muss ich allerdings etwas in die chemischen Details gehen.
Für die Herstellung von Zement wird Kalkstein zu Kalk gebrannt. Dabei entstehen große Mengen CO₂. Solidia ersetzt rund zwanzig Prozent des Kalksteins durch die gleichwertige chemische Verbindung Calciumsilikat. Diese verursacht kein Kohlenstoffdioxid im Gegensatz zur Kalkherstellung. Zusätzlich kann durch die neue Zusammensetzung die Brenntemperatur um 200 °C gesenkt werden. Insgesamt verringert die neue Methode den CO₂-Ausstoß dadurch um fast ein Drittel!
Innovative Beton-Herstellung
Solidia stellt aus Zement Beton her und daraus Betonfertigteile wie zum Beispiel Beton-Ziegel. Die Weiterverarbeitung des Zements zu Beton erfolgt normalerweise durch die Zugabe von Gesteinen, Sand und 60 bis 90 Liter Wasser pro Kubikmeter Beton.
Solidia hat einen Weg gefunden, das Wasser durch eine chemische Reaktion mit Kohlenstoffdioxid zu ersetzen. Das dafür benötigte CO₂ wird aktuell aus den Abgasen von Müllverbrennungsanlagen herausgefiltert und im Solidia-Beton gebunden, dadurch wird der Atmosphäre sogar CO2 entzogen.
Zusätzlich sorgen geschlossene Kammern bei Solidias Beton-Produktion dafür, dass immer noch benötigtes Wasser wieder verwendet wird. Es wird praktisch kein neues Wasser mehr gebraucht.
Bisher können nur kleinere Beton-Fertigteile wie Pflastersteine oder Ziegel mit dem neuen Solidia-Verfahren hergestellt werden. Diese aber zu ähnlichen Kosten und mit deutlich geringerem Umwelteinfluss. Zudem verfügt der Beton von Solidia teilweise über bessere Produkteigenschaften wie eine längere Haltbarkeit und eine größere mögliche Farbpalette.
Das Start-Up Solidia hat weltweites Interesse geweckt. Und das ist gut so! Je mehr Betriebe dem Beispiel folgen, desto weniger bleibt es eine Vision, Wirtschaft und Nachhaltigkeit zu vereinbaren.
Industrie der Zukunft: Könnte nicht ein Industriezweig, der besonders viel Wasser benötigt, das Abwasser eines anderen Betriebes nutzen? Und könnten nicht auch Industrieabfälle eines Bereiches für andere Produktionen als Rohstoffe wieder verwendet werden? Doch, das geht! Und es wird in einem Vorzeigeprojekt in Dänemark, der sogenannten Kalundborg Symbiose genauso gemacht.
So geht Zukunft
Wie werden wir leben? Woher kommt unser Essen, unsere Energie, unsere Kleidung? Wie bewegen wir uns fort und wie kann das alles umweltverträglich geschehen? Wir haben uns mit dem Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) auf die Suche nach Vorbildern für ein zukunftsfähiges, sozial-ökologisches Wirtschaften gemacht. Und dabei erstaunliche Ansätze gefunden. So geht Zukunft. Wir stellen einige der Ansätze in lockerer Serie vor. Hier: Ressourcenintensive Industrie
Kalundborg — Wo die Utopie Realität ist
Kalundborg liegt im äußersten Nordwesten der dänischen Insel Seeland. In der Hafenstadt siedeln viele große Industriebetriebe – und geben sich heute ihre Materialabfälle, ihr Wasser, ihre Energie und auch ihr Wissen gegenseitig weiter. Darunter Dänemarks größtes Kraftwerk Asnæs, die größte dänische Raffinerie von Statoil und der Pharmakonzern Novo Nordisk, der übrigens 40 Prozent des weltweiten Insulins herstellt. Eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft, dieUmweltauswirkungen und Produktionskosten verringert.
Wie kann die Industrie umweltfreundlicher werden? CC-By-SA‑4.0 / Thomas-Dahlstrøm-Nielsen
Im Kraftwerk beispielsweise fällt bei der Entschwefelung Industriegips an, der an einen Hersteller von Gipskarton abgegeben wird. Dieser ist dadurch kaum noch auf Gips aus Tagebauten angewiesen. Heißen Wasserdampf leitet das Kraftwerk zur Raffinerie und zur Pharmafirma Novo Nordisk, um dort chemische Prozesse mit Wärmeenergie zu versorgen und muss dadurch selbst weniger kühlen.
Novo Nordisk bezieht seinen gesamten Bedarf an Dampf aus dem Kraftwerk und stellt seinerseits Industrieabfälle zur Verfügung: Bei der Pharma-Produktion anfallende Hefe-Schlacken werden als Biogas zur Energiegewinnung und in der Landwirtschaft verwertet. Die landwirtschaftlichen Betriebe wiederum liefern überschüssiges Stroh aus der Getreideernte zur Herstellung von Bio-Kraftstoff. Und die Raffinerie Statoil überlässt dem Kraftwerk Asnæs ihr Abwasser als Kühlwasser, außerdem überschüssiges Gas, das sonst abgefackelt würde. Diese Kreisläufe setzen sich unter Beteiligung weiterer Firmen fort.
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Industrie der Zukunft nach dem Vorbild der Natur
So stelle ich mir Kreislaufwirtschaft vor: Es gibt keine Abfälle, Abwasser und Abluft mehr, denn diese werden die Rohstoffe und Energieträger anderer Prozesse. Genau so macht es die Natur. Ein Wald beispielsweise produziert eine Vielzahl an Lebewesen — Pflanzen, Tiere, Pilze, Bakterien usw. — und deren Produkte, beispielsweise Holz, Nahrung, Wohnraum, fruchtbaren Boden, saubere Luft, gutes Trinkwasser. All das, ohne dass irgendwelche Abfälle aus dem Wald entsorgt oder fossile Energie zugeführtwerden müssten.
Der Wald, das Korallenriff und die Bergwiese sind perfekte Beispiele für sogenannte saubere Technologien (Clean-Technology), Kreislaufwirtschaft (Circular-Economy) und abfallfreie Produktion (Zero-Waste-Production).
Ressourcen schonen durch industrielle Symbiose
Die Kalundborg Symbiose in Dänemark ist der weltweit erste industrielle Zusammenschluss dieser Art. Beteiligt sind heute elf öffentliche und privatwirtschaftliche Unternehmen aus den Bereichen Wasser- und Energieversorgung, Zement- und Baustoffherstellung, Lebensmittelproduktion, Pharmazie und Chemie. Nicht nur, aber gerade für ressourcenintensive Industrien ist Kalundborg ein wichtiges Vorbild, um die enormen Umweltbelastungen zu reduzieren. Denn auch wenn wir Extremwetter wie die durch Starkregen verursachten aktuellen Hochwasser zukünftig bremsen wollen, brauchen wir im Kampf gegen die Klimakrise eine zukunftsfähige, umweltfreundlichere Industrie.
Es sind Bilder des Grauens. Die Unwetter der vergangenen Tage in Westdeutschland forderten wohl mehr als 100 Menschenleben, und nach wie vor werden viele Menschen vermisst. Die Fluten hinterlassen eine Spur der Verwüstung. Eingestürzte Häuser, weggerissene Brücken und versunkene Landschaften. Noch immer ist die Gefahr nicht gebannt.
Es gibt kein “weiter wie bisher”
Den Betroffenen gehört unser tiefes Mitgefühl. Es muss alles getan werden, um den Menschen vor Ort schnell und unbürokratisch zu helfen. Nach der Flut ist erst einmal Aufräumen angesagt. Natürlich. Doch wir dürfen nicht den Fehler machen, danach wieder zur Tagesordnung überzugehen. Vor dem Hintergrund der Klimakrise müssen Katastrophenkonzepte auf den Prüfstand, die Vorhersage muss optimiert werden, und vor allem müssen wir die Anstrengungen im Klimaschutz noch einmal deutlich intensivieren.
Denn selten war der Zusammenhang von Naturkatastrophen und Klimakrise so offensichtlich. Es wurde schmerzhaft deutlich: Wenn das Eis der Arktis immer weiter dahinschmilzt, betrifft das eben nicht nur Eisbären und Walrosse, sondern es bedroht uns alle. Die Meteorologen sind sich einig, dass solche Extremwetterereignisse mit Starkregen wie in den vergangenen Wochen auf ein Schwächeln des Jetstreams zurückzuführen sind. Dieser Westwind treibt Tiefdruckgebiete normalerweise relativ schnell über Mitteleuropa hinweg. Durch das Schmelzen des Eises verliert der Wind an Kraft, und es kommt zu konstanteren Wetterlagen, wie jetzt mit lang andauernden Regenfällen oder wie in den vergangenen Jahren zu langen Trockenperioden.
Das Wetter wird extremer. Die Daten des Deutschen Wetterdienstes zeigen eindeutig, dass Starkregenereignisse mit Niederschlägen deutlich zugenommen haben. Studien zeigen, dass sich Extremwettereignisse wie Dürren, Stürme, Brände und Überflutungen seit Beginn der 1990er verdoppelt haben. Steigende Temperaturen lassen mehr Wasser verdunsten, und es kommt zur heftigeren Niederschlägen. Ein Phänomen, das wir von immer mächtigeren Wirbelstürmen bereits aus anderen Teilen der Welt kennen.
Wir müssen daraus auch in Deutschland Konsequenzen ziehen. Es geht nicht darum, das Leid der Menschen politisch zu instrumentalisieren. Aber es wäre mehr als fahrlässig, die Augen vor den Ursachen zu verschließen und die überfälligen Konsequenzen nicht zu ziehen.
Die nächste Bundesregierung muss Klimaschutz und Energiewende mutig angehen. Dazu zählen: Rahmensetzung für ein Jahrzehnt der Umsetzung durch Anhebung des Minderungszieles auf 70 Prozent bis 2030 und Anpassung der Sektorenziele im Bundesklimaschutzgesetz, massive Tempoerhöhung beim Ausbau der Erneuerbaren Energien auf einen Anteil von 80 Prozent am Bruttostromverbrauch bis 2030 und eine Strategie für den Ab- und Umbau aller klima- und umweltschädlichen Subventionen. Und selbstverständlich gehört dazu auch die Erkenntnis, dass Flüsse mehr Raum brauchen.
Es darf nicht bei vollmundigen Bekenntnissen bleiben. Denn eines hat die aktuelle Katastrophe leider einmal mehr gezeigt. Die Kimakrise ist immer noch schneller als die Politik.
Wie geht es weiter mit den Wisenten im Rothaargebirge? Auch nach der heutigen Urteilsverkündung des Oberlandesgerichts Hamm bleibt diese Frage nach jahrelangem Rechtstreit offen.
Fakt ist: Waldbesitzer müssen nicht länger Schäden durch Wisente in ihren Wäldern akzeptieren, bis über die Zukunft der freilebenden Tiere entschieden ist. Eine Revision vor dem Bundesgerichtshof steht sowohl Klägern (zwei Waldbesitzer) als auch Beklagten (Trägerverein „Wisent-Welt-Wittgenstein e.V”) offen.
Das Wiederansiedlungsprojekt um den Verein Wisent-Welt-Wittgenstein ist ein wichtiges Pionierprojekt für den Schutz freilebender Wisente in Deutschland und Westeuropa. Was es nun braucht, ist ein klares Bekenntnis der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen. Nur durch ihre Unterstützung kann die Wiederansiedlung der Wisente langfristig gelingen. Die Verantwortung für die streng geschützte Art im Rothaargebirge liegt nun in ihren Händen.
Gerichtsstreit um eine Wisent-Herde
Geklagt hatten zwei Waldbesitzer, deren Wälder durch die Wildrinder beschädigt wurden. Insbesondere wenn im Winter und Frühjahr andere Nahrung knapp ist, schälen Wisente auch Rinde von Bäumen. Dadurch wird der Transport von Nährstoffen und Wasser in die Baumkrone unterbrochen und Schädlinge und Pilzinfektionen können leichter in den Baum eindringen.
Doch wie so vieles, hat auch das Nahrungsverhalten von Wisenten zwei Seiten einer Medaille. Was in forstwirtschaftlich genutzten Wäldern einen finanziellen Schaden anrichtet, bedeutet für die Natur vielerorts eine Chance. Denn Wisente sind von großer Bedeutung für das Ökosystem.
Der Wisent als Gärtner
Wisente ernähren sich vegetarisch und sind als sogenannte Megaherbivore — also Großpflanzenfresser – sehr wichtig für die Natur. Durch ihren enormen Nahrungsbedarf von bis zu 60 Kilogramm am Tag nehmen die Wildrinder Einfluss auf die Vegetation. Sie erhalten Wiesen und Heiden, indem sie diese vor dichtem Bewuchs schützen. Im Wald sorgen sie für Lichtungen und Sonneneinstrahlung bis zum Boden.
Eine Studie bewies jüngst, das Europäische Bisons (wie sie auch genannt werden) in der Gestaltung von Ökosystemen sogar eine größere Rolle spielen als andere Pflanzenfresser wie Rothirsch, Reh oder Elch. Wisente tragen damit direkt zur biologischen Vielfalt bei: In der geschaffenen Strukturvielfalt aus offenen und bewaldeten Flächen finden verschiedene, auch seltene Tier- und Pflanzenarten mit unterschiedlichen Ansprüchen neuen Lebensraum. Die gestalterischen Fähigkeiten der Wildrinder machen sich auch Wisent-Wiederansiedlungsprojekte wie das WWF-Projekt im Kaukasus zu Nutze.
Selbst die bloße Anwesenheit von Wisenten in einem bestimmten Gebiet hat positive Effekte auf die dortige Artenvielfalt. Über Fell und Kot verteilen sie aufgenommene Samen und unterstützen Pflanzen, in neue Gebiete vorzudringen. Insekten wie Käfer oder Würmer finden im Dung Nahrung und Lebensraum. Die angelockten Insekten wiederum bieten ein Buffet für weitere Waldtiere wie Vögel und Fledermäuse.
Brutvögel nutzen abgestreiftes Wisent-Fell zur Isolierung ihrer Nester. Wisente lieben es außerdem, ausgedehnte Sandbäder zu nehmen. Mit allen vieren von sich gestreckt wälzen sie sich auf der Seite und drücken dadurch den Boden unter sich fest. In den entstandenen Bodenkuhlen und Hufabdrücken bilden sich Habitate für Pionierpflanzen, Insekten und Eidechsen. Wer den Wisent schützt und seine Wiederansiedelung unterstützt, hilft damit auch einer Vielzahl von anderen Pflanzen- und Tierarten.
Wisente als Feuerwehrleute
Anhaltende Hitze, plagende Dürre, verheerende Waldbrände – die Lage in unseren Wäldern wird durch die Klimakrise immer schwerwiegender. In Spanien sollen Wisente daher bei der Eindämmung von Feuern helfen. Sie schaffen Lücken in der Vegetation, fressen das trockene Kraut am Boden und verhindern das Verbuschen von Flächen. Stattdessen kann auf den offen gehaltenen Arealen Gras wachsen. Die Gefahr von Waldbränden wird dadurch reduziert und entfachtes Feuer kann sich über die geöffneten Flächen weniger einfach ausbreiten.
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… und als Klimaretter
Im Süden brennen die Wälder, im Norden schmilzt das Eis in immer größerer Geschwindigkeit. Sibirien hofft nun auf Unterstützung durch die Schwergewichte: Wisente könnten dabei helfen, dauerhaft gefrorenen Boden — den sogenannten Permafrost zu erhalten. Das Gewicht eines freilebenden Wisentbullen übersteigt nicht selten die 900-Kilo-Marke. Gut gefütterte Wisente in Gehegen können sogar über eine Tonne schwer werden. Mit ihren Hufen scharren die Tiere Schnee zur Seite, wodurch der Permafrost wieder Kälte und Frost ausgesetzt ist und weniger stark schmilzt. Ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz! Denn in den gefrorenen Böden werden Unmengen an Kohlenstoff gespeichert. Tauen sie ab, wird klimaschädliches Treibhausgas freigesetzt.
Der WWF unterstützt den Wisent in Deutschland
Die Rückkehr von freilebenden Wisenten birgt also Chancen für die Artenvielfalt und Biodiversität, aber natürlich gibt es auch große Herausforderungen im Zusammenleben, wie man am Fall des Rothaargebirges sehen kann.
Im EU-Interreg finanzierten deutsch-polnischen Projekt „ŁośBonasus – Crossing!“ entwickeln wir deshalb gemeinsam mit Partnern neue Strategien für das Zusammenleben von Mensch und Wisent. Denn nur wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt lebt bereits die nächste Wisent-Herde in Polen. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis eines der Tiere nach Deutschland wandert und wir Lösungen für ein Zusammenleben brauchen.
Denn der Wisent soll trotz der momentan schwierigen Situation im Rothaargebirge langfristig die Möglichkeit bekommen, sich dort ausbreiten zu dürfen, wo er geeignete Lebensräume vorfindet.
Giftschlangen, fliegende Schlangen, eine Schlangen-Insel und Schlangen in Deutschland: Die Reptilien sind lange nicht so gefährlich wie ihr Ruf und äußerst faszinierend. Warum ist zum Beispiel die Schlangenzunge gespalten? Erstaunliches und Wichtiges aus der Welt der Schuppenkriechtiere.
Die giftigste Schlange der Welt
Als giftigste Schlange der Erde gilt der Inlandtaipan (Oxyuranus microlepidotus) aus Australien. Mit dem Gift eines Bisses könnte er theoretisch bis zu 250 Menschen töten. Der Inlandtaipan lebt jedoch in sehr trockenen, unbewohnten Regionen des australischen Outback und Bissunfälle sind mehr als selten.
Die längste Giftschlange der Welt ist die Königskobra. Die zweitlängste die Schwarze Mamba, benannt nach der dunklen Innenseite ihres Mauls. Auch diese beiden gehören zu den giftigsten Schlangen der Welt.
In Deutschland sind zwei giftige Schlangen heimisch: Die Kreuzotter und die Aspisviper. Die Aspisviper kommt in Deutschland nur noch im Südschwarzwald vor und ist vom Aussterben bedroht. Die Kreuzotter lebt in Mooren und Heiden Norddeutschlands, in den östlichen Mittelgebirgen und vereinzelt in Süddeutschland. Sie ist ebenfalls selten geworden und stark gefährdet.
Von den Schlangen gebissen zu werden, ist unwahrscheinlich. Auch weil Schlangen flüchten, wenn sie Bodenvibrationen durch Schritte spüren. Das Gift beider Arten ist höchstens für Kinder und alte Menschen gefährlich. Bedrohlicher ist eine allergische Reaktion wie nach Wespenstichen.
Viele Schlangen geben bei Gefahr Warnlaute von sich. Wie ihr typisches Zischen oder das Rasseln der Klapperschlange. Manche Schlangenarten knallen, indem sie Luft aus ihrer Kloake pressen, ihrem einen Körperausgang für Ausscheidungen und Geschlechtsorgane. Cloacal Popping – Kloakenploppen nennen Wissenschaftler das Phänomen, das tatsächlich ähnlich klingt wie Fürze und etwa zwei Meter weit zu hören ist.
Fliegende Schlange
Bis zu 30 Meter können Schmuckbaumnattern durch die Luft gleiten, um von einem Baum zum nächsten zu gelangen. Sie leben in den Regenwäldern Südostasiens. Für ihren Gleitflug stoßen sie sich ab, spreizen Rippen und Körper flach auf und schlängeln sich in Wellenbewegungen durch die Luft.
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Warum die Schlangenzunge gespalten ist
Schlangen können sehr gutriechen: Mit ihrer Zunge, an deren Enden Riechknospen sitzen. Beim Züngeln ertasten und erschnüffeln die Kriechtiere ihre Umgebung. Die Schlangenzunge schnellt heraus, nimmt feinste Geruchsmoleküle auf und zieht sich zurück an den Gaumen. Hier sitzen Einbuchtungen mit Riechzellen, das sogenannte Jacobsonsche Organ, von welchem die Gerüche verarbeitet werden. Durch die beiden Spitzen ihrer gespaltenen Zunge können Schlangen bestimmen, aus welcher Richtung ein Geruch kam.
Einige Schlangen haben einen sechsten Sinn. Sie können ihre Umgebung als Wärmebild wahrnehmen und so zum Beispiel Beutetiere im Dunkeln orten. Besonders Vipern, Boas und Pythons verfügen über den Infrarotblick. Je nach Art nehmen zwei verschiedene Sinnesorgane die Wärmestrahlen wahr. Das Grubenorgan, nach welchem die Grubenotter benannt ist, sitzt in winzigen Vertiefungen auf beiden Seiten oberhalb der Nase. Boas und Pythons haben Labialgruben in einer Schuppenreihe entlang ihrer Lippen.
Die größte und die kleinste Schlange der Welt
Die kleinste bekannte Schlangenart ist eine Schlankblindschlange (Leptotyphlops carlae) von der Karibikinsel Barbados. Sie wird nur zehn Zentimeter lang und ist „dünn wie Spaghetti“, wie ihr Entdecker beschreibt.
Als größte und schwerste Schlangen der Welt gelten Anakondas mit bis zu 250 Kilogramm Gewicht und neun Metern Länge. Anakondas gehören zur Familie der Boas und leben in den Gewässern der Amazonasregenwälder. Aber auch die Netzpythons und Tigerpythons Südostasiens können sechs bis acht Meter lang werden. Einiges kleiner bleibt die Königsboa (Boa constrictor), auch Abgottschlange genannt.
Schlangen sind Raubtiere und Fleischfresser. Je nach Art und Größe fressen sie Insekten, Kaulquappen, Frösche, Eier, Fische, Nagetiere, Vögel, andere Schlangen oder große Säugetiere wie Gazellen und Jaguare. Im Verhältnis zu ihrem Körper können Schlangen enorme Mengen fressen und Tiere verschlingen, die größer sind als sie selbst.
Das Schlangenmaul lässt sich so weit öffnen, weil die Schädelknochen durch dehnbare Bänder verbunden sind. Die extrem starke Magensäure der Schlangen löst selbst Knochen und Zähne der Beute auf. Nur Haare, Federn und Krallen werden wieder ausgeschieden.
Über ein Jahr ohne Nahrung
Nach einem großen Fang können Schlangen monatelang auskommen, ohne zu fressen. Riesenschlangen sogar über ein Jahr. Denn als Reptilien sind Schlangen Kaltblüter. Anders als Säugetiere müssen sie sich nicht unter hohem Energieaufwand wärmen. Sie passen sich der Außentemperatur an und sind immer nur so warm wie ihre Umgebung. Wechselwarm nennt man das auch.
Im Video beantworte ich noch mehr Fragen zu den faszinierenden Tieren. Auch was man nach einem Schlangenbiss tun sollte:
Ich habe eine neue Schlange entdeckt!
Und sie trägt heute meinen Namen: Oxyrhopus emberti. Sie gehört zu den sogenannten falschen Korallenschlangen, die die Färbung der giftigen Korallenschlange imitieren, um sich Fressfeinde vom Leib zu halten. Meine Entdeckung wechselt ihre Farbe, wenn sie größer wird (über einen Meter, da würde kein Tier mehr auf die Täuschung hereinfallen). Ich habe sie nicht in freier Wildbahn gefunden, sondern konserviert in einem Museum in Bolivien. Sie war vorher falsch bestimmt worden.
Welche Schlangenarten gibt es?
Weltweit gibt es etwa 3000 Schlangenarten — davon rund 600 giftige – und es werden ständig neue entdeckt.
Grob unterscheidet man Schlangen in Nattern, Boiden, Vipern und Elapiden. Zusätzlich gibt es noch einige kleinere Schlangenfamilien. Vipern und Elapiden sind Giftschlangen. Zu den Elapiden gehören zum Beispiel Seeschlangen, Kobras und Mambas.
Zu den ungiftigen Arten gehören die Riesenschlangen wie Anakondas oder Pythons. Alle Riesenschlangen und einige Nattern sind Würgeschlangen und töten ihre Beute durch Umschlingen.
Ringelnatter & Co.: Kaum noch Schlangen in Deutschland
In Deutschland sind Schlangen selten geworden. Vor allem durch ihren schwindenden Lebensraum. Abgesehen von der giftigen Kreuzotter und Aspisviper leben bei uns noch die ungiftigen Ringelnattern, Schlingnattern, Würfelnattern und die Äskulapnatter. Alle Schlangen in Deutschland stehen unter Naturschutz!
Übrigens: Blindschleichen sind keine Schlangen, auch wenn sie so ähnlich aussehen. Blindschleichen sind Echsen.
Vorsicht vor exotischen Schlangen im Terrarium. Abgesehen davon, dass das vor allem für größere Exemplare meist kein geeigneter Lebensraum ist, tragt Ihr mit dem Kauf einer exotischen Schlange womöglich zur Gefährdung der Art bei: Der oft ziemlich grausame Fang wilder Schlangen als Heimtiere gehört zu ihren größten Bedrohungen.
Viele Schlangenarten sind international geschützt. Wer Schlangen erwirbt und halten will, muss das je nach Art melden und dabei die Artenschutzgesetze beachten!
Abgesehen vom Handel als Haustiere gefährdet Schlangen weltweit die Bejagung (aus Angst oder für ihre Haut) und vor allem der Verlust von Lebensraum und Beutetieren. Weltweit — auch bei uns in Deutschland — setzt sich der WWF für den Erhalt wichtiger Ökosysteme ein.
Noch etwas Interessantes zum Schluss: Die Pazifik-Insel Guam gilt als Ort mit der größten Schlangendichte auf der Welt. Es gibt deshalb hier inzwischen fast keine Vögel mehr. Und da Vögel Pflanzensamen verteilen, ist nun auch die Vegetation in Gefahr.
Während des zweiten Weltkrieges schleppten Militärflugzeuge die Braune Nachtbaumnatter aus Neuguinea nach Guam ein. Diese hat hier keine natürlichen Feinde und verbreitet sich seitdem explosionsartig. Da sieht man, was invasive Arten anrichten können.