Zurück von der COP26: Wie war es denn nun?

Klimakonferenzen machen müde, oh ja. Wir haben alle wenig geschlafen. Und sind täglich fast einen Halbmarathon zwischen den verschiedenen Terminen gelaufen. Was die Verhandlungen bringen weiß man erst zum Schluss. In jeder Sekunde kann alles scheitern, was bisher verabredet war. Ob man es dann “Blah, blah, blah” findet wie Greta Thunberg oder “historisch” wie Svenja Schulze kommt ganz auf die Perspektive an. Und die ist gemessen an dem was wirklich nötig ist, nicht gerade rosig. Es klaffen mehrere Lücken im Gefüge.

Eine riesige Lücke zwischen 1,5°C und den in Glasgow verabredeten Zielen und eine noch größere zwischen den Zielen und ihrer Umsetzung. Da ist Greta Thunberg nicht die Einzige, die frustriert ist, denn es muss alles viel schneller und entschiedener vorangehen – auf einer Konferenz, bei der sich 196 Länder einigen sollen, geht es eben dann aber sehr langsam. Deshalb ist es wichtig zu verstehen was Klimakonferenzen sind und leisten können – und was nicht.

Was eine COP kann — und was nicht

Ich war zum ersten Mal bei einer und habe sehr viel dazugelernt. COPs sind ein Ort des Zusammenkommens, ein Instrument für globale Beschlüsse. Und sie können die Strategien der Staaten aufeinander abstimmen. Was Klimakonferenzen nicht leisten können, ist die Umsetzung ihrer Beschlüsse. Diese liegt bei den Staaten selbst, bei Unternehmen und Regierungen. Und diese Aufgabe beginnt jetzt.

Denn beim Zusammenkommen, bei den globalen Beschlüssen und beim Abstimmen hat die COP26 Fortschritte gemacht: Wir sind auf einem gemeinsamen Weg. Wichtig ist: auf dieser Klimakonferenz wurden die noch offenen Punkte des Pariser Abkommens fertig verhandelt. Dazu gehören der Handel mit Emissionsminderungen (Artikel 6), das Berichtswesen der Staaten (Transparenz) und die Gültigkeitsdauer der nationalen Klimaziele (Common Time Frames). So wird für die nationalen Klimaziele (NDCs) jetzt eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren empfohlen und Schlupflöcher für die doppelte Anrechnung von Emissionsminderungen wurden geschlossen. Zudem sind alle Länder aufgefordert ihre NDCs bis zum nächsten Jahr erneut nachzubessern. Außerdem wurde die Klimafinanzierung erhöht. In Zukunft soll doppelt so viel Geld wie bisher für die Anpassung an die Klimakrise zur Verfügung stehen.

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Auch beim Thema Kohleausstieg gab es einen entscheidenden Fortschritt. Und zwar, dass er genannt wird in der Abschlusserklärung. Zum ersten Mal! Darauf bezieht sich dann auch Svenja Schulze mit der Bewertung “historisch”. Zwar war die Enttäuschung riesig, als Indien und China in letzter Minute die Formulierung von einem „Ausstieg“ aus der Kohle blockierten. So riesig, dass beim COP-Präsidenten Alok Sharma kurz Tränen flossen. Doch auch die abgeschwächte Formulierung von einem „Herunterfahren“ der Kohleverstromung, ist ein elementarer Schritt, der noch zu Beginn der COP kaum gangbar erschien. Noch vor wenigen Jahren haben wir in Deutschland für den Kohleausstieg demonstriert. Jetzt steht er sogar in einem globalen Abkommen. Ein deutliches Signal an die Länder der Welt: macht Euch auf dem Weg zu einer post-fossilen Energieversorgung.

Zu den Beschlüssen der COP kommen zahlreiche Allianzen einzelner Staaten, die auf der Klimakonferenz gegründet wurden. Deutschland ist beispielsweise schon länger bei der Powering Past Coal Alliance Mitglied. Auf der COP ist Deutschland jetzt auch der Allianz gegen Entwaldung und der Allianz zur Finanzierung der Energiewende beigetreten. Bei dem Aus für Verbrennermotoren und der „Beyond Oil and Gas Alliance“ leider nicht. Diese Allianzen müssen in den kommenden Jahren zeigen, dass sie mehr sind als Versprechungen. Wobei wir wieder beim Thema Umsetzung wären.

Was auf der COP26 auf der Strecke geblieben

Noch immer haben die Industrieländer ihr Versprechen nicht eingelöst, jährlich 100 Milliarden Dollar Klimafinanzierung für Schwellen- und Entwicklungsländer zur Verfügung zu stellen. Es gab kaum Fortschritte bei der Verantwortungsübernahme für klimabedingte Schäden und Verluste. Und in freiwilligen Kohlenstoffmärkten ist die doppelte Anrechnung von Emissionsminderungen immer noch möglich — ebenso wie die Nutzung uralter Zombie-Zertifikate aus der Kyoto-Zeit.

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Deswegen und aufgrund der Struktur der Konferenz bleibt nach der COP26 noch viel zu tun. Der Wendepunkt zu einem 1,5‑Grad-Pfad ist noch nicht erreicht, die Bedrohung für Menschen, Tiere und Ökosysteme real. Es liegt jetzt an den Vertragsstaaten, den Klimaschutz in ihren Ländern umzusetzen: Das vielzitierte „Umsetzungsjahrzehnt“ beginnt.

Für Deutschland und die Verhandler:innen der Ampel-Parteien bedeutet das, dass sie Klimaschutz in das Zentrum ihres Koalitionsvertrags stellen müssen. Zur Einhaltung des Klimaschutzgesetzes und der Sektorziele müssen sie den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen, den Kohleausstieg bis spätestens 2030 umsetzen, sowie klimaschädliche Subventionen ab- und umbauen. Außerdem dürfen keine Öl- und Gasprojekte im Ausland mehr finanziert werden. Das „FitFor55-Paket“ sollte gestärkt und neue Partnerschaften mit Schwellenländern geschlossen werden, um die Umsetzung des Pariser Abkommens auf globaler Ebene voranzutreiben.

Hinweis: In diesem Beitrag ist eine Umfrage eingebunden, bitte besuche die Webseite, um an der Umfrage teilzunehmen.

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Warum wir über Lichtverschmutzung reden müssen!

Nachtbeleuchtung kann uns krank machen. Und bedroht ganze Ökosysteme. Lichtverschmutzung ist einer der dramatischsten menschlichen Einflüsse auf unsere Biosphäre. Das fällt uns als tagaktives Wesen nur leider gar nicht so negativ auf.

Insekten: Tod an der Straßenlaterne

Ungefähr die Hälfte aller Insekten sind nachtaktiv. Sie werden durch eine künstlich erhellte Nacht in ihrem natürlichen Verhalten und in ihrer Orientierung gestört. Lichtverschmutzung hat äußerst negative Auswirkungen auf ihre Überlebenschancen. Dadurch wird die natürliche Nahrungskette gestört. Pflanzen werden nicht bestäubt. Vögel, Fledermäuse und Fische finden weniger Nahrung.  

Ein Rechenbeispiel verdeutlicht das schockierende Ausmaß des Insektensterbens durch Lichtverschmutzung: 

Es gibt in Deutschland ungefähr neun Millionen Straßenlaternen. Wissenschaftler schätzen, dass allein in den Monaten Juli und September bis zu 100 Milliarden Insekten an diesen Laternen sterben. Sie umkreisen das Licht, bis sie vor Erschöpfung sterben, verbrennen an den heißen Leuchten oder fallen angelockten Fressfeinden zum Opfer.  

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Bei der Schätzung sind Leuchtwerbung, Fassadenbeleuchtungen, Flutlicht oder private Garten- und Hausbeleuchtungen noch gar nicht mit einberechnet — wahrscheinlich sterben mehrere 100 Milliarden Insekten insgesamt. Lichtverschmutzung hat also einen großen Anteil am Insektensterben. 

Folgen für die Pflanzen

Künstliches Licht in der Nacht beeinträchtigt auch den natürlichen Wachstumszyklus von Pflanzen. Einige Baumarten verlieren neben Straßenlaternen später im Jahr ihre Blätter und erleiden dadurch oft erhebliche Frostschäden. Was wiederum den Baum schwächt.

Lichtverschmutzung Luftbild Nacht
Eigentlich ist die Nacht ja dunkel… © dennisvdw / iStock / Getty Images

Wiesenblumen können weniger und später Blüten ausbilden, was zu einer verminderten Samenbildung und dadurch einer geringen Fortpflanzungsrate führt. Außerdem kann sich die Struktur von Pflanzen durch ständige Beleuchtung verändern. Was Auswirkungen auf die Insektenlarven hat, die sich von den Pflanzen ernähren. Der veränderte Nährstoffgehalt führt dazu, dass die erwachsenen Insekten weniger gesund und widerstandfähig sind.   

Folgen für Tiere

Für viele Tiere ist ein dunkler Nachthimmel lebenswichtig. Tagaktive Tiere werden in ihren Ruhephasen gestört. Nachtaktive Tiere haben Sehorgane, welche auf Nachtbedingungen eingestellt sind. Oder sie brauchen die Dunkelheit, um sich an Mond und Sternen orientieren zu können.  

Das Verhalten von Fledermäusen ändert sich durch künstliche Beleuchtung. Sie verlassen später ihre Behausung verlassen und kommen morgens früher zurück. Die dadurch verkürzte Zeit für Jagd und Nahrungsaufnahme führt zu Entwicklungsdefiziten bei den Jungtieren.  

Lichtverschmutzung Fledermäuse
Viele Fledermäuse werden von dem Licht verwirrt © imago images / Pacific Press Agency / Moch Farabi Wardana

Die Orientierung von Zugvögeln ist durch Lichtverschmutzung stark beeinträchtigt. Der für die Navigation wichtige Sternenhimmel und das natürliche Magnetfeld der Erde werden von den künstlichen Lichtquellen, die oft dazu noch hohe Blauanteile im Spektrum haben, beeinträchtigt. Mit der Folge, dass Zugvögel, aber auch andere Vögel, die hell erleuchtete Objekte anfliegen, sich dabei verletzen oder sogar getötet werden. 

Eine besonders große Gefahr ist die Lichtverschmutzung für Seevögel wie Albatrosse und Sturmvögel. Vor allem Jungvögel sind betroffen. Deren erster Flug findet nachts statt. Eigentlich fliegen sie hinaus aufs Meer, wo sie den Rest des Jahres verbringen. Die Lichter von Küstenstädten und Häfen locken sie jedoch zurück an Land, wo sie erschöpft landen und so Opfer von Katzen, Hunden oder Autos werden. 

2013 berechnete ein Forscherteam, dass allein in Nordamerika jährlich fast sieben Millionen Vögel durch Kollisionen mit beleuchteten Funktürmen getötet werden. In Deutschland sterben Millionen an beleuchteten Fenstern.

Einige Fischarten wie Lachse und Aale verharren während ihrer Wanderschaft zu Laichgründen an hell ausgeleuchteten Brücken welche Barrieren bilden und erreichen so verspätet oder sogar gar nicht ihr Ziel.  

Frisch geschlüpfte Meeresschildkröten finden nicht ins Meer, weil die Beleuchtung der Strandpromenade die Helligkeit der Spiegelung des Mondes und der Sterne auf der Wasseroberfläche, nach der sie sich üblicherweise orientieren, übertrifft.  

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Folgen für den Menschen

Künstliches Licht in der Nacht kann Menschen nachweislich krank machen. Tagsüber bekommen wir in den Innenräumen viel zu wenig Licht und Abends durch Beleuchtung und Bildschirme mehr als natürlich. Das kann den Hormonhaushalt durcheinanderbringen. Und unsere innere Uhr aus dem Takt. Das für den Schlaf wichtige Hormon Melatonin wird weniger ausgeschüttet. Einschlafen und Aufwachen klappen nicht so gut, wodurch sich der Schlaf wesentlich verkürzt.

Herz-Kreislaufstörungen, Fettleibigkeit, Diabetes, Bluthochdruck und höhere Krebsraten können Folgen von diesen Schlafstörungen sein. Weiterhin ist Schlaf enorm wichtig für Lernen, Gedächtnisleistung und ein gut funktionierendes Immunsystem. Studien identifizieren sogar eine verfrühte Pubertät von Jugendlichen als Folge von künstlichem Licht in der Nacht.   

Fünf einfache Schritte zu Reduzierung von Lichtimmissionen: 

Lichtverschmutzung ist kein kleines Problem. Was kann man persönlich tun? Was kann ich  gegen die Lichtverschmutzung und für nachtaktive Insekten in Haus und Garten tun?

  1. Zielgerichtet beleuchten! Richte das Licht gut aus und beleuchte nur das, was wirklich notwendig ist! Verzichte auf das Anstrahlen von Bäumen, Büschen, Teichen oder Wänden. Lass kein Licht in den Himmel strahlen! Verwende keine Bodenstrahler, Suchscheinwerfer oder rundumstrahlende Dekoleuchten. Beleuchte Schilder von oben nach unten. Deine Leuchten sollten nicht aus größerer Entfernung sichtbar sein! An Hängen kann eine zusätzliche Abschirmung der Leuchte erforderlich sein.
  2. Lichtmenge reduzieren! Halte die Intensität möglichst gering. Unser Auge passt sich gut an niedrige Beleuchtungsniveaus an, wenn es nicht durch helle Lichtquellen gestört wird. Gleichzeitig wirst Du sehen, dass Du mehr Sterne am Himmel erkennen kannst, wenn die Lichtintensität in Deinem Garten geringer ist.
  3. Farbtemperatur anpassen! Vermeide „kaltweißes“ Licht mit Wellenlängen unter 500 nm oder einer Farbtemperatur (cct) von über 3000K. Farbtemperaturen von 2000K oder weniger (wie Natriumdampflampen, und gelbe oder bernsteinfarbene LEDs) sind auf jeden Fall besser.
  4. Beleuchte nur, wenn Du das Licht brauchst! Oft hilft schon eine Zeitschaltuhr oder ein Bewegungssensor. 
  5. Verschönere Deinen Garten mit Pflanzen, die nachtaktive Insekten anlocken Dafür eigenen sich besonders Holunder, Melisse, Lichtnelke, Schnittlauch, Thymian, Duftgeißblatt, Phlox und Sommerflieder.

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Wie uns eine klimafreundliche Finanzpolitik hilft

Kurz vor Halloween veröffentlicht das Umweltbundesamt seinen Bericht zu umweltschädlichen Subventionen in Deutschland. Zufall? Es ist eine 160-Seiten-starke Auflistung von Steuerbegünstigungen und Subventionen in Höhe von 65,4 Milliarden Euro, die im Berichtsjahr 2018 auf Kosten der Steuerzahlenden und des Klimas ausgegeben wurden.

Für mich lesen sie sich wie eine Gruselgeschichte längst vergangener Zeiten: Steuerliche Begünstigungen für Braunkohle und für Diesel. Energiesteuerbefreiungen für fossile Energie. Zuschüsse an stromintensive Unternehmen, die dem Emissionshandel zuwiderlaufen. Besonders absurd wirken die Zahlen, da just die Ampelkoalitionäre in spe zäh darüber verhandeln, wie Zukunftsinvestitionen etwa in Klimaschutz – nach Forderung von Bündnis 90/Die Grünen in Höhe von 50 Milliarden Euro jährlich — bereitgestellt werden können, ohne die gesetzliche Schuldenbremse aufzuweichen.

Zudem fließen bereits jetzt Milliarden in die Dekarbonisierung von Energie‑, Verkehrs- und Gebäudesektor. Diese widersprüchliche und ineffiziente Finanzpolitik muss schnellstens im Hier und Jetzt ankommen. Vorschläge dazu, wie das gelingen kann, liegen vor. Sie können dem sozial-ökologischen Wandel und der Energiewende mehr Dynamik verleihen.

Das größte Potenzial liegt im Verkehrssektor

30,8 Milliarden Euro flossen laut Bericht unter anderem in die Steuervergünstigung für Diesel gegenüber Benzin, für die private Nutzung von Dienstwagen und in die Entfernungspauschale. Die Regelungen setzen ökonomische Anreize für umweltschädliches Verhalten. Das führt zu mehr Verkehr und einer stärkeren Luftschadstoffbelastung. Und bevorteilt vor allem Besserverdienende. Viel besser wäre es, wenn Fahrtkosten zur Arbeit nur noch im Rahmen einer Härtefallregelung steuerlich abgesetzt werden könnten. Das würde gezielt jene Arbeitnehmer entlasten, die aus sozialen oder beruflichen Gründen lange Arbeitswege haben. Mehreinnahmen könnten für die Stärkung des ÖPNVs genutzt werden.

Für einen zügigen Strukturwandel hin zu Klimaneutralität müssen wir solche Subventionen aber auch gezielt und zeitlich begrenzt so umbauen, dass sie die Verkehrswende beschleunigen.

 

Anteile umweltschädlicher Subventionen nach Sektoren
Anteile umweltschädlicher Subventionen nach Sektoren © UBA

Die klimaschädlichen Begünstigungen in der Energieversorgung schlagen mit 25,4 Milliarden Euro zu Buche. Subventionen entlasten energieintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb durch Begünstigungen bei der Strom- und Energiesteuer. Doch die Begünstigungen erfolgen pauschal nach dem Gießkannenprinzip, egal ob Unternehmen tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen oder nicht. Alternativ könnten Vergünstigungen nach der Handels- und Stromintensität gestaffelt werden und nur tatsächlich gefährdete Unternehmen unterstützt werden. Ähnliches gilt für die energieintensiven Unternehmen. Sie zahlen im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nur einen Bruchteil der Umlage zur Finanzierung der Energiewende. Und treiben die Kosten für alle anderen Stromkunden und Unternehmen so in die Höhe.

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Hinzu kommt neben dem ohnehin niedrigeren Energiesteuersatz für Kohle die implizite Begünstigung der Braunkohleförderung. Etwa durch Verzicht auf die Förderabgabe für Bodenschätze und Freistellung von den Wasserentnahmeentgelten. Diese Fehlanreize müssen wir abbauen. Das würde langfristig helfen, den Anteil der Braunkohle-Verstromung zu mindern. Der Weg für mehr erneuerbare Energien wird dadurch schneller frei.

Einnahme- und CO2-Einsparpotenzial der zehn klimaschädlichsten Subventionen
Einnahme- und CO2-Einsparpotenzial der zehn klimaschädlichsten Subventionen © WWF

Auf EU-Ebene kann sich die Bundesregierung gegen die Energiesteuerbefreiung von Kerosin und die Mehrwertsteuerbefreiung internationaler Flüge einsetzen.

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Freiwerdende Gelder sollten wir dafür nutzen, soziale Härten abzufedern und steigende Preise durch eine effektive Sozialpolitik zu flankieren. Bürgerinnen und Bürger mit geringeren Einkommen können wir so entlasten. Wie sich an der aktuellen Energiepreisentwicklung zeigt, hilft energiepolitisch nur die Flucht nach vorn: Der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien und der zügige Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas werden uns langfristig unabhängig von Preisspitzen und teuren Energieimporten machen.

Mehr Geld für den Sozial-ökologischen Umbau

Ein klimafreundlicher Umbau der Subventionen verschafft der öffentlichen Hand Mehreinnahmen, die sinnvoller eingesetzt werden können. Und zwar so, dass sie die sozial-ökologische Transformation für alle erleichtern, statt Investitionen in Klimaschutz zu neutralisieren. Die neue Bundesregierung muss sich dieser Aufgabe stellen.

Wie die Modernisierung der Klimafinanzpolitik mutig gestaltet und auf das 1,5 Grad-Ziel eingestellt werden kann, haben wir gemeinsam mit dem FÖS erarbeitet: Fünf Impulse für eine zukunftsfähige Klima-Finanzpolitik.

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Warum kleine Wasserkraftwerke viel schaden, aber wenig nutzen

Kleinwasserkraftanlagen sind umweltschädlich, ineffizient für die Energiewende, makroökonomisch unwirtschaftlich. Und werden staatlich immer stärker gefördert. Wissenschaftler protestieren jetzt.

“Gewässer dürfen nicht die Verlierer des Pariser Klimaabkommens sein”, warnt Senckenberg-Generaldirektor Professor Klement Tockner während eines Interviews, das ich mit ihm für das WWF-Magazin (04.21) geführt habe. Ich bin ihm schon einmal begegnet, im Februar 2020, bei unserem Flussfilmfest in München. Unter dem Motto „Aus Liebe zum Wasser“ bestaunten wir damals Flusslandschaften aus der Vogelperspektive, sahen einen Film über den König der Alpenflüsse, den Tagliamento, und diskutierten darüber, was uns Menschen mit Flüssen verbindet.

Schon damals wies der Gewässerökologe Tockner darauf hin, dass Kleinwasserkraftwerke fast nichts zur Stromversorgung beitragen, aber überproportional viel Schaden an den Gewässern anrichten. Doch was tut die deutsche Politik? Sie erhöht die Subventionen noch einmal kräftig: Seit Jahresbeginn 2021 erhalten Betreiber kleiner Anlagen (bis 500 Kilowatt Leistung) drei Cent pro Kilowattstunde mehr  als bisher. Der Bonus gilt bis zu zehn Jahre lang. Die Begründung: „Gesunkene Stromerträge u. a. aufgrund des Klimawandels stellen insbesondere kleine Wasserkraftanlagen vor große Herausforderungen“. Mit dem Geldsegen wird also gar nicht die Energiewende angeschoben, es werden schlicht die Einnahmenverluste der Betreiber kompensiert.

Vetternwirtschaft statt Einsatz für die Energiewende?

Für die Finanzspritze stark gemacht hat sich unter anderem ein mittlerweile durch die sogenannte Maskenaffäre weithin bekannter CSU-Abgeordneter: Dr. Georg Nüßlein, selbst Wasserkraftbetreiber. Die Bundesregierung schätzt, dass dieses Geschenk die Steuerzahler:innen jährlich rund 43 Millionen Euro kosten wird. Und das mindestens acht Jahre lang.

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Warum fördert die Bundesregierung solche Kleinstanlagen immer mehr, wo sie doch immer weniger Strom erzeugen? Und sie meist nicht einmal ökologische Mindeststandards erfüllen? Von den 43 Millionen Zusatzförderung für die kleine Wasserkraft könnten wir jährlich neun Windräder mit einer Leistung von drei Megawatt bauen. In acht Jahren also insgesamt 72 Stück. Alle Haushalte einer Stadt in der Größe von Regensburg könnten mit dem Ertrag von 72 Windanlagen versorgt werden. Das wäre tatsächlich ein Beitrag zur Energiewende!

Wissenschaftler:innen fordern: Energiewende nicht auf Kosten unserer Gewässer!

Dies hat nun 65 Forschende aus 30 wissenschaftlichen Institutionen auf den Plan gerufen, unter ihnen Klement Tockner. Sie empfehlen der Bundespolitik in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 4. November 2021 dringend, die Förderung von Kleinwasserkraftwerken zu beenden. Ich kann Martin Pusch vom IBG, einem der Initiatoren der Stellungnahme, nur beipflichten, wenn er sagt: „Grundsätzlich beeinträchtigen alle Wasserkraftwerke den ökologischen Zustand der Gewässer. Extrem ist dies jedoch bei der Kleinwasserkraft der Fall: Hier steht der geringe gesellschaftliche Nutzen durch wenig Stromerzeugung den hohen ökologischen Kosten durch massive Umweltschäden gegenüber“.

Wir sind uns also einig: Die öffentliche Unterstützung von Kleinwasserkraftanlagen ist umweltschädlich. Sie ist im Sinne der Energiewende ineffizient und makroökonomisch unwirtschaftlich.

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Ich freue mich über diese Initiative aus der Wissenschaft. Wir dürfen ineffiziente Anlagen nicht fördern, sondern Stilllegung und Rückbau baufälliger Wehre fördern. Damit die Bagger nicht nur an der Baunach rollen, sondern bald auch andernorts.

Wir alle können in der Zwischenzeit schon einmal Strom sparen. Jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird, muss auch nicht produziert werden. Nicht von Wasserkraft, Windenergie oder gar fossilen Energieträgern.

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Ein Waisenhaus für Luchse — weil jedes einzelne Tier zählt

Jetzt ist es endlich soweit, wir können heute in Maßweiler ein neues Luchsgehege einweihen. Ein Luchswaisenhaus, wie man es nennen könnte. Und das ist mir ganz persönlich in den letzten Jahren eine Herzensangelegenheit geworden.

Hier im Pfälzerwald ist ein artgerechtes Gehege zur fachgerechten Pflege und Versorgung von Luchsen entstanden. Die abgeschiedene Lage der Auffangstation und der sehr geringe Kontakt zu Menschen (keine Besucher) bieten ideale Voraussetzungen, die Wildtiere möglichst stressfrei zu pflegen — und zum geeigneten Zeitpunkt wieder in die Natur zu entlassen. Und dort hier in der freien Natur des Pfälzer Walds zählt jeder einzelne Luchs.

Warum jeder Luchs zählt

Der Pfälzerwald nimmt bei dieser Vernetzung von einzelnen Teilvorkommen zu einer europäischen vernetzten Metapopulation eine wichtige Rolle ein. Vor 50 Jahren begannen die ersten Wiederansiedlungsversuche und heute streifen nicht viel mehr als 200 Luchse durch Deutschlands Wälder. Der Luchs breitet sich eben nur sehr langsam aus. Jedes Tier zählt also, damit die Pinselohren wieder dauerhaft eine Heimat hierzulande finden.

Hier können die verwaisten Luchse einziehen © VIER VOETERS | WWF | Florian Eiserlo

Im so mehr, weil nur etwa die Hälfte von Luchsen das erste Lebensjahr überlebt. Und von den Überlebenden übersteht wieder nur die Hälfte das zweite Lebensjahr. Und junge Luchse, die ihre Mutter verlieren, haben in der freien Natur kaum eine Überlebenschance. Eine Chance, die sich jetzt aber durch die neue Auffangstation bietet.

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Deshalb ist das neue Gehege so wichtig. Denn erst dadurch gibt es die Möglichkeit, Luchswaisen, die ohne den Schutz ihrer Mutter angetroffen werden, adäquat zu betreuen. Bis sie bereit sind für ein eigenständiges Leben im Pfälzerwald. Natürlich wäre es mir am liebsten, wenn das Gehege so schnell gar nicht für die Pflege von Waisenluchsen gebraucht wird. Denn jeder Waisenluchs bedeutet ja auch, dass eine Luchsmutter krank, verletzt oder tot ist und nicht mehr selbst auf ihren Nachwuchs aufpassen kann.

Aber mit der Anzahl der Luchse im Pfälzerwald steigt ganz einfach auch die Wahrscheinlichkeit, dass Luchswaisen gefunden werden. Umso wichtiger ist es, dafür vorbereitet zu sein.

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Ich möchte an dieser Stelle unseren WWF-Luchspaten danken, die mit ihren zahlreichen Einzelspenden dazu beigetragen haben, dass wir heute das Gehege einweihen können. Außerdem möchte ich der Postcode Lotterie, SANTÈ Naturkosmetik und dem Ingenieurbüro für Gesundheitswesen Leipzig danken, die die Finanzierung des Geheges großzügig unterstützt haben. Und schließlich möchte ich TIERART für ihr tolles Engagement danken. Sie alle machen es möglich, dass die Tiere hier auf diesem Gelände leben dürfen.

Der Luchs ist zurück

Luchs Kamerafalle
Ganz Ohr © Julius Kramer / fokusnatur.de

Der WWF setzt sich für die Rückkehr des Luchses nach Deutschland ein, insbesondere im Bayerischen Wald und in Baden-Württemberg und eben auch als Partner im Rahmen des LIFE Luchs Pfälzerwald Projekts, welches kürzlich erfolgreich beendet wurde. Mit der Wiederansiedlung von 20 Luchsen in Deutschlands größtem Waldgebiet wurde ein wichtiger Meilenstein gelegt, um der Vision, die alle Luchsschützer teilen, etwas näherzukommen.

 

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