Biologische Landwirtschaft führt zu Hunger auf der Welt? Das ist Unsinn. Was wir uns bei der Welternährung nicht leisten können ist unser Getreide zu verfüttern.
Da hat die Wirtschaftswoche aber etwas entdeckt. „Die rein biologische Landwirtschaft ist ein Luxusgut, das nur wir uns in den reichen Industrienationen leisten können“, heißt es da in einem Kommentar. Die Politik habe in Deutschland „den Bioanbau ausgeweitet, die Gentechnik verboten. Beide politischen Schritte machen uns nun angreifbar, man könnte sogar überspitzt sagen, beides tötet potenziell irgendwo auf dem Planeten Menschen.“ Und der Kommentar warnt davor, man solle nicht „in einen Ackerbau wie im 18. Jahrhundert zurückfallen, wo Hungersnöte auch unseren Kontinent plagten.“
Bio ist nicht das Problem…
Das ist polemisch, das ist falsch und sorry, auch ganz schön ahnungslos. Nicht die Biolandwirtschaft schadet der Ernährungssicherheit der Welt, sondern unser übermäßiger Fleischkonsum und die damit einhergehende Verschwendung von Getreide als Futtermittel.
…Fleisch ist das Problem
Wem also wirklich an der Welternährung gelegen ist, muss den Fleischkonsum überdenken. Über die Hälfte unseres Getreides — darunter Weizen in überwiegend sehr guter Backqualität — wird an Tiere verfüttert, anstatt Hungernde in der Welt zu ernähren. Aber das Problem sollen die elf Prozent Bioanbaufläche in Deutschland sein — wirklich?
Bio plus nachhaltige Ernährung ist ein tragfähiges Konzept. Das haben unsere eigenen Ernährungsstudien und Szenarien sehr ausführlich dargelegt. Bitte gerne mal lesen.
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Nein, Gen-Technik ist nicht die Lösung für die Welternährung
Auch der Schrei nach Gentechnik ist im Zusammenhang Welternährung hilflos. Die immer wieder gleichen lahmen Argumente dazu sind mittlerweile eigentlich nur noch einschläfernd. Der Autor des Kommentars führt das Beispiel Golden Rice an – die arme Erfindung muss immer dann herhalten, wenn nichts anderes mehr hilft. Er wurde vor über 20 Jahren bereits als Heilsbringer beworben und gefeiert. Noch immer warten wir auf diesen Oldtimer-Erfolg. Im Übrigen: Golden Rice enthält vielleicht ein wenig Vitamin A, es fehlten aber die klassischen Eigenschaften, die jede halbwegs moderne Reissorte enthält, nämlich Krankheits- und Schädlingsresistenz beziehungsweise ‑toleranz.
Unsere konventionelle Landwirtschaft ist finanziell und sozial am Limit und ökologisch am Ende! Wer hier nach “mehr davon bitte” schreit, hat offenbar die Größe des Problems nicht verstanden! Es benötigt einen echten Wandel, den großen Wurf. Aber, hey, es ist Grillzeit, das Nackensteak für zwei Euro das Kilo wartet! Also vergesst das mit Wandel, Amazonas, dem Hunger und der Zeitenwende.
Ja, Bio kann die Welt ernähren
Leute, lasst euch nix erzählen. Die Grundsätze von Bio, im Einklang mit der Natur zu arbeiten und Tiere als Lebewesen zu verstehen, sind im Zuge der Klima- und Biodiversitätskrise genau richtig. Und ja, natürlich kann biologische Landwirtschaft die Welt ernähren. Dann, wenn wir unsere Ernährungssysteme grundsätzlich reformieren; weniger Fleisch ist ein wichtiger Baustein.
Leider sind nicht gerade wenige Tier- und Pflanzenarten in Deutschland vom Aussterben bedroht. Fast ein Drittel aller Säugetiere sind gefährdet. Woher wir das wissen? Weil ehrenamtliche Artenkenner immer wieder Bestandsaufnahmen machen. Das ist natürlich gerade bei Wildtieren, winzigen Insekten oder kleinen Waldspinnen nicht leicht. Häufig braucht es Fallen oder Kameras, viel Know-How — und auf jeden Fall macht das sogenannte Monitoring immer sehr viel Arbeit. Doch ebenso wie die Arten sterben auch die Artenkenner langsam aus. Viele Expert:innen sind schon in Rente. Junge kommen kaum nach. Die Artenkenntnis wird kaum mehr an Unis gelehrt und es gibt wenige Jobs.
Auf der Roten Liste: Bedrohte Arten in Deutschland
Gesammelt werden die bei uns gefährdeten Arten auf den Roten Listen für Deutschland. Es sind natürlich viel zu viele, um sie hier alle aufzuzählen. Aber ich möchte Euch ein paar bemerkenswerte, in Deutschland bestandsgefährdete Tiere vorstellen. Denn es wäre wirklich zu schade, wenn sie in Zukunft ganz aus unserer Natur verschwänden! Wusstet Ihr zum Beispiel, wie süß ein Gartenschläfer aussieht? Ihr solltet Euch beeilen, einen zu entdecken, bevor es die Art nicht mehr gibt.
Auch wenn wir die scheuen Tiere eher selten zu Gesicht bekommen: Feldhasen leben meist in der Nähe des Menschen. Denn sie mögen offene Landschaften lieber als dichte Wälder, das sagt ja schon ihr Name. Leider bieten aber die Felder unserer intensiven Landwirtschaft heutzutage immer weniger Verstecke und Nahrung. Besonders seit den 1980er Jahren nehmen die Bestände stetig ab und Feldhasen gelten heute bundesweit als gefährdet.
Zu wenig Artgenossen, um zu überleben: Pinselohr Luchs
Luchse sind in Deutschland nicht erst seit gestern sehr, sehr selten. Die hübschen Tiere mit ihrem dichten, getupften Fell und den typischen Pinselohren sind die größten Raubkatzen Mitteleuropas – und sie brauchen sehr viel Platz, denn Luchse haben riesige Streifgebiete. Unsere mehr und mehr zerstückelten Wälder isolieren die Luchse voneinander. Außerdem werden sie trotz strengen Schutzes immer wieder illegal getötet und leider auch überfahren. Obwohl es heute auch dank unserer Schutzbemühungen wieder mehr Luchse in Deutschland gibt als noch vor 100 Jahren, sind es immer noch nicht genug, um eine überlebensfähige Population zu bilden. Die Raubkatzen stehen in Deutschland auf der höchsten Gefährdungsstufe: Sie sind vom Aussterben bedroht.
Die Gefährdungsstufen der Roten Liste Deutschland
Feldhamster: In Deutschland vom Aussterben bedroht
Ebenfalls auf der höchsten Gefährdungsstufe und damit als vom Aussterben bedroht eingestuft werden Feldhamster in Deutschland. In vielen Bundesländern gibt es sie schon jetzt nicht mehr. Die Gründe liegen ähnlich wie beim Feldhasen in der intensiven Landwirtschaft, die Nahrung und Verstecke nimmt und dafür Gift verteilt.
Auch der Iltis ist gefährdet, bei uns auszusterben
Der Europäische Iltis mit seinem typischen, langen Körper und der schwarzweißen Gesichtszeichnung wird auch Waldiltis, Ratz oder Stänker genannt und gehört zu den häufigsten Marderarten in Europa. Trotzdem gilt er in Deutschland als gefährdet. Denn der Name Waldiltis täuscht: Absurderweise verstecken sich Iltisse gerne in Straßenböschungen von Autobahnen und werden häufig überfahren. Auch das liegt an unserer intensiven Landwirtschaft mit fehlenden Verstecken und fehlender Beute. In den meisten Teilen Deutschlands ist der Iltis deshalb sehr selten geworden.
Schweinswale sehen Delfinen etwas ähnlich, sind eng mit ihnen verwandt und die einzigen Wale, die in der Ostsee dauerhaft heimisch sind. Aber Wasserverschmutzung, Unterwasserlärm und vor allem der Beifang in Fischernetzen bedrohen die Art schwer. Schweinswale gelten als stark gefährdet in Deutschland.
Vom Element Wasser nun also in die Lüfte: Der Kiebitz mit seiner auffälligen, zweizipfligen Haube ist ein Wiesenbrüter. Naheliegend also, dass auch ihm die intensive Landwirtschaft zu schaffen macht. Die Bestände der Kiebitze haben bei uns in den letzten Jahren extrem stark abgenommen. Genauso wie übrigens die des Goldregenpfeifers — eines anderen Wiesenvogels, der in Deutschland vom Aussterben bedroht ist – und die weiterer Vogelarten.
Hufeisennase: In Deutschland vom Aussterben bedroht
Der Großen Hufeisennase sieht man an, woher ihr Name rührt. Es ist eine einst in Deutschland weit verbreitete Fledermaus, die inzwischen hier nahezu ausgestorben ist. Den Fledermäusen geht es insgesamt bei uns heutzutage nicht besonders gut. Ihnen fehlen in unseren versiegelten und renovierten Gebäuden die Lücken und Schlitze als Quartiere. Und ihnen fehlen die Insekten als Nahrung. Viele weitere Fledermausarten sind deshalb in Deutschland vom Aussterben bedroht, stark gefährdet oder gefährdet.
Ringelnattern: Wenn selbst die häufigsten Schlangen selten werden
Die Ringelnatter – wahrscheinlich die bekannteste Schlange in Deutschland — ist ebenfalls nur eine von vielen Schlangen, die es bei uns bald nicht mehr geben könnte. Denn obwohl sie immer noch zu den häufigsten Schlangen in Deutschland gehört, gilt die Ringelnatter als gefährdet. Ihr fehlen Feuchtgebiete und Gewässer. Und wenn es schon um die Ringelnatter so schlecht steht, was ist dann mit den anderen, bei uns heimischen Schlangenarten? Richtig, es geht ihnen noch schlechter. Würfelnatter und Aspisviper sind vom Aussterben bedroht. Kreuzotter und Äskulapnatter gelten als stark gefährdet, die Schlingnatter wie die Ringelnatter als gefährdet. Leider gut möglich also, dass Deutschland bald ein Land ohne Schlangen sein wird.
Gartenschläfer: In einigen Teilen Deutschlands schon ausgestorben
So, nach diesem Exkurs über Schlangen nun also endlich zum oben angekündigten Gartenschläfer. Das ist eine Schlafmaus wie der Siebenschläfer, aber etwas kleiner, etwa zehn bis 17 Zentimeter lang. Auffällig ist seine schwarze Augenmaske. Leider sind seine Bestände in den letzten Jahren eingebrochen und er gilt als stark gefährdet. Das Besondere daran ist, dass man (noch) gar nicht recht weiß, warum!
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Europäische Sumpfschildkröte: In Deutschland akut vom Aussterben bedroht
Früher über ganz Deutschland verbreitet, sind die Schildkröten inzwischen extrem selten geworden. So selten, dass sie gar keine überlebensfähige Population mehr bilden.
Fang und Handel, die Trockenlegung ihrer Lebensräume, der Ausbau von Verkehrswegen und ein zunehmend trockeneres Klima gehören zu den Gründen. Aber zum Beispiel auch, dass andere Schildkrötenarten aus Terrarien ausgesetzt wurden, sich mit den Sumpfschildkröten paarten und ihre genetische Integrität störten. Und dass mit dem Waschbären ein Fressfeind nach Deutschland eingeschleppt wurde, den es hier vorher gar nicht gab!
Das waren leider längst nicht alle
Ihr seht, die Gründe der Gefährdung sind vielfältig und andererseits doch immer wieder gleich. Wir Menschen müssen sehr schnell sehr viel an unserem Umgang mit der Natur ändern, wollen wir die ikonischsten Arten in Deutschlands Wildnis erhalten.
Auch der Wolf gehört zu diesen Arten. Einst ausgerottet, kehrt er zwar langsam zurück. Aber immer noch gilt er als gefährdet.
In naher Zukunft in Deutschland auszusterben drohen außerdem Wildkatzen und Baummarder, Kegelrobben und Fischotter, Auerhühner, Rebhühner, viele Eidechsen‑, Kröten- und manche Salamanderarten, Sumpfmäuse und sogar Ratten. Extrem gefährdet sind auch viele Insekten! Schmetterlinge und Ameisen sind besonders betroffen.
Die VBA ist ein Netzwerk aus 23 großen Unternehmen wie etwa BASF, Deutsche Bank oder Porsche). Die VBA entwickelt aktuell einen Ansatz, den es als globalen Standard etablieren und in Gesetze überführen möchte. Ziel ist es laut eigenen Angaben, eine Methodik bereitzustellen, die den positiven und negativen Wert von Unternehmen für Gesellschaft und Umwelt misst. Damit wolle man Entscheider:innen ein Steuerungswerkzeug für mehr Nachhaltigkeit an die Hand geben.
Der Ansatz der VBA ist aber ungeeignet, um die selbst formulierten Ziele zu erreichen. Er sagt eben nicht aus, ob ein Unternehmen tatsächlich positiv oder negativ wirkt. Für uns ist ganz klar: Der VBA ist daher für die Unternehmenssteuerung nicht hilfreich.
Warum der VBA-Ansatz mangelhaft ist
Die planetaren Grenzen sind nicht berücksichtigt
Dem VBA-Ansatz fehlen jegliche Bezüge zu den planetaren Belastungsgrenzen der Erde. Stattdessen berechnet und normiert der VBA-Ansatz monetäre Werte für die Unternehmenswirkung in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Soziales (Siehe Beispiel in Abbildung 1). Im Ergebnis wird ein Geldbetrag ausgewiesen, der beispielsweise die ausgestoßenen Treibhausgasemissionen beziffert. Dieser Wert ist kaum interpretierbar. Es bleibt vollkommen unklar, ob der Wert – und damit die dahinterstehende unternehmerische Aktivität – im Einklang mit den planetaren Grenzen oder dem 1,5‑Grad-Limit steht.
Der Ansatz der VBA setzt Umwelt, Wirtschaft und Soziales gleich
Darüber hinaus sendet der Ansatz der VBA die fataleBotschaft, dass negative Einflüsse etwa durch Klimazerstörung, durch positive Beiträge wie die Zahlung von Managementgehältern (Kategorie „Löhne“) oder Steuerzahlungen kompensiert werden könnten. Es werden Äpfel mit Birnen verglichen, wenn durch die Normierung eine in der Realität nicht-existierende Gleichheit von Wirtschaft, Sozialem und Umwelt hergestellt wird.
Das hat absurde Konsequenzen: Es suggeriert, dass „positive“ Beiträge und „negative“ Impacts gegeneinander verrechnet werden könnten. So könnte der Verlust von Menschenleben (wird im VBA-Ansatz mit vier Millionen US-Dollar bewertet), zum Beispiel in Folge eines Arbeitsunfalls, unternehmerischen Profiten oder Gehältern gegenübergestellt werden. Auch könnte ein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell ausschließlich aus Kohleverstromung besteht, eine insgesamt positive Bilanz nach dem VBA-Ansatz ausweisen.
Auch wenn die VBA empfiehlt, dass ein solches Aufrechnen wegen der Gefahr von Greenwashing vermieden werden sollte, nutzen es VBA-Unternehmen in der Praxis doch in ihrer Kommunikation. Etwa wenn BASF schreibt, dass die positiven Effekte die negativen Effekte auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette klar übersteigen.
VBA ist weder zukunftsgerichtet, noch wissenschaftlich basiert
Der Ansatz fährt nur mit dem Blick in den Rückspiegel. Er lässt lediglich Aussagen über die Vergangenheit zu. Weder bezieht sich die Methodik auf wissenschaftsfundierte Nachhaltigkeits-Ziele, noch auf daraus abgeleitete Transformationspfade. Damit ist unmöglich zu sagen, ob ein Unternehmen tatsächlich zukunftsfähig aufgestellt ist. Die Veränderungsfähigkeit von Unternehmen und die Frage, ob sie glaubwürdige Pläne haben, um beispielsweise auf einen 1,5‑Grad-Pfad zu kommen, werden nicht berücksichtigt.
Höchst problematisch ist zudem ein weiterer Punkt: Der Ansatz bemisst zukünftige Schäden nicht nur ohne Bezug zu planetaren Tragfähigkeiten, sondern er spricht ihnen durch die Anwendung von sogenannten Diskontraten sogar einen geringeren Wert zu als gleichwertigen Schäden in der Gegenwart. Das heißt: Kosten, die in fernen Jahrzehnten entstehen, werden nur mit einem Bruchteil ihrer tatsächlichen derzeitigen Kosten bewertet.
Zum Beispiel wird ein heute verursachter Umweltschaden in Höhe von 500 Euro, der erst in 50 Jahren spürbar wird, nur mit knapp 90 Euro bewertet. Dabei ist davon auszugehen, dass die realen Effekte, zum Beispiel für das Klima, gleich sind. Denn schließlich verursacht eine Tonne Treibhausgase heute den gleichen Schaden wie in einem halben Jahrhundert. Somit ist der Ansatz strukturell nicht in der Lage, steuerungsrelevante Abwägungen für die Zukunft zu leisten und einen echten Veränderungsprozess einzuleiten
Der VBA-Ansatz ist nicht entscheidungsrelevant
Unsere heutige Art des Wirtschaftens entscheidet darüber, wie schwerwiegend die Folgen der Erderhitzung und des Biodiversitätsverlusts für zukünftige Generationen sein werden. Wir müssen viel exakter als bislang zu erfassen, welche Auswirkungen Unternehmen auf Klima und Umwelt haben. Eine Berichterstattung, die zur Steuerung von Unternehmen in Bezug auf eine nachhaltige Wirtschaft dienen soll, muss zukunftsgerichtet und wissenschaftlich basiert sein. Aus rein vergangenheitsbasierten Informationen lassen sich keine fundierten Entscheidungen ableiten. Unternehmerische Steuerung für mehr Nachhaltigkeit ist so nicht möglich.
Fazit: Der VBA-Ansatz – untauglich für mehr Nachhaltigkeit in Unternehmen!
Trotz dieser Mängel wird die Arbeit der VBA bisher unkritisch in Öffentlichkeit und Politik begleitet. Die Initiative und ihrer zentralen Akteure gestalten an relevanten Stellen sogar aktuelle europäische Gesetzgebung im Bereich des Nachhaltigkeitsreportings mit. Zum Beispiel als Mitglied des Rats für Nachhaltige Entwicklung, der EU Platform on Sustainable Finance und der G7 Impact Taskforce. Die Weiterentwicklung des Ansatzes wird zudem von der EU-Kommission gefördert. Und auch die offizielle Bewerbung Frankfurts als Sitz des International Sustainability Standards Board, das zukünftig globale Mindeststandards im Bereich der finanziellen Nachhaltigkeitsberichterstattung setzen soll, wurde von der VBA unterstützt.
Bestenfalls nutzlos
Wir müssen dringend sicherstellen, dass der nicht ausgereifte und nicht zu Ende gedachte Ansatz der VBA keinen Einzug in aktuelle oder geplante Regulierung findet. Eine gesetzliche Verankerung des VBA-Ansatzes gäbe Unternehmen ein bestenfalls nutzloses Werkzeug an die Hand, mit dem sich Unternehmen nicht-nachhaltige Geschäfte schönrechnen könnten.
So ein Standard würde keinen relevanten Beitrag zu Nachhaltigkeits- und Klimazielen leisten. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass fundierte und sachgerechte Ansätze, wie sie derzeit auf europäischer und internationaler Ebene entwickelt werden – zum Beispiel von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) — behindert oder verwässert werden. Anspruch muss es sein, bei der Integration von ESG-Faktoren in die Rechnungslegung eine zukunftsgerichtete Steuerungsfähigkeit zu etablieren.
Der WWF arbeitet mit Unternehmen zusammen. Das ist so weit nichts Neues. Und sorgt damit auch immer wieder für Missverständnisse. Manchmal werden diese Missverständnisse von Unternehmen aber auch bewusst gefördert. Wie jetzt gerade vom Fleischimperium Tönnies.
Tönnies hat in der Öffentlichkeit einen verheerenden Ruf. Arbeitsbedingungen, Putin-Nähe des Chefs und Konzerngründers. Und dann natürlich das Produkt: Fleisch, in gigantischen Mengen. 70.000 Schweine sollen bei Tönnies pro Tag geschlachtet werden.
Was Tönnies behauptet
Die beißende Kritik kann Tönnies eigentlich egal sein, solange das Geschäft läuft. Es lief zuletzt aber nicht mehr so gut. Im aktuellen Geschäftsbericht ist ein Einbruch zu vermerken. Der Umsatz sank 2021 um zwölf Prozent auf rund 6,2 Milliarden Euro. Dafür gibt sich Tönnies geläutert: Man werde „den Transformationsprozess der gesamten Ketten weiter konsequent“ voranbringen, heißt es in der Pressemitteilung zum Geschäftsbericht. Schließlich seien „Nachhaltigkeit und Umweltschutz für die Unternehmensgruppe unabdingbar“ und deswegen arbeite ja Tönnies „in diesem Zuge beispielsweise mit der Umweltorganisation WWF zusammen“.
Was wahr ist
Die hier postulierte Zusammenarbeit sieht folgendermaßen aus: Natürlich sind wir beim WWF daran interessiert, dass jedes Unternehmen sich nachhaltiger verhält. Auch Tönnies. Tönnies ist eines der sechs Unternehmen, die in einem durch die GIZ finanzierten Projekt an einer monatlich tagenden Gruppe von Unternehmen an Entwaldungsfreien Soja-Lieferketten arbeitet. Diese Projektgruppe zu nachhaltigem Soja wird vom WWF geleitet.
Tatsächlich haben also unsere Expert:innn für nachhaltige Lieferketten mit Abgesandten von Tönnies und anderen Unternehmen gemeinsam in Online-Meetings gesessen. Und Tönnies hat es ja auch schwer nötig: Dreiviertel des globalen Sojaverbrauchs wird für Tierfutter verwendet. Tönnies ist der marktführende Fleischkonzern in Deutschland. Und schneidet bei der jüngst von uns veröffentlichten Entwaldungs-Scorecard mit 37 Prozent von allen teilnehmenden Unternehmen mit am schlechtesten ab.
Die Scorecard wurde zum Beispiel im Spiegel aufgegriffen. Dort behauptete Tönnies dazu, dass „die Matrix des WWF auf Tönnies kaum anzuwenden sei, da man kein Soja direkt beziehe“. Aus Sicht des WWF und laut internationaler Vereinbarungen wie den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechtes ind Unternehmen aber für alle in ihren Lieferketten verwendeten Rohstoffe verantwortlich. So ist es auch im EU-Gesetz zum Stopp der importierten Entwaldung verankert. Somit ist auch Tönnies für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörungen für das im Futtermittel verwendete Soja verantwortlich. Und damit auch für die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds und den Brasilianischen Cerrado. Dass dies auch Tönnies erkannt hat, zeigt ihre Teilnahme der vom WWF durchgeführten Projektgruppe.
Was jetzt passiert
Ohne Einwilligung hat Tönnies in der Pressemittteilung zur Bekanntgabe der Jahreszahlen 2021 die Teilnahme in der Projektgruppe genutzt, um eine Partnerschaft mit dem WWF zu verkünden, und auf ihr Nachhaltigkeitsengagement zu verweisen.
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Das ist so dreist wie durchsichtig. Wir haben uns daher zusammen mit unseren Mittelgebern und den Verantwortlichen der GIZ dazu entschlossen Tönnies aus der Projektgruppe auszuschließen.
Ja, wir beim WWF haben gemäß unserer Mission für die Umwelt ein Interesse daran, dass auch die unnachhaltigsten Unternehmen besser werden. Vor allem, wenn sie eine so große Marktmacht und damit Hebel für mehr Nachhaltigkeit haben. Transformatorischer Einfluss lautet hier unser Mantra, aber nicht um jeden Preis.
Was gar nicht geht
Die Zusammenarbeit in einer Unternehmensgruppe so auszuschmücken und zu nutzen, um die Öffentlichkeit zu täuschen und Projekterfolge zu publizieren, ohne dies mit den anderen Beteiligten abzustimmen.
Wir wären sehr froh, wenn sich für diese Ziele auch fleischverarbeitende Unternehmen wie Tönnies oder Futtermittelhersteller grundlegend verändern würden. Was aber für uns gar nicht geht, dass diese Unternehmen sich dann durch eine vermeintliche Partnerschaft sauberer darstellen, als sie sind – obwohl unsere Kommunikationsvereinbarung mit den Unternehmen dies verbieten und unserer Studien das Gegenteil zeigen.
Die Atomkraft gehört der Vergangenheit an. Ende 2022 gehen in Deutschland die letzten drei Kernkraftwerke vom Netz. Eigentlich sollte damit zumindest hierzulande ein Kapitel eines energiepolitischen Irrweges enden. Eigentlich.
Doch mit dem Krieg in der Ukraine und dem Streit ums russische Gas mehren sich die Stimmen, die den nuklearen Zombie auch hierzulande wieder zum Leben erwecken wollen. Ihr Argument: Warum nicht das russische Gas durch scheinbar CO2 arme Kernkraftwerke ersetzen? Auf ein paar Jahre länger komme es schließlich nun auch nicht mehr an …
Das mag auf den ersten Blick wie ein pragmarischer Ansatz wirken. Es hält allerdings einer genaueren Überprüfung nicht stand. Das Öko-Institut hat die energiepolitische Situation genauer unter die Lupe genommen und kommt zu dem klaren Urteil, dass eine Laufzeitverlängerung uns nicht aus der fossilen Falle befreien kann.
Die Gründe sind vielschichtig — und ganz praktisch
Ich will sie mal stichpunktartig zusammenfassen:
Anders als Atommeiler, die bekanntlich Strom produzieren, werden rund 80 Prozent des aus Russland importierten Gases für die Wärmeversorgung eingesetzt. Auch Kraft-Wärme-Kopplung, also die gleichzeitige Nutzung von Strom und Wärme, ist mit den nuklearen Großanlagen nicht möglich.
Blieben noch 20 Prozent der Gasimporte für die Stromproduktion, die sich durch Atommeiler theoretisch ersetzen ließen. Doch auch diese Alternative existiert nur auf dem Papier. Denn das Gas wird vor allem in Anlagen genutzt, die nicht permanent laufen. Gaskraftwerke springen flexibel ein, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint und gleichen mögliche Stromlücken kurzfristig aus. Kernkraftwerke können das nicht. Sie lassen sich nicht mal eben hoch und runterfahren und sind deshalb als Lückenfüller ungeeignet. Je höher der Anteil an Erneuerbaren Energien im Netz ist, desto wichtiger ist jedoch die Regelbarkeit der einzelnen Stromerzeuger. Es braucht mehr sogenannte „Flexibilitäten“ – also Abnehmer, wenn besonders viel Strom aus erneuerbaren Quellen angeboten wird, sowie Speicher, die flexibel Strom in das Netz einspeisen, wenn nur wenig Wind oder Sonne zur Verfügung stehen. Auch deshalb sind Atomkraftwerke völlig aus der Zeit gefallen.
Selbst wenn man Sicherheitsaspekte, Haftungsrisiken, mangelnde Ersatzteile, fehlendes Fachpersonal und rechtliche Fragen ausklammert: ein Weiterbetrieb der Reaktoren scheitert schon an fehlenden Brennelementen. Die reichen noch bis zum 31.12.2022. Die Neubeschaffung dauert rund zwei Jahre. Und wäre sehr teuer. Darüber hinaus sei an dieser Stelle angemerkt, dass wir nicht nur Gas und Öl aus Russland importieren, sondern auch Uran.
Kurzum: Das Aus der Kernkraftnutzung in Deutschland ist absehbar. Und das ist auch gut so. Putins Krieg wird daran nichts ändern.