Biodiversität: Warum wir Tiere brauchen

Ein neuer Report zu Biodiversität weist nach: Wir brauchen Tiere zum Überleben. Der Rückgang der Wildtiere ist katastrophaler als bisher angenommen. Die COP16 muss angesichts der Tatsache dringende Maßnahmen ergreifen.

Wir alle erleben Wildtiere in unserem täglichen Leben — sei es der Gesang eines Vogels oder die Spinne im Keller. Dennoch denken wir nur selten darüber nach, welch wichtige Rolle die erstaunliche Vielfalt an Wildtieren für unser eigenes Überleben spielt. Der neue WWF-Bericht Nature‘s Technicians beleuchtet diese oft übersehenen Aufgaben der Wildtiere in ihren Ökosystemen und hilft uns zu verstehen, wie eng wir mit der Tierwelt verflochten sind. Vom mächtigen Wal bis zum bescheidenen Mistkäfer sind alle Wildtiere wichtige Teile des Puzzles, welches das Leben auf der Erde ausmacht.

Warum wir Tiere brauchen

Wir brauchen Tiere, um Pflanzen zu bestäuben. Wir brauchen Tiere, die Baumsamen verteilen und sicherstellen, dass unsere Wälder gesund bleiben, sich regenerieren und so viel Kohlenstoff wie möglich speichern. Wir brauchen Tiere, um den Nährstofffluss innerhalb und zwischen den Ökosystemen zu erleichtern, um Wirtschaftszweige wie die Fischerei aufrechtzuerhalten und um Kipppunkte in wichtigen Biomen wie dem Amazonas zu verhindern.

WWF Bericht nature`s technicians
Der neue Bericht zeigt, welche Funktionen Tiere in ihren Ökosystemen haben © WWF

Wir brauchen auch die kleinen Tiere unter der Erde, um die Nahrungsmittelproduktion zu unterstützen und Überschwemmungen abzumildern. Wir brauchen eine ganze Reihe von Arten, darunter Aasfresser und Raubtiere, um uns vor Krankheiten zu schützen. Wir setzen unser eigenes Überleben aufs Spiel, wenn wir diese Arten verlieren. Und nicht nur ihre Existenz ist wichtig, sondern auch ihr Vorkommen und ihre Vielfalt. Wir brauchen genug von ihnen, die mit anderen Arten interagieren, damit sie die ökologischen Funktionen wirksam erfüllen können.

Rückgang der Populationen um 73 Prozent

Die Bedeutung wild lebender Tierarten ist faszinierend — und ernüchternd zugleich. Der Living Planet Report 2024 hat gerade einen durchschnittlichen Rückgang der wildlebenden Wirbeltierarten um 73 Prozent seit 1970 festgestellt. Nature‘s technicians macht deutlich, warum dieser Rückgang nicht nur für die Tierwelt, sondern auch für uns selbst verheerend ist.

Luchs im Wald
Beispiel Luchs: Fehlt er im Wald, gibt es viel zu viele seiner Beutetier — wie etwa Rehe © Julius Kramer / fokusnatur.de

Diese beiden Berichte hätten zu keinem kritischeren Zeitpunkt erscheinen können. In Kürze werden die Regierungen der Welt zur 16. Konferenz der Vertragsparteien des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CoP16) in Cali zusammenkommen. Sie diskutieren, wieviel die Staaten bereit sind zu geben, um den Verlust von Natur, einschließlich wild lebender Tierarten, aufzuhalten. Und umzukehren.

Welchen Weckruf brauchen wir noch?

Welchen Weckruf brauchen wir mehr als die Erkenntnis, dass der Rückgang der Wildtiere katastrophaler ist, als bisher angenommen? Dass ein weiterer Rückgang unsere Nahrungsmittelsysteme, unsere Wirtschaft und unsere Widerstandsfähigkeit gegenüber der Klimakrise zerstören könnte?

Folge uns in Social Media

Es gibt eine klare Verbindung zwischem dem Living Planet Report, Nature‘s Technicians und der CBD CoP16. Die CoP16 ist der Zeitpunkt, an dem wir die Ziele der Biodiversitätspolitik und ihre Ressourcen auf dem erforderlichen Niveau sichern müssen.

Wir haben die Lösungen und wir haben den Rahmen für entsprechende Maßnahmen. Lasst uns sicherstellen, dass die CoP16 als der entscheidende Moment in Erinnerung bleibt, in dem wir gemeinsam die Grundlagen für einen blühenden Planeten schaffen — für Wildtiere und Menschen gleichermaßen.

Der Beitrag Biodiversität: Warum wir Tiere brauchen erschien zuerst auf WWF Blog.

Pantanal, Cerrado und Amazonas: Warum es in den wichtigsten Biomen Brasiliens brennt

Es brennt im Pantanal, so schlimm wie nie. Obwohl die Trockenzeit erst beginnt. Auch im Cerrado und Amazonas lodert es auf Rekordniveau. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 brachen die wichtigsten brasilianischen Biome Rekorde. Außerdem sinken die Wasserpegel des Pantanal und vieler Flüsse in atemberaubendem Tempo.

  • Das Pantanal ist fast halb so groß wie Deutschland. Im größten Süßwasserfeuchtgebiet der Erde wüten momentan die meisten Feuer seitdem Brände von Satelliten des National Institute for Space Research (INPE) überwacht werden. Im Pantanal wurden 3262 Brände entdeckt, 22-mal mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
  • Auch der Cerrado bricht dieses Jahr alle Feuerrekorde. Bis Ende Juni wurden mit 12.097 Brandherden die meisten Feuer seit 1998 gezählt.
  • Aber es brennt auch im Amazonas: Die Zahl der Feuer ist die höchste in den letzten 20 Jahren. Hier wurden fast 13.000 Brände festgestellt, ein Anstieg von mehr als Dreiviertel im Vergleich zum Vorjahr. Und dass, obwohl die Entwaldung im Amazonas seit dem Amtsantritt von Präsident Luna da Silva deutlich zurückgeht. Diesmal liegen die Ursachen nicht nur bei Brandrodung

Es besorgt mich und meine Kolleg:innen sehr, dass die Situation schon zu Beginn der Trockenzeit so dramatisch ist. Das Feuchtgebiet Pantanal erlebt eine schwere Dürre. Die knappen und unregelmäßigen Regenfälle reichten nicht aus, damit die Flüsse überlaufen und die eigentlich typische Seenlandschaft schaffen — den Lebensraum für Kaimane, Riesenotter, Ameisenbär und Jaguar. Stattdessen kamen die Feuer. Schon jetzt sind es mehr Feuer als 2020, als ein Drittel des Pantanal brannte und wahrscheinlich mehr als 17 Millionen Wirbeltier getötet wurden.

Cerrado, die “Wiege des Wassers”

Das Wasser des Pantanal kommt aus dem Cerrado, einer riesigen Savanne, die sich über zwei Millionen Quadratkilometern von Zentralbrasilien bis nach Bolivien und Paraguay erstreckt. Der Cerrado ist ein Biodiversität-Hotspot und beheimatet unzählige endemische Arten. Aber noch wichtiger: Die Hochebenen des Cerrado sind als Berça das águas bekannt, als Wiege des Wassers. Hier liegen die Quellen einiger der größten Flüsse des Landes. Sie versorgen das Amazonasbecken, das Pantanal, den Atlantischen Regenwald, ein Großteil der Landwirtschaft und die größten Ballungsgebiete Brasiliens.

Feuer im Pantanal, Brasilien
Es brennt im Pantanal so oft wie nie zuvor
© IMAGO-Xinhua-LucioTavora

Die ökologische Bedeutung des Cerrado wird aber leider missachtet. Im Cerrado wird weiter gnadenlos abgeholzt, hier geht die Umwandlung in landwirtschaftliche Flächen fast ungebremst weiter. Aus der Savanne werden Rinderfarmen, Soja- und Maisfelder. Der Cerrado hat in den letzten zwei Jahrzehnten fast 60 Prozent der ursprünglichen Vegetation verloren. Und daran tragen wir eine Mitschuld. So stammen beispielsweise 70 Prozent des in die EU importierten Sojas, das mit Naturzerstörung in Verbindung gebracht wird, aus dieser Region.

Cerrado, Brasilien: Wo Savanne war ist jetzt eine Kaffeeplantage
Cerrado: Wo Savanne war ist jetzt eine Kaffeeplantage © IMAGO / Pond5Images

Die Konsequenten zeigen sich jetzt: Ohne die wasserspeichernden Wälder des Cerrado trocknen die Flüsse und Feuchtgebiete zunehmend aus. Die Folgen der Klimakrise und das Phänomen El Niño verschärfen die Wasserknappheit. Großen Teilen Brasiliens geht das Wasser aus, auch wenn es nicht in Flammen aufgeht.

Doch es gibt bei aller Sorge für mich auch Hoffnung: Schutzgebiete und Indigene Territorien sind echte Brandmauern! Satellitenbilder zeigen deutlich: Wo Schutzgebiete sind und wo Indigene Territorien liegen, ist der Wald in einem deutlich besseren Zustand. Studien untermauern dieses Bild mit eindeutigen Zahlen: Nur 1,6 Prozent der Entwaldung im Amazonas der letzten Jahrzehnte betrafen Indigene Territorien. Im Amazonasgebiet fanden fast 90 Prozent der Entwaldung außerhalb von Schutzgebieten statt.

Schlüsselbiom Cerrado

Jedoch ist der Cerrado weitaus weniger geschützt als der Amazonas. Weniger als ein Zehntel steht unter Schutz, dazu kommen fünf Prozent indigene Territorien. Im Amazonas dagegen sind zusammengenommen mehr als die Hälfte des Gebiets. Deshalb setzt sich der WWF für Ausweisung neuer Schutzgebiete und für die Landrechte traditioneller und indigener Völker im Cerrado ein. Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen, um die Entwaldung zu kontrollieren, um uns von degradierten Gebieten zu erholen. Es reicht eben nicht „nur“ den Amazonas zu schützen. Alles hängt mit allem zusammen. Wir müssen auch den Cerrado schützen, wenn wir das Pantnal und den Amazonas retten wollen.

Wir vom WWF tun alles, um auch die Regierung in Brasilien davon zu überzeugen, dass auch der Cerrado deutlich mehr Schutz braucht. Es würde mich sehr freuen, wenn ihr unsere Arbeit weiter unterstützt! Es fühlt sich heute wichtiger als jemals an.

Der Beitrag Pantanal, Cerrado und Amazonas: Warum es in den wichtigsten Biomen Brasiliens brennt erschien zuerst auf WWF Blog.

Vogelgrippe: Wie wir Pandemien bekämpfen müssen

Was wir über die Gefahren der Vogelgrippe sagen können — und wie wir potenziellen neuen Pandemien entgegenwirken können.

Corona ist zwar noch da, gefühlt aber von gestern. Heute diskutieren wir erneut über die Hoch Pathogene Aviäre Influenza (H5N1), auch Vogelgrippe genannt. Das vor allem für Vögel tödliche Virus kann sich mit anderen Viren kombinieren und springt auf immer mehr Säugetiere über.

Das Virus kennen schon seit Jahrzehnten. Wahrscheinlich entstand es in den 1960er-Jahren in asiatischen Geflügelfarmen und konnte von dort immer wieder auf Wildvögel übergehen. Seit März 2024 werden Infektionen bei Milchkühen in den USA bekannt. Inzwischen haben sich dort mehrere Mitarbeiter von Milchviehbetrieben infiziert. Die Vogelgrippe kommt uns Menschen immer näher.

Vogelgrippe: Das Virus hat es geschafft auf Kühe überzuspringen
Vogelgrippe: Das Virus hat es geschafft auf Kühe überzuspringen © imago

Auch wenn die Vogelgrippe bisher nur sporadisch auf den Menschen überschlägt: Sie ist eine ernste Bedrohung, die wir nicht unterschätzen dürfen. Die Schäden für Natur und Wirtschaft sind enorm. Alle Vogelarten können sich an H5N1 anstecken. Das Virus hat schon verheerende Wirkungen auf die Biodiversität bei ökologisch wichtigen Wildvögeln gezeigt, wie etwa bei Pelikanen. Und ganze Bestände von Nutztieren mussten und müssen gekeult werden.

Und wir haben ‑trotz Corona- noch immer nicht die notwendigen Schritte unternommen, um die Ursachen für die  nächste und übernächste und überübernächste Pandemie zu beseitigen.

Bei der aktuellen Vogelgrippe ist es relativ simpel das Risiko zu minimieren:

  • Kranke oder tote Vögel nicht anfassen, sondern umgehend dem Veterinäramt melden.
  • Keine Lebensmittel in der Natur zurücklassen, um die Verbreitung von Infektionen zu verhindern.
  • Überwachung von Infektionen in Wildtieren und Nutztieren. Rinder zeigen oft keine oder nur milde Symptome wie zum Beispiel geringere Milchproduktion. Ein direkter Übertrag auf den Menschen ist bisher extrem selten, aber natürlich müssen wir die Entwicklung der Lage genau beobachten.
  • Die Übertragung erfolgt nicht nur über Kot, sondern auch über Futter und Geräte von Farm zu Farm. Wir müssen für Hygiene in den Betrieben sorgen und den Kontakt von Nutztieren mit Wildvögeln vermeiden.
  • Rohe Milch von infizierten Kühen gilt als Risikomaterial — und sollte nicht vermarktet werden.

Vor allem müssen wir aber endlich Konsequenzen ziehen. Man schätzt, dass weitere 1,7 Millionen derzeit “unentdeckte” Viren in Säugetieren und Vögeln existieren, von denen bis zu 827.000 den Menschen infizieren könnten. Nach Corona bedeutet vor der nächsten Zoonose. Wir Menschen sind sehr gut beraten uns darauf einzustellen. Und damit meine ich nicht nur Notfallpläne in der Schublade zu haben und Masken bereitzustellen.

Naturschutz ist der Schlüssel gegen Zoonosen wie die Vogelgrippe

Prävention ist immer besser als Reaktion. Durch den Schutz der Natur können wir das Risiko neuer Zoonosen verringern – und das kostet nur einen Bruchteil von der Bekämpfung einer bereits ausgebrochenen Pandemie.

Der längst erforschte Zusammenhang zwischen Landnutzungswandel, insbesondere Entwaldung, und dem Auftreten von Krankheiten verdeutlicht wie wichtig dieser ganzheitliche Ansatz ist.

Die Natur ist das Bollwerk gegen Pandemien. Wenn wir Ökosysteme schützen, verringern wir das Risiko von Spillover-Ereignissen wie jetzt bei der Vogelgrippe. Wir müssen also die Verluste natürlicher Ökosysteme und der biologischen Vielfalt eindämmen, vor allem bei der Entwaldung. Der Handel mit Wildtieren muss reguliert werden. Wir müssen die Gesundheitsfürsorge für Mensch und Tier in tropischen Regionen verbessern, die Biosicherheit in der Tierhaltung stärken und die Überwachung zoonotischer Viren verbessern.

Ich kann es gar nicht oft genug betonen: Indem wir die Gesundheit von Tieren, Menschen und Ökosystemen in den Fokus rücken, helfen wir zukünftige Pandemien zu verhindern. Genau daran arbeiten wir beim WWF.

Der One Health Ansatz betont die Verbindung zwischen der Gesundheit von Nutz- und Wildtieren sowie des Menschen. Wir beim WWF engagieren uns in diesem Bereich. Und wir setzen uns nicht erst seit Corona für präventive Maßnahmen ein, um zukünftige Pandemien zu verhindern, etwa bei den Verhandlungen zu einem globalen Pandemieabkommen. Denn auch auch hier muss gelten: Prävention ist besser, nachhaltiger und auch viel, viel günstiger als Reaktion.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr unsere Arbeit unterstützt!

Der Beitrag Vogelgrippe: Wie wir Pandemien bekämpfen müssen erschien zuerst auf WWF Blog.

Hurra, Hurra, der Luchs ist da!

Er ist wieder da: Der Luchs. Zumindest zwei von ihnen streifen jetzt wieder durch den Thüringer Wald. Weitere  18 Tiere sollen folgen und den Grundstein für eine gesunde Luchspopulation in der Region legen.

Folge uns in Social Media

Die Vorgeschichte der beiden tierischen Protagonist:innen könnte unterschiedlicher kaum sein: “Aristocats” in echt.  Zum einen ist da Frieda, eine “Luchslady” aus dem  Wildkatzendorf Hütscheroda. Sie ist schon im Gehege geboren. “Vollpension” und “Gesundheitsversorgung” inclusive. Die Freiheit hat das Tier hingegen nie gesehen. Frieda hat sich ihre extreme Scheu bewahrt und genau dadurch ist sie für das Auswilderungsprojekt geeignet.

Die ersten Schritte in die Freiheit. Frieda, ein Luchsweibchen aus dem Gehege im Wildkatzendorf Hütscheroda startet in ihr neues Leben im Thüringer Wald. © Max Kesberger / Luchs Thüringen

Nicht ganz freiwilliger Zuwanderer

Bei ihrem potenziellen Partner Viorel ist das anders. Scheu ist auch er, aber vor allem wild. Viorel tappte erst im März rumänischen Naturschützern von der Vereinigung zum Erhalt der Biodiversität (ACDB), in eine Kastenfalle. Gefangenschaft auf Zeit. Von den Karpaten ging seine Reise ins Auswilderungshege nach Thüringen. Dort winkte schon bald die Freiheit. Nach wenigen Wochen Eingewöhnungszeit. Gesundheitscheck und Besenderung konnte der wilde “Kuder”, so werden männliche Luchse genannt, in seinem neuen Revier wieder auf die Jagd nach Rehen gehen.

Geht die eine Tür zu, geht eine andere Tür auf: Der Luchs “Viorel” aus den Karpaten auf dem Weg in sein neues Revier. © Max Kesberger / Luchs Thüringen

Freiheit auf Raten

Damit sich Frieda und Viorel schon einmal beschnuppern konnten, wurden sie einige Wochen in zwei voneinander getrennten Einheiten eines kleinen “Soft-Release-Geheges” untergebracht. Am 15. Mai öffnete man die Türen. Jetzt heißt es: Daumen drücken, dass die Tiere sich einleben und sich hoffentlich gut riechen können!  Ob die olfaktorische Eheanbahnung funktioniert hat, müssen die nächsten Monate zeigen. Mittelfristig dürfte das Angebot an passenden Partnern vielfältiger werden. Denn es stehen bis 2027  weitere Auswilderungen an.

Das Projekt

Die Freilassung ist der Auftakt des größeren Projekts “Luchs Thüringen”. Das Comeback des Luchses wird vom Freistaat und der EU mit Mitteln aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds (EULER) finanziert. Ziel ist es, den Luchsen im Thüringer Wald eine dauerhafte Zukunft zu geben. Aktuell leben in Deutschland rund 130 selbständige Luchse, die sich vor allem auf drei Verbreitungsgebiete verteilen: den Bayerischen Wald, den Harz, und seit wenigen Jahren auch den  Pfälzerwald. Alle drei Regionen sind jedoch mindestens 250 km voneinander entfernt und auch von anderen europäischen Luchsvorkommen weitgehend isoliert.

Der Thüringer Wald soll eine Art Brücke bilden. Zwar tauchen hier  gelegentlich männliche Tieren aus dem Harz oder dem Bayrischen Wald auf, doch die sind meist nur auf der Durchreise. Eine Population kann jedoch nur entstehen, wo es auch Weibchen und Nachwuchs gibt. Junge Luchsweibchen richten ihre Reviere allerdings in der Regel nur in direktem Kontakt zu Revieren von Artgenossen ein, so dass sich die Art nur sehr schlecht ausbreiten kann.  Die angesiedelten Artgenossen sollen das beschleunigen. Wir möchten eine Brücke zwischen den Luchspopulationen im Harz und im Bayerischen Wald entstehen lassen, um einen genetischen Austausch zu ermöglichen und somit die Diversität und Stabilität der Luchspopulationen in Europa zu fördern.

Dem Luchs auf die Sprünge helfen. Die Ansiedelung der Tiere in Thüringen soll helfen, die bestehenden Populationen miteinander zu vernetzen.  © WWF Deutschland

 

Mit dem WWF-Newsletter nichts mehr verpassen!

Die Wiederansiedlung der Pinselohren in Thüringen ist ein Gemeinschaftsprojekt. Neben BUND Thüringen und dem WWF engagieren sich acht weitere Projektpartner aus Deutschland und Rumänien  für eine dauerhafte Rückkehr der Luchse.

Der Beitrag Hurra, Hurra, der Luchs ist da! erschien zuerst auf WWF Blog.

Muss die Savanne sterben, damit der Regenwald überlebt ?

Die gute Nachricht: Am Amazonas geht die Entwaldung zurück. Die Schlechte: In der benachbarten Cerrado-Savanne wird umso heftiger geholzt. Der Grund: Sojaanbau soweit das Auge reicht. Die Bohnen landen auch in Europa vor allem in den Futtertrögen der Fleischindustrie. Das EU Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten ändert daran wenig, denn die Savanne gilt nicht als Wald. Höchste Zeit für eine Neudefinition.

Mit dem WWF-Newsletter nichts mehr verpassen!

Bedrohtes Paradies

Der Amazonas ist der Inbegriff von Regenwald: Tropisch, grün und Lebensraum einer einzigartigen Tierwelt. Darunter sind farbenprächtige Papageien, rosa Flussdelfine und der majestätische Jaguar. Es ist der größte Regenwald der Welt und nicht zuletzt die ästhetischen Bilder, egal ob in den Medien oder als Assoziationen in den Köpfen der Menschen, verschaffen dem Amazonas enorme Aufmerksamkeit.  Das ist ein immenser Vorteil, wenn es um seine Bewahrung geht. Andere Lebensräume und ihre Chance auf Schutz geraten aus dem Blickfeld. Wir werfen einen kritischen Blick auf dieses Phänomen, den Status Quo im Amazonas und seinen weniger bekannten aber ebenso gefährdeten Nachbarn, den Cerrado.

Pretty Privilege im Naturschutz? 

Ein Jaguar: Der Star des Amazonas. © Gabriel Rojo / WWF

 

Der Mähnenwolf, ein
typischer Bewohner des Cerrado © IMAGO / agefotostock / Mark Jones

Wir schützen, was wir kennen und lieben. Und wir lieben tendenziell eher das Eindrucksvolle, den Superlativ, das visuell Schöne. “Pretty Privilege” oder  “Schönheitsprivileg”. Dahinter steckt die vor allem im westlichen Kulturkreis seit der Antike verinnerlichte Vorstellung, dass Schönheit der Ausdruck von Wahrheit und Güte ist. In der Philosophie ist diese Einheit als sogenannte Trias der obersten Werte bekannt. Unterschieden wird in die Kulturschönheit, die sich z.B. in Literatur und bildender Kunst spiegelt, sowie die Naturschönheit. Sie beschreibt im Wesentlichen das, was wir vielleicht beim Anblick des Jaguars empfinden. Wir sehen Anmut, Erhabenheit und sind fasziniert. Seine Schönheit trifft uns auf emotionaler Ebene und somit auch sein Lebensraum, für den wir uns automatisch einsetzen wollen. Im Idealfall kann das Schönheitsprivileg einer einzelnen Art zum Sprungbrett für ganzheitlichen Naturschutz werden und eine positive Kettenreaktion auslösen. Doch die Realität zeichnet häufig ein anderes Bild. Ebenso wie Menschen, die als schön empfunden werden, haben entsprechende Tierarten und ihre Ökosysteme einen immanenten Vorsprung. Dieser kann sich  .B. in der Spendenbereitschaft für spezielle Tierarten niederschlagen aber auch wenn es um bindende Gesetze geht.

Verschoben statt behoben

Politische und wirtschaftliche Interessen führen dazu, dass Naturschutz teilweise nur so weit reicht wie das Auge und damit der Druck der Öffentlichkeit. Was weniger sichtbar und damit unbekannter ist, wird häufig außer Acht gelassen.

Ein gutes Beispiel für diesen Mechanismus ist das EU-Gesetz zu entwaldungsfreien Lieferketten, das ab  2025 den Import von Waren verbietet, die mit Entwaldung in Zusammenhang stehen. Ein wichtiger und richtiger Schritt angesichts der Tatsache, dass laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zwischen 1990 und 2020 allein in Amazonien ca. 600.000 Quadratkilometer Wald abgeholzt wurden, eine Fläche fast doppelt so groß wie Deutschland.

Noch immer bedrohen die Kettensägen den Regenwald, aber die Abholzung ist zurück gegangen. © Nick Hawkins / WWF

Vor allem unter der Regierung Jair Bolsonaro in Brasilien nahm die Entwaldung deutlich zu. Das südamerikanische Land beherbergt mit 65 Prozent den größten Anteil des Amazonasregenwaldes und ist gleichzeitig der weltweit größte Exporteur von Soja, einem Haupttreiber der kommerziellen Entwaldung. Zwar darf schon seit 2006 dank des sogenannten Soja-Moratoriums in Brasilien kein Regenwald mehr für den Soja-Anbau gerodet werden. Dennoch führte dieser Meilenstein nicht zu einer nachhaltigen Lösung, sondern vielmehr zu einer Verschiebung des Problems: Die Anbauflächen haben sich immer stärker vom Amazonas in Richtung Südosten ausgeweitet, in das Gebiet des Cerrado, der artenreichsten Savanne der Welt. Sie ist trotz ihrer Vielfalt an Flora und Fauna deutlich unbekannter. So ist es wenig überraschend, dass der internationaler Aufschrei bislang ausbleibt, obwohl die Region inzwischen bereits mehr als die Hälfte seiner ursprünglichen Fläche an die Agrarindustrie verloren hat.

Die Lage spitzt sich zu

Allein zwischen August 2022 und Juli 2023 wurden erschreckende 11.011,7 Quadratkilometer in Agrarfläche umgewandelt. Besonders tragisch: Auch durch das neue EU-Gesetz zu entwaldungsfreiem Soja bleibt der Cerrado quasi ungeschützt, da Baumsavannen nicht der geltenden Definition eines Waldes entsprechen.

Folge uns in Social Media

Die neuesten Zahlen des Nationalen Weltrauminstituts (INPE) vom Februar 2024 bestätigen diese Schieflage eindrücklich. Während im Amazonas die Entwaldung zuletzt um 30 Prozent zurückgegangen sind, hat sie im Cerrado um 19 Prozent zugenommen. Noch krasser wird der Vergleich, wenn man die Periode von August 2023 bis Februar 2024 betrachtet. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Abholzung im Amazonas um 56 Prozent zurück und stieg parallel dazu im Cerrado um 63 Prozent an.

Was wir dagegen tun

Etwa 80 Prozent der entwaldeten Savannenfläche werden für den Sojaanbau genutzt. Der Cerrado ist die wichtigste Soja-Quelle der EU. Die Bohnen werden, insbesondere in Form von Sojaschrot als Futtermittel für die Massentierhaltung importiert.

Soja für die Tiermast in Europa stammt häufig aus dem Cerrado. ©Ana Paula Rebelo / WWF UK

In einem gemeinsamen Projekt mit den Kolleg:innen  des WWF Brasilien setzen wir uns für entwaldungsfreie Soja-Lieferketten ein. Die Arbeiten werden  gefördert durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). In Brasilien legen wir unser Hauptaugenmerk auf die nachhaltige Produktion und Flächenüberwachung. In Deutschland steht hingegen  die Sojabranche im Fokus, um ein gemeinsames Marktsignal zu setzen. Wir bieten Unternehmen und interessierten Akteuren entlang der gesamten Lieferkette eine Austausch- und Arbeitsplattform für die  Transformation zu entwaldungsfreiem Soja. So versuchen wir gemeinsam den Sektor Schritt für Schritt umzugestalten. Unser Ziel: Ein sektorweites Statement zu entwaldungsfreien Lieferketten zwischen Brasilien und Deutschland. Denn eine solche tatsächlich positive Kettenreaktion hilft einerseits der Wirtschaft, vor allem aber dem Cerrado.

Der Beitrag Muss die Savanne sterben, damit der Regenwald überlebt ? erschien zuerst auf WWF Blog.