Marmolada Gletscher: Tragödie mit Ankündigung

In den italienischen Dolomiten ist ein gewaltiges Stück eines Gletschers als Lawine aus Eis und Geröll ins Tal gerauscht. Die vorläufige Bilanz der Katastrophe mit Ankündigung: mindestens acht Tote und 15 Vermisste.

Niemand konnte wissen, wann und wo es passiert, aber dass es zu Katastrophen dieser Art kommen würde, war mehr als vorhersehbar. Der Ablauf der Tragödie auf dem Marmolada-Gletscher entspricht den Szenarien und Warnungen, die Glaziologen seit Jahren verbreiten. Und auch wir vom WWF waren schon seit langem davor.

Die Katastrophe am Marmolada ist kein Einzelfall

Es hat in den vergangenen Jahren auch in den europäischen Alpen schon mehrere Tragödien durch abgehende Gletscher gegeben, die schnell vergessen wurden. Erst im Mai 2022 sind bei einem Gletscherabbruch im Schweizer Kanton Wallis zwei Menschen ums Leben gekommen. Neun weitere Bergsteiger wurde verletzt.

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Luca Bonardi, Professor für Geographie und Experte des Glaziologischen Komitees der Lombardei befürchtet, dass allein in den Alpen tausende Gletscherstandorte ähnlich gefährlich sind. Der Grund: Die Erderhitzung schlägt in den Bergregionen besonders heftig zu. Gefahren, die mit der direkten Einwirkung von Eis und Schnee zusammenhängen und zu Eislawinen und katastrophalen Überschwemmungen durch das Überlaufen von Gletscherseen führen können, wie dies im Sommer 2019 durch den Einbruch des Zermatt-Gletschers in der Schweiz geschehen ist, werden zunehmen.

Gletscher unterhalb von 3500 Metern werden verschwinden

Die Alpengletscher sind dramatisch geschrumpft. Beispiel Italien:  Das Italienische Gletscherkataster zeigt, dass die Fläche der italienischen Gletscher von 519 Quadratkilometern im Jahr 1962 auf zuletzt 368 geschrumpft ist. Ein Rückgang von 40 Prozent. Es mag überraschen, dass zugleich die Zahl der Gletscher tendenziell zugenommen hat. Aber die Zunahme ist ein weiteres Zeichen der Gefährdung. Ursprünglich große komplexe Gletschersysteme wurden stark fragmentiert und sind zu kleineren Einzelgletschern zerfallen. In den letzten 150 Jahren haben einige Gletscher mehr als zwei Kilometer an Länge verloren, aber auch ihre Dicke ist geschrumpft, was in einem einzigen Sommer bis zu sechs Meter betragen kann.

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Bei den durchschnittlichen Temperaturen der letzten Jahre werden die Gletscher unterhalb von 3500 Metern innerhalb von 20 bis 30 Jahren verschwinden. Wenn die Temperaturen weiter steigen, könnten die ewigen Gletscher in den Ost- und Zentralalpen innerhalb weniger Jahrzehnte drastisch schrumpfen oder verschwinden. Nur die Westalpen, die höchsten Alpen, würden bleiben. Außerdem werden die Gletscher immer dunkler und damit anfälliger für die Sonneneinstrahlung.

Verheerende Folgen — nicht nur wegen Lawinen

Die Folgen sind verheerend. Nicht nur für die Umwelt und die Berglandschaft, sondern auch für die umliegenden Gemeinden. Der Rückzug des Eises hat gravierende Folgen für Landwirtschaft, Tourismus und Energieversorgung. Die Flüsse speisen sich im Sommer zum größten Teil aus der Gletscherschmelze. Mit dem Verschwinden der Gletscher schwindet auch ihr Beitrag zu den Alpenbächen und Flüssen, was erhebliche Auswirkungen auf die Wasserversorgung der Bevölkerung bedeutet. Landwirtschaft und Energieversorgung müssen sich auf verschärfende Wasserknappheit einstellen. Die aktuelle Dürre in Italien liefert hierfür eine Art Vorgeschmack.

Was wir verlangen

Um dem Problem zu begegnen ist eine Doppelstrategie nötig. Wir brauchen eine engagierte Klimaschutzpolitik, die sich am 1,5 Grad Ziel des Pariser Abkommens orientieren. Und wir müssen dringend Anpassungsmaßnahmen an die nicht mehr vermeidbare Erderhitzung entwickeln.

Die Daten und Analysen liegen längst vor. Es fehlt die Umsetzung.

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G7: Raus aus den Fossilen, rein in die Zukunft

Wenn die die Staats- und Regierungschefs der G7-Staaten in Elmau an diesem Wochenende zusammenkommen, kann es nur eines zu besprechen geben: Wie geht es schneller mit dem Ausstieg aus fossiler Energie, mit der Energiewende und dem internationalen Klimaschutz? Wann starten wir endlich durch in eine gesicherte Zukunft der erneuerbaren Energien? Denn hierfür stehen wir längst und schon viel zu lange in den Startlöchern.

Wir müssen uns unabhängig machen von autokratischen Staaten und die Konsequenz aus dem russischen Angriffskrieg ziehen.

Das heißt auch, dass die Regierungschefs der G7 uns entscheidend weiterbringen müssen auf dem Weg zur nächsten internationalen Klimakonferenz im November in Ägypten. Die G7 sind als Industrienationen die historischen Hauptverursacher der Klimakrise. Sie müssen ambitioniert vorangehen und so Vertrauen für die kommenden Verhandlungen schaffen.

G7 Länder tragen historische Verantwortung für Klimakrise

Der aktuelle IPCC Bericht führt uns vor Augen, dass wir die entscheidenden Jahre zur Umsetzung des Klimaschutzes erreicht haben und schneller handeln müssen. Für eine echte Kehrtwende bleiben nur noch wenige Jahre. Das 1,5 Grad Ziel rückt in immer weitere Ferne.

Dabei hat jedes Zehntelgrad mehr Erhitzung, das wir zulassen, enorme Konsequenzen für Extremwettereignisse weltweit, für die Artenvielfalt unseres Planeten, für bleibende Schäden und Verluste – besonders und zuerst bei denjenigen, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, den Menschen auf der südlichen Halbkugel.

Deswegen ist unser Auftrag an die G7-Länder klar:

1) Mehr Ambition beim Klimaschutz

Sie müssen bei sich zu Hause ihre Klimaziele nachschärfen und den Ausbau der erneuerbaren Energien drastisch beschleunigen. Klimaneutralität bis 2050, wie es die meisten Staaten anstreben, ist viel zu spät, wenn man anderen Staaten mit weniger Verantwortung für die Krise einen langsameren Wandel zugestehen will.

Dazu gehört: Ein Kohleausstieg bis 2030 und den Geldhahn für fossile Energiequellen zudrehen! Weder national noch international darf Geld in längst veraltete Technologien fließen, die uns auf dem 1,5 Grad Pfad den Weg verstellen. Rund eine Billion Euro verfeuern die G7 Staaten jährlich für fossile Infrastruktur! Damit halten sie sich selbst vom Fortschritt ab. Damit blockieren sie beispielweise auch Investitionen in eine echte Verkehrswende, in einen bezahlbaren öffentlichen Nahverkehr.

Wir laufen Gefahr, neue Einfallstore für fossile Infrastruktur zu schaffen, wie etwa für Wasserstoff auf Basis von Erdgas, die uns wieder langfristig bindet. Sollen wir allen Ernstes eine neue Gas-Pipeline im Namen der Nachhaltigkeit aus öffentlichen Geldern finanzieren?

Was es braucht, ist vielmehr grüner Wasserstoff mit klaren Nachhaltigkeitskriterien, der die Industrie transformiert und auf Klima-Kurs bringt. Ich erwarte von den G7-Staaten hier und heute, dass sie sich dafür entschieden einsetzen. Wer Energie sichern will, muss auf den Ausbau der Erneuerbaren setzen und nicht immer wieder nach neuen versiegenden Quellen für fossile Energien suchen.

2) Glaubwürdigkeit bei der internationalen Klimafinanzierung schaffen

Die G7 muss sich noch klarer vor Augen führen, dass wir es mit einer globalen Krise zu tun haben, die wir nur gemeinsam lösen.

Dazu gehört, dass sich die G7 an das Versprechen der Industrieländer erinnern – und es halten:

Sie haben zugesagt, den besonders verwundbaren Ländern bis 2025 100 Milliarden US-Dollar jährlich für die Bekämpfung und Anpassung an den Klimawandel bereitzustellen. Gerade Deutschland muss hier Versäumtes nachholen und deutlich nachlegen. Ansonsten kommt es zum Vertrauensverlust auf der nächsten Klimakonferenz. Da gilt es eben vor allem auch anzuerkennen, dass es Schäden und Verluste gibt, die unwiederbringlich sind und die angemessen entschädigt werden müssen. Zusammenarbeit basiert auf Verantwortung und Transparenz.

Den Fortschritt müssen wir überprüfen können.

3) Mehr Geld für Biodiversität und ökologischen Fußabdruck halbieren

Bei der Rettung der biologischen Vielfalt klafft einen Finanzierungslücke. Die G7 haben jetzt die Chance, eine Aufstockung der Mittel verbindlich zu beschließen und die globale Lücke zu schließen. Und diese neuen Mittel müssen leicht zugänglich gemacht werden, damit es uns gelingt, unseren globalen Fußabdruck in der Produktion und im Verbrauch bis 2030 zu halbieren!

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Die G7 sollen jetzt nicht ausgerechnet an nachhaltigen Produktions- und Verbrauchsweisen sparen, sondern erkennen, dass es hierbei um Investments in den Erhalt unserer Zukunft geht.

Allein in Deutschland müssen wir unsere Emissionsminderung verdreifachen und den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch bis 2030 fast verdoppeln. Die G7-Länder sind die Hauptverursacher der Klimakrise. Sie haben ein Drittel der weltweiten CO2-Emissionen in die Welt gebracht.

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Deshalb rufen wir direkt nach Elmau: Übernehmt die Verantwortung und, lasst die fossilen Energien hinter euch, dreht den Geldhahn dafür zu und dreht ihn auf für die Unterstützung der verwundbarsten Länder und das Leben auf unserem Planeten!

Raus aus Kohle, Öl und Gas!

Und eine gerechte Transformation für alle!

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Ausbau kleiner Wasserkraft? Können wir uns sparen!

Der Schaden ist groß, der Nutzen gering. Den Ausbau kleiner Wasserkraft können wir uns sparen. Im EEG 2203 hat er nicht zu suchen.

Lachse, Aale, Störe, Stinte: Die großen Wanderungen der Fische in ihre Laichgebiete, vielfach von den Meeren in die Flüsse, sind ein Phänomen, das es in buntester Vielfalt fast auf der ganzen Welt zu bewundern gibt. Oder es zumindest zu bewundern gab: Das Verschwinden der Wanderfische ist ja geradezu ein Inbegriff der Biodiversitätskrise. Dennoch haben sie in vielen Kulturen einen festen Platz, in manchen haben die aus dem Ozean wiederkehrenden Fische sogar eine religiöse Bedeutung. So wie auch die Flüsse selbst.

Mitte Mai wurde der Welttag der Wanderfische gefeiert, der World Fish Migration Day 2022. Wir waren Mitveranstalter eines Filmabends in Berlin unter dem Titel „Wildflüsse oder Wasserkraft“. In der anschließenden Diskussionsrunde ging es um die Wasserkraft in Deutschland und um das Gesetz zum Ausbau erneuerbarer Energien, das EEG. Es regelt die künftige Förderung für Strom aus Wasserkraft. Das EEG ist Teil des Osterpakets, über das der Bundestag derzeit berät. Und wieder einmal tobt um die Förderung der sogenannten kleinen Wasserkraft ein großer Streit. Hier ist unsere Kommentierung dazu.

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An unserer Diskussion nahm ein befreundeter Fischökologe teil. Er hat seine Doktorarbeit zu einem bedrückenden Thema geschrieben, nämlich zur Mortalität von Fischen an Wasserkraftwerken. Drei Jahre Forschung über Sterberaten und ‑risiken, darüber, wie Tiere auf ihren Wanderungen in Turbinen zerteilt werden, an Rechenanlagen gequetscht verenden oder später an den Folgen ihrer Verletzungen zugrunde gehen. Oder am Barotrauma, verursacht durch die großen Druckunterschiede bei der Passage durch die Turbine. Das Risiko ist groß: Einer von fünf Fischen stirbt, wenn er auf seiner Wanderung durch ein Wasserkraftwerk schwimmen muss. Wer überlebt, darf zum nächsten Kraftwerk weiterwandern. Bei einer Kette von Kraftwerken ergibt sich also für Wanderfische ein kumulativer Effekt mit dramatischen Folgen.

Aale: Tod im Wasserkraftwerk
Der Aal ist inzwischen eine vom Aussterben bedrohte Tierart. Auf der Wanderung flussabwärts Richtung Meer kommen viele Aale in Wasserkraftwerken um © Timon Polli

Kleine Wasserkraft richtet großen Schaden an

Die gute Nachricht aber lautet: Wir können uns das sparen! Zumindest den Neubau von kleinen Wasserkraftwerken. Die richten überproportional großen Schaden an. Die kleine Wasserkraft trägt weniger als ein halbes Prozent zur Stromerzeugung in Deutschland bei. Das Ausbaupotenzial für neue Anlagen ist winzig. Es liegt bei weniger als einem Promille. Können wir uns ein Promille Strom nicht sparen, zugunsten lebendiger Flüsse und wandernder Fische? Der Gesetzentwurf sieht das tatsächlich vor: Ab 2023 soll es keine EEG-Förderung für neue kleine Wasserkraftwerke mehr geben, konkret solche mit einer Leistung kleiner als 500 kW. Auch der Bundesrat hat sich gerade dafür ausgesprochen. Hoffen wir, dass diese gute Neuregelung auch im Bundestag eine Mehrheit findet.

 

Ausbaupotenzial kleine Wasserkraft Deutschland WWF Grafik
Das Potenzial der Kleinen Wasserkraft muss man mit der Lupe suchen. Ihre Förderung hat im EEG 2023 nichts zu suchen © WWF

Hier noch ein Zahlenbeispiel aus Brandenburg. Sicher, Brandenburg ist kein Wasserkraftland. Es gibt hier kaum Gefälle und nur sehr wenig Niederschlag. Aber umweltschädliche Subventionen einer falschen Förderpolitik können auch da noch viele Gewässer und ihre Fischbestände zerstören, wo sich Wasserkraftwerke wirklich nicht lohnen. Insofern ist Brandenburg ein gutes Beispiel. Außerdem ist Brandenburg mit den großen Strömen Elbe und Oder für Wanderfische nicht uninteressant. Kein Hindernis bis zur Ostsee und nur ein einziges Wehr bis zu Nordsee!

Für eine Handvoll Windräder

Aber es gibt auch in Brandenburg Strom aus Wasserkraft, ausschließlich aus kleinen Kraftwerken. Die installierte Leistung aller Wasserkraftwerke in Brandenburg zusammen beträgt 5 MW. Das entspricht etwa anderthalb modernen Windrädern. Nehmen wir mal völlig unrealistisch an, diese Leistung ließe sich durch Ausbau aller Wasserkraftpotenziale im Land um verdoppeln: Dann kämen anderthalb Windräder dazu. Im Nachbarland Mecklenburg-Vorpommern und in Schleswig-Holstein sieht es ähnlich aus, dort käme auch allenfalls eines dazu.

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Ich habe nun meinen Bekannten, den Fischökologen, gefragt, wie hoch eigentlich die Mortalität von Fischen an Windkraftanlagen ist. Er hat mir erläutert, dass die zwar noch nicht erforscht ist, sie dürfte nach seiner Einschätzung aber Richtung null gehen.

Mein Fazit lautet: Den Ausbau der kleinen Wasserkraft können wir uns sparen. Oder durch sehr wenige Windräder ersetzen.

Fische würden Windkraft kaufen.

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Nein, Bio ist nicht das Problem der Welternährung

Biologische Landwirtschaft führt zu Hunger auf der Welt? Das ist Unsinn. Was wir uns bei der Welternährung nicht leisten können ist unser Getreide zu verfüttern.

Da hat die Wirtschaftswoche aber etwas entdeckt. „Die rein biologische Landwirtschaft ist ein Luxusgut, das nur wir uns in den reichen Industrienationen leisten können“, heißt es da in einem Kommentar. Die Politik habe in Deutschland „den Bioanbau ausgeweitet, die Gentechnik verboten. Beide politischen Schritte machen uns nun angreifbar, man könnte sogar überspitzt sagen, beides tötet potenziell irgendwo auf dem Planeten Menschen.“ Und der Kommentar warnt davor, man solle nicht „in einen Ackerbau wie im 18. Jahrhundert zurückfallen, wo Hungersnöte auch unseren Kontinent plagten.“

Bio ist nicht das Problem…

Das ist polemisch, das ist falsch und sorry, auch ganz schön ahnungslos. Nicht die Biolandwirtschaft schadet der Ernährungssicherheit der Welt, sondern unser übermäßiger Fleischkonsum und die damit einhergehende Verschwendung von Getreide als Futtermittel.

…Fleisch ist das Problem

Wem also wirklich an der Welternährung gelegen ist, muss den Fleischkonsum überdenken. Über die Hälfte unseres Getreides — darunter Weizen in überwiegend sehr guter Backqualität — wird an Tiere verfüttert, anstatt Hungernde in der Welt zu ernähren. Aber das Problem sollen die elf Prozent Bioanbaufläche in Deutschland sein — wirklich?

Bio plus nachhaltige Ernährung ist ein tragfähiges Konzept. Das haben unsere eigenen Ernährungsstudien und Szenarien sehr ausführlich dargelegt. Bitte gerne mal lesen.

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Nein, Gen-Technik ist nicht die Lösung für die Welternährung

Auch der Schrei nach Gentechnik ist im Zusammenhang Welternährung hilflos. Die immer wieder gleichen lahmen Argumente dazu sind mittlerweile eigentlich nur noch einschläfernd. Der Autor des Kommentars führt das Beispiel Golden Rice an – die arme Erfindung muss immer dann herhalten, wenn nichts anderes mehr hilft. Er wurde vor über 20 Jahren bereits als Heilsbringer beworben und gefeiert. Noch immer warten wir auf diesen Oldtimer-Erfolg. Im Übrigen: Golden Rice enthält vielleicht ein wenig Vitamin A, es fehlten aber die klassischen Eigenschaften, die jede halbwegs moderne Reissorte enthält, nämlich Krankheits- und Schädlingsresistenz beziehungsweise ‑toleranz.

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Unsere konventionelle Landwirtschaft ist finanziell und sozial am Limit und ökologisch am Ende! Wer hier nach “mehr davon bitte” schreit, hat offenbar die Größe des Problems nicht verstanden! Es benötigt einen echten Wandel, den großen Wurf. Aber, hey, es ist Grillzeit, das Nackensteak für zwei Euro das Kilo wartet! Also vergesst das mit Wandel, Amazonas, dem Hunger und der Zeitenwende.

Ja, Bio kann die Welt ernähren

Leute, lasst euch nix erzählen. Die Grundsätze von Bio, im Einklang mit der Natur zu arbeiten und Tiere als Lebewesen zu verstehen, sind im Zuge der Klima- und Biodiversitätskrise genau richtig. Und ja, natürlich kann biologische Landwirtschaft die Welt ernähren. Dann, wenn wir unsere Ernährungssysteme grundsätzlich reformieren; weniger Fleisch ist ein wichtiger Baustein.

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Value Balancing Alliance: gut gemeint, nicht gut gemacht

Der Rechnungslegungsansatz der Unternehmensinitiative Value Balancing Alliance (VBA) ist eben nicht nachhaltig. Auch wenn er genau dies behauptet.

Kürzlich haben wir hier berichtet, dass Unternehmen effektive Nachhaltigkeitsberichterstattung in den Kontext der planetaren Grenzen einordnen müssen. Dafür müssen sie mindestens wissenschaftlich-fundiert und zukunftsgerichtet sein. Heute zeigen wir, dass ein weit verbreiteter Ansatz, der Ansatz der Value Balancing Alliance (VBA), nicht diesen Kriterien entspricht.

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Die VBA ist ein Netzwerk aus 23 großen Unternehmen wie etwa BASF, Deutsche Bank oder Porsche). Die VBA entwickelt aktuell einen Ansatz, den es als globalen Standard etablieren und in Gesetze überführen möchte. Ziel ist es laut eigenen Angaben, eine Methodik bereitzustellen, die den positiven und negativen Wert von Unternehmen für Gesellschaft und Umwelt misst. Damit wolle man Entscheider:innen ein Steuerungswerkzeug für mehr Nachhaltigkeit an die Hand geben.

Eine detaillierte Vorstellung des VBA ‑Ansatzes findet ihr hier.

Leider ist der VBA mangelhaft

Der Ansatz der VBA ist aber ungeeignet, um die selbst formulierten Ziele zu erreichen. Er sagt eben nicht aus, ob ein Unternehmen tatsächlich positiv oder negativ wirkt. Für uns ist ganz klar: Der VBA ist daher für die Unternehmenssteuerung nicht hilfreich.

Warum der VBA-Ansatz mangelhaft ist

  • Die planetaren Grenzen sind nicht berücksichtigt

Dem VBA-Ansatz fehlen jegliche Bezüge zu den planetaren Belastungsgrenzen der Erde. Stattdessen berechnet und normiert der VBA-Ansatz monetäre Werte für die Unternehmenswirkung in den Bereichen Umwelt, Wirtschaft und Soziales (Siehe Beispiel in Abbildung 1). Im Ergebnis wird ein Geldbetrag ausgewiesen, der beispielsweise die ausgestoßenen Treibhausgasemissionen beziffert. Dieser Wert ist kaum interpretierbar. Es bleibt vollkommen unklar, ob der Wert – und damit die dahinterstehende unternehmerische Aktivität – im Einklang mit den planetaren Grenzen oder dem 1,5‑Grad-Limit steht.

  • Der Ansatz der VBA setzt Umwelt, Wirtschaft und Soziales gleich

Darüber hinaus sendet der Ansatz der VBA die fatale Botschaft, dass negative Einflüsse etwa durch Klimazerstörung, durch positive Beiträge wie die Zahlung von Managementgehältern (Kategorie „Löhne“) oder Steuerzahlungen kompensiert werden könnten. Es werden Äpfel mit Birnen verglichen, wenn durch die Normierung eine in der Realität nicht-existierende Gleichheit von Wirtschaft, Sozialem und Umwelt hergestellt wird.

Das hat absurde Konsequenzen: Es suggeriert, dass „positive“ Beiträge und „negative“ Impacts gegeneinander verrechnet werden könnten. So könnte der Verlust von Menschenleben (wird im VBA-Ansatz mit vier Millionen US-Dollar bewertet), zum Beispiel in Folge eines Arbeitsunfalls, unternehmerischen Profiten oder Gehältern gegenübergestellt werden. Auch könnte ein Unternehmen, dessen Geschäftsmodell ausschließlich aus Kohleverstromung besteht, eine insgesamt positive Bilanz nach dem VBA-Ansatz ausweisen.

Auch wenn die VBA empfiehlt, dass ein solches Aufrechnen wegen der Gefahr von Greenwashing vermieden werden sollte, nutzen es VBA-Unternehmen in der Praxis doch in ihrer Kommunikation. Etwa wenn BASF schreibt, dass die positiven Effekte die negativen Effekte auf jeder Stufe der Wertschöpfungskette klar übersteigen.

  • VBA ist weder zukunftsgerichtet, noch wissenschaftlich basiert

Der Ansatz fährt nur mit dem Blick in den Rückspiegel. Er lässt lediglich Aussagen über die Vergangenheit zu. Weder bezieht sich die Methodik auf wissenschaftsfundierte Nachhaltigkeits-Ziele, noch auf daraus abgeleitete Transformationspfade. Damit ist unmöglich zu sagen, ob ein Unternehmen tatsächlich zukunftsfähig aufgestellt ist. Die Veränderungsfähigkeit von Unternehmen und die Frage, ob sie glaubwürdige Pläne haben, um beispielsweise auf einen 1,5‑Grad-Pfad zu kommen, werden nicht berücksichtigt.

Höchst problematisch ist zudem ein weiterer Punkt: Der Ansatz bemisst zukünftige Schäden nicht nur ohne Bezug zu planetaren Tragfähigkeiten, sondern er spricht ihnen durch die Anwendung von sogenannten Diskontraten sogar einen geringeren Wert zu als gleichwertigen Schäden in der Gegenwart. Das heißt: Kosten, die in fernen Jahrzehnten entstehen, werden nur mit einem Bruchteil ihrer tatsächlichen derzeitigen Kosten bewertet.

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Zum Beispiel wird ein heute verursachter Umweltschaden in Höhe von 500 Euro, der erst in 50 Jahren spürbar wird, nur mit knapp 90 Euro bewertet. Dabei ist davon auszugehen, dass die realen Effekte, zum Beispiel für das Klima, gleich sind. Denn schließlich verursacht eine Tonne Treibhausgase heute den gleichen Schaden wie in einem halben Jahrhundert. Somit ist der Ansatz strukturell nicht in der Lage, steuerungsrelevante Abwägungen für die Zukunft zu leisten und einen echten Veränderungsprozess einzuleiten

  • Der VBA-Ansatz ist nicht entscheidungsrelevant

Unsere heutige Art des Wirtschaftens entscheidet darüber, wie schwerwiegend die Folgen der Erderhitzung und des Biodiversitätsverlusts für zukünftige Generationen sein werden. Wir müssen viel exakter als bislang zu erfassen, welche Auswirkungen Unternehmen auf Klima und Umwelt haben. Eine Berichterstattung, die zur Steuerung von Unternehmen in Bezug auf eine nachhaltige Wirtschaft dienen soll, muss zukunftsgerichtet und wissenschaftlich basiert sein. Aus rein vergangenheitsbasierten Informationen lassen sich keine fundierten Entscheidungen ableiten. Unternehmerische Steuerung für mehr Nachhaltigkeit ist so nicht möglich.

Fazit: Der VBA-Ansatz – untauglich für mehr Nachhaltigkeit in Unternehmen!

Trotz dieser Mängel wird die Arbeit der VBA bisher unkritisch in Öffentlichkeit und Politik begleitet. Die Initiative und ihrer zentralen Akteure gestalten an relevanten Stellen sogar aktuelle europäische Gesetzgebung im Bereich des Nachhaltigkeitsreportings mit. Zum Beispiel als Mitglied des Rats für Nachhaltige Entwicklung, der EU Platform on Sustainable Finance und der G7 Impact Taskforce. Die Weiterentwicklung des Ansatzes wird zudem von der EU-Kommission gefördert. Und auch die offizielle Bewerbung Frankfurts als Sitz des International Sustainability Standards Board, das zukünftig globale Mindeststandards im Bereich der finanziellen Nachhaltigkeitsberichterstattung setzen soll, wurde von der VBA unterstützt.

Bestenfalls nutzlos

Wir müssen dringend sicherstellen, dass der nicht ausgereifte und nicht zu Ende gedachte Ansatz der VBA keinen Einzug in aktuelle oder geplante Regulierung findet. Eine gesetzliche Verankerung des VBA-Ansatzes gäbe Unternehmen ein bestenfalls nutzloses Werkzeug an die Hand, mit dem sich Unternehmen nicht-nachhaltige Geschäfte schönrechnen könnten.

So ein Standard würde keinen relevanten Beitrag zu Nachhaltigkeits- und Klimazielen leisten. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass fundierte und sachgerechte Ansätze, wie sie derzeit auf europäischer und internationaler Ebene entwickelt werden – zum Beispiel von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) — behindert oder verwässert werden. Anspruch muss es sein, bei der Integration von ESG-Faktoren in die Rechnungslegung eine zukunftsgerichtete Steuerungsfähigkeit zu etablieren.

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