Richtig oder falsch: Fakten zur Klimakrise in Deutschland

Der Klimawandel ist real. So real und drängend, dass wir vom WWF und andere Umweltverbände und Parteien (zum Beispiel Bündnis 90/Die Grünen) inzwischen nur noch von Klimakrise sprechen, um die Dringlichkeit des Handelns auch verbal zu verdeutlichen. Trotz überwältigender wissenschaftlicher Belege gibt es aber vor allem in Deutschland nach wie vor Stimmen, die die Existenz der menschengemachten Klimakrise anzweifeln. Oder betonen, dass sich die Wissenschaft angeblich nicht einig sei. In Umfragen sind das bis zu 15 Prozent der Befragten. Das ist – obwohl nicht die Mehrheit – trotzdem ein signifikanter Anteil. Mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen, ist deshalb wichtiger denn je.

Die Energiewende-Kooperation zwischen WWF und LichtBlick setzt deshalb in diesem Jahr einen Schwerpunkt auf die Klimakrise in Deutschland. Wir schauen uns an, welche Auswirkungen bereits deutlich spürbar sind: in den Alpen, an der Ost- und Nordsee oder in den Städten. Und wir zeigen, was schon passiert – wie wir der Klimakrise entgegen treten können.

Dafür haben wir im Rahmen der diesjährigen „Republica“ den Besuchern fünf Fragen gestellt und anschließend mit ihnen diskutiert. Diese Fragen stellen wir nun auch hier im Blog vor.

Frage: In den Alpen und in der Nord- und Ostsee hat sich die Durchschnittstemperatur bereits um fast zwei Grad erhöht?

Richtig: Das Klima hat sich in erdgeschichtlichen Zeiträumen häufig stark gewandelt. Nach einer starken Abkühlung wechseln seit nunmehr zwei bis drei Millionen Jahren Eiszeiten und Warmzeiten einander ab. Blicken wir nur auf die letzten Jahrhunderte, so stellen wir fest, dass mit Beginn der Industrialisierung die Menschen begonnen haben, das Klima auf der Erde zusätzlich spürbar zu beeinflussen. Insbesondere durch unsere Lebensweise mit hohem Energieverbrauch geben wir immer mehr Treibhausgase in die Luft ab. Die dadurch steigenden Konzentrationen der Treibhausgase in der Atmosphäre verursachen einen zusätzlichen, den so genannten anthropogenen Treibhauseffekt. Dieser ruft eine Veränderung des Klimas hervor – das Klima erwärmt sich.

Was sich für Badegäste nach einer angenehmen Entwicklung anhört, hat kaum abzusehende Folgen für die Umwelt. Die Oberflächentemperatur der Nord- und Ostsee ist seit Ende der 1960er Jahre signifikant gestiegen, der weltweite Anstieg der Meeresspiegel ist nachweislich an den Pegeln in Nord- und Ostsee ablesbar.

Frage: Immer mehr Zugvögel verlassen ihre Brutgebiete in Nordeuropa nicht mehr und werden ganzjährig heimisch?

Ändern sich durch den Klimawandel auch die Verhaltensweisen der Zugvögel? © eurotravel / getty images © eurotravel / getty images
Ändern sich durch den Klimawandel auch die Verhaltensweisen der Zugvögel? © eurotravel / getty images

Richtig: In 50 bis 100 Jahren könnte es wegen des Klimawandels in Mitteleuropa keinen Vogelzug mehr geben. Schon jetzt lasse sich unter Vögeln die Tendenz ablesen, im Winter einfach dazubleiben. Wenn die Winter weiter so mild blieben und damit das Insektenangebot sich vergrößere, könnten bald noch mehr Arten als jetzt hierbleiben und durch die Selektion begünstigt werden. Schon jetzt lässt sich dieser Trend nachweisen. Amseln beispielsweise verließen noch vor etwa 200 Jahren im Winter Deutschland, um in Richtung Süden zu fliegen. Etwa 150 Jahre später waren es nur noch die Hälfte, die andere verbrachte den Winter hierzulande bei uns. Heutzutage gibt es Regionen, in denen die Amseln das ganze Jahr über heimisch sind wie beispielsweise im Bonner Raum.

Frage: Schon im kommenden Jahr wird es in den meisten Mittelgebirgen in Deutschland keinen Schnee mehr geben.

Wird es aufgrund des Klimawandels bald keinen Schnee mehr auf den Alpen geben? © Anton Vorauer
Wird es aufgrund des Klimawandels bald keinen Schnee mehr auf den Alpen geben? © Anton Vorauer

Falsch: Seit Mitte des vergangenen Jahrhunderts nehmen auf der gesamten Nordhalbkugel Schneefälle, das Ausmaß der Schneedecke und die Dauer der Schneesaison ab. Jedes Jahrzehnt wird das Ausmaß der Schneedecke auf der Nordhalbkugel im Zeitraum März-April um ein bis zwei Prozent kleiner, alle zehn Jahre wird die Schneesaison um mehr als fünf Tage kürzer. Je südlicher die Region, desto stärker fallen die Veränderungen aus: Die KLIWA-Studie des Bayerischen Landesamts für Umwelt zeigt, dass sich in Bayern allein von 1950 bis 1995 die Schneedeckendauer in niederen Lagen wie der Rhön um bis zu vierzig Prozent verkürzt hat, in mittleren Lagen um zehn bis zwanzig Prozent.

Insgesamt wird der Schneefall also weiter zurückgehen, aber nicht so schnell, dass es in den nächsten Jahren gar keinen Schnee mehr auf den Alpen geben wird.

Frage: Die Weinbauern in Deutschland müssen ihre Sorten umstellen, bald ist Weinanbau auch an der Nordsee möglich?

Hat der Klimwandel sogar Konsequenzen für den Weinanbau in Deutschland? © Bernward Bertram
Hat der Klimwandel sogar Konsequenzen für den Weinanbau in Deutschland? © Bernward Bertram

Richtig: In den Weinbaugebieten Südwestdeutschland nahmen die Temperaturen zwischen 1951 und 2000 je nach Region zwischen 0,7 und 1,4 °C zu. Das liegt deutlich über dem globalen Mittel. Damit einher ging ein Rückgang der Frosttage um 22 Tage pro Jahr. Die Zahl der Sommertage hat hingegen um 15 Tage pro Jahr zugenommen. Auch die Zahl der Spätfröste, die bei Beginn des Austriebs gefährlich sein können, ist zurückgegangen und wird weiterhin abnehmen. Da gleichzeitig aber auch der Austrieb vorverlegt wird, bleibt das Risiko durch Spätfröste weitgehend erhalten. Zu hohe Temperaturen von über 35 °C, die das Wachstum hemmen
können, waren bisher nur selten zu beobachten, so im Sommer 2003, und werden auch in Zukunft auf seltene Einzelereignisse beschränkt sein. Insgesamt kann von einer „Tendenz zur Verbesserung der Wachstumsbedingungen“ gesprochen werden. Die Niederschläge zeigen eine deutliche Erhöhung im Winter um 15,7 %, während sie im Sommer um 17,6 % zurückgingen. Es gibt sogar bereits Pläne, künftig an der Nordsee Wein anzubauen.

Frage: Klimawandel merkt man auch in den Städten z.B. durch Starkregen oder längere Hitzeperioden im Sommer?

© fotojog / getty images
© fotojog / getty images

Richtig: Hitzewellen sind Extremwettererscheinungen, die die Gesundheit belasten können. Besonders in Innenstädten und Ballungsräumen wirken sie sich gesundheitsgefährdend auf Säuglinge, Kleinkinder und ältere, pflegebedürftige Menschen aus. Es wird auch erwartet, dass sich Stürme und Orkane sowie Hochwasser und Überschwemmungen auf die Gesundheit auswirken werden, sei es durch direkte Schädigung oder durch psychische Belastungen. In der Qualität und Quantität beeinträchtigtes Trinkwasser wirkt sich indirekt auf die Gesundheit aus.

Auf der Basis aktueller Klimamodellierungen erscheint es als relativ wahrscheinlich, dass der Trend der bisherigen Klimaerwärmung auch zukünftig zu einem weiteren Anstieg der Jahresmitteltemperatur sowie zu einer steigenden Anzahl heißer Tage im Sommer führen kann. Das heißt mit einem Tagestemperaturmaximum von über 30°C und zu länger anhaltenden Hitzeperioden. Zuverlässige Aussagen über deren Auftreten, Ausprägung und Vorhersagbarkeit sind jedoch nicht möglich.

Der Klimawandel ist echt und menschengemacht. Es wird Zeit, endlich zu handeln. 

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Arktisschmelze: Noch schlimmer, als wir dachten

Ich kann mich noch gut daran erinnern, welche Wellen der erste IPCC-Report schlug. Darin stellten im Jahr 1990 die führenden Klimaforscher und -forscherinnen dar, wie sich die Klimaerwärmung fortsetzen wird, wenn wir nicht handeln. Ursprünglich gab es mehrere Szenarien, vom schlimmsten bis zum besten Fall. Im Bericht wurden jedoch nur die “konservativen” Zahlen verwendet, um möglichst wenig zu Dramatisieren. Wenn ich mir aktuell anschaue, wie schnell die Arktisschmelze voranschreitet, weiß ich, es wird noch schlimmer kommen, als wir im schlimmsten Fall angenommen hatten.

Der April gehört normalerweise zu den Eismonaten in der amerikanischen Bering Straße. Die Eisdecke schmilzt und schrumpft erst im Mai. In diesem Jahr geht alles um einiges schneller als in den Jahren zuvor. Um das zu erkennen, muss man keine Expertin sein. Die Bilder sind so deutlich. Ursprünglich hieß es im IPCC-Report, dass die arktischen Sommer im Jahr 2050 eisfrei bleiben würden. Aktuell sehen wir, dass es wohl schon in wenigen Jahren soweit sein wird. Ob 2022 oder doch erst 2025 wird sich noch zeigen.

Wärmeglocke über der Arktis

Klimatische Prozesse vorherzusagen, gehört zu den schwierigsten wissenschaftlichen Aufgaben. Wenn wir aber unsere Beobachtungen zusammenfügen, ergibt sich ein durchaus beängstigendes Bild. Die Wassertemperatur steigt in den Sommermonaten und scheint sich auch nur noch wenig abzukühlen. Diese latente Wärme bewirkt, dass das Eis viel später als zuvor zufriert. Das Wasser wirkt wie ein Wärmespeicher.

Gleichzeitig verändert sich der polare Jetstream und trägt die kalte Luft nach Süden. Über der Arktis bildet sich eine Wärmeglocke, die langfristig den Erwärmungsprozess weiter befeuert. Diesen Winter gab es bei uns in Deutschland arktische Temperaturen, während in der Arktis das Thermometer um den Gefrierpunkt lag – verkehrte Welt.

Wir werden mindestens ein Drittel aller Eisbären verlieren

Daran wollen wir uns nicht gewöhnen müssen. Für die Eisbären bedeutet die Entwicklung nichts Gutes. Wir könnten bis 2050 mindestens ein Drittel der Bestände verlieren. Um das zu verhindern, müssen wir die Erderhitzung auf maximal 2° Celsius beschränken. Und darauf hat sich die Staatengemeinschaft in Paris auch verpflichtet. Und Worten müssen Taten folgen. Zum Beispiel in Deutschland: Die Bundesregierung kann, wenn sie entsprechende Sofortmaßnahmen ergreift und den Kohleausstieg ambitioniert angeht, die Klimaziele für 2020 noch erreichen. Das wäre auch ein starkes Signal in die Welt.

Wenn die Bundesregierung nicht bald tätig wird, dann droht den Eisbären ein ähnliches Schicksal wie den Tigern. Sie werden auf eine niedrige Zahl dezimiert werden und lediglich mit großem Aufwand kann die Art in Zukunft vor dem Aussterben bewahrt werden, denn der ursprüngliche Lebensraum wird sich unweigerlich verändern.

Neue Nahrungskonkurrenten für Eisbären

Schon heute sehen wir diese Veränderungen. Neue Arten dringen in die Arktis, zum Beispiel die Orcas. Diese Raubtiere werden zunehmend zur Nahrungskonkurrenz für die Eisbären werden. Das wird den Druck auf diese weiterhin erhöhen.

Unterzeichnet unsere Petition:

Das klingt alles sehr dramatisch – aber es entspricht nun einmal der Realität. Wir wissen, was passiert. Wir wissen, dass wir Menschen unsere eigene Lebensgrundlage und die anderer Lebewesen zerstören. Es ist an der Zeit, endlich zu handeln.

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