2015 war ein großes Jahr. Gerade für mich. Ich wurde volljährig, habe mein Abi gemacht und bin in die weite Welt gereist. Good memories. Ach ja, und das Pariser Abkommen. Da war ja was. Ja, das Jahr 2015 markierte nicht nur einen großen Meilenstein im internationalen Klimaschutz. Mit der internationalen Vereinbarung, die Erderhitzung auf 2, wenn möglich eher 1,5 Grad zu begrenzen, setzte die internationale Staatengemeinschaft das Signal, dass sie verstanden hatte: Wir alle müssen die Erderhitzung schnell eindämmen, wenn wir nicht unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstören wollen.
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In genau diesem Jahr, 2015, veröffentlichte der WWF gemeinsam mit LichtBlick einen Bericht zu den Megatrends der globalen Energiewende nahm – passend zur Klimakonferenz in Paris.
Mittlerweile sind wir im Jahr 2022 und es hat sich (nicht nur bei mir) einiges getan. Deswegen haben wir uns die Energiewende noch einmal angeschaut: Was ist aus den Megatrends von damals geworden? Welche haben sich verstärkt, wo gab es neue Dynamiken?
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Unser neuer Bericht zeigt, wie sich die alten Trends entwickelt haben und welche neuen Tendenzen es gibt. Hier kommen die neuen sieben Megatrends der globalen Energiewende:
1. Das Ende der fossilen Ära ist unausweichlich
Ein alter Trend, der sich seit 2015 deutlich verstärkt hat: Die Zeit der fossilen Energien ist vorbei. Auf der COP26 in Glasgow haben sich die Vertragsstaaten klar zum 1,5‑Grad-Pfad bekannt. Um diese Begrenzung der Erderhitzung zu erreichen, muss ein Großteil der fossilen Brennstoffvorräte im Boden bleiben und kann nicht mehr zur Energiegewinnung genutzt werden. Das wurde dieses Jahr auch im Abschlusstext der Klimakonferenz in Glasgow deutlich. Denn auch wenn die Formulierung in letzter Sekunde von einem “phase-out” (Ausstieg) aus der Kohle zu einem “phase-down (Abbau) geändert wurde, war das Signal da: Wir kommen dem Ende der fossilen Energien immer näher.
2. Die Zukunft ist Gegenwart – fast überall
Vor sieben Jahren hieß es in unserer Studie noch “Die Energiezukunft hat schon begonnen” – jetzt schreiben unsere Autoren Gerd Rosenkranz und Jürgen Quentin, dass die Energiezukunft bereits Gegenwart ist. Der Grund? Erneuerbare Energien sind schon jetzt fast überall auf der Welt die günstigsten Energiequellen und in immer mehr Ländern wird der Ausstoß von CO2 bepreist. Das hat zur Folge, dass Erneuerbare Energien mittlerweile wettbewerbsfähiger sind als die fossilen Energien und ihr Anteil an der Energieversorgung weltweit ansteigt. 2020 beispielsweise waren über 80 Prozent der neu installierten Erzeugungsleistung erneuerbar.
3. Die Energiezukunft ist erneuerbar – und unumkehrbar
Noch ein Trend, der sich verstärkt hat: Schon 2015 sanken die Kosten für erneuerbare Energien deutlich. Diese Entwicklung hat sich fortgesetzt, sodass Solar- und Windenergie heute einen klaren Preisvorteil vor Kohle- und Atomstrom haben. Zusätzlich werden die Kosten von fossilen Energien in Zukunft durch wachsende CO2-Preise weiter ansteigen. Atomstrom wiederum ist nicht nur teurer als erneuerbarer Strom – sondern geht auch noch mit großen sicherheitstechnischen Bedenken einher. Deswegen ist heute klar, dass erneuerbare Energien das Mittel der Wahl für das Erreichen von Klimaneutralität in diesem Jahrhundert sind.
4. Die Zukunft ist dezentral — und gerechter?
2015 war bereits vorhersehbar, dass Energie in Zukunft dezentralisiert wird: Wir werden unabhängig von Großkraftwerken und fossilen oder nuklearen Energiequellen. Stattdessen wird es ein komplexes Netz aus einerseits Millionen von kleinen, andererseits aber auch einigen großen, Erzeugern geben, die Strom ins Netz einspeisen. Diese Dezentralisierung des Energiesystems ist gleichzeitig eine Möglichkeit für mehr Verteilungsgerechtigkeit. Denn viele Staaten, die im bisherigen Energiesystem eher benachteiligt waren, verfügen über große Potenziale für Photovoltaik und Windkraft. Beispielsweise verfügen viele Länder Afrikas über optimale Bedingungen für Solarenergie. Deutschland hat nun die Chance, durch die Unterstützung des Aufbaus einer klimafreundlichen Infrastruktur im Globalen Süden, zur globalen Klimagerechtigkeit beizutragen.
5. Die Energiewende ist elektrisch
Ein neuer Megatrend, der die bisherigen aus 2015 ergänzt ist die Fokussierung der Energiewende auf Strom. Denn wenn Strom mit erneuerbaren Energien hergestellt wird, kann er zur Dekarbonisierung von Sektoren beitragen. Bereiche wie die Industrie, die Wärmeproduktion und der Verkehr beruhen dann nicht mehr auf dem Ausstoß von Kohlenstoffdioxid – sondern auf grünem Strom. Dafür wiederum braucht es eine Sektorenkopplung, also die Vernetzung von Wärme‑, Strom‑, Verkehrs- und weiteren Systemen. Zusätzlich wird es in Zukunft Effizienzsteigerungen geben, die es ermöglichen werden, den produzierten Strom außerdem auch effektiver zu nutzen als bisher.
6. Energiewende braucht Wasserstoff – für „besondere Aufgaben“
Ein weiterer neuer Megatrend ist die gestiegene Klarheit über die Nutzung von Wasserstoff bei der Energiewende. Denn Wasserstoff wird dringend für 1) die Dekarboniserung von Industriebranchen wie der Zement- und Stahlindustrie benötigt, sowie 2) in nicht oder kaum elektrifizierbaren Mobilitätssegmenten wie dem Flug- oder Schiffsverkehr und 3) als Energiespeicher, sogenannte Back-Up-Systeme. Gleichzeitig ist die Produktion von Wasserstoff aber sehr energieintensiv. Deswegen ist wichtig, dass Wasserstoff nur gezielt dort eingesetzt wird, wo es keine alternativen elektrischen Lösungen gibt. Außerdem muss der produzierte Wasserstoff für die Energiewende „grün“ sein, also ausschließlich mit erneuerbaren Energien produziert worden sein.
7. Ohne Digitalisierung keine Energiewende und keine Dekarbonisierung
Der letzte Megatrend der Energiewende hat sich ebenfalls schon 2015 angekündigt und seitdem verstärkt: die Digitalisierung. Verstärkt durch den Einfluss der Corona-Pandemie, arbeiten, lernen, kommunizieren und spielen wir bereits heute digital – klar, dass das auch an der Energiewende nicht vorüber geht. Um Energieangebot und ‑bedarf optimal zusammenzubringen, brauchen wir in Zukunft ein smartes Energiesystem. Denn künstliche Intelligenz birgt die Chance unsere Energieversorgung langfristig sicherer und kostengünstiger zu machen.
Fazit?
Der Bericht zu den Megatrends der Energiewende macht ganz klar: Die Energiewende ist unumkehrbar. Energie aus Wind und Sonne sind weltweit auf dem Vormarsch und die Zeit von fossilen Brennstoffen – aber auch von Atomenergie – geht zu Ende. Trotzdem reicht das Tempo beim Ausbau von erneuerbaren Energien weltweit noch nicht aus: Denn die Zeit drängt, die Erde erhitzt sich und jedes Zehntelgrad zählt. Für Deutschland kommt es darauf an, nicht den Anschluss an die globale Energiewende zu verlieren. Es muss sicherstellen, die von der Bundesregierung gestellten Ziele zu erreichen, nach denen bis 2030 80 Prozent des deutschen Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen soll. Um dies zu erreichen, musss die Bundesregierung Genehmigungsverfahren vereinfachen, die Ausbauziele für Wind und Sonnenstrom deutlich erhöhen und auf internationaler Ebene den Klimaschutz und den Ausbau von erneuerbaren Energien schneller voranbringen.
Der Beitrag Sieben Megatrends der Energiewende, Remix 2022 erschien zuerst auf WWF Blog.