Die Atomkraft gehört der Vergangenheit an. Ende 2022 gehen in Deutschland die letzten drei Kernkraftwerke vom Netz. Eigentlich sollte damit zumindest hierzulande ein Kapitel eines energiepolitischen Irrweges enden. Eigentlich.
Doch mit dem Krieg in der Ukraine und dem Streit ums russische Gas mehren sich die Stimmen, die den nuklearen Zombie auch hierzulande wieder zum Leben erwecken wollen. Ihr Argument: Warum nicht das russische Gas durch scheinbar CO2 arme Kernkraftwerke ersetzen? Auf ein paar Jahre länger komme es schließlich nun auch nicht mehr an …
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Das mag auf den ersten Blick wie ein pragmarischer Ansatz wirken. Es hält allerdings einer genaueren Überprüfung nicht stand. Das Öko-Institut hat die energiepolitische Situation genauer unter die Lupe genommen und kommt zu dem klaren Urteil, dass eine Laufzeitverlängerung uns nicht aus der fossilen Falle befreien kann.
Die Gründe sind vielschichtig — und ganz praktisch
Ich will sie mal stichpunktartig zusammenfassen:
Anders als Atommeiler, die bekanntlich Strom produzieren, werden rund 80 Prozent des aus Russland importierten Gases für die Wärmeversorgung eingesetzt. Auch Kraft-Wärme-Kopplung, also die gleichzeitige Nutzung von Strom und Wärme, ist mit den nuklearen Großanlagen nicht möglich.
Blieben noch 20 Prozent der Gasimporte für die Stromproduktion, die sich durch Atommeiler theoretisch ersetzen ließen. Doch auch diese Alternative existiert nur auf dem Papier. Denn das Gas wird vor allem in Anlagen genutzt, die nicht permanent laufen. Gaskraftwerke springen flexibel ein, wenn der Wind nicht weht oder die Sonne nicht scheint und gleichen mögliche Stromlücken kurzfristig aus. Kernkraftwerke können das nicht. Sie lassen sich nicht mal eben hoch und runterfahren und sind deshalb als Lückenfüller ungeeignet. Je höher der Anteil an Erneuerbaren Energien im Netz ist, desto wichtiger ist jedoch die Regelbarkeit der einzelnen Stromerzeuger. Es braucht mehr sogenannte „Flexibilitäten“ – also Abnehmer, wenn besonders viel Strom aus erneuerbaren Quellen angeboten wird, sowie Speicher, die flexibel Strom in das Netz einspeisen, wenn nur wenig Wind oder Sonne zur Verfügung stehen. Auch deshalb sind Atomkraftwerke völlig aus der Zeit gefallen.
Selbst wenn man Sicherheitsaspekte, Haftungsrisiken, mangelnde Ersatzteile, fehlendes Fachpersonal und rechtliche Fragen ausklammert: ein Weiterbetrieb der Reaktoren scheitert schon an fehlenden Brennelementen. Die reichen noch bis zum 31.12.2022. Die Neubeschaffung dauert rund zwei Jahre. Und wäre sehr teuer. Darüber hinaus sei an dieser Stelle angemerkt, dass wir nicht nur Gas und Öl aus Russland importieren, sondern auch Uran.
Kurzum: Das Aus der Kernkraftnutzung in Deutschland ist absehbar. Und das ist auch gut so. Putins Krieg wird daran nichts ändern.
Deutschland sitzt in der Falle der fossilen Abhängigkeit. Verdeutlicht nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Wie kommen wir da raus?
Gas, Öl, Kohle und Uran – hier sind Deutschland und die Europäische Union von Russland abhängig. Die EU überweist Tag für Tag bis zu einer Milliarde Euro an Gazprom, Rosneft und Co. Und finanziert so indirekt die russischen Devisenkassen. Also einfach nicht mehr in Russland kaufen? So einfach ist es mal wieder nicht.
Deutschland könnte bis 2027 auf nahezu alle russischen Importe und damit auf bis zu ein Fünftel der Gasimporte generell verzichten, schätzt die Denkfabrik Agora Energiewende. Dazu sind aber weitreichende Maßnahmen nötig.
Was schnell hilft: Sparen!
Es ist ganz klar: ein Bereich mit sehr großem Potential wurde viele Jahre lang brachliegen gelassen: die Energieeffizienz beziehungsweise die gesamtwirtschaftliche Effizienz. Zu Deutsch: das Einsparen. Das müssen wir jetzt als erstes machen. Jede nicht verfeuerte Kilowattstunde an fossiler Energie entlastet die Energieversorgung im kommenden Winter.
Der größte Teil des deutschen Erdgasverbrauchs geht in unsere Heizungen. Diese hängen zu oft noch an den Wänden ungedämmter Häuser unter zugigen Fenstern. Für kurzfristig wirksame Ergebnisse bräuchte es Verhaltensänderungen bei Verbrauchern, Gewerbe und Industrie. Die Absenkung der Raumtemperatur brächte, wenn flächendeckend durchgeführt hohe Ersparnisse.
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Dazu könnten gasabhängige Industrieprozesse zurückgefahren werden. Eine jetzt mit Nachdruck gestartete Sanierungsoffensive für die Bausubstanz und ein schnelles Tauschprogramm fossiler Heizungen gegen Wärmepumpen würde hier mittelfristig helfen. Schon bis zum nächsten Winter.
Wie beim Heizen sparen?
Die Elektrifizierung von Heizungen und Autos ist langfristig der Schlüssel zur Halbierung des gesamten Energieverbrauchs. Elektrische Anwendungen sind deutlich sparsamer als die Verbrennung von Gas und Öl in Heizkesseln und Motoren. Dafür braucht es aber mehr erneuerbaren Strom.
Was mittelfristig hilft: Endlich Erneuerbare Ausbauen!
Auch die bisher hartnäckigsten Gegner der Energiewende in der Bundesregierung haben in der Konsequenz des Ukrainekrieges erkannt. Sonne, Wind und Wasserkraft sind eben „Freiheitsenergien“, die rasant ausgebaut werden müssen. Die Erkenntnis ist genauso überfällig wie richtig. Sie wird uns aber nicht in wenigen Monaten unabhängig von fossiler Energie machen.
Hier rächt sich, dass die Vorgängerregierungen durch das Festhalten an fossilen Energieträgern die Energiewende ausgebremst, den Zusammenbruch der deutschen Solarindustrie nicht verhindert haben und bei der Windkraft aufgrund seit Jahren Flaute herrscht. Bis also die „Freiheitsenergien“ Deutschland komplett versorgen können, werden also noch einige Jahre ins Land gehen.
Schneller als beim Gas könnte es beim Öl gehen
Hier könnten mittelfristig eine Reihe anderer OPEC Länder von Saudi-Arabien bis Venezuela einspringen. Darüber hinaus stehen eine Reihe von verkehrspolitischen Maßnahmen bereit, die sofort wirken. Von Tempolimit zu autofreien Wochenenden oder die Verlängerung der Home-Office Pflicht. Mittelfristig gilt es die Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr auf Busse und Bahnen ebenso wie die Elektrifizierung des Sektors schneller als bisher voranzutreiben.
Was nicht hilft: Tankrabatt
Angesichts der steigenden Energiepreise wird nicht nur in Deutschland über eine Entlastung der Verbraucher:innen debattiert. Ausgerechnet der liberale Finanzminister Christian Lindner brachte einen staatlichen Tankrabatt ins Spiel. Das wäre sozusagen die erneute Subventionierung von „Unfreiheitsenergien“. Dies freut zwar die Autofahrer, bedeutet aber vor allem das Festhalten an fossilen Abhängigkeiten und Ankurbeln des Verbrauchs. Den es eigentlich zu reduzieren gilt.
Eine gezieltere und sozial gerechtere Entlastung könnte beispielsweise über Pro-Kopf-Rückerstattungen in Form von Klima- und Mobilitätsgeldern erfolgen — ergänzt um eine Zusatzprämie, die sich an der Höhe der Einsparmaßnahmen orientiert.
Gesunde Böden sind das Kapital unserer Landwirtschaft. Investitionen in gesunde Böden sind folglich Investitionen in die Zukunft. Oft fehlt es jedoch an speziell zugeschnittenen Finanzierungsmöglichkeiten für eine Umstellung auf nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken, die auch unsere Böden schonen und deren Fruchtbarkeit wiederherstellen und verbessern. Außerdem boomt der (Finanz-)Markt für die Kohlenstoff-Senke Böden. Das wird als Finanzierungsquelle hochgelobt. Nur zum Teil zu Recht.
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Gesunde Böden helfen bei der Anpassung in der Klimakrise
Böden sind eine wichtige Kohlenstoffsenke. Sie regeln und säubern das Wasser, sind die Heimat von einer Vielzahl an Lebewesen, sind wichtig für unsere Nährstoffkreisläufe und die Grundlage gesunder Lebensmittel. Trotzdem nimmt weltweit die Fläche an gesunden und fruchtbaren Böden ab. Und das seit Jahren. Dreiviertel aller Böden weltweit gelten bereits als degradiert. Und wir müssen immer mehr Menschen weltweit ernähren. Wie soll das gehen?
Die Wiederherstellung gesunder und fruchtbarer Böden ist dafür ein dreifacher Gewinn:
Sie steigert die Produktivität der Böden und fördert damit die Ernährungssicherheit.
Besserer Boden ist widerstandsfähiger gegenüber der Klimakrise.
Höhere Bodenfruchtbarkeit bedeutet eben auch mehr organischen Kohlenstoffs darin. Ergo: Gesunder Boden ist auch eine bessere Kohlenstoffsenke.
Kohlenstoffmarkt als Instrument
Die Landwirtschaft steht unter hohem Druck, sich an die klimatischen Veränderungen anzupassen. Auch in Deutschland. Insbesondere kleine Betriebe fallen häufig durch das Raster. Und das, obwohl diese Kleinerzeuger weltweit ein Drittel unserer Lebensmittel produzieren. Und dies auf einem Zehntel der landwirtschaftlichen Nutzfläche.
Böden sind nicht die Lösung, aber ein Instrument gegen die Klimakrise
Das Potential als Kohlenstoffsenke wird aber überschätzt. Böden sind nicht die Lösung der Klimakrise, aber eine der vielen notwendigen Maßnahmen ihrer Eindämmung. Eine Kompensation durch Kohlenstoffzertifikate könnte aber die notwendigen, unabhängigen Bemühungen in anderen Sektoren um eine Reduzierung der CO2 ‑Emissionen untergraben. Der Agrarsektor braucht einen Wandel, keine eindimensionalen Lösungen. Sondern eine Änderung hin zu einem holistischen Bodenmanagements. Klimazertifikate kompensieren nicht einen politischen Rahmen wie die gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP), die Bemühungen um öffentliche Umweltgüter fördert.
Chancen, um diese Konzepte in die Breite zu skalieren, könnte der Finanzsektor bieten. Die allgemeine Risikoperspektive im Finanzsektor hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Nachhaltigkeit ist mittlerweile systemrelevant. Investitionsmöglichkeiten mit einem Positive Impact stehen hoch im Kurs. Die Aufnahme von Kohlenstoff ist damit auch ein wichtiger Aspekt für Finanzierungsmechanismen.
Das Interesse an Böden steigt
Zusammenfassend kann ich also sagen: Gesunden Böden und deren vielseitiger Mehrwert stehen mehr und mehr im Rampenlicht. Und das ist gut so. Wenn nun Politik und Finanzmarkt Hand-in-Hand die wichtige Arbeit der Landwirtschaft zur Pflege und Wiederherstellung zielgerichteter entlohnen, bleiben die Böden weiterhin die Grundlage unseres Lebens.
Die Europäische Kommission hat heute fossiles Gas und Atomkraft im Rahmen der EU-Taxonomie als nachhaltig eingestuft. Das ist aus mehreren Gründen fatal. Mitgliedsstaaten und EU-Parlament müssen jetzt handeln.
Diese Einstufung führt zu einem Standard, der deutlich hinter schon bestehenden Standards für grüne Investitionen zurückbleibt. Der Vorschlag ignoriert, dass Gas enorme Emissionen verursacht und Atomkraft eine Risikotechnologie ist, für deren hochradioaktiven Abfall es keine Entsorgung gibt.
Jetzt drohen Milliarden Euro in diese schädlichen Technologien zu fließen. Erst Ende Januar hatte die wissenschaftliche Expertengruppe der Europäischen Kommission den Entwurf der Kommission kritisiert. Er stehe „nicht im Einklang mit der Taxonomie-Verordnung“ und berge die „ernste Gefahr, den nachhaltigen Taxonomie-Rahmen zu untergraben“.
Mit dem Kommissionsvorschlag sollen die Details der EU-Taxonomie-Verordnung präzisiert werden, deren Artikel 19 vorschreibt, dass die Kriterien auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, keine Sonderbehandlung für bestimmte Technologien vorsehen und leicht überprüfbar sein müssen. Die neuen Kriterien für Gas und Atom verstoßen jedoch gegen jede dieser Anforderungen.
Wir fordern: Die Bundesregierung im Rat und das Europäische Parlament müssen diese Entscheidung der EU-Kommission ablehnen.
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Der heutige Rechtsakt spaltet den Finanzmarkt und bremst die notwendige Transformation – entgegen dem Ziel der Taxonomie, die Ansätze der Märkte zu vereinheitlichen. Einer grüngewaschenen Taxonomie mit Atomkraft und Erdgas wird der Finanzmarkt nicht vertrauen. Klare, einheitliche und wissenschaftlich fundierte Kriterien sollten eigentlich mehr Kapital für den nachhaltigen Umbau mobilisieren.
Fatales Signal für grüne Finanzen
Den glaubwürdigen Kompass für den Finanzmarkt hat die EU-Kommission über Bord geworfen. Mit dieser Taxonomie verspielt die EU ihre Führungsrolle im Bereich der grünen Finanzen — und sendet weltweit ein völlig fatales Signal.
Ein bisschen ist es so, als wäre man bereits in der Zukunft angekommen und der Kohleausstieg schon längst abgeschlossen: im Kohlekraftwerk Moorburg im Süden von Hamburg. Wenn man sich dem Kraftwerk nähert, dann hört und sieht man vor allem: nichts. Es ist ruhig, kein Rauch , der aus Schornsteinen aufsteigt, nur ein paar Vögel und ab und an ein einsames Auto, das vorbeifährt.
Zehn Jahre gebaut, fünf Jahre in Betrieb, viele Jahre Abbruch
Denn das „Heizkraftwerk Moorburg“, wie es korrekt heißt, wurde im Sommer 2020 endgültig stillgelegt. Ein Steinkohlekraftwerk, das fast zehn Jahre gebaut wurde und nur etwa fünf Jahre Strom produziert hat – bevor es jetzt (ebenfalls über Jahre) abgerissen wird. Alles in allem ein ökologisches und finanzielles Desaster. Aber was können wir aus Moorburg lernen?
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Die Geschichte des Kraftwerks Moorburg
Um die Problematik des Heizkraftwerks in Hamburg besser zu verstehen, muss man bei seiner Historie anfangen. Anfang des Jahrtausends begann Vattenfall bereits das neue Kraftwerk im Hamburger Süden zu planen. Die CDU-geführte Hamburger Regierung befürwortete damals den Bau. Sie regte an, den Umfang des Kraftwerks zu verdoppeln und es als Fernwärmekraftwerk zu nutzen. Dann könne man es an Hamburgs umfangreiches Fernwärmenetz anschließen und das veraltete Heizkraftwerk Wedel ersetzen.
Es sollte allerdings anders kommen: Zwar wurde das Kraftwerk – so wie angeregt – doppelt so groß wie ursprünglich geplant. Bei voller Auslastung konnte Moorburg etwa elf Terrawattstunden Strom pro Jahr liefern. Allerdings wurde das Kraftwerk nie an das Fernwärmenetz angeschlossen. Und konnte so auch nie das überholte Wedeler Heizkraftwerk ersetzen. 15 Jahre nach Beginn der Planung ist Moorburg vom Netz genommen. Wedel produziert immer noch Strom und Wärme. Und jede Menge CO2.
Wie konnte es zu der politischen Entscheidung zum Baus von Moorburg kommen?
Die Planung des Hamburger Kohlekraftwerks begann um das Jahr 2004. Richtig, 2004. Wir sprechen also von einer Zeit, die noch gar nicht so lange her ist. Einer Zeit, in der die Klimakrise bereits wissenschaftlicher Konsens war. Um nur einige Beispiele zu nennen: 1988 wurde der Weltklimarat ins Leben gerufen und warnt seitdem Jahr für Jahr eindringlicher vor der Erderhitzung. Bereits 1992 diskutierten Regierungen alternative Energiequellen zur Kohleenergie auf der Rio Konferenz der Vereinten Nationen. 2005 wurde das Kyoto Protokoll verabschiedet. Tja, und 2007 begann der Bau des neuen Kohlekraftwerks Moorburg.
Die Entscheidung Vattenfalls und des Hamburger Senats passt sowohl aus heutiger als auch aus damaliger Sicht nicht zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und Empfehlungen. Eberhard Brandes, der Geschäftsführer des WWF Deutschland, sagte schon 2008: “Das neue Kraftwerk wird aller Voraussicht nach über Jahrzehnte die Atmosphäre belasten und so zu einer enormen Klimahypothek”. Und weiter: “Es ist völlig inakzeptabel, dass der Bau eines Kohlekraftwerks wegen seines hohen Kohlendioxidausstoßes nicht abgelehnt werden kann”. Trotz Aufforderung zur Streichung des Vorhabens durch den WWF und viele weiteren Teilen der Zivilgesellschaft wurde Moorburg gebaut.
Ein Paradebeispiel für das Ignorieren der Wissenschaft
Damit ist das Kraftwerk Moorburg ein Paradebeispiel für wirtschaftliche und politische Entscheidungen, die Erkenntnisse aus der Klimawissenschaft nicht berücksichtigen – und damit scheitern. Vattenfall hatte während des Betriebs des Heizkraftwerks mit dem Einhalten zahlreicher Umweltauflagen zu kämpfen und musste immer wieder Umbaumaßnahmen am Kraftwerk durchführen. Außerdem will das Unternehmen nun bis 2040 klimaneutral werden – ein Ziel, das nicht besonders zu einem Kohlekraftwerk passt. Darum hat Vattenfall 2020 die Notbremse gezogen. Es war bereits klar, dass alle Kohlekraftwerke mit der zunehmenden Energiewende einen starken Wertverlust verzeichnen werden. 2020 bot Vattenfall in der ersten Stilllegungsauktion der Bundesnetzagentur das Kohlekraftwerk Moorburg zur frühzeitigen Stilllegung an und erhielt dafür einen Zuschlag.
Alles in allem ist die Geschichte des Kraftwerks Moorburg ziemlich deprimierend: Für die Mitarbeiter:innen, den Rohstoffverbrauch, die Finanzen und das Klima sieht die Bilanz nicht besonders gut aus. Es gibt aber auch Hoffnungsschimmer. Die Stadt Hamburg hat in einer Machbarkeitsstudie festgestellt, dass der Standort Moorburg gut geeignet ist für die Herstellung von Wasserstoff. Denn der Strom aus Windkraftanlagen an der Küste kann in Hamburg ankommen und dort für die energieintensive Wasserstoffproduktion genutzt werden. Die Netze zum Weitertransport des sind durch das Kohlekraftwerk bereits vorhanden und könnten so weitergenutzt werden.
Allerdings besteht das Projekt “Wasserstoff-Hub Moorburg” der vier Konzerne Vattenfall, Shell, Mitsubishi und Wärme Hamburg bisher nur aus einer Absichtserklärung. Ihre Umsetzung hängt vermutlich auch von der Bereitstellung öffentlicher Fördermittel für das Projekt ab. Vattenfall schreibt selbst, es gebe keine “belastbaren Planungen oder eine glaubhaft zugesagte Investitionsbereitschaft”. Darum werden wir wohl erst in den nächsten Jahren erfahren, was wirklich mit dem Standort Moorburg passieren wird.
Das Beispiel Moorburg macht deutlich, dass wir eine wissenschaftsbasierte, langfristig ausgerichtete Politik brauchen. Politische Entscheidungen müssen sowohl die Bedürfnisse jetziger als auch die kommender Generationen berücksichtigen. Im Hinblick auf die Klimakrise bedeutet das: Wir müssen den Ausstoß von Treibhausgasen beenden – und zwar besser früher als später.
Mehr Fortschritt umsetzen!
Die Ampelkoalition in Berlin geht mit ihrem neuen Koalitionsvertrag in eine richtige Richtung. Ihre Pläne für verstärkten Klimaschutz, den massiven Ausbau von erneuerbaren Energien und das Ende der Kohleenergie in Deutschland sind wichtige Schritte für den Klimaschutz. Allerdings gilt jetzt nicht mehr nur der Titel des Koalitionsvertrags „Mehr Fortschritt wagen“, sondern eben „Mehr Fortschritt umsetzen“. Und zwar so schnell wie möglich.