Am 27. März ist es wieder soweit: Zur Earth Hour schalten wir weltweit die Lichter aus. Viele stellen stattdessen Kerzen auf. Aber wie umweltverträglich sind die eigentlich? Hier kommt der ultimative Kerzenguide — damit “Licht aus” auch wirklich “Klimaschutz an” heißt!
1) Kerzen killen Regenwald
Der Rohstoff, aus dem die meisten Kerzen hergestellt werden, die man im regulären Einzelhandel bekommt, heißt Paraffin. Das entsteht bei der Erdölverarbeitung quasi nebenbei. Wie bei allen Erdölprodukten fällt die Klimabilanz entsprechend aus: katastrophal.

Daneben gibt es Kerzen aus Stearin — gewonnen aus tierischen oder pflanzlichen Fetten. Hier greifen Produzenten beispielsweise auf Kokosfett zurück, am liebsten aber auf — Ihr könnt es euch denken — Palmöl. Rund sechs Prozent des nach Deutschland importierten Palmöls fließen tatsächlich in Kerzen. Fast 90.000 Tonnen von 1,4 Millionen. Und wir wissen ja alle, dass für Palmölplantagen riesige Flächen Regenwald vernichtet werden.
Tipp: Wenn Palmöl, dann aus nachhaltig zertifizierten Quellen. Gilt natürlich nicht nur für Kerzen. Ein einheitliches Siegel gibt es dafür nicht. Ein guter Hinweis sind aber Biosiegel und RSPO-Zertifizierung.
2) Kerzen aus regionaler Biomasse sind King
Erdölausstieg und Umweltschutz beginnen schon beim Teelichtkauf. Die gute Nachricht: Es gibt naturschonende Alternativen zu Stearin und Palmöl, nämlich Kerzen aus Biomasse. Für solche “Bio-Kerzen”, werden ausschließlich nachwachsende Rohstoffe wie Fette und Öle verwendet, die bei der Lebensmittelproduktion oder in der Gastronomie als Rest anfallen. Daraus resultiert auch Vorteil Nummer zwei: Biomasse-Kerzen sind vergleichsweise günstig.
Tipp: Du erkennst Sie im Handel an der Bezeichnung “Bio-/Öko-Kerze”, meist steht “aus regionaler Biomasse” auf dem Etikett.
Nachhaltiger geht nicht. Also fast (siehe Fakt V). Ein weiterer problematischer Bestandteil gerade bei Teelichtern ist die Aluhülle. Deshalb: Wenn Teelicht, dann bitte ohne Aluminiumkleid. In alten Einmachgläsern kommt Kerzenschein sowieso viel romantischer …
3) Kerzen sind nicht vegan
Bei Kerzen aus Bienenwachs ist die Sache klar. Aber auch manche Kerzen aus Biomasse haben eine Ummantelung aus Bienenwachs, oder wurden aus tierischen Abfallprodukten aus der Lebensmittelherstellung recycelt. Bei Kerzen aus Stearin können ebenfalls tierische Stoffe enthalten sein. Veganer:innen bleiben deshalb nur Sojawachs und Raps.
Wermutstropfen: Soja- und Rapskerzen sind ähnlich teuer wie ihre nicht-veganen Schwesterprodukte aus Bienenwachs.
Tipp: Auf die Produktherkunft achten. Umso näher umso besser.
4) Für eine Kerze aus Bienenwachs schuftet ein Bienenvolk ein ganzen Jahr
Das erklärt auch, warum Kerzen aus Bienenwachs so verdammt teuer sind. Was wir als Bienenwachs kennen, schwitzen die Tiere in Form kleiner Plättchen aus. 1,2 Millionen solcher Plättchen ergeben ein Kilo reines Wachs. Das ist die gesamte Jahresproduktion eines einzigen Bienenvolks. Ein Luxusprodukt durch und durch. Dafür riechen Sie unverschämt gut…
Ein Blick auf die Absatzzahlen für Kerzenprodukte macht außerdem deutlich: Bienenwachs kann keine Alternative sein. Bienenwachs ist selten und kostbar und macht nicht einmal ein Prozent der europäischen Kerzenproduktion aus.
Einkaufstipp: Wenn “Bienenwachskerze” draufsteht, muss die auch zu 100 Prozent daraus bestehen. Am besten auf regionale Herkunft achten. Und wie immer gilt: Bio ist besser.
5) Kerzen selbst gießen ist kinderleicht
Und vor allem: ultimativ nachhaltig. Alles, was du fürs DIY-Kerzenglück brauchst:
Kerzenreste
Ein Stück Garn aus Biobaumwolle
Optional: ein ätherisches Öl
Hier DIY Tiktok, wie es dann weitergeht:
@twentylon
6) Teure Kerzen sind nicht automatisch unbedenklich
Okay, okay, verstanden, kein Stearin, kein Paraffin, geht klar! Mit den nicht gerade preiswerten veganen Kerzen werde ich jawohl auf der sicheren Seite sein?! Ihr ahnt, was jetzt kommt: Nicht unbedingt. Sojaöl zum Beispiel ist ähnlich wie Palmöl ein “entwaldungskritischer Rohstoff”, für den insbesondere in Asien, aber auch in Südamerika gerodet wird was der Urwald (noch) hergibt. Leider sind Kerzenhersteller nicht gesetzlich zur Volldeklarierung verpflichtet und es ist schier unmöglich, als Verbraucher:in zu erkennen, ob ich mit der Kerze zum Dinnerdate nur romantische Stimmung erzeugen oder damit nicht nur im übertragenen Sinn ein Stück Tropenholz abfackle.

Auftritt Deutsche Umwelthilfe (DUH): In ihrem Kerzencheck kann man blitzschnell nachgucken, wessen Kerzen aus was bestehen und woher es kommt.
Wir hoffen, eurem Kerzenglück steht jetzt wirklich nichts mehr entgegen. Wir schmelzen jetzt erstmal ein paar Reststumpen ein fürs ultimativ nachhaltige Kerzenglück. Und einen Anlass sie anzuzünden haben wir auch schon für euch: Am 27. März ist Earth Hour nicht vergessen.
Und falls Du zuhause noch ein paar Paraffinkerzen rumliegen hast, sollen die freilich nicht im Müll landen: So einfach kannst du daraus wunderschöne Twisted Candles — die zur Zeit auf Tiktok trenden -, selbst herstellen:
Der Beitrag Was brennt denn da? 6 Fakten zu Kerzen, die jeder wissen muss erschien zuerst auf WWF Blog.