Im Mai 2016 wurden wir alle von einem schockierenden Fund überrascht: Am Flughafen Schönefeld waren Zollfahnder beim Durchleuchten von Paketen stutzig geworden, die vermeintlich Kaminuhren enthalten sollten, aber im Röntgenbild nur schwarz erschienen. Bei der Öffnung stellte sich heraus, dass diese elf Kisten 625 Kilogramm Elefanten-Elfenbein enthielten. Das war eine in Deutschland bis dahin kaum vorstellbare Menge an Stoßzähnen dieser bedrohten Säugetiere, deren internationaler kommerzieller Handel weltweit verboten ist. Der Zoll ermittelte daraufhin weiter, und Ende August 2016 wurde man in Emmelshausen in Rheinland-Pfalz fündig. Dort durchsuchten Beamte eine Wohnung und eine Werkstatt, stellten Ausrüstung zur Bearbeitung von Elfenbein sowie nochmals 570 Kilo Elfenbein sicher. Zwei Verdächtige wurden festgenommen.
1,2 Tonnen Elfenbein, wieviel Elefanten mussten dafür sterben?
Mit beinahe 1,2 Tonnen (!) Elfenbein ist das nach Aussage des Zolls die größte je erfolgte Beschlagnahmung von Elefanten-Stoßzähnen in Deutschland. Wir müssen von Dutzenden Elefanten ausgehen, die ursprünglich für dieses Elfenbein ihr Leben lassen mussten. Ich selbst war bei der Presskonferenz des Zolls in Berlin vor Ort im September 2016. Der größte Stoßzahn war über zwei Meter lang. Ich selbst bin 1,90 groß, aber das Ding konnte ich kaum aufheben. Und das war nur ein St0ßzahn, da war noch viel Elfenbein, zersägt und in Kisten verpackt. Das Ausmaß der geschmuggelten Menge war bedrückend greifbar — wie auch in diesem Video zu sehen:
Der Prozess, nach vier Jahren — endlich!
Jetzt beginnt nach vier Jahren endlich die Hauptverhandlung gegen die beiden Angeklagten am Landgericht Cottbus. Das Gericht selbst fasst die Vorwürfe gegen die Angeklagten in einer Pressemitteilung trocken zusammen. die Anklage führt ein Vergehen gehen das Bundesnaturschutzgesetz an, weil weder artenschutzrechtliche Dokumente für das Elfenbein noch erforderliche Ausfuhrgenehmigungen vorgelegen haben sollen. Dabei soll der Angeklagte vorgehabt haben, das Elfenbein in Vietnam zu verarbeiten und zu veräußern. Er habe sich durch den Verkauf des Elfenbeins eine dauerhafte Erwerbsquelle schaffen wollen.
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Ich werde diesen Prozess gespannt verfolgen. Im September 2016 habe ich die Behörden noch gelobt. Denn sie hatten durch die erfolgreichen Ermittlungen in diesem Fall deutlich gemacht, dass sie Wildtierkriminalität entschieden verfolgen. Der gewerbsmäßige Charakter des illegalen Handels mit Elfenbein veranlasste die Staatsanwaltschaft, Haftbefehl zu beantragen. Die Hauptverdächtigen landeten in Untersuchungshaft. Das war ein wichtiges Signal für den Artenschutz. Jetzt kommt es aber auf den Prozess an und auf das Urteil. Denn den beiden Tätern drohen Haftstrafen zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Die Tatsache, wo genau das Elfenbein herkommt und wie alt es ist, wird dabei eine Rolle spielen. Ob hier kürzlich gewildertes Elfenbein geschmuggelt wurde oder das Material aus Altbeständen wie Jagdtrophäen oder legalen Einfuhren von vor 1989 stammt. Wir hoffen, dass dies entsprechende wissenschaftliche Gutachten vor Gericht klären werden.
Das ist keine Bagatelle!
Eines ist völlig klar: 1,2 Tonnen Elefanten-Elfenbein sind auch im internationalen Vergleich keine Bagatelle. Es besteht der klare Eindruck des gewerbsmäßigen Schmuggels und illegalen Handels. Ich erwarte daher ein angemessenes Strafmaß mit Signalwirkung, dass in Deutschland Verstöße gegen das Bundesnaturschutzgesetz und illegaler Artenhandel ernst genommen und entsprechend geahndet werden.
Was wir fordern
Vier Jahre zwischen Aufdeckung und Prozessbeginn sind eine lange Zeit. Was genau die Gründe dafür waren, wissen wir nicht. Klar ist, dass solche Fälle – zum Glück – in Deutschland eher die Ausnahme sind. Das bringt aber das Problem mit sich, dass unser Justizsystem eher geringe praktische Erfahrungen damit hat. Es gibt nur wenig Referenzfälle existieren, wenn überhaupt.
Die Situation bei Schmuggel und Handel mit Wildtierprodukten ist undurchsichtig, da es keine zentrale Dokumentation der Fälle gibt. Wir müssen von einer hohen Dunkelziffer ausgehen. Um eine konsequente Strafverfolgung sicherzustellen, braucht es neben der Aufklärung der Bevölkerung vor allem entsprechende Fachkenntnis bei der Polizei und den Behörden, sowie Strukturen und Netzwerke, um einen besseren Informationsfluss zu ermöglichen. Die Fälle müssen umfangreich und vollständige dokumentiert werden. Es bräuchte in Deutschland auch auf Umweltrecht spezialisierte Staatsanwälte, die solche ungewöhnlichen Fälle angemessen einordnen können. Schmuggel von Wildtierprodukten muss wie auch die Wilderei im politischen und gesellschaftlichen Diskurs als ernstzunehmendes, kriminelles Problem erkannt werden und darf nicht länger den Status eines „Kavaliersdeliktes“ haben.
Hilf uns die Wilderei zu stoppen!
Wir sind gespannt
Jetzt bin ich aber erst einmal gespannt, was diese und nächste Woche in Cottbus passieren wird. Welche Zusammenhänge vielleicht noch aufgedeckt werden. Und welches Urteil am Ende stehen wird. Der Fall macht deutlich, dass der internationale, organisierte Schmuggel mit Elefanten-Elfenbein auch vor Deutschland nicht Halt macht. Denn Deutschland ist eine wichtige Drehscheibe für den internationalen Warenverkehr. Zudem gab es hier bis in die 1980er Jahre einen regen Markt für Kunst aus Elfenbein. Viele dieser Produkte schlummern heute auf diversen Dachböden, und professionelle Händler wittern ein schnelles Geschäft. Wir hoffen hier also auf ein klares Signal, dass auch hier Wilderei und illegaler Artenhandel ein ernstes Verbrechen sind. Wir brauchen vom Prozess in Cottbus ein klares Signal, dass auch bei uns Wilderei und illegaler Artenhandel keine Bagatelle, sondern Verbrechen sind.
Der Beitrag Elfenbein-Prozess in Cottbus: Jetzt wird es spannend! erschien zuerst auf WWF Blog.