Schokolade und Umwelt: die dunkle Seite

Etwa 8,6 Kilo Schokolade essen wir Deutschen durchschnittlich im Jahr. Nur die Schweizer naschen noch mehr. Wir lieben sie eben – zu jeder Jahres- und Tageszeit, als Weihnachtsmann oder Osterhase, als kühles Eis oder heiß und flüssig.

Was wir im Supermarkt vor dem Regal vor den gefühlt tausenden verschiedenen Sorten leicht vergessen können: Schokolade ist ein Luxusgut. Und Schokolade ist ein echtes Problem für die Umwelt:  Die Produktion unseres liebsten Naschwerks verbraucht große Mengen an Wasser und Flächen.

Der Kakaobaum

Bis zur fertigen Schokolade ist es ein langer Weg. Um das besser nachzuvollziehen, fängt man am besten ganz von vorne an. Bei der Pflanze, ohne die es nicht geht – beim Kakaobaum.

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Der Großteil des Kakaos wird von Kleinbäuer:innen angebaut. Und die brauchen Geduld: Erst nach etwa vier Jahren trägt der Kakaobaum erste Blüten. Diese müssen bestäubt werden, damit der Baum später Früchte trägt – sind aber so schmal, dass die meisten bestäubenden Insekten gar nicht an sie herankommen. Deswegen haben wir unsere Schokolade nicht etwa Bienen oder Wespen zu verdanken. Klitzekleine Mücken der Familien Ceratopogonidae und Cecidomyiidae sind die einzigen bekannten Bestäuber. Sie ermöglichen es dem Kakaobaum Früchte zu produzieren – und da soll nochmal jemand sagen, Mücken seien nutzlos! Zusätzlich müssen viele Bäuer:innen jedoch auch selbst noch Hand anlegen und die Pflanzen bestäuben, da die Bestäubung der Mücken meist nicht ausreicht.

Wenn all das funktioniert hat und endlich Schoten am Kakaobaum gewachsen sind, können die Früchte geerntet und ihre Samen fermentiert, getrocknet, geröstet und gemahlen werden.

Wasser Marsch – eine durstige Pflanze

Für eine Tafel Schokolade benötigt man in der Herstellung etwa 90 auf diese Weise gewonnene Kakaobohnen. Doch das ist leider nicht alles. Denn damit die Samen erstmal wachsen, werden große Mengen an Wasser benötigt. Schokolade gehört zu den Produkten mit dem größten Wasser-Fußabdruck überhaupt.

Schokolade und Umwelt: Kakaobaum
Braucht viel, viel Wasser: der Kakaobaum © Jeffrey A. Sayer / WWF

Der Kakaobaum ist nämlich eine sehr anspruchsvolle Pflanze. Er wächst nur in sehr wenigen, äquatornahen Ländern und wird vor allem in der Elfenbeinküste, aber auch in Ghana oder Indonesien angebaut. Die Temperatur sollte nicht unter 16 Grad fallen und der Boden nährstoffreich sein. Idealerweise wird der Kakaobaum deswegen gemeinsam mit anderen Pflanzen angebaut, im Schatten von Bananenstauden oder Palmen. In so einem naturnahen Agroforstsystem, also der perfekten Mischung aus Landwirtschaft und Dschungel, profitieren die Pflanzen gegenseitig voneinander.

Tatsächlich wachsen jedoch viele Kakaopflanzen in der prallen Sonne — und benötigen daher intensive Bewässerung. Für die Herstellung von 100 Gramm Schokolade braucht man durchschnittlich 1700 Liter Wasser. Elf Badewannen voller Wasser. Damit macht der Wasser-Fußabdruck des Kakaos allein 16 Prozent des gesamten Wasser-Fußabdrucks von nach Deutschland importierten Landwirtschaftsprodukten aus. Für die Anbauländer des Kakaos ein großes Problem.

Flächenverbrauch und CO2-Produktion

Neben dem hohen Wasserverbrauch benötigt der Kakaoanbau große landwirtschaftliche Flächen. Für Kakao, Kaffee und Tee für den deutschen Markt werden weltweit über eine Million Hektar Fläche benötigt, Tendenz steigend. Damit ist der Anbau von Kakao (gemeinsam mit dem von anderen Lebensmitteln wie Soja, Kaffee oder Palmöl) einer der Haupttreiber von Entwaldung. Denn nicht selten muss (Ur)wald für die landwirtschaftliche Nutzung weichen. Wälder werden gerodet und in Plantagen umgewandelt, was wiederum eine riesige Bedrohung für die biologische Vielfalt darstellt. Beispielsweise in der Elfenbeinküste wurden in einigen Regionen 90 Prozent der Wälder abgeholzt und durch Kakaoplantagen ersetzt.

Außerdem entstehen entlang der gesamten Wertschöpfungskette der Schokolade, vom Kakaosamen in der Erde bis zur Vollmilch-Tafel im Supermarkt, Treibhausgasemissionen: durch die landwirtschaftliche Produktion, die Verarbeitung der Bohnen, die Verpackung und Lagerung, den Transport und den Handel. Allein für die Herstellung der reinen Kakaomasse werden pro Kilo 2,8 kg COproduziert. Zum Vergleich: Bei Kartoffeln sind es beispielsweise nur 0,5 kg CO2 und auch bei Kaffee nur 0,6 kg CO2.

Der Klimawandel: Das Ende der Schokolade?

Und schließlich gibt es da ja noch ein anderes entscheidendes Thema: die Erderhitzung. Seit Jahren warnen Forscher:innen bereits, dass die Produktion von Kakao in Zukunft einbrechen könnte. Der Klimawandel macht landwirtschaftliche Flächen teilweise unbrauchbar. Klimaextreme wie Dürren, Starkregen und Überflutungen vernichten Ernten. Neue Pflanzenkrankheiten treten auf. Zudem schadet der globale Temperaturanstieg dem Gleichgewicht der empfindlichen Kakaopflanze. Bereits 2015 kam es zu großen Einbrüchen der Kakaoproduktion. Das Forschungszentrum International Center for Tropical Agriculture (CIAT) prognostiziert bereits, dass diese Ausfälle zunehmen werden. Die Wissenschaftler:innen berechneten, dass 90 Prozent der Anbauflächen in Ghana und der Elfenbeinküste – zwei der Hauptproduzenten von Kakao – 2050 nicht mehr für den Kakaoanbau geeignet sein werden.

Richtiger Ansatz: Schokolade aus dem Dschungel

Ein Schritt in die richtige Richtung ist der vermehrte Anbau von Kakao in naturnahen Agroforstsystemen. Das positive Zusammenspiel von Landwirtschaft und Wald kann zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung und erhöhter Produktivität der Pflanzen beitragen. Zudem werden weniger Pestizide benötigt und es kann wieder biologische Vielfalt entstehen.

Schokolade und Umwelt: fermentierte Kakaosamen
Fermentierte Kakosamen © Luis Barreto / WWF-UK

Für eine erfolgreiche Agroforstwirtschaft braucht es aber auch noch vermehrt Schulungen der Landwirt:innen – und natürlich eine faire Bezahlung. Und das ist ohnehin ein elementares Thema für sich: Die sozialen Aspekte hinter der Schokolade würden problemlos noch drei weitere Blogartikel füllen. Dabei geht es zum Beispiel um unzumutbare Arbeitsbedingungen, humanitäre und politische Spannungen in den Kakaoländern, Kinderarbeit oder die Frage: Warum werden die Rohstoffe rund um den Äquator abgebaut, aber nur Konzerne aus dem globalen Norden verdienen am Schokoladengeschäft?

Es ist also alles gar nicht so einfach. Aber was bedeutet das für uns und unsere süße Lieblingsspeise?

Keine Schokolade – auch keine Lösung

Falls ihr jetzt Lust auf Schokolade bekommen habt, keine Sorge. Wir wollen euch nicht komplett von der Schokolade wegbringen. Allerdings möchten wir euch anlässlich des Tages der Schokolade dazu aufrufen, euch bewusst zu machen was ihr da esst.

Schon der hohe Ressourcenaufwand zeigt: Schokolade ist etwas ganz Besonderes. Man sollte sie schätzen und in Maßen genießen. Beim Einkauf bitte nachhaltig produzierte Schokolade kaufen, das heißt: zertifizierte Produkte aus biologischem Anbau und fairem Handel.

Außerdem gilt auch für Schokolade, was bei allen anderen Lebensmitteln gilt: nichts verschwenden. Schon gar nicht bei so etwas Leckerem. Aber ab und zu ein wenig Schokolade? Darauf wollen und müssen wir nicht verzichten. Aber für die Umwelt (und die Hüfte): Bitte bewusst genießen.

Hinweis: In diesem Beitrag ist eine Umfrage eingebunden, bitte besuche die Webseite, um an der Umfrage teilzunehmen.

Der Beitrag Schokolade und Umwelt: die dunkle Seite erschien zuerst auf WWF Blog.