Die Holz-Detektive: Wie wir Holz zum Reden bringen

Ein schöner Stuhl, versehen mit dem Label “Aus nachhaltiger deutscher Forstwirtschaft”. Alles in Ordnung mit dem Holz? Oder handelt es sich doch um Raubbau-Holz aus dem Fernen Osten? Diese Frage trieb uns vor einigen Jahren um. Die gängige Methode sie zu beantworten war damals: Im Wald stehen, auf illegale Holzfäller warten, in James-Bond-Manier den Holzlastern hinterher, das Schiff mit Transparenten empfangen. Eine schöne Methode, um dieses Blog mit vielen spannenden Geschichten zu füllen, aber leider auch teuer, aufwändig — und gefährlich.

Kernphysik bringt Holz zum Sprechen

Holz ist stumm. Oder vielleicht doch nicht ganz. Besonderheiten in der Kernphysik halfen uns, dem Geheimnis des Holzes auf die Spur zu kommen. Dazu muss man wissen: Wasser besteht aus Wasserstoff und Sauerstoff. Etwa 0,2 Prozent der Sauerstoffatome besitzen zwei Atomkerne mehr und sind daher schwerer als die anderen 99,8 Prozent. Wenn nun der häufig vorherrschende Westwind Regen vom Meer übers Land schickt, purzeln die Wassertropfen mit den schwereren Sauerstoff- und Wasserstoffatomen zuerst aus den Wolken. Beim Verdunsten ist es umgekehrt und beim nächsten Regen verlassen die schweren Moleküle wieder als Erste die Wolke.

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Das Wasser wird von Pflanzen aufgenommen und teilweise eingelagert. Und mit ihm natürlich auch die schwereren Wasserstoff- und Sauerstoffatome. Da diese aufgrund ihres “Gewichtes” schon größtenteils in nord-westlichen Regionen die Wolken verlassen haben, finden wir in den Pflanzen im Westen eben mehr von den schweren Sauerstoffatomen als in den Pflanzen aus den östlichen Regionen, wie zum Beispiel Russland. Und wie hoch der Gehalt an schweren Sauerstoffatomen im Pflanzengewebe ist, kann von Isotopenlaboren gemessen beziehungsweise “gewogen” werden – zum Beispiel dem Forschungszentrum in Jülich.

Holzschnitt © Robert Günther / WWF
Was wird uns dieser Stuhl erzählen? © Robert Günther / WWF

Diese Methode wird für Lebensmitteluntersuchungen schon länger angewendet. So kann über das Atomgewicht des Grundwassers etwa nachgewiesen werden, dass das Bier in Norddeutschland “schwerer” ist als das in Bayern. Oder wenn ein Lieferant behauptet, seine Kartoffeln kämen aus Israel, kann ohne Probleme nachgewiesen werden, wenn diese etwa aus Ägypten stammen. Das brachte uns auf eine Idee: Das geht doch auch mit Holz, oder? Wir suchten die Forscher und Forscherinnen in Jülich auf und präsentierten unser Anliegen: Falsche Herkunftsdeklarationen von Holz enttarnen!

Zeigt her eure Hölzer!

Doch so einfach war das nicht. Es mussten Holzproben aus allen möglichen europäischen Wäldern herbeigeschafft werden, um die Machbarkeit zu belegen. Jetzt zahlte es sich aus, dass wir eine internationale Organisation sind: Freundliche WWF-Kollegen aus Schweden, Finnland, Frankreich oder Deutschland streiften durch ihre Wälder, sammelten Holz und schickten uns die Proben.

Etliche Jahre der Forschung und viele Analysen gingen ins Land. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt hat in dieser Aufbauphase durch die finanzielle Unterstützung eine wichtige Rolle gespielt. Die Methode konnte noch verfeinert werden, indem die “Ungleichgewichte” anderer Elemente wie Kohlenstoff, Schwefel und Stickstoff mit in die Analysen einflossen. Es klappte.

Nach und nach konnten wir WWF-Holzdetektive so das Werkzeug scharf schalten. Das Schweigen der Latten war gebrochen. Und da Holz kann uns sehr genau sagen, wo es herkommt.

Podcast Folge 16: Die Holzmafia, Interpol & ein Detektiv

Der illegale Holzhandel gehört zu den größten Bereichen der Umweltkriminalität weltweit. Die Ausmaße sind vergleichbar mit der weltweiten Drogenkriminaltität und trotzdem weitestgehend unbekannt — und unbestraft. Johannes Zahnen vom WWF gibt in diesem Podcast ungewöhnliche Einblicke in diese Schattenwelt. 

 

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Buchenwälder: die Naturwunder vor der Haustür

Was haben das Great Barrier Reef vor der Küste Australiens, der Yellowstone Nationalpark und fünf Buchenwälder in Deutschland gemeinsam? Mehr als ihr vielleicht denkt.

Denn neben dem größten Korallenriff der Welt und dem ältesten Nationalpark der Erde gehören auch fünf deutsche Buchenwälder zum Weltnaturerbe der UNESCO – und wurden damit zu einzigartigen Naturlandschaften mit unersetzlichem Wert für die Menschheit erklärt.

Ausführlich heißt das Weltnaturerbe “Alte Buchenwälder und Buchenurwälder der Karpaten und anderer Regionen Europas”. In Deutschland gehören der Grumsiner Forst in Brandenburg dazu, der Nationalpark Kellerwald-Edersee in Hessen, der Nationalpark Jasmund auf Rügen, der Serrahner Buchenwald im Müritz-Nationalpark in Mecklenburg-Vorpommern sowie der Nationalpark Hainich in Thüringen. Es umfasst aber noch über siebzig weitere Wälder in elf Ländern Europas. Die deutschen Buchenwälder wurden am 25. Juni 2011 von der UNESCO-Kommission aufgenommen. Und so ist der 25. Juni offiziell der Tag der Buchenwälder.

Doch was genau macht die Buchenwälder so besonders?

Um das zu beantworten rufe ich bei Peter Lehmann an. Lehmann ist Forstingenieur und arbeitet im Nationalpark-Zentrum Königsstuhl im Nationalpark Jasmund auf Rügen, der neben blauer Ostseeküste und den berühmten weißen Kreidefelsen einen der fünf deutschen Naturerbe-Buchenwälder umfasst. Wenn mir jemand über Buchen berichten kann, dann Lehmann – und das tut er. Buchen sind unser europäisches Erbe, „unsere Ur-Naturreferenz“, wie er sagt. Ohne das Eingreifen des Menschen wäre die Buche in Deutschland die häufigste Baumart und würde zwei Drittel des Landes bedecken. Sie ist perfekt angepasst an das mitteleuropäische Klima und würde unsere natürliche Vegetation bilden. Eigentlich.

Doch die Realität sieht anders aus. Nur etwa fünfzehn Prozent der Bäume in unseren Wäldern sind Buchen. Und von der ursprünglichen Verbreitung der Buchenwälder in Europa sind laut Lehmann nur noch 0,02 Prozent erhalten. Nahezu nichts. Es ist „kurz vor zwölf“ mahnt der Forstingenieur.

Buchenwälder: Heimat tausender Arten

Deswegen ist es so wichtig, die letzten erhaltenen Buchenwälder zu schützen. Buchen und andere heimische Laubbäume sind unsere besten Verbündeten im Kampf gegen den Klimakollaps im Wald. Sie erhöhen den Grundwasserspiegel, sorgen für ein kühleres Waldklima und beugen so Bränden vor. Gleichzeitig sind sie meist besser gegen Stürme gewappnet und weniger anfällig für Insektenfraß.

Das gilt insbesondere für die alten, sich selbst überlassenen Wälder. Dort, wo es auch Totholz und Bäume in allen Alters- und Zerfallsstadien gibt. Urwälder von morgen. Denn echte, noch nie vom Menschen beeinflusste Urwälder, gibt es nicht mehr in Deutschland. Doch immerhin einige Wälder wie die im Nationalpark Jasmund wurden zumindest seit einer längeren Zeit nicht mehr vom Menschen genutzt – und sind deswegen auf dem besten Weg, wieder Wildnis zu werden.

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Doch diese alten Buchenwälder sind sehr selten. Das wird daran deutlich, dass viele Menschen glauben, Buchen hätten immer eine glatte, graue Rinde. Das ist bei jungen Buchen zwar richtig – doch auch sie bekommen eine rissige Rinde. Das dauert allerdings etwa 200 Jahre. Die Chance, so alt zu werden, wird den allermeisten Buchen in Deutschland nicht gegeben. Sie werden mit 100, 120 Jahren abgeholzt, „geerntet“, wie Förster:innen sagen.

In alten Buchenwäldern wie Serrahn oder Jasmund gibt es sie aber noch, die Buchen mit rissiger Rinde, sowie Totholz und Bäume in allen Zerfallsstadien. Das macht den Wald unglaublich wertvoll für die biologische Vielfalt und zu einem Lebensraum für 6700 Tierarten und 4300 Pflanzen- und Pilzarten, von denen viele wie der Knochenglanzkäfer (Trox perrisii) ausschließlich in altem Buchenwald vorkommen.

Was können wir für die Buchenwälder tun?

Durch die Waldnutzung und ‑übernutzung gibt es immer weniger gesunde, naturbelassene Wälder. Wegen der hohen Nachfrage nach Fichten- und Kiefernholz sind außerdem mehr als die Hälfte der deutschen Wälder Nadelforste. Was keinesfalls ihrer natürlich vorkommenden Ausbreitung entspricht. Nadelwälder sind schlechter gegen den Klimawandel gewappnet als Buchen und anfälliger für Schädlinge wie den Borkenkäfer.

Was können wir also für die Buchenwälder tun? Zunächst einmal sollten wir ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass uns in Europa Buchenwälder seit Jahrhunderten umgeben. Buchenwälder sind unsere Heimat, die uns alle etwas angeht und die wir aktiv schützen und verteidigen sollten. „Nur weil die fünf Wälder den Titel Weltnaturerbe tragen, heißt es nicht, dass die Gesellschaft aus der Verantwortung raus ist“, appelliert Lehmann für mehr Verantwortung. Wir brauchen wir eine größere Öffentlichkeit, die auf den Zustand der Wälder schaut und im Blick hat, was diese bedroht.

Buchenwälder Totholz
Alte Buchenwälder sind voller Arten © Lehmann / Nationalpark-Zentrum KÖNIGSSTUHL

Hinzu kommt, dass wir alle unser eigenes Verhalten so klima- und damit waldfreundlich wie möglich gestalten sollten. Die Politik sollte größere Komplexe von Buchenwälder schützen und den ökologischen Waldbau vorantreiben. Das Konjunkturprogramm der Bundesregierung muss gezielt Laubmischwälder fördern, wie sie natürlicherweise in Deutschland vorkommen. Das ist sowohl im Sinne des Naturschutzes als auch wirtschaftlich langfristig der beste Weg.

Besuch im Buchenwald – im Urwald von morgen

Wer also noch nie in einem „Urwald von morgen“ war, der sollte eine der fünf Weltnaturerbestätten in Deutschland besuchen. Beispielsweise im Nationalpark Jasmund auf Rügen. Dort, wo „der Wald ins Meer stürzt“, bei den Hangwäldern an den Kliffen, wurde der Wald tatsächlich noch nie vom Menschen angefasst und bildet so etwas wie ein Wildnis-Relikt.

Außerdem gibt es auf Rügen ein großes Nationalparkzentrum in dem auf vier Etagen gelernt, angefasst und entdeckt werden kann, sowie ein UNESCO-Welterbeforum, das wir vom WWF und die Stadt Sassnitz gemeinsam betreiben. Im alten Waldhaus können alle noch etwas über unser Welterbe Buchenwälder lernen, wetten?

Zum Staunen muss es also gar nicht unbedingt das Great Barrier Reef oder der Yellowstone Nationalpark sein. Die Naturwunder liegen vor unserer Haustür.

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Fünf Fakten zur Windenergie

Der Ausbau der Windenergie ist nicht nur am heutigen Tag des Windes (15. Juni) ein großes Thema. Einige ärgern sich über Windräder, viele über den schleppenden Ausbau. Fakt ist: Ohne Windenergie wird die Energiewende nicht gelingen. Anlass genug, die Nutzung der Windenergie noch ein bisschen besser zu verstehen:

  • Ohne Windenergie geht es nicht

Die Windenergie an Land ist das Zugpferd der Energiewende. Sie ist die wichtigste und neben der Fotovoltaik die kostengünstigste Erzeugungstechnologie. Mit einem Anteil von über 16 Prozent an der Bruttostromerzeugung macht sie schon heute deutlich mehr als ein Drittel der erneuerbaren Stromerzeugung in Deutschland aus. Und Wind ist die stärkste Erzeugungstechnologie nach der besonders klimaschädlichen und künftig auslaufenden Braunkohleverstromung.

  • Windenergie lohnt sich

Die so genannte Energierückgewinnungszeit gibt an, wie lange eine Anlage in Betrieb sein muss, um die zur Herstellung, Betrieb und Entsorgung der Anlage investierte Energie zu übertreffen. Das hängt von vielen Faktoren ab: Anlagentyp, Wertschöpfungskette, Standortqualität und Wetter. Es ist aber in der Regel weniger als ein Jahr. Bereits im ersten Betriebsjahr wird also mehr erneuerbare und CO2-freie Energie umgewandelt, als zur Herstellung aufgewendet wurde. So konnten durch die Nutzung der Windenergie an Land im Jahr 2018 insgesamt 62 Millionen Tonnen CO2 Emissionen eingespart werden. Übrigens: Fossile und atomar betriebene thermische Kraftwerke amortisieren sich aufgrund des fortwährenden Bedarfs an emissionsintensiven und hochgefährlichen Brennstoffen nie energetisch.

Windenergie Luftaufnahme
Windenergieanlagen an Land sind das Zugpferd der Energiewende CC0 Thomas Richter https://unsplash.com/photos/B09tL5bSQJk
  • Windenergie geht auch in Wäldern!

Ein genereller Ausschluss der Windenergienutzung in Waldgebieten ist weder wünschenswert noch sinnvoll. Vielmehr gefährdet er die langfristigen Ausbauziele, besonders in den waldreichen Bundesländern. Für einen naturverträglichen Ausbau der Windenergie im Wald müssen die Auswirkungen auf waldbewohnende Arten, Naturschutz und Landschaftsbild besonders sensibel behandelt werden.

Klar ist, dass die vielfältigen Nutz‑, Schutz und Erholungsfunktionen des Waldes und die Verletzbarkeit des Ökosystems (z.B. Verdichtung der Waldböden, Verlust des Waldklimas) berücksichtigt und geschützt werden müssen. Der Wald hat zudem eine sehr wichtige Klimaschutzfunktion. Die deutschen Wälder entlasten die Atmosphäre jährlich um etwa 62 Millionen Tonnen CO2.

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62 Millionen Tonnen? Ja, genau. Allein die Nutzung der Windenergie an Land spart jedes Jahr in etwa die gleiche Menge CO2 ein, die in deutschen Wäldern jährlich gebunden wird. Und so gilt insbesondere für naturferne Forstflächen mit wenig Biodiversität: Ein durchschnittliches Windrad spart ein Vielfaches mehr CO2 ein als die Forstfläche, die dafür gerodet wird. Mehr dazu in diesem sehr lesenswerten Beitrag. 

  • Fläche naturverträglich gewinnen!

Damit unsere Stromversorgung bis 2050 vollständig auf Basis vor allem der kostengünstigsten regenerativen Erzeugungstechnologien Windenergie und Fotovoltaik erfolgen kann, ist je nach Technologiemix und Regionalisierung des Zubaus eine Erhöhung der installierten Leistung von Windenergie an Land um den Faktor 2,5 bis 4 erforderlich (siehe Abb. 1). Bis 2030 bedeutet dies, die Stromerzeugung aus Onshore-Wind auf etwa 160 TWh zu steigern und damit gegenüber heute annähernd zu verdoppeln.

Wir haben berechnen lassen, dass für die Windenergienutzung bis 2035 durchschnittlich 1 bis 1,2 Prozent der Landesfläche gebraucht werden. Für das Jahr 2050 steigt dieser Anteil auf durchschnittlich 1,5 Prozent im Szenario „Fokus Solar“ und auf bis zu 2,3 Prozent im Szenario „Energiewende Referenz“. Parallel dazu müssen wir andere flächenhafte Belastungen der Natur, insbesondere durch Landwirtschaft und Zersiedelung zurückfahren (siehe Grafik).

Windenergie Grafik
Ausbau der Stromerzeugung in Deutschland 2020 — 2050 auf Basis von Solar- und Windenergie © WWF

Wir fordern daher die Bundesregierung auf, die Ausbauziele für Windenergie an Land auf mindestens 2,5 Gigawatt netto pro Jahr zu erhöhen. Bund und Länder sind aufgefordert, eine gemeinsame Strategie vorzulegen, die die Länder zur Ausweisung von Strommengen und ‑Flächenzielen für die Windenergie in Höhe von langfristig zwei Prozent der bundesdeutschen Landesfläche verpflichtet. Die Regionalplanebene und Genehmigungspraxis gilt es durch eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung zu stärken.

Und ja, der Ausbau der Windenergie an Land geht naturnah. Wir haben in einer Studie dargelegt, welche Auswirkungen das auf die Vogelwelt hat und wie diese mit Rücksicht auf den Natur- und Artenschutz minimiert werden können.

  • Nicht Abstand, sondern Beteiligung schafft Akzeptanz

Nicht allen Menschen gefällt ein Windrad vor dem Haus. Planung. Bau und Betrieb von Windrädern stoßen daher auch auf Ablehnung. Dennoch sieht dies eine große Mehrheit anders und unterstützt den weiteren Ausbau der Windenergie. Anwohner sind durch die im Bundes-Immissionsschutzgesetz geregelten Abstandsbestimmungen vor Umwelteinwirkungen durch Windenergieanlagen geschützt. Pauschale Mindestabstände zwischen Siedlungen und Windenergieanlagen schaffen aber keine höhere Akzeptanz von Windkraftanlagen. Zumindest konnte das empirisch bisher nicht nachgewiesen werden.

Die aktuelle Vereinbarung der Koalitionäre, die es Ländern erlaubt eigene Mindestabstände festzulegen, darf keinesfalls zur defacto Verhinderung des Ausbaus der Windenergie missbraucht werden. Bund und Länder müssen gemeinsam sicherstellen, dass die Ausbauziele für Erneuerbare auch erreicht werden.

Corona-Notspende: Hilferufe aus der ganzen Welt

Für das Gelingen der Energiewende müssen wir die Akzeptanz bei den vor Ort betroffenen Menschen fördern. Akzeptanz entsteht aus wahrgenommener Verfahrens- und Verteilungsgerechtigkeit. Voraussetzungen dafür sind die frühzeitige und transparente Beteiligung der betroffenen Bürger bereits bei der Flächenausweisung und Vorhabenentwicklung, sowie die angemessene, regelmäßige finanzielle Teilhabe von Bürgern und Gemeinden an der Wertschöpfung des Windenergieprojektes.

Mehr dazu in unserem Positionspapier zum Ausbau der Windenergie an Land.

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Brasiliens Minister für Umweltzerstörung

Kann man sich einen Wirtschaftsminister vorstellen, der sich möglichst viele Arbeitslose wünscht? Oder einen Bildungsminister, der sich für Schulschließungen stark macht? Ein kürzlich veröffentlichtes Video zeigt, dass der brasilianische Umweltminister Ricardo Salles tatsächlich mehr an der Zerstörung als an der Bewahrung der Umwelt interessiert ist. Unsere Kolleg:innen vom WWF Brasilien fordern nun die Entlassung von Salles. 

Im Jahr 2019 verlor Brasilien so viel Regenwald wie schon seit über zehn Jahren nicht mehr. In diesem Jahr wird der Verlust noch größer sein. Eine WWF-Analyse belegt, dass die Entwaldung in Brasilien während des ersten „Corona-Monats“ März um über 50 Prozent zugenommen hat im Vergleich zu den Vorjahren. Somit gingen in nur einen Monat fast 100.000 Hektar Tropenwald verloren.  

Zahlreiche Verbände fordern den Rücktritt von Salles.
Zahlreiche Verbände fordern den Rücktritt von Salles.

Ein Umweltminister, der Entwaldung fordert

Das nun veröffentlichte Video beweist, dass die Entwaldung gewollt ist. Und auch, wie kaltschnäuzig und gewissenlos die brasilianische Regierung agiert. Salles sagt darin: „Wir haben jetzt die Möglichkeit, da die Presse sich ausschließlich mit COVID-19 beschäftigt, uns das Amazonas-Thema vorzunehmen. Wir haben jetzt die Chance (…), alle die Reformen zur Deregulierung und Vereinfachung durchzuführen.“ Salles Aussagen sorgten für Protest und Fassungslosigkeit gleichzeitig. In Brasilien haben der WWF, Greenpeace und weitere Verbände nun die Entlassung Salles gefordert.

Corona bedroht Indigene Völker in Schutzgebieten

Die Veröffentlichung des Videos verdeutlicht zudem die chaotische Situation in Brasilien. Covid-19 forderte bereits mehr als 20.000 Menschenleben. Inzwischen sterben täglich fast 1000 Menschen an der Krankheit. Zudem ist das Virus schon weit in den Amazonas vorgedrungen. Besonders tragisch ist die Entwicklung innerhalb von Schutzgebieten und Indigenen Territorien. Dort nimmt zum einen die Entwaldung stark zu. Gleichzeitig dringen aktuell während der Corona-Krise immer mehr Goldgräber in den Regenwald vor. Im Land der Yanomami sind zur Zeit ca. 20.000 Goldgräber unterwegs und zerstören den Urwald, vergiften die Flüsse mit Quecksilber und bringen die Krankheiten zu den Indigenen. Der international bekannte Fotograf Sebastiao Salgado und seine Frau haben hierauf vor kurzem hingewiesen. 

Helft den Salgados dabei, indigene Völker im Amazonas vor Covid-19 zu schützen!

 

In Deutschland erwarten wir jetzt, dass der Druck auf Brasilien erhöht wird. Deutsche und europäische Unternehmen sollten sich zu diesem Vorfall äußern und zudem dringend ihre Lieferketten überprüfen und endlich entwaldungsfrei gestalten. Insbesondere Firmen, die Soja oder andere Agrarrohstoffe aus Brasilien beziehen bzw. in ihren Lieferketten haben. Das ist eine angemessen Mindestforderung unter Handelspartnern. Diese Standards müssen auch von der Deutschen und Europäischen Politik zum Beispiel in den Freihandelsabkommen mit Mercosur oder in den Gesetzgebungsverfahren zu entwaldungsfreien Lieferketten integriert werden.

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Mehr Wald geht durch Corona verloren

Corona macht uns Angst, die Pandemie bedroht das Leben von vielen Menschen. Darüber hinaus hat sie hat aber auch verheerende Auswirkungen auf den Naturschutz: Projekte liegen brach und die Wilderei nimmt zu. Und wie unsere aktuelle Studie jetzt auch zeigt: Die Entwaldung nimmt im Shutdown 2020 enorm zu — fast überall.

Waldverlust via Satellitendaten verfolgen

Wir haben uns die Satellitendaten von 18 Ländern in Afrika, Asien und Südamerika angeschaut. Dabei haben wir die Waldbedeckung im März 2020 mit den Werten der Jahre 2017 bis 2019 verglichen. Bekommen haben wir die Bilder von der Datenbank Global Land Analysis and Discovery (GLAD) der University of Maryland. Über Satellitenbilder von Landsat wird die Baumkronenbedeckung wöchentlich und in einer etwa 30 mal 30 Meter großen Auflösung ermittelt.

Es wird deutlich mehr Wald abgeholzt

Unsere Befunde sind eindeutig: 645.000 Hektar Tropenwald wurden im März 2020 zerstört. Das ist mehr als die siebenfache Fläche von Berlin. Die Entwaldung ist um 150 Prozent höher als der März-Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019. Fast immer sind die Verluste menschgemacht, da selbst Feuer fast immer auf menschliches Handeln zurückzuführen sind.

Fünf der sechs untersuchten Länder (Demokratische Republik Kongo, Kamerun, Kenia, Tansania, Zentralafrikanische Republik) verloren im März 2020 im Vergleich zu den März-Werten von 2017 bis 2019 am meisten Wald. In diesen fünf Ländern liegen die Verluste 2020 über allen seit 2017 ermittelten Monatswerten.

Wald Corona Grafik Asien

Noch schlimmer ist es in Asien. In Indonesien, Kambodscha, Myanmar, Malaysia und Thailand ist der Waldverlust im März 2020 deutlich höher als in den Jahren 2018 und 2019. Sofern Daten vorhanden sind (Indonesien, Malaysia), gilt dies auch für das Jahr 2017. Im Vergleich zum Durchschnitt der drei März-Monate 2017–2019 stieg der Waldverlust im März 2020 in Malaysia um fast 70 Prozent an. In Indonesien und Myanmar sind es 130 Prozent, in Kambodscha 190 Prozent. Mehr als vervierfacht haben sich die Verluste in Thailand. In China hingegen lag der Wert zwischen dem sehr hohen Wert von 2018 und dem relativ niedrigen Wert im Jahr 2019.

 

Wald Corona Grafik Südamerika

Große Waldverluste in Südamerika

In Südamerika sind die Verluste mit einem Plus von rund 167 Prozent am höchsten. In Brasilien lag die Waldzerstörung mit 70.000 Hektar im März 2019 bereits auf einem hohen Niveau. Im März 2020 ist sie nochmals deutlich angestiegen (+55 Prozent). Eine besonders starke Veränderung beobachten wir in Argentinien. Dort stieg der Verlust von März 2019 zu März 2020 um 322 Prozent, vor allem beim Savannenwald der Chaco-Region.

Verlust staatlicher Kontrolle durch Corona?

Diese zunehmenden Verluste sind kein Zufall. Nach Einschätzung unserer WWF-Kollegen vor Ort ist der Wald durch die politischen Maßnahmen gegen die Epidemie noch stärker bedroht als zuvor. Die staatliche Kontrolle ist mindestens teilweise stark eingeschränkt. Derzeit sind weniger Polizei, Ranger und andere staatliche Kontrolleure im Wald unterwegs. Auch viele Naturschützer sitzen im Homeoffice fest. Vor allem die Gebiete der indigenen Bevölkerung sind bedroht. Schutzgebiete werden nicht respektiert. Illegale Abholzung und Landraub wie etwa für Goldminen sind für Täter gerade jetzt einfach viel leichter.

Corona: Unterschreiben Sie für grüne Konjunkturprogramme!

Ursache Armut

Dazu kommt, dass das Armutsrisiko durch Corona deutlich ansteigt. In Tansania ist zum Beispiel der legale Holzhandel durch den Shutdown zum Erliegen gekommen. Viele Gemeinden sind in großen finanziellen Schwierigkeiten. Das Risiko für Waldverlust und Verlust der Qualität des Waldes steigt dadurch natürlich. In Südostasien sind zudem die Einkommen durch Tourismus weggebrochen. Die Märkte für Waldprodukte wie Honig, Nüsse oder Beeren sind geschlossen. Viele Menschen sind in der Krise aus den Städten in ihre Heimatdörfer zurückgekehrt und nutzen jetzt den Wald zunehmend als Holz- und Einkommensressource. Einfach gesagt: In der Not brauchen die Menschen kurzfristig Mittel. Und greifen beim Wald zu.

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Um die Wälder weltweit zu erhalten, fordern wir deshalb:

Die Politik in Deutschland muss sich für Sofortmaßnahmen zu einem raschen Entwaldungsstopp einsetzen.

  1. Der illegale Holzhandel nimmt weltweit Platz 3 der organisierten Kriminalität ein und muss besser bekämpft werden. Alle Holzprodukte müssen in Europa aus legalen Quellen kommen. Die Kontrollen müssen deutlich verbessert, die Strafen bei Verstößen drastisch erhöht werden.
  2. Die öffentliche Beschaffung muss entwaldungsfrei, umweltgerechte Beschaffung Pflicht sein.
  3. Konjunkturhilfen, deren Auswirkungen die Umwelt gefährden, müssen ausgeschlossen sein.
  4. Ein Sechstel unserer Lebensmittelimporte trägt direkte Entwaldung auf unsere Märkte und Teller. Deutschland muss in der EU starke Gesetze zur Entwaldungsfreiheit befürworten und diese konsequent umsetzen. Damit würde die EU Verantwortung für den globalen Walderhalt übernehmen und somit zum europäischen „Green Deal“ beitragen, der bis 2050 ein klimaneutrales Europa schaffen soll.
  5. Die Entwaldung muss gestoppt und Wälder müssen neu aufgebaut werden. Durch den Stopp der Entwaldung wird die Gefahr weiterer schlimmer Pandemien deutlich reduziert.

Corona-Notspende: Hilferufe aus der ganzen Welt

 

Corona hat weltweit schon zu so viel Leid und zu entsetzlichen Verlusten geführt. Wir müssen uns alle dafür einsetzen, dass die Wälder, die wir für unsere Gesundheit, für das Klima und die Vielfalt auf unserem Planeten brauchen, jetzt nicht noch stärker abgeholzt werden. Der weitere Verlust von Wald führt uns in eine noch schlimmere Katastrophe.

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