Eine steife Brise um die Nase und das unüberhörbare Kreischen der Möwen. Ein Tag an der Nordsee kann einen den Alltagsstress vergessen lassen. Und dann noch der Fisch! Fischbrötchen-Buden und Fischmärkte gibt es ja genug. Und überhaupt: Fisch aus der Region ist doch sicherlich immer gut. Frischer Fisch von Fischers Fritze. Oder vielleicht doch nicht?
Seit Jahren reden wir von überfischten Meeren. Trifft das aber auch für Nordsee Fisch zu? Und wie sicher kann ich als Verbraucher sein, dass der Fisch am Fischstand auch tatsächlich von hier stammt?
Hering – Auf die Region kommt es an
Hering ist einer beliebtesten Speisefische der Deutschen. Gegen Hering ist auch aus ökologischen Gründen nichts einzuwenden, sofern er aus auch von hier aus der Nordsee-Region kommt. Hier sind die Bestände noch stabil. Heringe aus der westlichen Ostsee haben es da deutlich schwerer. Hier zeigt der Klimawandel bereits enorme Spuren. Aufgrund steigender Temperaturen hat sich der fischbare Heringsbestand nahezu halbiert. Hering aus der westlichen Ostsee sollte also nicht auf dein Brötchen.
Matjes – Der jungfräuliche Hering
Eine gern gegessene Variante des Hering ist der Matjes. Rund 100 Millionen Matjes essen die Deutschen pro Jahr. Dazu werden Heringe vor Erreichen ihrer Geschlechtsreife, also in noch „jungfräulichem Zustand“, verarbeitet und in Salzlake eingelegt. Moment mal. Wenn diese Heringe doch dem Meer entnommen werden, noch bevor sie sich fortpflanzen und damit ihren Bestand gewährleisten konnten, klingt das ja nicht besonders nachhaltig. Die gute Nachricht: Heringe werden jedes Jahr nach dem Ablegen der Eier wieder „jungfräulich“. Sie können bis zu 25 Jahre alt werden. Und die beste Nachricht: Dem Heringsbestand in der Nordsee geht es gut und er wird nachhaltig bewirtschaftet. Der Unterschied zwischen einem „normalen“ Hering und einem Matjes besteht vorrangig im Fettgehalt, seinem Alter, dem Fangzeitraum (vor Bildung der Rogen) und der Verarbeitung.
Sofern der Matjes auf Eurem Fischbrötchen aus der Nordsee stammt, ist aus ökologischer Sicht nichts dagegen einzuwenden.
Aal – Unbedingt meiden!
Ein Fisch, der ebenfalls noch oft in regionalen Fischbuden und auf Fischmärkten angeboten wird, ist der Aal. Und das ist richtig doof. In Europa leben inzwischen 95 Prozent weniger Aale als noch in den 1970er Jahren. Er ist vom Aussterben bedroht und steht damit auf der gleichen Gefährdungsstufe wie das Java-Nashorn. Aale verbringen ihr Erwachsenenleben im Süßwasser. Sie kehren nur zur Fortpflanzung zurück ins Meer. Dabei überwinden sie Tausende von Kilometern. Durch den rasanten Rückgang ihrer Bestände ist der Preis für Aal derart gestiegen, dass diese Tiere durch den illegalen Handel zusätzlich bedroht sind. Kriminelle verdienen Hunderte Millionen Euro mit geschmuggelten Aalen!
Um es nochmal deutlich zu machen: Aal solltest Du auf keinen Fall essen!
Kabeljau – Besser meiden
Der Kabeljau gehörte früher zu den sogenannten Brotfischen, weil er so zahlreich vorkam. Heute sind die meisten Bestände überfischt. Der fortschreitende Temperaturanstieg der Ozeane und Meere stellt eine zusätzliche Belastung für den Kabeljaubestand dar. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass durch falsche Fischereipolitik enorme Kabeljaubestände bei Neufundland regelrecht kollabierten.
Daher empfehlen wir: Kabeljau aus Nord- und Ostsee nur mit MSC-Siegel zu kaufen.
Scholle – Die Fangmethode ist entscheidend
Ein anderer typisch angebotener Fisch ist die Scholle, ein Plattfisch. Die Zahl der Schollen in der Nordsee hat in den vergangenen zehn Jahren zugenommen und ist heute auf ihrem Höchststand. In der Nordsee erfolgt die Schollen-Fischerei überwiegend mit Baumkurren. Diese zerstören den Meeresboden und verursachen bis zu 80 Prozent Beifang.
Wer also gerne Scholle aus der Nordsee essen mag: Darauf achten, dass sie nicht mit Baumkurren gefangen wurde.
Schillerlocke – Finger weg!
Hinter der wahrhaft „verlockend“ klingenden Schillerlocke steckt ein Produkt des Dornhais! Hiervon sollten Verbraucher die Finger lassen. Dieser ist aufgrund seiner sehr späten Geschlechtsreife, der geringen Fortpflanzungsrate und der sehr langen Generationsdauer von 25-40 Jahren extrem anfällig für Überfischung.
Auch von MSC-zertifizierten Dornhai-Produkten wie z.B. Schillerlocken raten wir ganz klar ab!
Wirklich Nordsee Fisch? Besser nachfragen!
Die Frage nach der Regionalität kann man nicht so einfach beantworten. Möglicherweise liegt in den Auslagen der Imbisse und Fischgeschäfte auch Hering, Scholle und Co, der nicht direkt aus der heimischen Nordsee stammt (wie z.B. Lachs). Um zu wissen, ob es sich tatsächlich um regionalen Fisch handelt, bleibt Verbrauchern nichts anderes übrig, als direkt nach seiner Herkunft zu fragen. Wer mithilfe dieser Info zusätzlich unseren Fischratgeber nutzt, kann im Nordseeurlaub guten Gewissens seinen Fisch genießen.
Der Beitrag Welcher Nordsee Fisch ist empfehlenswert? erschien zuerst auf WWF Blog.