Mittelmeer in der Klimakrise: Wassertemperaturen hoch wie nie

Das Mittelmeer heizt sich so schnell auf wie kein anderes Meer. In diesem Sommer werden neue Rekorde gemessen. Die Folgen sind verheerend.

Das Mittelmeer erlebt gerade eine enorme Hitzewelle. Auch unter Wasser. Das Wasser ist diesen Sommer bis zu sechs Grad wärmer als in der Vergleichsperiode zwischen 1982 und 2011. Das Tyrrhenische Meer an der westlichen Küste Italiens ist so warm wie noch nie. Nahe der Äolischen Inseln vor Sizilien wurden 30 Grad Wassertemperatur gemeldet. Das ist krass, aber nicht wirklich überraschend.

Sechs Grad Wassertemperatur mehr!

Ungewöhnlich hohe Wassertemperaturen haben schon von 2015 bis 2019 zu einem Massensterben bei rund 50 Arten geführt, wie eine Studie zeigt. In bis zu 45 Metern Tiefe, über tausende Kilometer Küste. Das Mittelmeer ist das sich am schnellsten erhitzende Meer unseres Planeten.

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Die Folgen sind unübersehbar. Viele Arten können sich an derartige Veränderungen nicht anpassen. Fast 1000 gebietsfremde Arten sind bereits neu ins Mittelmeer eingewandert und haben einheimische Arten verdrängt. Die extremen Wetterbedingungen machen das Meer immer saurer und salziger. Die empfindlichen Seegras- und Korallenbänke drohen zu verschwinden.

Das Mittelmeer von heute ist nicht mehr das, was es einmal war. Es befindet sich sozusagen auf der Überholspur in die Klimakatastrophe. Ich empfehle unseren Bericht “The Climate Change Effekt in the Mediterranean: Stories from an overheating sea” , der die Hauptauswirkungen der Klimakrise auf die biologische Vielfalt des Meeres zeigt.

Kurz zusammengefasst: Im gesamten Mittelmeer verändern sich Lebensräume und Populationen enorm. Einheimische Mollusken wie Schnecken und Muscheln sind im Meer vor Israel um fast 90 Prozent zurückgegangen. Es gibt immer mehr Quallen. Allein schon über 600 tropische Fischarten wurden im Mittelmeer entdeckt. Die Folgen dieser Neuankömmlinge können verheerend sein.

Liebt warme Wassertemperaturen Feuerfisch im Mittelmeer
Schöner Fisch, verheerende Wirkung: Feuerfisch im Mittelmeer © atese / iStock / Getty Images

Beispiel Feuerfisch: Die Invasion des Indischen Feuerfisch ist besonders zerstörerisch. Die gefräßigen Fische mit den langen, hochgiftigen Rückenstacheln verbreiteten sich seit ihrer ersten Entdeckung im Mittelmeer anfangs der 90er Jahren inzwischen bis in die Adria. Fressfeinde haben sie kaum, denn die wurden gnadenlos überfischt. Die Feuerfische fressen das Meer leer, die Bestände von Krustentieren und kleinen Fischen sinken dramatisch.

Kaninchenfisch
Netter Name, verheerende Wirkung: Kaninchenfisch im Mittelmeer. Heißt übrigens so, weil er mit mümmelnder Oberlippe frisst. © Philipp Kanstinger / WWF

Beispiel Kaninchenfisch: Auch diese Spezies wanderte über den Suezkanal aus dem Roten Meer ein. Mittlerweile haben sie sich über die gesamte östliche Hälfte des Mittelmeers ausgebreitet. Kaninchenfische machen heute 80 Prozent der Fischfänge in der Türkei aus. Wo sie leben sind die Seegraswiesen nahezu vollständig aufgefressen. Stattdessen dominierten blanke Felsen. Das bedeutet dramatische Auswirkungen auf das gesamte marine Ökosystem, da die Seegraswiesen Lebensräume vieler Arten darstellen. Darüber hinaus sind sie wichtig für das Klima, da einige von ihnen als natürliche Kohlenstoffsenken fungieren.

Edle Steckmuschel Pinna: Abgestorben durch Parasiten , denen die hoge Wassertemperatur hilft
Abgestorben: Edle Steckmuscheln © Philipp Kanstinger / WWF

Beispiel Edle Steckmuschel: Pinna nobilis ist die größte endemische Muschel des Mittelmeer und auch eine der größten der Welt. Sie kam früher häufig vor und war wichtiger Lebensraum für eine Vielzahl von Arten. Heute sind sie kurz vor dem Aussterben. Der Parasit Haplosporidium pinnae hat in den letzten Jahren nahezu alle Steckmuschelfelder im gesamten Mittelmeer vernichtet. Es wird angenommen, dass die hohen Wassertemperaturen dem Parasiten dabei geholfen haben sich so rasend auszubreiten.

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Realität Klimakrise im Mittelmeer

Die Klimakrise ist am und im Mittelmeer spürbare Realität. Wenn wir den Trend umkehren wollen, müssen wir die Erderhitzung stoppen. Aber wir müssen auch den menschlichen Druck durch Überfischung, Verschmutzung, Küstenentwicklung und Schifffahrt verringern. Wir müssen die ökologische Widerstandsfähigkeit des Meeres stärken. Gesunde Ökosysteme und eine blühende Artenvielfalt sind unser bester Schutz vor den Auswirkungen des Klimakrise. Gut verwaltete Meeresschutzgebiete können viel dazu beitragen, den Stress für das Meer so weit wie möglich zu reduzieren. 30 Prozent des Mittelmeeres müssen zu Meeresschutzgebieten werden. Das könnte die Überfischung stoppen, das gesamte System Meer bekäme eine Chance zur Erholung.

Dafür werden wir weiter kämpfen.

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Paranüsse: Wenn Tropenwaldschutz Früchte trägt

Paranüsse stammen aus dem Amazonas. Doch um sie zu ernten, wird kein Regenwald abgeholzt. Im Gegenteil. Denn der Paranussbaum ist ökologisch betrachtet etwas ganz Besonderes — er braucht ein intaktes Regenwald-Ökosystem, um Früchte zu produzieren. Alle Paranüsse in unseren Supermärkten sind daher wild im Regenwald gesammelt worden.

Die Paranuss bietet Lebensgrundlage für indigene und traditionelle Gemeinden,
trägt zur Erhaltung ihrer Kultur bei und vermindert die Attraktivität räuberischer
Einkommensquellen wie Holzeinschlag und Bergbau,
indem sie den intakten Wald in Wert setzt.

Paranuss: Einzigartiges Zusammenspiel der Natur

Weit überragt die runde Krone das dichte, grüne Blätterdach der Amazonas-Regenwälder: Paranussbäume (Bertholletia excelsa) sind sehr groß, bis zu 55 Meter und gehören zu den Bäumen, die das oberste Stockwerk der Tropenwälder bilden. Doch ohne die Bäume und Sträucher darunter würden hier keine Paranüsse wachsen. Die verschiedenen Schichten des Urwaldes dienen sozusagen als Treppenhaus für die einzigen Wildbienen, die fähig sind, die Paranuss-Blüten zu bestäuben. Und das ausgeklügelte ökologische Zusammenspiel geht noch weiter!

Wie wachsen Paranüsse? Wie werden sie geerntet?
Urwald-Riese Paranussbaum © Andre Dib / WWF Brazil

Der Paranuss-Baum wird hauptsächlich von den weiblichen Orchideenbienen (Euglossini) bestäubt. Sie sind groß und kräftig genug, um nötige Distanzen zu überwinden und die großen Blüten des Baumes aufzuklappen. Als Einzelgängerinnen können die Orchideenbienen aber nicht wie unsere Bienen gezüchtet werden. Auch das ist ein Grund, warum Paranüsse nicht gut auf Plantagen wachsen.

Die männlichen Orchideenbienen benötigen außerdem bestimmte Orchideen, die nur in einem intakten Regenwald vorkommen, um mit ihrem Duft die Weibchen zur Paarung anzulocken. Ohne diese Orchideen keine Orchideenbienen, also auch keine Paranüsse.

Schließlich braucht der Baum noch den Aguti: Ein Nagetier, das die Samen im Regenwald verteilt. Es ist mit dem Meerschweinchen verwandt und einer der wenigen Regenwaldbewohner, die fähig sind, die harten, herunter gefallenen Paranuss-Kapseln zu knacken.

Ihr seht, es ist eine ausgefeilte, kaum nachzuahmende Symbiose der Natur, die Paranüsse wachsen lässt und den Baum für den Naturschutz extrem wertvoll macht. Durch die Paranuss trägt der Erhalt großer, intakter Waldökosysteme buchstäblich Früchte.

Paranüsse: Umweltfreundlich und nachhaltig.
Orchideenbiene © Santimanitay / iStock / Getty Images

Wo kommen Paranüsse her?

Der nordbrasilianische Bundesstaat Pará ist namensgebend für die Nuss. Paranüsse wachsen in den tropischen Regenwäldern Guyanas und des Amazonasbeckens von Venezuela bis Brasilien. Deshalb wäre es eigentlich richtig, sie Amazonasnuss zu nennen. Die meisten Paranussbäume wachsen in Brasilien, größter Produzent für den Weltmarkt ist heute Bolivien.

Harte Schale, gehaltvoller Kern: Wie gesund sind Paranüsse?

In der halbmondförmigen Paranuss stecken zahlreiche Nährstoffe wie Magnesium, Kalium, Eisen, Zink, Vitamin E und ungesättigte Fettsäuren. Vegetarier:innen und Veganer:innen schätzen sie vor allem wegen des hohen Gehaltes an pflanzlichem Eiweiß. Auch sind sie besonders reich an Selen, einem Spurenelement, das unter anderem wichtig für die Zellerneuerung und das Immunsystem ist. Bereits eine einzelne Nuss deckt den Tagesbedarf!

Paranüsse sind wie andere Nüsse anfällig für Schimmelpilze (Aflatoxine), besonders weil sie wild im feuchten Regenwald gesammelt werden müssen. Durch gute Praktiken beim Sammeln, Trocknen und Lagern kann der Befall jedoch vermieden werden. Außerdem werden die für den europäischen Markt bestimmten Nüsse besonders strikt auf mögliche Aflatoxine geprüft.

Wie gesund sind Paranüsse? Und wie nachhaltig?
Aguti: Verteilt Paranuss-Samen © GreenReynolds / iStock / Getty-Images

Paranüsse haben aber noch aus einem anderen Grund eine Sonderstellung. Über ihr dünnes Wurzelgeflecht nehmen die Paranussbäume radioaktives Radium aus dem Boden auf, welches sich in den Nüssen anreichert. Zwar kommen auch in vielen anderen Lebensmitteln minimale Dosen radioaktiver Stoffe vor, jedoch ist sie in Paranüssen besonders hoch. Daher empfiehlt das Bundesamt für Strahlenschutz nicht mehr als 2–3 Nüsse (8 Gramm) pro Tag zu essen.

Paranuss: Frucht der Indigenen

Indigene Völker Amazoniens sammeln die Paranuss schon seit Jahrtausenden. Die Tatsache, dass der Paranussbaum heute meistens in Gruppen vorkommt, führt man auch darauf zurück, dass sie von Indigenen vor hunderten von Jahren angepflanzt wurden.

Ende des 19. Jahrhunderts wurde das Amazonasbecken dann auch von Kautschuksammlern besiedelt. Außerhalb der Erntezeit des Kautschuks fingen diese bald an, ebenfalls Paranüsse zu sammeln. Castanheiros nennen sich die Sammler:innen und sind heute in Brasilien als traditionelle Völker anerkannt. Ihre Gemeinden fallen unter eine eigene Schutzkategorie, die ihnen große Territorien zusichert.

Wie nachhaltig ist das Sammeln von Paranüssen?

Natürlich nimmt, wer Wildfrüchte sammelt, immer auch Einfluss auf den natürlichen Kreislauf. Einerseits fehlen diese Früchte als Nahrungsquelle im Wald, andererseits tragen sie nicht mehr zur Ausbreitung des Baumes bei. Derartige Auswirkungen sind beim Sammeln der Paranüsse in den dichten Regenwäldern des Amazonas jedoch gering und werden heute durch spezielle Managementtechniken noch weiter vermindert.

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Die Arbeit ist mühsam und nicht ungefährlich. Die Paranussbäume stehen mitten im Regenwald, oft mehrere Stunden Fußmarsch von der Siedlung entfernt. Die Sammler:innen bleiben in der Erntezeit manchmal mehrere Tage im Wald in der Nähe der Bäume. Paranüsse wachsen in Kokosnuss-ähnlichen Kapseln, die aus großer Höhe herunterfallen, wenn sie reif sind. Die Castanheiros benutzen heute deshalb Schutzhelme, um Kopfverletzungen zu vermeiden. Um an die Nüsse zu kommen, müssen die sehr harten Kapseln per Hand aufgeschlagen werden. Nach dem Herausschlagen der Samen – in guter Entfernung von den Bäumen – werden diese dann in Säcke verpackt, transportiert und später getrocknet.

Das Fällen ganzer Bäume, um an ihre Nüsse zu kommen, ist in Brasilien, Bolivien und Peru verboten. Es wäre aber auch kontraproduktiv. Denn Paranussbäume brauchen viele Jahre, um zu wachsen. 500 Jahre kann ein Paranussbaum alt werden und es dauert Jahrzehnte, bis er Früchte trägt.

Ökologisch, kulturell, sozial

Wie umweltfreundlich sind Paranüsse?
Produkte aus dem Regenwald für den Regenwald © Loiro Cunha / Origens Brasil

Wir vom WWF unterstützen in verschiedenen Projekten in Brasilien und Bolivien die nachhaltige Ernte von Paranüssen und die indigenen und traditionellen Gemeinden, die sich damit ihren Lebensunterhalt sichern. Die Paranuss ist ein gutes Beispiel dafür, wie eng verbunden die biologische, kulturelle und soziale Vielfalt sein können und wie wichtig es ist, das Große und Ganze in seiner Verbindung zu erhalten und zu fördern.

Beispiel Brasilien

In unserem neuesten Projekt in Brasilien – und gleichzeitig unserem größten in Südamerika – arbeiten wir mit verschiedenen indigenen und traditionellen Völkern zusammen. Zum Beispiel mit den Paiter Surui aus dem brasilianischen Bundesstaat Rondônia. Ein wichtiges Ziel des Projektes ist, für die indigene Bevölkerung alternative, nachhaltige Einkommensmöglichkeiten zu schaffen, die es ihnen ermöglichen, selbstbestimmt zu leben und gleichzeitig zur Entwicklung der Gemeinden beizutragen.

Gemeinsam wollen wir eine Wertschöpfungskette für Paranüsse so aufbauen, dass Käufer:innen im Supermarkt erkennen können, wo und durch welche Gemeinden die Paranüsse geerntet wurden und dadurch bereit sind, einen fairen Preis zu bezahlen. Zu unseren Maßnahmen zählen Fortbildungen hinsichtlich der Ernte, Aufbau der nötigen Infrastruktur zu Weiterverarbeitung, Einführung eines Systems zur Nachverfolgbarkeit und Zertifizierung der Produktion sowie die Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Marktzugang.

Hier noch ein Video unserer Partnerorganisation Origens Brasil:

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Getöteter Wisent bereits zuvor angeschossen: Der Westerwald ist nicht der Wilde Westen

Keine gute Nachricht für den Artenschutz in Deutschland: Der im Westerwald aufgefundene und zu seiner Erlösung erschossene Wisentbulle ist nun ein Fall für die Staatsanwaltschaft. Zum einen wurde bei der Obduktion des toten Tieres eine ältere Schussverletzung festgestellt, die nicht im Zusammenhang mit dem tödlichen Schuss steht. Diese mehrere Monate alte Verletzung könnte der Grund für den allgemein sehr schlechten Zustand des Tieres gewesen sein. Zum anderen ist auch die rechtliche Grundlage für den erlösenden Schuss im Juni fraglich, da zuvor wohl nicht die notwendige Genehmigung des Umweltministeriums eingeholt wurde.

Erschossener Wisent im Westerwald: Folge einer älteren Straftat

Die alte Schusswunde aus dem Obduktionsbericht lässt die Schlussfolgerung zu, dass der Wisent schon zuvor unrechtmäßig angeschossen wurde. Das wäre selbst bei nicht geschützten Arten ein Problem. Denn angeschossenes Wild muss vom Jagdbeauftragten gesucht und erlöst werden. Davon abgesehen sind Wisente laut europäischem und nationalem Recht aber streng geschützt und dürfen keinesfalls bejagt werden. Die Schussverletzung ist dementsprechend ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutz‑, sowie das Bundesjagdgesetz. Dieser Straftat muss nachgegangen und die Täter:innen müssen angemessen bestraft werden! Wer einem Tier einer streng geschützten Art ohne vernünftigen Grund nachstellt, es fängt, verletzt oder tötet, begeht eine Straftat und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe belegt werden (BNatSchG §71 in Anlehnung an §44).

Wie kam der Wisentbulle in den Westerwald?

Das Tier stammt von einer freilebenden Herde im 150 Kilometer entfernten Rothaargebirge im Sauerland in Nordrhein-Westfalen. Dort wurden die urigen Wildrinder 2013 wieder angesiedelt. Da männliche Wisente allein losziehen, um andere Weibchen zu finden, ist der Bulle Richtung Süden abgewandert und schließlich im Westerwald angekommen.

Warum musste der Wisent erschossen werden?

Am 21. Juni 2022 wurde der Wisentbulle völlig entkräftet und schwer verletzt in Selters in Rheinland-Pfalz gefunden. Anscheinend hatte sich das Tier mehrere Beine gebrochen und lag schon längere Zeit am Boden. Auch ein Madenbefall wurde festgestellt. Nach Abstimmung von Polizei, dem Jagdausübungsberechtigten und einem tierärztlichen Notdienst wurde der Wisent aufgrund seines schlechten Gesundheitszustands von einem Jäger erschossen.

Laut Bundesnaturschutzgesetz ist für die letale Entnahme eines streng geschützten Tieres wie dem Wisent jedoch zwingend eine Ausnahmegenehmigung notwendig, welche laut Medienberichten nicht vorlag. Die Entscheidungsbefugnis liegt in so einem Fall allein beim zuständigen Ministerium.

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Nicht der erste gewilderte Wisent in Deutschland

Im Jahr 2017 gab es bereits einen Fall, der durch die Medien ging: Nach der Ausrottung der Wisente in Deutschland überquerte ein Wisentbulle erstmals nach mehreren Jahrhunderten die Grenze von Polen nach Deutschland. Kurz nach dem Grenzübertritt wurde der Wisent, der zu uns in die Heimat seiner Vorfahren zurückgekehrt war, in Lebus in Ostbrandenburg ohne vorhandene Ausnahmegenehmigung erschossen. Der WWF hat damals Strafanzeige wegen des Abschusses gestellt. Das Justizministerium Brandenburg stufte die Tötung des Wisents als illegal ein. Auch die illegale Tötung von anderen unter Artenschutz stehenden Tieren wie zum Beispiel Wölfen, Luchsen oder Greifvögeln ist keine Seltenheit in Deutschland.

WWF fordert umfassende Aufklärung

Dass es nun wieder eine illegale Handlung gegen einen Wisent gab, schockiert uns als WWF sehr und zeigt, wie wichtig die Arbeit für den Artenschutz in Deutschland weiterhin ist. Denn ohne die Unterstützung der Menschen vor Ort und der Behörden sieht es für die Artenvielfalt in Deutschland düster aus. Die illegale Tötung oder das Verletzen eines streng geschützten Tieres ist kein Kavaliersdelikt. Deshalb fordern wir als WWF Deutschland eine umfassende Untersuchung und Aufklärung des Falles, damit es zu keinen weiteren illegalen Abschüssen von unter Schutz stehenden Tieren kommt.

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Wisente schützen, Wilderei verhindern

Um weitere Fälle wie in Lebus und im Westerwald künftig zu verhindern, setzt sich der WWF im EU-Interreg geförderten Projekt LosBonasus-Crossing!  für die Lösung von Konflikten zwischen Wisent und Mensch ein und erarbeitet Empfehlungen für ein artgerechtes Management und Monitoring der großen Pflanzenfresser.

„Zusammen für den Umweltschutz“

Das Projekt „ŁośBonasus – Crossing!“ wird durch die Europäische Union aus Mitteln des Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen der Gemeinschaftsinitiative „Interreg VA Mecklenburg-Vorpommern / Brandenburg / Polen“ kofinanziert. Ziel der Initiative ist die Förderung der territorialen Zusammenarbeit zwischen EU-Mitgliedstaaten und benachbarten Nicht-EU-Ländern. Das Programm fördert grenzübergreifende Maßnahmen der Zusammenarbeit u.a. im Bereich des Umweltschutzes.Interreg Wisente Elche Polska Mecklenburg Brandenburg

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Affenpocken: Warum uns immer wieder Zoonosen heimsuchen

Covid-19 ist noch nicht ganz überstanden und schon wird von der nächste Epidemie berichtet: Affenpocken. Wieder eine Zoonose. Diesmal wird eine Gefährdung für die Gesundheit der breiten Bevölkerung in Deutschland als gering eingeschätzt. Trotzdem zeigt uns dieser Ausbruch wieder einmal: Unser rücksichtsloser Umgang mit Natur und Wildtieren fällt uns immer wieder auf die Füße.

Was haben COVID-19 und Affenpocken gemeinsam?

Es handelt sich bei beiden um eine Viruserkrankung und es sind beides Zoonosen. Also Erreger, die zwischen Mensch und Tier übertragen werden können. Ansonsten sind die zwei Krankheitserreger sehr unterschiedlich. Das Affenpockenvirus (monkeypox virus, MPXV) ist mit dem ausgerotteten Pockenvirus verwandt. Es ist in West- und Zentralafrika bei Nagetieren verbreitet. Diese gelten als Erregerreservoir, also oft symptomlose Träger. Trotz den Namens sind Affen nur Fehlwirte, aber erkranken dafür an dem Virus. Affenpocken sind auf den Menschen übertragbar und damit eine Zoonose. Sie lösen bei uns in der Regel eine milde, Pocken-ähnliche Erkrankung aus.

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Im Gegensatz zu SARS-CoV‑2 sind Affenpocken nicht neu. Sie wurden erstmal 1958 bei Affen und dann 1970 beim Menschen in der Demokratischen Republik Kongo beobachtet. Es besteht aktuell auch deutlich weniger Grund zur Sorge als bei Covid-19. In der Regel heilt die Erkrankung ohne Folgen aus. Insbesondere in Europa rechnen wir aufgrund der guten medizinischen Versorgung mit wenigen tödlichen Verläufen. Beim Ausbruch in Nigeria 2017 waren es etwa sechs Prozent. Auch sind die Affenpocken weniger leicht übertragbar. Trotzdem zeigt uns der Ursprung dieser Epidemie wieder einmal, dass es kein „weiter so“ im Umgang mit der Natur geben kann — wie es schon Covid-19 so schmerzlich getan hat.

Der Ursprung der Affenpocken

Das Affenpockenvirus wird von infizierten Tieren zum Menschen oder anderen empfänglichen Arten übertragen. Durch Bisse, Kratzer, Körperflüssigkeiten. Oder bei Kontakt mit Tierkörpern, etwa bei der Jagd und durch den Verzehr von nicht ausreichend erhitztem Fleisch.

Übertragungen von Mensch zu Mensch sind ebenfalls möglich, vor allem bei engem Kontakt. Genau, damit ist Sex oder Knutschen gemeint. Auch über Gegenstände, die mit dem Virus kontaminiert wurden, können andere sich infizieren.

Zoonosen: Mikroskop-Nahaufnahme der Affenpocken
Affenpocken unter dem Mikroskop © Udomkarn Chitkul / iStock / Getty Images

2003 kam es zum ersten Nachweis von Affenpocken beim Menschen außerhalb Afrikas. Als Ursache wurde der Import von Nagetieren aus Ghana in die USA identifiziert. Die Übertragung der Erkrankung erfolgte über infizierte Präriehunde auf Händler und Tierbesitzer.

So unterstreicht die Welt-Tiergesundheitsorganisation (WOAH) dass der unregulierte Handel mit Wildtieren (inklusive Fleisch und Wildtierprodukte) zu einer länderübergreifenden Verbreitung von Infektionskrankheiten wie Affenpocken führen kann.

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Seit Mitte Mai 2022 melden nun mehrere Länder, in denen Affenpocken nicht endemisch sind, eine Häufung von Infektionen mit dem Affenpockenvirus. In Deutschland sind bis Anfang Juli 1054 Affenpockenfälle gemeldet worden. Über welche Tiere das Virus bei diesen Fällen auf Menschen übergesprungen ist, wissen wir derzeit nicht. Das Besondere ist, dass die Betroffenen zuvor nicht – wie sonst in der Vergangenheit – in afrikanische Länder gereist waren, in denen das Virus endemisch ist.

Welche Tiere sind Träger der Affenpocken?

Verschiedene Säugetiere, unter anderem das Rotschenkelhörnchen, Baumhörnchen, Gambia-Riesenhamsterratten, Bilchmäuse und Primaten. Einige Arten bleiben asymptomatisch, insbesondere die, die als Reservoir in Frage kommen (Nagetiere). Andere Säugetiere wie Affen zeigen Hautausschläge, die denen des Menschen ähneln. Es besteht ein potenzielles Risiko der Rückübertragung auf empfängliche Tiere.

Warum sehen wir immer Ausbrüche dieser Art?

Gerade in den Tropen wird der Mensch-Wildtierkontakt immer intensiver. Das Nahrungsverhalten vor Ort hat sich zwangsweise verändert, weil die Menschen vermehrt Nagetiere und andere kleine Säugetiere jagen, weil große Tierarten, die sonst als Fleischlieferanten gedient haben, häufig ausgejagt sind, weil die Artenvielfalt (Biodiversität) verloren geht.

Forschende machen immer wieder auf diesen Link zwischen Biodiversitätsverlust und Infektionskrankheiten aufmerksam (Keesing 2010). Neben Entwaldung, dem illegalen, unsicheren Handel mit Wildtieren, neben Jagd und Verzehr kann nämlich auch das Artensterben das Vorkommen von Krankheitserregern verändern. Und zwar mit deutlichem Nachteil für uns Menschen.

Zoonosen Tiere Entwicklung
Hier sieht man die den Menschen infizierende Viren, die in den letzten 120 Jahren auftraten mit einem auffallenden Anstieg der Kurve in den letzten Dekaden. Die bekanntesten Ausbrüche sind angezeigt © WWF

Was geschehen muss:

Wenn wir Zoonosen in Zukunft vermeiden oder wenigstens vermindern wollen muss folgendes passieren:

Nur dann haben wir eine Chance, dass nicht ständig die nächste Zooonose mit potenziell tödlichem Ausgang uns heimsuchen wird.

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Morde am Amazonas

Wir sind entsetzt von den Morden im Amazonas. Entsetzt, aber nicht überrascht. Der Amazonas stirbt — und seine Verteidiger werden immer öfter umgebracht.

Am Mittwochabend (15. Juni 2022) wurden die sterblichen Überreste des Forschers Bruno Araújo Pereira und des britischen Journalisten Dom Phillips, der für die Zeitung The Guardian arbeitete, in der Region Vale do Javari im Amazonasgebiet gefunden. 70 Prozent der weltweit isoliert lebenden Indigenen haben hier ihre Heimat. Die beiden Opfer haben im Javari-Tal für ein Buch über Gewalt gegen Indigene und einen nachhaltigen Schutz des Regenwalds recherchiert.

Zwei festgenommenen Verdächtige sollen der Polizei gestanden haben, an der Tötung von Phillips und Pereira beteiligt gewesen zu sein.

Amazonas verlieren Indigene: Exhumierung der Leichen
Exhumierung der beiden Opfer ©
Bruno Kelly / picture alliance / REUTERS

Zusammen mit dem WWF-Brasilien möchte ich zunächst meine Solidarität und Unterstützung für die Familien, Freunde und Kollegen dieser Waldschützer zum Ausdruck bringen.

So kann es nicht weitergehen im Amazonas!

Was Bruno und Dom angetan wurde, macht deutlich, dass der Amazonas dem Gesetz der Mächtigen ausgeliefert ist, in dem Brutalität die Regel ist. Wir sind zutiefst empört, in welcher Situation die Völker des Waldes und ihre Verteidiger vom brasilianischen Staat zurückgelassen wurden. Dazu gehören brutale Morde ohne Aufklärung und eine auf Zwang und Gewalt basierende Herrschaft durch Kriminelle: Drogenhändler, illegale Bergleute, Landräuber, illegale Holzfäller, Jäger und illegale Fischer.

Hilf uns dem Amazonas zu helfen

Amazonas: Entwaldung im Luftbild
Es wird viel mehr abgeholzt © Staffan Widstrand / WWF

Zusammen schützen wir den Regenwald als Klimaanlage der Welt! Jetzt mitmachen!

Der Staat lässt die Verteidiger des Amazonas im Stich

Wir haben eine Reihe von Morden erlebt, ohne dass sich der Staat um die Aufklärung und Bestrafung bemüht hätte. Im Fall von Dom und Bruno wurde sogar gezögert, die Ermittlungen aufzunehmen. Es ist die Missachtung der Regierung gegenüber dem Amazonas und seinen Beschützern, die die Ermordung von Dom und Bruno und unzähligen Personen ermöglicht hat: Ari Uru Eu Wau Wau, Paulino Guajajara, Maxciel Pereira dos Santos, Zé do Lago und Familie. Laut einer Erhebung der Nichtregierungsorganisation Global Witness liegt Brasilien auf Platz vier unter den Ländern, in denen am meisten Umweltaktivisten umgebracht werden.

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In den letzten Jahren wurden alle Instanzen des Schutzes der Waldvölker und der Umwelt systematisch abgebaut und diskreditiert. Die Gewalt hat in den letzten drei Jahren exponentiell zugenommen. Unternommen wurde nichts. Ganz im Gegenteil. Laut einer in dieser Woche veröffentlichten Studie gibt es in der Regierung ein Projekt zur Zerschlagung der Behörde Funai (Nationale Stiftung für indigene Völker). Also der Einrichtung, die über die Rechte der indigenen Völker wachen sollte. Und im Kongress gibt es Gesetzesentwürfe, die den Schutz dieser Völker weiter schwächen.

Der Tod des Amazonas

Der Tod von Dom und Bruno steht im Zusammenhang mit dem Tod des Amazonasgebietes. Allein im Mai 2022 brach die Zahl der Brände und der Abholzung im Amazonasgebiet Rekorde. Die Feuer nahmen im Vergleich zum Durchschnitt des Monats Mai der letzten zehn Jahre um 184 Prozent zu. Der Amazonas verlor zwischen Januar und Mai 2867 Quadratkilometer Wald. Es ist damit das dritte Jahr in Folge ein Rekord der Verwüstung. Wir waren noch nie so nahe an dem Punkt, an dem der Wald sich nicht mehr selbst erhalten kann. Überschreiten wir diesen Kipppunkt stirb so viel Urwald und setzt so viel CO2 frei, dass wir auch den 1,5 °C Ziel des Pariser Abkommens vergessen können.

Amazonas Entwaldung schreitet weiter voran
Amazonas: Es wird immer schlimmer © Juvenal Pereira / WWF Brasilien

Trotzdem stehen auf der Tagesordnung des Nationalkongresses häufig Gesetzesentwürfe, die die Zerstörung des größten Tropenwaldes der Erde begünstigen. Obwohl vom Amazonas die Niederschläge abhängen, welche die Wasser- und Stromversorgung Brasiliens sicherstellen, und von denen die Landwirtschaft abhängt. Den Amazonas zu töten, bedeutet Brasilien zu töten — ein Land, das mit dem Mord an Bruno und Dom ein wenig gestorben ist.

Wir fordern rigorose Aufklärung!

Der Amazonas stirbt jeden Tag auf grausame und unmenschliche Weise. Vor unseren Augen und vor denen, die ihn versuchen, ihn zu erhalten. Angesichts dieser neuen Toten brauchen wir eine rigorose Untersuchung, um herauszufinden, ob es noch andere Beteiligte gibt. Es gibt Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen diesem Verbrechen und dem Drogenhandel in der Region. Es ist auch notwendig, dass dieser Fall eine exemplarische Bestrafung erfährt, damit er zu einer Referenz im Kampf gegen die Straflosigkeit in der von Kriminalität geprägten Region wird.

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Nicht weniger wichtig ist, dass die brasilianische Regierung ihrer Rolle gerecht wird und konkrete Maßnahmen ergreift, um weitere Massaker zu verhindern, wie etwa den Rückzug der Eindringlinge aus dem Land der Yanomami, dem Land der Uru Eu Wau Wau-Indianer und anderen indigenen Gebieten.

Wir können es nicht hinnehmen, dass das Amazonasgebiet weiterhin ein gesetzloses Land ohne staatliche Kontrolle ist, dass seine Verteidiger zum Opfer macht.

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