Pantanal, Cerrado und Amazonas: Warum es in den wichtigsten Biomen Brasiliens brennt

Es brennt im Pantanal, so schlimm wie nie. Obwohl die Trockenzeit erst beginnt. Auch im Cerrado und Amazonas lodert es auf Rekordniveau. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2024 brachen die wichtigsten brasilianischen Biome Rekorde. Außerdem sinken die Wasserpegel des Pantanal und vieler Flüsse in atemberaubendem Tempo.

  • Das Pantanal ist fast halb so groß wie Deutschland. Im größten Süßwasserfeuchtgebiet der Erde wüten momentan die meisten Feuer seitdem Brände von Satelliten des National Institute for Space Research (INPE) überwacht werden. Im Pantanal wurden 3262 Brände entdeckt, 22-mal mehr als im gleichen Zeitraum des Vorjahres.
  • Auch der Cerrado bricht dieses Jahr alle Feuerrekorde. Bis Ende Juni wurden mit 12.097 Brandherden die meisten Feuer seit 1998 gezählt.
  • Aber es brennt auch im Amazonas: Die Zahl der Feuer ist die höchste in den letzten 20 Jahren. Hier wurden fast 13.000 Brände festgestellt, ein Anstieg von mehr als Dreiviertel im Vergleich zum Vorjahr. Und dass, obwohl die Entwaldung im Amazonas seit dem Amtsantritt von Präsident Luna da Silva deutlich zurückgeht. Diesmal liegen die Ursachen nicht nur bei Brandrodung

Es besorgt mich und meine Kolleg:innen sehr, dass die Situation schon zu Beginn der Trockenzeit so dramatisch ist. Das Feuchtgebiet Pantanal erlebt eine schwere Dürre. Die knappen und unregelmäßigen Regenfälle reichten nicht aus, damit die Flüsse überlaufen und die eigentlich typische Seenlandschaft schaffen — den Lebensraum für Kaimane, Riesenotter, Ameisenbär und Jaguar. Stattdessen kamen die Feuer. Schon jetzt sind es mehr Feuer als 2020, als ein Drittel des Pantanal brannte und wahrscheinlich mehr als 17 Millionen Wirbeltier getötet wurden.

Cerrado, die “Wiege des Wassers”

Das Wasser des Pantanal kommt aus dem Cerrado, einer riesigen Savanne, die sich über zwei Millionen Quadratkilometern von Zentralbrasilien bis nach Bolivien und Paraguay erstreckt. Der Cerrado ist ein Biodiversität-Hotspot und beheimatet unzählige endemische Arten. Aber noch wichtiger: Die Hochebenen des Cerrado sind als Berça das águas bekannt, als Wiege des Wassers. Hier liegen die Quellen einiger der größten Flüsse des Landes. Sie versorgen das Amazonasbecken, das Pantanal, den Atlantischen Regenwald, ein Großteil der Landwirtschaft und die größten Ballungsgebiete Brasiliens.

Feuer im Pantanal, Brasilien
Es brennt im Pantanal so oft wie nie zuvor
© IMAGO-Xinhua-LucioTavora

Die ökologische Bedeutung des Cerrado wird aber leider missachtet. Im Cerrado wird weiter gnadenlos abgeholzt, hier geht die Umwandlung in landwirtschaftliche Flächen fast ungebremst weiter. Aus der Savanne werden Rinderfarmen, Soja- und Maisfelder. Der Cerrado hat in den letzten zwei Jahrzehnten fast 60 Prozent der ursprünglichen Vegetation verloren. Und daran tragen wir eine Mitschuld. So stammen beispielsweise 70 Prozent des in die EU importierten Sojas, das mit Naturzerstörung in Verbindung gebracht wird, aus dieser Region.

Cerrado, Brasilien: Wo Savanne war ist jetzt eine Kaffeeplantage
Cerrado: Wo Savanne war ist jetzt eine Kaffeeplantage © IMAGO / Pond5Images

Die Konsequenten zeigen sich jetzt: Ohne die wasserspeichernden Wälder des Cerrado trocknen die Flüsse und Feuchtgebiete zunehmend aus. Die Folgen der Klimakrise und das Phänomen El Niño verschärfen die Wasserknappheit. Großen Teilen Brasiliens geht das Wasser aus, auch wenn es nicht in Flammen aufgeht.

Doch es gibt bei aller Sorge für mich auch Hoffnung: Schutzgebiete und Indigene Territorien sind echte Brandmauern! Satellitenbilder zeigen deutlich: Wo Schutzgebiete sind und wo Indigene Territorien liegen, ist der Wald in einem deutlich besseren Zustand. Studien untermauern dieses Bild mit eindeutigen Zahlen: Nur 1,6 Prozent der Entwaldung im Amazonas der letzten Jahrzehnte betrafen Indigene Territorien. Im Amazonasgebiet fanden fast 90 Prozent der Entwaldung außerhalb von Schutzgebieten statt.

Schlüsselbiom Cerrado

Jedoch ist der Cerrado weitaus weniger geschützt als der Amazonas. Weniger als ein Zehntel steht unter Schutz, dazu kommen fünf Prozent indigene Territorien. Im Amazonas dagegen sind zusammengenommen mehr als die Hälfte des Gebiets. Deshalb setzt sich der WWF für Ausweisung neuer Schutzgebiete und für die Landrechte traditioneller und indigener Völker im Cerrado ein. Wir brauchen gemeinsame Anstrengungen, um die Entwaldung zu kontrollieren, um uns von degradierten Gebieten zu erholen. Es reicht eben nicht „nur“ den Amazonas zu schützen. Alles hängt mit allem zusammen. Wir müssen auch den Cerrado schützen, wenn wir das Pantnal und den Amazonas retten wollen.

Wir vom WWF tun alles, um auch die Regierung in Brasilien davon zu überzeugen, dass auch der Cerrado deutlich mehr Schutz braucht. Es würde mich sehr freuen, wenn ihr unsere Arbeit weiter unterstützt! Es fühlt sich heute wichtiger als jemals an.

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Vogelgrippe: Wie wir Pandemien bekämpfen müssen

Was wir über die Gefahren der Vogelgrippe sagen können — und wie wir potenziellen neuen Pandemien entgegenwirken können.

Corona ist zwar noch da, gefühlt aber von gestern. Heute diskutieren wir erneut über die Hoch Pathogene Aviäre Influenza (H5N1), auch Vogelgrippe genannt. Das vor allem für Vögel tödliche Virus kann sich mit anderen Viren kombinieren und springt auf immer mehr Säugetiere über.

Das Virus kennen schon seit Jahrzehnten. Wahrscheinlich entstand es in den 1960er-Jahren in asiatischen Geflügelfarmen und konnte von dort immer wieder auf Wildvögel übergehen. Seit März 2024 werden Infektionen bei Milchkühen in den USA bekannt. Inzwischen haben sich dort mehrere Mitarbeiter von Milchviehbetrieben infiziert. Die Vogelgrippe kommt uns Menschen immer näher.

Vogelgrippe: Das Virus hat es geschafft auf Kühe überzuspringen
Vogelgrippe: Das Virus hat es geschafft auf Kühe überzuspringen © imago

Auch wenn die Vogelgrippe bisher nur sporadisch auf den Menschen überschlägt: Sie ist eine ernste Bedrohung, die wir nicht unterschätzen dürfen. Die Schäden für Natur und Wirtschaft sind enorm. Alle Vogelarten können sich an H5N1 anstecken. Das Virus hat schon verheerende Wirkungen auf die Biodiversität bei ökologisch wichtigen Wildvögeln gezeigt, wie etwa bei Pelikanen. Und ganze Bestände von Nutztieren mussten und müssen gekeult werden.

Und wir haben ‑trotz Corona- noch immer nicht die notwendigen Schritte unternommen, um die Ursachen für die  nächste und übernächste und überübernächste Pandemie zu beseitigen.

Bei der aktuellen Vogelgrippe ist es relativ simpel das Risiko zu minimieren:

  • Kranke oder tote Vögel nicht anfassen, sondern umgehend dem Veterinäramt melden.
  • Keine Lebensmittel in der Natur zurücklassen, um die Verbreitung von Infektionen zu verhindern.
  • Überwachung von Infektionen in Wildtieren und Nutztieren. Rinder zeigen oft keine oder nur milde Symptome wie zum Beispiel geringere Milchproduktion. Ein direkter Übertrag auf den Menschen ist bisher extrem selten, aber natürlich müssen wir die Entwicklung der Lage genau beobachten.
  • Die Übertragung erfolgt nicht nur über Kot, sondern auch über Futter und Geräte von Farm zu Farm. Wir müssen für Hygiene in den Betrieben sorgen und den Kontakt von Nutztieren mit Wildvögeln vermeiden.
  • Rohe Milch von infizierten Kühen gilt als Risikomaterial — und sollte nicht vermarktet werden.

Vor allem müssen wir aber endlich Konsequenzen ziehen. Man schätzt, dass weitere 1,7 Millionen derzeit “unentdeckte” Viren in Säugetieren und Vögeln existieren, von denen bis zu 827.000 den Menschen infizieren könnten. Nach Corona bedeutet vor der nächsten Zoonose. Wir Menschen sind sehr gut beraten uns darauf einzustellen. Und damit meine ich nicht nur Notfallpläne in der Schublade zu haben und Masken bereitzustellen.

Naturschutz ist der Schlüssel gegen Zoonosen wie die Vogelgrippe

Prävention ist immer besser als Reaktion. Durch den Schutz der Natur können wir das Risiko neuer Zoonosen verringern – und das kostet nur einen Bruchteil von der Bekämpfung einer bereits ausgebrochenen Pandemie.

Der längst erforschte Zusammenhang zwischen Landnutzungswandel, insbesondere Entwaldung, und dem Auftreten von Krankheiten verdeutlicht wie wichtig dieser ganzheitliche Ansatz ist.

Die Natur ist das Bollwerk gegen Pandemien. Wenn wir Ökosysteme schützen, verringern wir das Risiko von Spillover-Ereignissen wie jetzt bei der Vogelgrippe. Wir müssen also die Verluste natürlicher Ökosysteme und der biologischen Vielfalt eindämmen, vor allem bei der Entwaldung. Der Handel mit Wildtieren muss reguliert werden. Wir müssen die Gesundheitsfürsorge für Mensch und Tier in tropischen Regionen verbessern, die Biosicherheit in der Tierhaltung stärken und die Überwachung zoonotischer Viren verbessern.

Ich kann es gar nicht oft genug betonen: Indem wir die Gesundheit von Tieren, Menschen und Ökosystemen in den Fokus rücken, helfen wir zukünftige Pandemien zu verhindern. Genau daran arbeiten wir beim WWF.

Der One Health Ansatz betont die Verbindung zwischen der Gesundheit von Nutz- und Wildtieren sowie des Menschen. Wir beim WWF engagieren uns in diesem Bereich. Und wir setzen uns nicht erst seit Corona für präventive Maßnahmen ein, um zukünftige Pandemien zu verhindern, etwa bei den Verhandlungen zu einem globalen Pandemieabkommen. Denn auch auch hier muss gelten: Prävention ist besser, nachhaltiger und auch viel, viel günstiger als Reaktion.

Ich würde mich freuen, wenn Ihr unsere Arbeit unterstützt!

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Hurra, Hurra, der Luchs ist da!

Er ist wieder da: Der Luchs. Zumindest zwei von ihnen streifen jetzt wieder durch den Thüringer Wald. Weitere  18 Tiere sollen folgen und den Grundstein für eine gesunde Luchspopulation in der Region legen.

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Die Vorgeschichte der beiden tierischen Protagonist:innen könnte unterschiedlicher kaum sein: “Aristocats” in echt.  Zum einen ist da Frieda, eine “Luchslady” aus dem  Wildkatzendorf Hütscheroda. Sie ist schon im Gehege geboren. “Vollpension” und “Gesundheitsversorgung” inclusive. Die Freiheit hat das Tier hingegen nie gesehen. Frieda hat sich ihre extreme Scheu bewahrt und genau dadurch ist sie für das Auswilderungsprojekt geeignet.

Die ersten Schritte in die Freiheit. Frieda, ein Luchsweibchen aus dem Gehege im Wildkatzendorf Hütscheroda startet in ihr neues Leben im Thüringer Wald. © Max Kesberger / Luchs Thüringen

Nicht ganz freiwilliger Zuwanderer

Bei ihrem potenziellen Partner Viorel ist das anders. Scheu ist auch er, aber vor allem wild. Viorel tappte erst im März rumänischen Naturschützern von der Vereinigung zum Erhalt der Biodiversität (ACDB), in eine Kastenfalle. Gefangenschaft auf Zeit. Von den Karpaten ging seine Reise ins Auswilderungshege nach Thüringen. Dort winkte schon bald die Freiheit. Nach wenigen Wochen Eingewöhnungszeit. Gesundheitscheck und Besenderung konnte der wilde “Kuder”, so werden männliche Luchse genannt, in seinem neuen Revier wieder auf die Jagd nach Rehen gehen.

Geht die eine Tür zu, geht eine andere Tür auf: Der Luchs “Viorel” aus den Karpaten auf dem Weg in sein neues Revier. © Max Kesberger / Luchs Thüringen

Freiheit auf Raten

Damit sich Frieda und Viorel schon einmal beschnuppern konnten, wurden sie einige Wochen in zwei voneinander getrennten Einheiten eines kleinen “Soft-Release-Geheges” untergebracht. Am 15. Mai öffnete man die Türen. Jetzt heißt es: Daumen drücken, dass die Tiere sich einleben und sich hoffentlich gut riechen können!  Ob die olfaktorische Eheanbahnung funktioniert hat, müssen die nächsten Monate zeigen. Mittelfristig dürfte das Angebot an passenden Partnern vielfältiger werden. Denn es stehen bis 2027  weitere Auswilderungen an.

Das Projekt

Die Freilassung ist der Auftakt des größeren Projekts “Luchs Thüringen”. Das Comeback des Luchses wird vom Freistaat und der EU mit Mitteln aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds (EULER) finanziert. Ziel ist es, den Luchsen im Thüringer Wald eine dauerhafte Zukunft zu geben. Aktuell leben in Deutschland rund 130 selbständige Luchse, die sich vor allem auf drei Verbreitungsgebiete verteilen: den Bayerischen Wald, den Harz, und seit wenigen Jahren auch den  Pfälzerwald. Alle drei Regionen sind jedoch mindestens 250 km voneinander entfernt und auch von anderen europäischen Luchsvorkommen weitgehend isoliert.

Der Thüringer Wald soll eine Art Brücke bilden. Zwar tauchen hier  gelegentlich männliche Tieren aus dem Harz oder dem Bayrischen Wald auf, doch die sind meist nur auf der Durchreise. Eine Population kann jedoch nur entstehen, wo es auch Weibchen und Nachwuchs gibt. Junge Luchsweibchen richten ihre Reviere allerdings in der Regel nur in direktem Kontakt zu Revieren von Artgenossen ein, so dass sich die Art nur sehr schlecht ausbreiten kann.  Die angesiedelten Artgenossen sollen das beschleunigen. Wir möchten eine Brücke zwischen den Luchspopulationen im Harz und im Bayerischen Wald entstehen lassen, um einen genetischen Austausch zu ermöglichen und somit die Diversität und Stabilität der Luchspopulationen in Europa zu fördern.

Dem Luchs auf die Sprünge helfen. Die Ansiedelung der Tiere in Thüringen soll helfen, die bestehenden Populationen miteinander zu vernetzen.  © WWF Deutschland

 

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Die Wiederansiedlung der Pinselohren in Thüringen ist ein Gemeinschaftsprojekt. Neben BUND Thüringen und dem WWF engagieren sich acht weitere Projektpartner aus Deutschland und Rumänien  für eine dauerhafte Rückkehr der Luchse.

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Umweltverbrechen im Visier der EU

Die EU will härter gegen Umweltverbrechen vorgehen. Mit einer neuen Direktive sagt sie Schmugglern, Wilderern und kriminellen Netzwerken den Kampf an. Höchste Zeit, denn es geht nicht nur um viel Geld, sondern den Erhalt unserer Lebensgrundlage.

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Es ist das drittgrößte organisierte Verbrechen weltweit. Ich spreche aber nicht etwa vom Waffenhandel. Oder dem Handel mit Menschen. Ich spreche von Verbrechen gegen unsere Umwelt. Von illegalem Handel mit geschützten Tieren und Pflanzen, von illegalem Holzeinschlag, von illegalem Bergbau und dem unregulierten Leerfischen unserer Meere. Der jährliche Umsatz dieser dunklen Geschäfte liegt Interpol zufolge irgendwo zwischen  110 und 280 Milliarden US Dollar.  Nur beim  Handel mit Drogen und Warenfälschungen ist noch mehr Geld im Spiel. Unglaublich? Leider nicht!

Immense Schäden

Die Schäden, die die sogenannte Umweltkriminalität an unserem Planeten, der Biodiversität und damit zuletzt auch an uns anrichtet, sind immens. Rund 6.000 Arten sind weltweit vom illegalen Artenhandel betroffen. Nashörner, Elefanten, Tiger – das wissen wir alle. Aber es sind auch unzählige Reptilien, Vögel und Pflanzen, die der Natur entrissen und  illegal gehandelt werden. Beim Holz liegt der illegale Anteil zwischen 15 und 30 Prozent — in den Tropen sogar bei 60 bis 90 Prozent.

Der Handel mit illegalem Tropenholz blüht leider nach wie vor. Ein großer Teil  stammt aus dunklen Quellen. © M. Isensee e Sa / iStock / Getty-Images

Und jeder fünfte Fisch, der irgendwo auf der Welt auf den Tellern landet, stammt aus illegaler Fischerei.  Das alles zerstört Ökosysteme, treibt den Klimawandel und vernichtet unsere Lebensgrundlage. Das Geschäft ist so lukrativ und verglichen mit anderen schweren Verbrechen so wenig risikobehaftet, dass es mittlerweile als größte Einnahmequelle für nicht-staatliche, bewaffnete Gruppen und terroristische Organisationen gilt.

Weltweite Aufgabe

Klar ist: Dagegen muss etwas getan werden. Der WWF arbeitet auf vielen Ebenen gegen diese Umweltverbrechen. Wir unterstützen Wildhüter:innen dabei, Arten und Ökosysteme zu schützen und vor illegaler Ausbeutung zu bewahren. Wir versuchen, Menschen für das Problem zu sensibilisieren und die Nachfrage nach kritischen Produkten zu senken. Wir arbeiten mit der Finanzwelt und der Privatwirtschaft zusammen. Wir arbeiten zu relevanten politischen Prozessen bis hoch auf die UN-Ebene, und wir vernetzen uns mit vielen anderen engagierten Organisationen, um gemeinsam noch stärker zu sein.

Neue Regeln

Gut, dass diese Arbeit gestärkt wird, zumindest in der EU. Ende Februar hat die EU nach zwei Jahren intensiver Verhandlungen die neue, sogenannte Umweltkriminalitätsdirektive verabschiedet. Zuvor gab es schon eine, aber die Neue ist wesentlich umfangreicher und zielt darauf ab, minimale Standards in sämtlichen EU Ländern im Kampf gegen die illegale Ausbeutung der Natur zu etablieren. Das soll den Einsatz EU-weit harmonisieren – denn auch die kriminellen Netzwerke agieren über Ländergrenzen hinweg. Die Liste der strafbaren Handlungen wurde massiv ausgeweitet und stellt zum Beispiel Verstöße in Bezug auf Wildarten und Ökosysteme, Müllentsorgung, der Emittierung von Treibhausgasen, Wasserressourcen und vieles mehr unter Strafe.

Immer wieder werden tierische Produkte oder lebende Schlangen, Papageien und andere bedrohte Arten vom Zoll aufgegriffen. © IMAGO / Cover-Images

Auch wenn die illegale und unregulierte Fischerei es leider nicht in den Text geschafft hat, was ein großer Kritikpunkt des WWF ist, ist das insgesamt doch ein Schritt in die richtige Richtung. Die Direktive gegen Umweltverbrechen enthält außerdem Vorgaben zu Schulungen für verantwortliches Umsetzungspersonal, Bereitstellung von Ressourcen, Datensammlung und nationalen Strategien. Besonders gefreut hat uns die konkrete Forderung nach Kompetenzstellen in den relevanten Behörden, wie zum Beispiel Schwerpunktstaatsanwaltschaften.

Nächste Schritte

Es fehlen noch ein paar formale Prozesse, dann tritt die neue Direktive in Kraft. Die Mitgliedsstaaten der EU müssen die Vorgaben zur Bekämpfung von Umweltverbrechen dann umsetzen. Das bringt hoffentlich viel Kraft hinter diese immens wichtige Aufgabe. Denn, wie es die UNEP in einem Bericht treffend formuliert hat: “Im Gegensatz zu allen anderen bekannten Formen der Kriminalität wird die Umweltkriminalität durch ihre Auswirkungen auf die Umwelt und ihre Kosten für künftige Generationen verschärft (…). Sie führt zum Verlust von Ökosystemleistungen wie sauberer Luft und sauberem Wasser, des Abfederns von Extremwettereignissen, Ernährungssicherheit und sogar Gesundheit und gesellschaftlichem Wohlergehen.”

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Wir müssen also dringend etwas tun, und die massive Übernutzung der natürlichen Ressourcen dieses Planeten muss aufhören. In unserem eigenen Interesse. Und jeder kann dazu beitragen. Diese Übernutzung ist übrigens nicht immer illegal – viel findet auch im Rahmen bestehender Gesetze statt und ist völlig legal. Gesund für unseren Planeten ist es trotzdem nicht.

 

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Muss die Savanne sterben, damit der Regenwald überlebt ?

Die gute Nachricht: Am Amazonas geht die Entwaldung zurück. Die Schlechte: In der benachbarten Cerrado-Savanne wird umso heftiger geholzt. Der Grund: Sojaanbau soweit das Auge reicht. Die Bohnen landen auch in Europa vor allem in den Futtertrögen der Fleischindustrie. Das EU Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten ändert daran wenig, denn die Savanne gilt nicht als Wald. Höchste Zeit für eine Neudefinition.

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Bedrohtes Paradies

Der Amazonas ist der Inbegriff von Regenwald: Tropisch, grün und Lebensraum einer einzigartigen Tierwelt. Darunter sind farbenprächtige Papageien, rosa Flussdelfine und der majestätische Jaguar. Es ist der größte Regenwald der Welt und nicht zuletzt die ästhetischen Bilder, egal ob in den Medien oder als Assoziationen in den Köpfen der Menschen, verschaffen dem Amazonas enorme Aufmerksamkeit.  Das ist ein immenser Vorteil, wenn es um seine Bewahrung geht. Andere Lebensräume und ihre Chance auf Schutz geraten aus dem Blickfeld. Wir werfen einen kritischen Blick auf dieses Phänomen, den Status Quo im Amazonas und seinen weniger bekannten aber ebenso gefährdeten Nachbarn, den Cerrado.

Pretty Privilege im Naturschutz? 

Ein Jaguar: Der Star des Amazonas. © Gabriel Rojo / WWF

 

Der Mähnenwolf, ein
typischer Bewohner des Cerrado © IMAGO / agefotostock / Mark Jones

Wir schützen, was wir kennen und lieben. Und wir lieben tendenziell eher das Eindrucksvolle, den Superlativ, das visuell Schöne. “Pretty Privilege” oder  “Schönheitsprivileg”. Dahinter steckt die vor allem im westlichen Kulturkreis seit der Antike verinnerlichte Vorstellung, dass Schönheit der Ausdruck von Wahrheit und Güte ist. In der Philosophie ist diese Einheit als sogenannte Trias der obersten Werte bekannt. Unterschieden wird in die Kulturschönheit, die sich z.B. in Literatur und bildender Kunst spiegelt, sowie die Naturschönheit. Sie beschreibt im Wesentlichen das, was wir vielleicht beim Anblick des Jaguars empfinden. Wir sehen Anmut, Erhabenheit und sind fasziniert. Seine Schönheit trifft uns auf emotionaler Ebene und somit auch sein Lebensraum, für den wir uns automatisch einsetzen wollen. Im Idealfall kann das Schönheitsprivileg einer einzelnen Art zum Sprungbrett für ganzheitlichen Naturschutz werden und eine positive Kettenreaktion auslösen. Doch die Realität zeichnet häufig ein anderes Bild. Ebenso wie Menschen, die als schön empfunden werden, haben entsprechende Tierarten und ihre Ökosysteme einen immanenten Vorsprung. Dieser kann sich  .B. in der Spendenbereitschaft für spezielle Tierarten niederschlagen aber auch wenn es um bindende Gesetze geht.

Verschoben statt behoben

Politische und wirtschaftliche Interessen führen dazu, dass Naturschutz teilweise nur so weit reicht wie das Auge und damit der Druck der Öffentlichkeit. Was weniger sichtbar und damit unbekannter ist, wird häufig außer Acht gelassen.

Ein gutes Beispiel für diesen Mechanismus ist das EU-Gesetz zu entwaldungsfreien Lieferketten, das ab  2025 den Import von Waren verbietet, die mit Entwaldung in Zusammenhang stehen. Ein wichtiger und richtiger Schritt angesichts der Tatsache, dass laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zwischen 1990 und 2020 allein in Amazonien ca. 600.000 Quadratkilometer Wald abgeholzt wurden, eine Fläche fast doppelt so groß wie Deutschland.

Noch immer bedrohen die Kettensägen den Regenwald, aber die Abholzung ist zurück gegangen. © Nick Hawkins / WWF

Vor allem unter der Regierung Jair Bolsonaro in Brasilien nahm die Entwaldung deutlich zu. Das südamerikanische Land beherbergt mit 65 Prozent den größten Anteil des Amazonasregenwaldes und ist gleichzeitig der weltweit größte Exporteur von Soja, einem Haupttreiber der kommerziellen Entwaldung. Zwar darf schon seit 2006 dank des sogenannten Soja-Moratoriums in Brasilien kein Regenwald mehr für den Soja-Anbau gerodet werden. Dennoch führte dieser Meilenstein nicht zu einer nachhaltigen Lösung, sondern vielmehr zu einer Verschiebung des Problems: Die Anbauflächen haben sich immer stärker vom Amazonas in Richtung Südosten ausgeweitet, in das Gebiet des Cerrado, der artenreichsten Savanne der Welt. Sie ist trotz ihrer Vielfalt an Flora und Fauna deutlich unbekannter. So ist es wenig überraschend, dass der internationaler Aufschrei bislang ausbleibt, obwohl die Region inzwischen bereits mehr als die Hälfte seiner ursprünglichen Fläche an die Agrarindustrie verloren hat.

Die Lage spitzt sich zu

Allein zwischen August 2022 und Juli 2023 wurden erschreckende 11.011,7 Quadratkilometer in Agrarfläche umgewandelt. Besonders tragisch: Auch durch das neue EU-Gesetz zu entwaldungsfreiem Soja bleibt der Cerrado quasi ungeschützt, da Baumsavannen nicht der geltenden Definition eines Waldes entsprechen.

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Die neuesten Zahlen des Nationalen Weltrauminstituts (INPE) vom Februar 2024 bestätigen diese Schieflage eindrücklich. Während im Amazonas die Entwaldung zuletzt um 30 Prozent zurückgegangen sind, hat sie im Cerrado um 19 Prozent zugenommen. Noch krasser wird der Vergleich, wenn man die Periode von August 2023 bis Februar 2024 betrachtet. Im Vergleich zum Vorjahr ging die Abholzung im Amazonas um 56 Prozent zurück und stieg parallel dazu im Cerrado um 63 Prozent an.

Was wir dagegen tun

Etwa 80 Prozent der entwaldeten Savannenfläche werden für den Sojaanbau genutzt. Der Cerrado ist die wichtigste Soja-Quelle der EU. Die Bohnen werden, insbesondere in Form von Sojaschrot als Futtermittel für die Massentierhaltung importiert.

Soja für die Tiermast in Europa stammt häufig aus dem Cerrado. ©Ana Paula Rebelo / WWF UK

In einem gemeinsamen Projekt mit den Kolleg:innen  des WWF Brasilien setzen wir uns für entwaldungsfreie Soja-Lieferketten ein. Die Arbeiten werden  gefördert durch die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) mit Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). In Brasilien legen wir unser Hauptaugenmerk auf die nachhaltige Produktion und Flächenüberwachung. In Deutschland steht hingegen  die Sojabranche im Fokus, um ein gemeinsames Marktsignal zu setzen. Wir bieten Unternehmen und interessierten Akteuren entlang der gesamten Lieferkette eine Austausch- und Arbeitsplattform für die  Transformation zu entwaldungsfreiem Soja. So versuchen wir gemeinsam den Sektor Schritt für Schritt umzugestalten. Unser Ziel: Ein sektorweites Statement zu entwaldungsfreien Lieferketten zwischen Brasilien und Deutschland. Denn eine solche tatsächlich positive Kettenreaktion hilft einerseits der Wirtschaft, vor allem aber dem Cerrado.

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