Was für ein starkes Signal für das Klima: Hunderttausende haben beim Klimastreik am 20. September in ganz Deutschland verlangt, dass die Bundesregierung endlich ihren nötigen Beitrag leistet, um die Erderhitzung zu stoppen.
Klimapaket verfehlt selbst die eigenen Klimaziele
Das Klimakabinett hat am selben Tag die Vorschläge zur Erreichung der deutschen Klimaziele vorgelegt. Doch die Große Koalition legt in ihrem Klimapaket nur Ankündigungen vor, mit denen sie selbst ihr eigenes Klimaziel verfehlt, den Verbrauch von Kohle, Öl und Erdgas bis 2030 zu halbieren. Beim Ausbau der Erneuerbaren Energien versagt die Große Koalition komplett: Sie hat ihn schon zum Erliegen gebracht und heute neue zusätzliche neue Hürden beschlossen. Ohne Erneuerbare kann der Klimaschutz aber nicht gelingen.
Klimapaket: verzagt, vertagt, versagt
Diese Mischung aus Verzagen, Vertagen und Versagen ist kein akzeptables Ergebnis. Die Koalition muss bis Ende November nachliefern. Bis zur Weltklimakonferenz in Chile erwarten wir Gesetze und Haushaltbeschlüsse, die das Erreichen des eigenen 2030-Klimaziels sicherstellen und einen fairen Beitrag zum Pariser Klimaschutzabkommen ermöglichen. Dazu gehört auch die Unterstützung Deutschlands für ein höheres EU-Klimaziel.
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Noch fehlen in den Vorschlägen des Klimakabinetts die großen strukturellen Veränderungen. Wir brauchen eine schnelle und wirksame CO2-Bepreisung, im Stromsektor einen europäisch-regionalen Mindestpreis von zunächst 25 Euro, der in wenigen Jahren auf 40 Euro ansteigt, um den Kohleausstieg zu beschleunigen.
Der Druck beginnt zu wirken
Das Klimapaket zeigt aber auch: Der stetige öffentliche Druck an Freitagen und Wahlsonntagen beginnt zu wirken. Schülerinnen, Schüler und jetzt auch immer mehr Erwachsene haben endlich ein Jahrzehnt klimapolitischen Stillstands beendet. Jeder Einzelne, der heute beiden den weltweiten Aktionen auf der Straße war, verdient unseren Dank.
Die angemessene Antwort der Bundesregierung steht aber noch aus.
Der Klima Fußabdruck von uns Menschen ist enorm. Noch nie zuvor hat eine einzelne Art so einen großen Einfluss auf die Erde ausgeübt. Forscher sprechen vom Anthropozän, dem geologischen Zeitalter der Menschen. Gegenüber vorindustriellen Werten haben die menschlichen Aktivitäten beispielsweise die globale Durchschnittstemperatur bereits um etwa 1 Grad Celsius erwärmt, wie der Weltklimarat (IPCC) in seinem Sonderbericht feststellt. Über Land ist die Durchschnittstemperatur sogar bereits um 1,53°C gestiegen.
Diese fortschreitende Erderhitzung beschleunigt das Artensterben und bedroht die Lebensgrundlagen von uns Menschen. Jedes Zehntel Grad Celsius zählt! Um die kritischen Folgen der Erderwärmung zu begrenzen, setzen Forscher ein Limit von 1,5 Grad Celsius. Sonst droht die Erde für uns Menschen zum lebensfeindlichen Ort zu werden.
Wir müssen CO2 sparen für das Klima — doch wieviel?
Wir müssen sparen, so viel ist klar. Doch wie viel genau? Der Weltklimarat hat errechnet, dass die gesamte Menschheit derzeit etwa 42 Milliarden (Gt) CO2-Äquivalente (CO2e) emittiert. Das entspricht 1331 Tonnen pro Sekunde. Um das 1,5‑Grad-Ziel nicht zu reißen, dürfen wir aber aktuell nur noch 350 Milliarden Tonnen ausstoßen und müssten danach aber sofort auf null (!) Emissionen runter. Und dabei bleiben. Bei unserem aktuellen Tempo haben wir bereits in acht Jahren dieses Budget erschöpft. Noch schlimmer: Derzeit steuern wir auf eine durchschnittlich mindestens drei Grad heißere Welt zu.
Klima-Fußabdruck: 12,36 Tonnen CO2e pro Jahr
Nicht nur Politik und Wirtschaft stehen unter enormen Handlungsdruck, auch wir Individuen müssen unseren Beitrag leisten. Schließlich entstehen Treibhausgasemissionen durch unseren Konsum. Nimmt man die Treibhausgasemissionen eines ganzen Landes zusammen und teilt sie durch die Anzahl an Menschen in diesem Land, entsteht der Klima-Fußabdruck eines Durchschnittsbürgers dieses Landes. So stößt der/die Durchschnittsdeutsche etwa 12,36 Tonnen CO2e pro Jahr aus, wie Berechnungen von ESU-services für den WWF ergeben. Das entspricht einer Lebens-Klimabilanz von fast 1000 Tonnen CO2e – 1 Million Kilogramm.
Damit liegen wir Deutschen weit über dem weltweiten Durchschnitt von 7,4 Tonnen pro Jahr. Doch auch dieser ist viel zu hoch. Das Umweltbundesamt hat das Notwendige bereits auf den Punkt gebracht: “Von 12 Tonnen CO2e auf unter 1 Tonne CO2e pro Person und Jahr”.
Der Klima Fußabdruck unseres Konsums entscheidet
Mit jeder noch so kleinen Konsumentscheidung treffen wir also täglich eine Wahl darüber, wie hoch die Erderhitzung ausfallen soll. Bewusst oder unbewusst. Das Gute daran: Wir haben die Wahl. Wenn wir uns gegen klimaschädliche Produkte entscheiden, besteht kein Anreiz für Unternehmen, diese anzubieten. Konkret für Deutschland und viele anderen Länder heißt das: Wir essen zu viel Fleisch und Milchprodukte. Wir werfen Unmengen genießbarer Lebensmittel weg. Verschwenden Strom und Wärme, fahren zu viel Auto und mit Kreuzfahrschiffen. Fliegen zu viel. Klimafreundlichere Alternativen gibt es zu genüge!
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Verringern alle ihren Fußabdruck, verbleibt dennoch ein Restsockel an CO2e‑Emissionen, den wir durch persönliche Konsumentscheidungen nicht weiter vermindern können. Hierzu zählen neben Emissionen für unseren Grundkonsum an Ernährung, Wohnen, Mobilität. Beispielsweise aber auch Emissionen für staatliche Dienstleistungen wie Verwaltung, Gesundheit und Bildung sowie allgemeine Infrastrukturen. Damit auch dieser Restsockel verkleinert werden kann, braucht es die gemeinsame Anstrengung unserer Gesellschaft.
Letzten Endes können notwendigen Veränderungen nur gelingen, wenn alle mit anpacken: Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik. Helft uns deshalb dabei, dass der Schutz des Erdklimas in der Öffentlichkeit und bei der Politik gehört wird! Nutzt eure Stimme und engagiert euch. Bei Wahlen, bei Demonstrationen wie dem weltweiten Klimastreik am 19. September, in den sozialen Medien und im Gespräch mit deiner Familie und deinen Freunden.
Die Reduktion unseres Fußabdrucks ist ein Gemeinschaftsprojekt und lebenslange Aufgabe jedes einzelnen geworden. Letztlich geht es um die existenzielle Frage: Wie viel Umweltschäden will ich im Laufe meines Lebens vermeiden und welche Welt möchte ich meinen (Enkel-)Kindern und allen künftigen Generationen hinterlassen. Schließlich werden wir unseren Kindern und Enkelkindern eines Tages die Frage beantworten müssen, warum wir nichts getan haben, um die Erderhitzung zu stoppen?
Mit dem WWF-Klimarechner könnt ihr euren persönlichen Fußabdruck berechnen und herausfinden, wo eure größten Einsparpotenziale liegen.
Mein Leben dreht sich quasi 7 Tage die Woche um den Wald. Unter der Woche arbeite ich für den WWF zu internationalen Waldthemen. Am Wochenende bin ich praktische Försterin im heimischen Mecklenburger Wald. Und ganz ehrlich: Das zurückliegende Wochenende hat mich zutiefst erschüttert! Ich habe den Wald sterben sehen.
Sterben im Wald jetzt auch die Buchen?
Ich bin durch einen absterbenden 170 jährigen Buchenwald gewandert. Unmengen teilweise noch grüner Blätter am Boden. Es sah nicht nach Spätsommer, sondern nach tiefstem Herbst aus. Nicht nur die alten Buchen, auch junge und mittelalte Bäume lassen durch den anhaltenden Trockenstress ihre Blätter fallen. Ist die Buche nun nach Ulme, Esche, Fichte, Kastanie die nächste Baumart, die flächenmäßig ausfallen wird?
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Auch in einem angrenzenden Naturschutzgebiet, wo seit über 30 Jahren nichts forstlich gemacht wurde, schaut es nicht anders aus. Selbst im Naturschutzgebiet am See sind die Buchen braun.
International glaubwürdig — aber Waldsterben vor der eigenen Haustür?
Mir stellt sich nun die dringende Frage: Wie können wir international glaubwürdig auftreten, für einen Stopp von Entwaldung und uns für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung einsetzen, wenn uns der eigene Wald unter den Händen wegstirbt? Wir werben dafür, dass man dem Tropen-Wald seinen richtigen monetären Wert beimisst, die sogenannte Inwertsetzung von Ökosystemdienstleistungen (Klima, Biodiversität, Wasserspeicher, Erholung etc). Nur so kann man mit anderen Landnutzungsformen wie der Waldumwandlung zu Soja in Brasilien und zu Palmöl in Indonesien konkurrieren. Wir müssen aber mit gutem Beispiel vorangehen!
Wald heißt mehr als Holz!
Noch habe ich mehr Fragen als Antworten. Aber sicher ist: Unser Wald ist bei weitem mehr als ein Holzlager. Ich möchte hier nicht den Wert von Holz schmälern. Natürlich wünsche ich mir auch, dass wir unseren Holzbedarf aus den Wäldern vor der Tür decken können, statt auf teilweise dubiosen Import aus dem Ausland angewiesen zu sein, der zudem mit einem hohen CO2-Fussabdruck einhergeht.
Aber auch unser Wald
schützt das Klima, durch den in der Waldbiomasse gespeicherten Kohlenstoff;
ist Lebensraum von zwei Dritteln aller Pflanzen- und Tierarten;
ist Wasserspeicher und Produzent von Sauerstoff.
Um den Wald in Deutschland unter ungewissen Folgen des Klimawandels schützen zu können, darf sich die Bewirtschaftung nicht ausschließlich auf die reine Holzwirtschaft beschränken. Wir müssen hin zu einem naturnahen Waldmanagement, indem nicht nur finanzielle Anreize über den Verkauf von Holz gesetzt werden!
Greta Thunberg, die Gründerin der Fridays-For-Future-Bewegung, war im Juli 2019 in Berlin beim Klimastreik. Sie und tausende Schülerinnen und Schüler waren an diesem sonnigen Ferientag dem Aufruf zum Klimastreik gefolgt. Sie demonstrierten laut und bunt vor dem Wirtschaftsministerium in Berlin, für mehr Klimaschutz und eine Zukunft ohne Klimakrise. Wir alle kennen die Bilder: die unterhaltsamen und doch ernsten Sprüche auf den selbst gemalten Schildern, die unglaubliche Energie der Kinder und Jugendlichen, die aufrüttelnden Reden und melodischen Sprechchöre.
Bei Gretas Rede in Berlin waren auch einige Erwachsene dabei. Und bald werden es hoffentlich viel mehr sein. Denn für alle Erwachsene hatte Greta an diesem Tag eine wichtige Botschaft: „Ich flehe euch an: Bitte helft uns, wir können das nicht allein schaffen.” Und jetzt ist es soweit.
Fridays For Future ruft für den 20. September 2019 alle Menschen zum weltweiten Klimastreik auf.
Und wir machen mit. Denn wir wollen helfen. Solidarisch sein. Für jetzige und zukünftige Generationen uns dafür einsetzen, dass unser Klima geschützt wird. Gemeinsam einfordern, dass die Erderhitzung die 1,5 Grad Celsius nicht überschreitet. Dass die Bundesregierung endlich handelt, statt nur zu verhandeln. Zu viel Zeit ist schon verloren. Aber es ist noch nicht zu spät.
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Deswegen folgen wir dem Aufruf der Jugend und gehen am 20. September mit Fridays For Future unter dem Motto #AlleFürsKlima auf die Straßen. Kommt ihr mit?
Warum wir am 20. September 2019 demonstrieren müssen
Weltweit streiken Kinder und Jugendliche seit Monaten für echten Klimaschutz und eine Zukunft ohne Klimakrise. Sie setzen ihre Schulzeit und ihre Sommerferien dafür ein, riskieren Schulverweise und Bußgelder. Die Schülerinnen und Schüler haben mit ihren Protesten gezeigt, dass sie die Politik unter Zugzwang setzen können. Am 20. September entscheidet die Bundesregierung über die nächsten Schritte in der Klimapolitik. Jetzt gilt es für uns alle, uns dem Protest von Fridays For Future anzuschließen. Alle zusammen bewegen wir die Regierung endlich zum notwendigen Handeln!
Die Proteste von Fridays For Future sind berechtigt: Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen — bereits heute vernichtet die Klimakrise Leben und Lebensgrundlagen von Millionen Menschen weltweit. Sie treibt das Artensterben an und verschärft bereits bestehende Ungleichheiten. Wenn es nicht gelingt, die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, droht eine Klimakatastrophe, die nicht mehr aufzuhalten ist.
Wir Umweltverbände fordern die massive Beschleunigung im Klimaschutz. Der Bundestag hat das Pariser Abkommen zwar einstimmig ratifiziert. Wir haben aber den Eindruck, dass viele Abgeordnete und Regierungsmitglieder noch immer meinen, es gehe darum, mit ein paar Anreizprogrammen Industrieprozesse effizienter zu machen, um CO2 einzusparen. Aber es geht nicht darum, dass die Industrie weniger CO2 ausstößt. Es geht darum, dass sie gar kein CO2 mehr ausstößt. Wir brauchen eine neue industrielle Revolution, um das Pariser Klimaabkommen umzusetzen.
Wir müssen ganze Industrien wie die Stahlindustrie unabhängig machen von fossilen Energien. Da geht es um neue Industrieprozesse auf Basis erneuerbarer Energien. Und wir müssen die Kreislaufwirtschaft auf ein ganz neues Level heben. Wir können nicht länger Abfälle sammeln und schauen, was wir davon recyclen können. Wir müssen schon bei der Produktion der Produkte ansetzen, sie langlebiger, Reparaturfähiger und von Anfang an recyclingfähig produzieren. Die Investitionszyklen sind hier oft sehr lang. Anlagen, die jetzt gebaut werden, laufen 30, 40 teilweise 50 Jahre. Deshalb müssen wir schon jetzt die Weichen stellen.
Industriepolitik muss als Klimaschutz neu gedacht werden CC0 https://unsplash.com/photos/a_PDPUPuNZ8
Klimaschutz: Was jetzt zu tun ist!
Wir haben ein ganzes Jahrzehnt verloren beim Klimaschutz. Die Bundeskanzlerin hat mit dem Klimakabinett, dem sie selbst vorsitzt, endlich den richtigen Rahmen dafür geschaffen, dass Maßnahmen beschlossen werden können. Aber es reicht nicht, den Stillstand zu beenden. Es reicht nicht ein paar Maßnahmen zu beschließen. Die industrielle Revolution, die wir brauchen, ist nicht mit ein paar Anreizprogrammen zu machen. Sie erfordert eine komplett neue Industriepolitik. Sie erfordert es, die staatlichen Investitionen auf den Klimaschutz auszurichten. Und auch für private Investitionen müssen entsprechende Anreize geschaffen werden.
Klimaschutz und der Erhalt unserer biologischen Vielfalt sind keine Randthemen mehr, sondern müssen die zentralen Aufgaben staatlichen Handelns werden. Wir brauchen einen grundlegenden Wandel vieler Bereiche von Wirtschaft und Gesellschaft. Ein wirksames Klimaschutzgesetz muss her und der Einstieg in die Kohlendioxid-Bepreisung noch in dieser Legislaturperiode. Wir müssen den Klimaschutz-Fonds weiterentwickeln und umgehend mit der Abschaltung der dreckigsten Braunkohlekraftwerke in den Kohleausstieg einsteigen. Die Erneuerbaren Energien müssen naturverträglich ausgebaut werden. Der Umbau des Verkehrssystems muss mit klaren Rahmensetzungen vorangebracht und die Europäische Agrarpolitik reformiert, die Landnutzung klima- und naturverträglich gestaltet werden.
Unser Sofortprogramm macht deutlich: Das ist die Messlatte, an der sich das Klimakabinett, die ganze Bundesregierung und alle Parteien messen lassen müssen.