Umweltrisiken bedrohen Weltwirtschaft

“Mit großer Sorge beobachten wir die Auswirkungen der fortwährenden Umweltzerstörung sowie den rapiden Artenverlust”, schreibt Børge Brende. Soweit keine Überraschung, diese Sorge haben wir vom WWF auch. Das Besondere ist: Börge Brende ist kein Umweltschützer. Er ist der Präsident des Weltwirtschaftsforums und das Vorwort stammt aus dem Weltrisikobericht 2020. 

Einmal im Jahr stellt das Weltwirtschaftsforum (WEF) die größten Risiken für die Weltwirtschaft zusammen. Dazu befragt die Stiftung führende Wirtschaftsexpert:innen, welche Risiken sie für die Weltwirtschaft in näherer Zukunft sehen. Sie werden auch zur Einschätzung von Eintrittswahrscheinlichkeit und Folgen dieser Risiken befragt. 

Umweltrisiken bedrohen die Weltwirtschaft

In der Vergangenheit galten meist geopolitische Spannungen oder soziale Ungleichheit als größten Risiken. Die Bedeutung der umweltbezogenen Risiken nahm dabei über die letzten Jahre stetig zu. Erstmals in seiner Geschichte macht der Bericht nun aber fünf Umweltthemen als die Risiken aus, deren Eintritt als am wahrscheinlichsten eingeschätzt werden. Es sind Schlagwörter, die direkt aus unserem Living-Planet-Report stammen könnten: Extremes Wetter, Umweltkatastrophen, Artensterben, Zusammenbruch von Ökosystemen, großen Naturkatastrophen sowie Versagen bei der Eindämmung von und Anpassung an die Erderhitzung.

Die fünf größten Bedrohungen für die Weltwirtschaft sind Umwelt-Risiken. CC0 WEF / Global Risk Report 2020
Die fünf größten Bedrohungen für die Weltwirtschaft sind Umweltrisiken. CC0 WEF / Global Risk Report 2020

Was Umweltschützer:innen seit vielen Jahren befürchten, scheint nun auch in Kreisen erhört zu werden, in denen es lange vor allem um Wirtschaftswachstum ging. Das Weltwirtschaftsforum warnt davor, weiterhin die Umweltrisiken durch Klimakrise und Artensterben zu unterschätzen. Die letzten fünf Jahre waren die heißesten seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Hurricanes, Dürren, Überschwemmungen traten zuletzt in unbekannter Häufigkeit auf. Steigende Meeresspiegel, tauende Permafrostböden und Extremwetter würden die Szenarien noch dramatisch beeinflussen und das Klima sprichwörtlich weiter anheizen.

Klimakrise und Artensterben: Ein Teufelskreis

Die Klimakrise und Artensterben sind Zwillingskrisen. Beide hängen zusammen und beschleunigen sich gegenseitig: Die Erderhitzung verändert Ökosysteme in dramatischem Tempo. Viele Tiere und Pflanzen können sich nicht schnell genug anpassen. Die Feuerkatastrophe in Australien ist ein gutes Beispiel für diese enge Verbindung von Klimakrise und Artensterben. Die extreme Trockenheit, die auf die Klimakrise zurückzuführen ist, begünstigt die Brände. Die Feuer wiederum setzen große Menge an CO2 frei – die Erderhitzung wird weiter angekurbelt. Extremwetter und steigende Temperaturen bedrohen die Lebensräume bedrohter Tierarten, wie den Koalas im Beispiel Australien.

Die Menschheit hat ein Großteil der Artenvielfalt vernichtet. © Zurich Insurance Group
Die Menschheit hat ein Großteil der Artenvielfalt vernichtet. © Zurich Insurance Group

Das Artensterben zeigt sich aber auch direkt vor unserer Haustür, wo Ackervögel verstummen und Wildbienen verschwinden. Das Sterben einzelner Tier- und Pflanzenarten, bringt auch größere Ökosysteme wie Regenwälder und Auewiesen in Gefahr. Laut Weltrisikobericht wären die Folgen für die Wirtschaft daraus dramatisch. Der Wert von Waren und Dienstleistungen auf der Grundlage gesunder Ökosystemen wird auf 33 Billionen US-Dollar im Jahr geschätzt. Das entspricht der Wirtschaftskraft der USA und China zusammen.

Biodiversität bildet unsere Lebens- und Wirtschaftsgrundlage

Die Natur versorgt uns mit Trinkwasser, sauberer Luft, Nahrung und mehr. Mit dem Verlust der biologischen Vielfalt geht zwangsläufig ein Nahrungsmittelverlust einher, wie es schon jetzt in der Fischerei spürbar ist.  Ebenso dramatisch wäre der Verlust von sauberem Trinkwasser. Laut den Vereinten Nationen war Wasser bereits im Jahr 2017 ein Grund für Konflikte in 45 Ländern. Der Weltrisikobericht rückt diese Fakten in wirtschaftlichen Kontext. Schäden durch Umwelteinflüsse betrugen im Jahr 2019 ganze 165 Mrd. US$. Das Fazit: wir als Menschen und unsere Wirtschaftsstruktur brauchen intakte Ökosysteme.

 

Die Natur bietet eine Vielzahl so genannter Ökosystemdienstleistungen. © Zurich Insurance Group
Die Natur bietet eine Vielzahl so genannter Ökosystemdienstleistungen. © Zurich Insurance Group

Nur eine sofortige Kooperation von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft verspricht nach Ansicht des Weltwirtschaftsforums Erfolge im Kampf gegen die derzeit größten Gefahren. Ziel der Kooperation sollte ein umfassender Strukturwandel sein. Auch der WWF erkennt die Umweltrisiken und fordert ebenso wie das Weltwirtschaftsforum Politik, Unternehmen und Bevölkerung zum Handeln auf. Laut dem Weltrisikobericht ist der wirtschaftliche Erfolg von Unternehmen durch die Klimakrise und Artensterben gefährdet, doch gleichzeitig ist der ökologische Fußabdruck von Unternehmen ist oft überdurchschnittlich groß.

Strategie für Umweltrisiken benötigt

Trotzdem fehlen den meisten Unternehmen angemessenen Strategien, um ihren Fußabdruck zu verkleinern. Der Weltrisikobericht ist ein weiterer Grund dies zu ändern: Unternehmen müssen sich unter anderem Klimaziele setzen, um die Natur und unsere Lebensgrundlage langfristig zu schützen. Glaubhafter, unternehmerischer Klimaschutz bedeutet Verantwortung zu übernehmen. Konkret heißt das: Um Klimakrise und Artensterben zu stoppen, statt zu verschlimmern, müssen Unternehmen angemessene, wissenschaftsbasierte Nachhaltigkeitsziele stringent in ihr Kerngeschäft etablieren und Transformationspläne erarbeiten und öffentlich zugänglich machen.

Weltrisikobericht sendet wichtiges Signal:

Auch Unternehmen müssen sich gegen die Erderhitzung stark machen und im Einklang mit den Klima-Zielen aus dem Paris Abkommen wirtschaften. Nicht nur für Natur und Tiere, sondern auch für die Sicherung der Lebensgrundlagen von uns Menschen und für eine zukunftsfähige Wirtschaft.

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Klimaschutz: Vier Beiträge zur nachhaltigen Landwirtschaft

Was Effizienz und Produktivität betrifft, kann die deutsche Landwirtschaft sich wirklich sehen lassen. In kaum einem Land werden solche Getreide-Hektarerträge erzielt. Und auch auf die Landfläche bezogen, wird nirgends so viel Fleisch in hoher Qualität für den eigenen Konsum und den Export erzielt wie bei uns. Selbst um das Wohl der Tiere sorgt man sich – ein Tierwohllabel jagt das nächste.

So ist zumindest die oberflächliche Betrachtung – aber leider liegt die Tücke im Detail. 

Was den Klima-Fußabdruck betrifft, leisten wir uns ein landwirtschaftliches Produktionssystem, das, je nachdem welche Treibhausgasemissionen einberechnet werden, rund sieben bis 14 Prozent zu den Treibhausgasen ganz Deutschlands beiträgt. 

Treibhausgase: Zu geringe Reduktionsziele bis 2030

Da Deutschland zu den globalen Top-Ten-Treibhausgasemittenten der Welt gehört, verbergen sich hinter diesen Zahlen beachtliche Mengen. Die 66 Mio. Tonnen Kohlenstoffdioxid-Äquivalente direkter Emissionen aus der Landwirtschaft entsprechen beispielsweise den gesamten Treibhausgasemissionen von Irland. 

Die Landwirtschaft ist der Sektor, für den sich die Bundesregierung die geringsten 2030-Reduktionsziele aller Sektoren gesetzt hat. Lediglich eine Reduktion von maximal 34 Prozent (gegenüber den Emissionen von 1990) sind angepeilt. Alle anderen Sektoren liegen über 40 Prozent. Denn  insgesamt muss die Bundesregierung die im Pariser Klimaabkommen gesetzten Reduktionsziele von 55 Prozent erreichen. 

Klimaschutz: Landwirtschaft muss Beitrag leisten

Dass die Landwirtschaft hier geschont wird, liegt wohl daran, dass Nahrungsmittelproduktion nicht übergebührlich belastet  werden soll. Nach dem Motto: „Aufs Autofahren kann verzichtet werden. Aber Essen muss nun einmal jeder. “ 

Das mag verständlich klingen, ist aber gelinde gesagt ambitionslos. Auch wird vergessen, dass die Landwirtschaft einen entscheidenden Vorteil hat, den viele andere Sektoren nicht haben. Sie kann aktiv zum Klimaschutz beitragen, indem Kohlendioxid aus der Luft festgelegt wird.

1. Kohlendioxid-Emissionen stoppen, Moorböden schützen

Entwässerte und in landwirtschaftlicher Nutzung befindliche Moorböden sind echte CO2 Schleudern! Der über Jahrtausende aufgebaute Torf wird rasant abgebaut. Obwohl sie nur rund acht Prozent der landwirtschaftlichen Fläche ausmachen, emittieren sie zwischen 30 und 40 Mio. Tonnen Kohlendioxid jedes Jahr. Der effektivste und vergleichsweise einfachste Klimaschutz ist es, diese Emissionen zu stoppen. Das geht (leider) nur über eine gänzliche Wiedervernässung und somit Änderung/Einschränkung der landwirtschaftlichen Nutzung.

2. Methan: Fleischkonsum senken, Nutztierzahlen reduzieren

Die Rinderzucht ist auch für Methan verantwortlich, einem extrem wirksamen Klimagas. © iStock Getty Images
Die Rinderzucht ist auch für Methan verantwortlich, einem extrem wirksamen Klimagas. © iStock Getty Images

Neben diesem „echten“ CO2 aus ehemaligen Moorböden ist Methan (CH4) ein ebenso großer Klimakiller in Deutschland. Methan entsteht bei der Verdauung von Wiederkäuern und dem Management von Wirtschaftsdünger (Gülle und Festmist). Gleichzeitig wirkt Methan etwa 25 mal klimaschädlicher als CO2. Wir leisten uns jährlich 33 Mio. CO2 Äquivalente in Form von Methanemission aus der Landwirtschaft. Weniger ist momentan zügig und mit einfachen Mitteln nur möglich, in dem wir Nutztierzahlen reduzieren.

Das heißt: Weniger Fleisch konsumieren! Zu einer Halbierung unseres momentanen Fleischkonsums raten auch Ärzte. Zudem ist zu diskutieren, wie viel Fleisch Deutschland für den reinen Export produzieren möchte bzw. was unserer Umwelt zugemutet werden kann. Weniger Tiere hieße hier auch weniger Import von nicht-nachhaltig produziertem Soja aus Südamerika und dem zusätzlichen CO2-Fußabdruck (und die brennenden Wälder), den wir dort hinterlassen.

3. Überdüngung stoppen: Nitrat und Lachgas senken

Bei der Überdüngung mit Gülle entsteht unter anderem Lachgas. © iStock Getty Images
Bei der Überdüngung mit Gülle entsteht unter anderem Lachgas. © iStock / Getty Images

Gülle und Festmist enthalten unter anderem Stickstoff. Gerade deshalb werden sie als Wirtschaftsdünger auf den Acker ausgebracht. Das ist grundsätzlich gut, denn so wird dem Boden wieder zugeführt, was über die Pflanzen und Ernte vorher entzogen wurde. Aus dem Ruder läuft es, wenn zu viele Gülle produziert wird. Das ist eine direkte Folge der Tierzahlen. Aus dem Stickstoff wird unter anderem das Klimagas Lachgas (N2O) und Nitrat (NO3), das ins Grundwasser sickern kann. Auch synthetisch hergestellter mineralischer Stickstoffdünger verursacht diese „Verluste“. Das Treibhauspotential von Lachgas ist fast 300-fach höher als CO2. Bereits kleine Mengen haben also große Wirkung. Weitere 30 Mio. CO2-Äquivalente leisten wir uns in Form von Lachgas in unserer intensivierten Landwirtschaft.

Reduzieren wir die Stickstoffmengen, die wir in Form von Dünger ausbringen, so reduzieren sich auch – fast automatisch – diese Emissionen. Aber können wir uns das erlauben, ohne Flächenerträge (und damit auch Gesamterträge) zu schmälern und die Qualität unserer Anbaufrüchte zu gefährden? Die Antwort lautet: Das Problem ist einfach lösbar! Zum einen leisten wir uns momentan beachtliche Stickstoffüberschüsse. Es wird systematisch in Kauf genommen, dass große Mengen an Stickstoff gar nicht von den Pflanzen aufgenommen werden. Zum anderen lassen sich über effizientere Sorten und smartere Anbausysteme (und Fruchtfolgen) solche Einsparungen ohne Zielkonflikte realisieren. Hier ist also “viel Luft nach oben”, im wahrsten Sinne des Wortes.

4. Humus: Gesunde Böden fördern Klimaschutz

Gesunde Böden speichern CO2, das aus der Luft über die Pflanzen aufgenommen wurde. Kohlenstoff. © iStock / Getty Images
Gesunde Böden speichern CO2, das aus der Luft über die Pflanzen aufgenommen wurde. Kohlenstoff. © iStock / Getty Images

Humus, d.h. die organische Substanz im Boden, enthält viel Kohlenstoff, der als CO2 von Pflanzen aus der Luft aufgenommen wurde. Unsere landwirtschaftlichen Böden haben im Laufe von Jahrhunderten Humus verloren. Man geht davon aus, dass Böden auch heute noch Kohlenstoff in Form von CO2 verlieren. Aber mit geeignetem ackerbaulichem Management wäre es möglich, den Humusgehalt wiederaufzubauen. Diese Kohlenstoffsenke “Boden” wäre für mindestens die nächsten 20 Jahre eine Möglichkeit, jährlich rund 15 Mio. Tonnen CO2 einzusparen. Fast nebenbei würden wir auch die Bodenfruchtbarkeit erhöhen. Unsere Landwirtschaft wäre so klimaresilienter aufgestellt. Denn humose Böden speichern mehr Wasser und Nährstoffe.

Klimaschutz: Deutsche Landwirtschaft kein Exportschlager

Diese vier Tipps folgen klassischen Ansätzen; andere Innovationen (Digitalisierung, Fortschritte in der Pflanzenzüchtung, effizientere Kreislaufwirtschaft, etc.) sind hier noch gar nicht angedacht, und böten weitere Einsparpotentiale, wenn sinnvoll gefördert und gesteuert.

Aber eins sollte klar sein: Ohne diese Transformation der deutschen Landwirtschaft ist sie leider momentan kein wirklicher „Exportschlager“. Der Klimafußabdruck unserer Landwirtschaft ist einfach zu hoch! 

Grüne Revolution in Afrika?

Eine grüne Revolution für Afrika, nach dem Vorbild der landwirtschaftlichen Intensivierung in Asien in den 1970ern (soll heißen, in Grundzügen der Landwirtschaft wie ich sie oben skizziert habe), und so wie sie noch immer von einigen Akteuren in der Entwicklungszusammenarbeit mit Nachdruck gefordert und gefördert wird, würde nicht nur bedeuten, dass afrikanische Länder die gleichen Fehler machen wie wir – wir hätten also offensichtlich nichts gelernt. Darüber hinaus würden wir auch die Erderhitzung zusätzlich befeuern. Das darf nicht unser Ziel sein! 

Rechnen Sie es sich selbst aus: wenn 16,7 Mio. Hektar unter Landwirtschaft in Deutschland 66 Mio. Tonnen CO2 emittieren (≈ 4 t CO2 pro Hektar), wie viele Tonnen wären dies bei einer analog intensivierten Landwirtschaft in Afrika südlich der Sahara auf 1025 Mio. Hektar landwirtschaftlicher Fläche?

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Feuer in Australien: Bilanz einer menschgemachten Katastrophe

Das gigantische Ausmaß der Feuer in Australien

Seit Beginn der Feuer im Oktober 2019 sind in Australien mehr als zehn Millionen Hektar Land verbrannt. Mehr als bei den jüngsten Bränden im Amazonas und in Kalifornien zusammen. Mehr als die Fläche von Belgien und den Niederlanden. Alleine das Feuer beim Gospers Mountain war etwa sechs Mal so groß wie ganz Berlin.

Ursache der Brände: Das Klima

Brände sind in Australien normal. Australien ist ein Land der Buschfeuer. Aber die aktuelle Buschbrandkatastrophe ist nicht normal. Australien hat vier aufeinanderfolgende Rekordsommer verzeichnet. Die beispiellose Trockenheit in Verbindung mit niedriger Luftfeuchtigkeit, hohen Temperaturen, starkem Wind verlängert und verschlimmert die Buschfeuersaison.

Natürlich: Die Klimakrise allein verursacht keine Feuer. Das war auch bei den Waldbränden in Deutschland im letzten Sommer nicht der Fall. Aber das Klima schafft extreme Brandwetterlagen. Die Erderhitzung schafft schlicht perfekte Bedingungen für katastrophale Feuer.

Jetzt brennt es in Australien an auch an Orten, die vorher als sicher galten. Regenwälder im nördlichen New South Wales, im tropischen Queensland und in den ehemals feuchten Altwäldern in Tasmanien. In einer Intensität, die noch nie zuvor erlebt wurde.

Menschen und die Feuer: Tod und Zerstörung

Mindestens 28 Menschen kamen bei den Feuern ums Leben. Mehr als 2000 Häuser wurden zerstört. Die Massenevakuierungen in New South Wales und Victoria gehören zu den größten, die jemals in Australien stattgefunden haben. Die genaue Zahl der Geflohenen bleibt unklar, es waren wohl etwa 60.000 Menschen.

Die vollen Auswirkungen auf die Lebensgrundlagen der Menschen sind noch nicht klar. Jeder Dritte Australier ist von der Luftverschmutzung betroffen. Die Luftqualität im zentralaustralischen Capital Territory war Anfang Januar die schlechteste der Welt.

Tiere: Vertrieben, verbrannt — und ausgestorben?

Schätzungen gehen davon aus, dass bisher mehr als 1,25 Milliarden Tiere betroffen sind. Mehrere Arten könnten durch die Feuer ausgestorben sein. Bis zum Abklingen der Brände wird das volle Ausmaß unbekannt bleiben. Was schon klar ist: Koalas sind schwer betroffen. In einer schon vorher bedrohten Population an der sogenannten „Koala Coast“ von New South Wales sind bis zu 30 Prozent der dortigen Tiere bei Bränden umgekommen – bis zu 8400 Tiere. Gerade dort, wo der WWF schon vor den Bränden fürchtete, die Koalas könnten bis 2050 aussterben, ist dies ist ein verheerender Schlag für eine ohnehin bedrohte Art. Denn die katastrophalen Feuer könnte das Abrutschen der Koalas in die regionale Ausrottung beschleunigen.

Die Feuer in Australien haben viele Tiere getötet. Dieser Koala hatte Glück
Dieser Koala hatte Glück © Trudi Timps / WWF

Zahlreiche weitere Arten sind stark betroffen, unter anderem der Südliche Großflugbeutler und der Große Gleithörnchenbeutler, das Langfuß-Kaninchenkänguru und das Bürstenschwanz-Felskänguru, der Bergbilchbeutler, der Südliche Corroboree-Frosch sowie auf der besonders betroffenen Känguru-Insel die nur dort vorkommende Känguru-Insel-Schmalfußbeutelmaus und die dort lebenden Braunkopfkakadus.

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Bei etwa 114 in Australien bedrohten Arten ist mindestens die Hälfte ihres Verbreitungsgebietes von den Feuern betroffen. Über 190 Arten haben mehr als 30 Prozent ihres Verbreitungsgebietes an die Feuer verloren. Mehrere Arten wurden fast in ihrem gesamten Verbreitungsgebiet von den Bränden verzehrt, wie etwa die Berg-Trachymene, eine hoch bedrohte Pflanze, die nach ihrer wissenschaftlichen Beschreibung 1899 schon als ausgestorben galt, bevor sie in den 1980er wiederentdeckt wurde. Sie kommt nur an zwei Standorten auf etwa 30 Hektar im südöstlichen Hochland von New South Wales vor. Das kleine Vorkommen liegt zwar in einem Nationalpark, aber dieser ist massiv von den Feuern betroffen und bleibt in Teilen wegen der Gefahren durch die Flammen weiterhin für Besuchende geschlossen.

Australien brennt: Helft uns, die Koalas zu retten!

 

Selbst wenn sie den Flammen entkommen sind, stehen viele Tiere vor harten Zeiten. Ihr Futter ging ebenso in Flammen auf wie ihre Deckung vor Feinden. Je nach Intensität der Feuer sind nur kleine Teil-Lebensräume verschont geblieben. Es kann gut sein, dass hier Bestände so klein sind, dass ein langfristiges Überleben unsicher wird.

Wirtschaft und die Feuer: Milliardenschäden

Die Feuer werden die Wirtschaft in Australien mindestens fünf Milliarden Australische Dollar an direkten Verlusten kosten – das entspricht etwa drei Milliarden Euro. Das Wirtschaftswachstum dürfte sich um bis zu 0,5 Prozent reduzieren. Unter den Auswirkungen werden der Tourismus und die Landwirtschaft leiden.

Auch der wirtschaftliche Wert des Verlusts an biologischer Vielfalt ist schätzbar. Er beträgt bis zu acht Milliarden Euro. Der wirtschaftliche Wert der durch die Brände verursachten Kohlenstoffemissionen (auf der Grundlage der Preise für Kohlenstoffkredite) liegt bei bis zu fünf Milliarden Euro.

Politik und die Feuer: Premier Morrison unter Druck

Seit Beginn der Feuer gibt es viel Kritik an der Regierung. Die Kritik richtete sich vor allem gegen den schlecht getimten Urlaub des Premierministers Scott Morrison auf Hawaii. Dazu kam die anfängliche Weigerung, freiwillige Feuerwehrmänner zu bezahlen und der nur schleppende Einsatz der Armee. Und die Klimapolitik Morrisons findet immer mehr Kritiker. Morrison möchte in Zukunft eher noch mehr Kohle fördern lassen möchte. Australien ist der weltgrößte Kohleexporteur.

Ihre Klimaschutzpolitik will die Regierung trotz des zunehmenden öffentlichen Drucks aber nicht ändern. In einer Umfrage des Sydney Morning Herald lag die Zustimmungsrate für den Chef der konservativen Liberalen aber nur noch bei 32 Prozent.

Der WWF und die Brände: Die Herkulesaufgabe

Wenn es an der Katastrophe etwas Gutes gab, dann war es die weltweite Unterstützung. Die Großzügigkeit war überwältigend, auch aus Deutschland. Sie hat nicht nur die notwendigen Mittel bereitgestellt, um auf diese beispiellose Krise zu reagieren, sondern ist auch eine unschätzbare Quelle der Motivation und Solidarität in diesen schwierigen Zeiten. Australien steht vor einer gigantischen Aufgabe — und der WWF ist mittendrin.

Der WWF-Australien hat einen australischen Wildlife and Nature Recovery Fund eingerichtet. Die Unterstützung wird es uns ermöglichen, die Mittel dort zu einzusetzen, wo sie am meisten benötigt werden. Sie werden uns auch die nötige Flexibilität geben, um uns an eine sehr dynamische Situation anzupassen – das heißt dort zu helfen, wo es am nötigsten ist.

Das heißt konkret: Zunächst geht es um Soforthilfe. Wir bringen Nahrung für die Tiere in die verbrannten Gebiete. der WWF unterstützt Auffangstationen für Tiere, etwa für verletzte Koalas. Nachrichten über durch die Feuer getötete Tiere müssen wir sammeln, um ein genaues Bild von der Katastrophe zu bekommen.

Die Zukunft nach den Feuern sichern

Wir stellen sicher, dass unverbrannter Lebensraum geschützt wird. Wir identifizieren nicht oder nur teilweise verbrannte Gebiete und schützen sie vor Vieh und Rodung. Die entscheidenden Lebensräume von bedrohten Arten müssen wir wieder vernetzen und vor dem Eindringen invasiver Pflanzen- und Tierarten schützen. Anpassung und Widerstandsfähigkeit gilt es zu fördern, etwa durch pflanzen von Arten mit höherer Toleranz gegen hohe Temperaturen, Feuer und Dürre. Es sind Aufgaben für viele Jahre.

Natürlich setzen wir uns weiter dafür ein, dass Australien und alle Mitglieder der internationalen Staatengemeinschaft endlich starke Maßnahmen gegen den Klimakrise im Einklang mit dem Pariser Abkommen ergreifen!

Wir kennen die genaue Bilanz der Katastrophe in Australien noch nicht. Was aber jetzt schon klar ist: Wir sind mitten in einer Herkulesaufgabe, um zu retten, was zu retten ist – und die Zukunft der Natur Australiens zu sichern.

Australien brennt: Helft uns, die Koalas zu retten!

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Gesetz zum Kohleausstieg: Absage an den Klimaschutz

Kann man eigentlich erwarten, dass eine gewählte Regierung einen Kompromiss umsetzt, den eine von ihr eigens eingesetzte Kommission (KWSB) aus unterschiedlichsten Interessenvertreter:innen und Wissenschaftler:innen ausgehandelt hat? Diese Frage stellte sich in meinem Twitterfeed heute früh, dem Tag der Verabschiedung des „Gesetzes zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung” im Bundeskabinett.

Ganz grundsätzlich muss sich eine demokratisch gewählte Regierung nicht an solche Empfehlungen halten. Aber die Bundesregierung hatte zuvor bei jeder Gelegenheit bekräftigt, dass sie genau das tun werde. Und schließlich hat sie heute auch geliefert. Fast alle Beteiligten dürften von dem Gesetz profitieren. Ein paar wichtige Interessen sind jedoch auf der Strecke geblieben: Der Klimaschutz, die Steuerzahler:innen und zukünftige Generationen. Für diese hat die Bundesregierung denkbar schlecht verhandelt.

Kohleausstieg mit Steinkohleverstromung?

Heute wurde im Bundeskabinett paradoxerweise ein Kohleausstiegsgesetz verabschiedet, dass zunächst mal mehr Kohle ans Netz bringt. Mit Datteln IV geht – obwohl die Kohlekommission das anders festgehalten hatte – noch in diesem Jahr geht ein neues Steinkohlekraftwerk ans Netz. Dessen Emissionen können nicht vollständig durch andere Stilllegungen kompensiert werden. Und das damit gesendete Signal ist wirklich fatal.

Der “Kohleausstieg”, den wir jetzt haben, bedeutet zudem, dass weitere sechs Dörfer per Gesetz für einen energiewirtschaftlich nicht notwendigen Braunkohletagebau weichen müssen. Im Klartext heißt das: Sie werden weggebaggert. Zum Hambacher Wald steht nichts mehr drin.

Gesetz zum Kohleausstieg ignoriert die Kohlekomission

Der Kohleausstieg, den wir jetzt haben, schont die Braunkohle vor allem in der Lausitz. Er setzt in keiner Weise den von der Kohlekommission ausgehandelten stetigen Minderungspfad um. Stattdessen mindert er die Erzeugung und Emissionen in langen Treppenstufen immer erst kurz vor der jeweils festgelegten Deadline.

Der Kohleausstieg, den wir jetzt haben, garantiert den Betreibern RWE (Rheinisches Revier) und LEAG (Lausitzer Revier) Milliarden an Entschädigung. Sie werden bezahlt von Steuergeldern. Die LEAG erhält diese Zahlung sogar für einen Stilllegungspfad, der sich kaum von den ursprünglichen Planungen des Unternehmens unterscheidet. Das Gesetz schreibt zwar immerhin fest, dass die Entschädigungen für Wiederherstellung und Rekultivierung eingesetzt werden müssen. Allerdings ist das ohnehin die Aufgabe der Betreiber, aus den Einnahmen dafür Geld zurückzulegen.

Steuergelder als Entschädigungen für Betreiber

Der Kohleausstieg, den wir jetzt haben, wird aus öffentlichen Kassen mit über vier Milliarden Euro Entschädigungen allein für die Braunkohlebetreiber unterstützt. Hinzu kommen noch die Ausschreibungssummen für die Steinkohlekraftwerke,  mit bis zu weiteren fünf Milliarden Euro “Anpassungsgeld” für Arbeitnehmer:innen und weitere 40 Milliarden Euro Strukturwandelförderung für die Regionen. 

Kohleausstieg ohne Klimaschutz

Der Kohleausstieg, den wir jetzt haben, kann überhaupt nur dann einen Klimaschutzeffekt haben, wenn die Emissionszertifikate im Emissionshandel, die durch die Stilllegungen frei werden, gelöscht werden. Das ist so direkt nicht vorgesehen – denn damit gehen Einnahmenverluste einher. Stattdessen werden die Zertifikate in die sogenannte Marktstabilitätsreserve verschoben. Das hat die Folge, dass sich Deutschland die Kosten für diesen teuer erkauften Kohleausstieg dann mit klimapolitisch mutiger voranschreitenden Mitgliedsstaaten wie Griechenland (Kohleausstieg 2028) teilen kann.

Eigentlich ist es ja nicht zuviel erwartet:

Wenn man eine Kommission einsetzt zur Ausarbeitung eines gesamtgesellschaftlichen Kompromisses zur Befriedung eines großen und komplexen Konfliktes, der in seiner Bedeutung für den internationalen Klimaschutz nicht hoch genug zu bewerten ist, und dieser Kompromiss laut Bundesregierung dann auch Eins zu Eins umgesetzt werden soll, dann muss dieser sorgfältig austarierte Kompromiss eben auch tatsächlich genau so umgesetzt werden.

Kann man das eigentlich erwarten? Ich finde ja. 

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Die Klimakrise ist für die Feuer in Australien verantwortlich

Menschen versammeln sich am Strand und suchen Schutz vor Feuer. Völlig entkräftete Koalas klammern sich an Wasserflaschen. Verkohlte Tierkadaver in einer verbrannten Landschaft. Diese Bilder aus Australien sind in den letzten Tagen und Wochen um die Welt gegangen. Und fast genauso schnell haben sich zweifelhafte Theorien und Falschmeldungen verbreitet. Besonders häufig taucht in den deutschen sozialen Medien eine Meldung auf, die vor allem Klimaschutz-Gegner:innen in die Hände spielt: Hundertfache Brandstiftungen und nicht die Klimakrise seien für die Megafeuer verantwortlich. Und damit angeblich nicht, wie Klimaforscher:innen wissen, die Erderhitzung.

Was steckt hinter der Brandstiftung-These?

Die Information mit den hundertfachen angeblichen Brandstiftungen stammt aus einem Bericht der Polizeibehörde im australischen Bundesstaat New South Wales, ein Bundesstaat der besonders massiv von den Bränden betroffen ist. Doch der Bericht wird fehlerhaft zitiert. Die Behörde ist insgesamt seit Anfang November gegen 183 Personen vorgegangen. Aber nur in 24 Fällen hat es sich um absichtliche Brandstiftung gehandelt, etwa so viele Brandstiftungen wie im Vorjahr. Bei den restlichen Fällen haben Menschen trotz Verbot Feuer gemacht oder zum Beispiel Zigaretten weggeworfen. Das Ausmaß der Brände lässt sich also nicht mit Brandstiftungen erklären!

Tatsächlich sind Buschbrände in Australien im Sommer ein normales Ereignis. Die Natur hat sich darauf eingestellt. Eukalyptusbäume treiben nach Waldbränden neu aus, manche Pflanzen blühen erst nach einem Feuer. Die Brände werden von Blitzeinschlägen, umgestürzten Strommasten, weggeworfenen Zigarettenkippen oder eben Brandstiftung ausgelöst. Aber das, was wir jetzt erleben, ist nicht normal.

Mega-Feuer: Durch die Klimakrise möglich

Die Klimakrise ist für die Feuer in Australien verantwortlich und nicht Brandstiftung. © Adam Dederer / WWF Australien
Die Klimakrise ist für die Feuer in Australien verantwortlich und nicht Brandstiftung. © Adam Dederer / WWF Australien

Mindestens 27 Menschen, fast 2000 Häuser, 10 Millionen Hektar Land und mehr als 1 Milliarde Tiere sind den Feuern bereits zum Opfer gefallen. Was auch immer die Brände ausgelöst hat, erst durch das von der Klimakrise begünstigte Extremwetter konnten sie zu dem gewaltigem Ausmaß heranwachsen. In New South Wales und Gesamtaustralien war 2019 das mit Abstand wärmste und trockenste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen.

Der Kieler Klimaforscher Mojb Latif erklärte die Wirkung der Erderhitzung auf Australien im DeutschlandfunkEnde letzten Jahres – ich glaube, es war der 17. Dezember –, das war der wärmste Dezembertag, den man jemals in Australien gemessen hatte, mit einer Temperatur von 49,9 Grad. Das sind schon unmenschliche Verhältnisse. Hinzu kommt diese extreme Dürre, die schon monatelang anhält, und sowohl diese extremen Temperaturen als auch die Dürre, die kann man einfach mit natürlichen Einflüssen nicht mehr erklären.

Hitze und Dürre befeuern die Feuer in Australien

Durch die Hitze verdunstet besonders viel Wasser aus Böden, können Niederschläge den Verlust nicht ausgleichen, trocknet die Oberfläche aus, Brände breiten sich leichter aus. Hohe Temperaturen sorgen zudem dafür, dass Pflanzen schneller austrocknen und leichter Feuer fangen.
Diese Entwicklung in Australien kommt nicht überraschend. Dass die Erderhitzung die Gefahr von Waldbränden verstärkt, ist unter Klimawissenschaftler:innen unumstritten. Nachlesen kann man das zum Beispiel im aktuellen Bericht des Weltklimarats IPCC zu den Landgebieten. Schon unterhalb von einem Grad Erhitzung dehnt sich demnach “mit hoher Konfidenz” die Waldbrandsaison aus — genau das, was wir in Australien gerade beobachten können.

Time to Act!

Weltweit hat sich die Erde bereits um etwa ein Grad erhitzt. Uns bleiben nur noch wenige Jahre, um Klimaschutz-Maßnahmen zu ergreifen, mit der wir die Erderhitzung auf 1,5 Grad Celsius begrenzen können. Um dies zu schaffen, muss die Weltgemeinschaft ambitionierten Klimaschutz umsetzen.
Ein wichtiger Schritt dafür steht dieses Jahr an: die Erhöhungen der sogenannten Klimaziele im Rahmen des Pariser Klimaabkommens an. Deutschland und die EU müssen mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Ambitionen verstärken. Und sie müssen Länder wie Australien, die beim Klimaschutz bremsen, dazu bringen, ebenfalls aktiv zu werden!

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