Das gefährliche Leben der Meeresschildkröten

Abschied ins Meer

Das Leben mit dem Panzer wirkt beschwerlich, doch Schildkröten gibt es schon sehr lange auf der Welt, etwa 200 Millionen Jahre. Von den rund 350 Schildkrötenarten auf der Erde leben nur sieben im Meer. Sie stammen aber von den Land- respektive Süßwasserschildkröten ab. Sie haben sich vor mehr als hundert Millionen Jahren ins Meer verabschiedet. Und haben alle tropischen und subtropischen Meere besiedelt.

Schlafen unter Wasser

Meeresschildkröten sind für das Leben im Wasser perfekt angepasst. Ihr Panzer ist flacher und stromlinienförmiger als der ihrer Verwandtschaft an Land. Die Füße sind flossenartig. Manche haben Schwimmhäute zwischen den Krallen. Sie tauchen zwischen 5 und 40 Minuten lang – und können beeindruckende 4 bis 7 Stunden schlafend tauchen, bevor sie wieder an die Oberfläche müssen. Sie verlangsamen dabei ihren Stoffwechsel erheblich.

Meerschildkröte taucht auf
Tief Luft holen! © Antonio Busiello / WWF-US

Eine halbe Tonne Schildkröte!

Die Lederschildkröte ist die Größte der Meeresschildkröten: Sie kann bis zu 1,8 Meter lang und 500 Kilogramm schwer werden. Die kleinste: Kemp’s Bastardschildkröte (Lepidochelys kempii) mit 50–80 Zentimetern Panzerlänge.

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Bastard! Unecht!

Bastardschildkröten haben ihren wenig freundlichen Namen, da sie früher als Hybriden zwischen der Suppenschildkröte und der Unechten Karettschildkröte galten. Die unterscheidet sich von der Echten Karettschildkröte wiederum durch einen größeren Kopf. Es ist kompliziert.

Die Panzer, das Meer und die Heimat: Wie pflanzen sich Schildkröten fort?

Kompliziert ist auch die Fortpflanzung, nicht nur wegen der Panzer: Meeresschildkröten sind meist Einzelschwimmer, verbringen ihr ganzes Leben im Meer und legen dabei Tausende von Kilometern zurück. Die Paarung findet meist an der Wasseroberfläche statt. Dann wird es anstrengend für die Weibchen: Nur sie kommen zur Eiablage an Land – und zwar an jenen Strand, an dem sie selbst geschlüpft sind. Je nach Art kehren die Tiere in Abständen von etwa drei Jahren zur Paarung in Küstengewässer zurück. Meist legt ein Weibchen bis zu dreimal in einer Nistsaison Eier ab – je nach Art etwa 50 bis 200 runde, weiße Eier.

Wie finden Schildkröten ihren Geburtsstrand wieder?

Die Schildkröten orientieren sich am Magnetfeld der Erde, wie die Forscher_innen er Universität North Carolina herausgefunden haben. Ganz ähnlich machen es übrigens Zugvögel.

Das Salz muss wieder raus

Stichwort Anpassung: Über Salzdrüsen an den Augen scheiden sie ständig Salz aus, das die Meeresschildkröten über das Meerwasser aufnehmen und wieder loswerden müssen.

Suppe und Brillen

Der Mensch hat die Meeresschildkröten in den letzten Jahrhunderten schwer dezimiert. Der grauselige Name der Art Australische Suppenschildkröte (Natator depressus) erinnert noch daran, dass sie sehr gerne gegessen wurden. Dabei hat früher die traditionelle und lokale Nutzung der Schildkröte als Eiweißquelle den Bestand nie ernsthaft gefährdet. Erst seit Schildkrötensuppe zu einer Delikatesse und Schildpatt zu exklusiven Brillen und Schmuckstücken verarbeitet wurde, begann der bedrohliche Niedergang vieler Populationen. Übrigens: Noch in den 1970er Jahren stand auch in Deutschland Schildkrötensuppe auf der Speisekarte.

Corona-Notspende: Hilferufe aus der ganzen Welt

 

Was bedroht Meeresschildkröten?

Meeresschildkröten können wahrscheinlich bis zu hundert Jahre alt werden. Fressfeinde haben sie wenige, wenn sie erst mal die gefährliche Kindheit überstanden haben. Es drohen aber viele Gefahren. Jedes Jahr enden hunderttausende Tiere als ungewollter Beifang in Fischernetzen oder an Langleinen. Außerdem werden die Brutgebiete der Reptilien vielerorts Opfer einer ungebremsten Strandbebauung und intensiver touristischer Nutzung.

Der internationale Handel mit Fleisch, Eiern und Schildpatt sind eigentlich seit 1979 weltweit verboten. Dieses Verbot wurde aber erst 1994 wirklich durchgesetzt.

Meeresschildkröten sind besonders gefährdet durch Plastikmüll

Der Tisch der Meeresschildkröten ist reich gedeckt. Je nach Art und Lebensabschnitt fressen sie Plankton, Algen, Seegras, Muscheln, Tintenfische, Pflanzen, Schnecken, Fischeier, Quallen, Korallen, Tintenfische, Krebstiere, Krabben und noch manch anderes mehr. Ihr Appetit auf Quallen kann ihnen allerdings zum Verhängnis werden. Treibende Plastiktüten sehen Quallen leider zum verwechseln ähnlich aus – und immer mehr Schildkröten verenden daran.

Meeresschildkröte mit Plastiktüte
Meeresschildkröten halten Tüten für Quallen © Troy Mayne / WWF

Hilfe hilft!

Bei den Meeresschildkröten haben wir es sogar wissenschaftlich bestätigt, dass sich unsere Arbeit, die Arbeit aller Naturschützer lohnt. Es gibt Projekte fast überall, wo Schildkröten leben, vom Peloponnes bis zu den Philippinen. Strände werden bewacht, Nester beschützt, Fischerei umgestellt. Langsam, langsam scheinen sich manche Bestände zu erholen, wie das Science Mag schreibt.

Bald nur noch Männchen?

Alle diese wunderbaren Erfolge könnten jedoch durch den Klimawandel aufgefressen werden. Bei Schildkröten ist die Verteilung der Geschlechter nämlich von äußeren Bedingungen abhängig. Wärme und Feuchtigkeit des Nests bestimmen, ob sich die Embryos in den Schildkröteneiern zu Männchen oder Weibchen entwickeln. Durch die zunehmende Erwärmung verschiebt sich das Geschlechtsverhältnis. Bei wärmeren Temperaturen schlüpfen mehr Weibchen. An einigen Stränden schlüpfen inzwischen zu 99 Prozent Weibchen. Bei Krokodilen ist es übrigens umgekehrt: Hier sind die Nachkommen durch die höheren Temperaturen immer öfter männlich.

Meeresschildkröte durch den WWF gerettet
Im Fischernetz gefangene Schildkröte befreit und wieder freigelassen © Peter Denton / WWF

Was macht der WWF?

Alles hängt mit allem zusammen, wie schon der alte Humboldt erkannte. Besonders gut zu erkennen beim Schutz der Meeresschildkröten. Es ist wichtig, die Strände zur Eiablage zu beschützen. Ja, das Handelsverbot muss konsequent umgesetzt werden. Wir brauchen eine andere Fischerei. Durch sogenannte „turtle excluder devices“ (TEDs) in den Netzen können Schildkröten entkommen. In der Langleinen-Fischerei hilft der Einsatz von speziellen runden Haken, um den ungewollten Beifang zu verhindern. Wir setzen uns dafür ein, bis 2030 ein Drittel der Weltmeere unter Schutz zu stellen. Der stetige Eintrag von Plastikmüll muss nachhaltig enden. Und letztendlich wird nur eine Verringerung des CO2-Ausstoßes und die Bekämpfung der Klimakrise das Meer retten. Wir arbeiten an all diesen Stellschrauben. Es ist komplex. Und wir sind für jede Hilfe dankbar.

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Woher kommt der Grüne Wasserstoff?

Wasserstoff wird als Wunderwaffe beim Klimaschutz gehandelt. In meinem letzten Blogbeitrag, habe ich aufgezeigt, wie energieaufwändig seine Herstellung ist und wo er sinnvollerweise eingesetzt werden sollte. Diesmal beschäftige ich mich mit der Frage, wo Grüner Wasserstoff gewonnen wird und was das für Mensch und Natur bedeutet.

Überschüsse in Deutschland nutzen

Aus unserer Sicht werden wir in Deutschland nicht ausreichend erneuerbaren Strom produzieren können, um den Bedarf an grünen Wasserstoff zu decken. Nur ein kleiner Teil kann künftig durch inländische Produktion gedeckt werden. Dafür würden Überschüsse an erneuerbaren Energien im Stromnetz genutzt werden. Diese Überschüsse entstehen beispielsweise, wenn besonders viel Windenergie erzeugt und gleichzeitig relativ wenig davon verbraucht wird. Dies ist schon heute manchmal der Fall. Bei einem Energiesystem, das ausschließlich auf erneuerbaren Energien basiert, wird dies häufiger vorkommen. Ausreichen wird dies aber nicht. 

Wo die Sonne scheint und der Wind weht

Also sind wir auf Importe angewiesen. Es ist sinnvoll, den grünen Wasserstoff dort herzustellen, wo Wind und Sonne im Überfluss vorhanden sind. Das erhöht die Ausbeute der Anlagen und reduziert die Kosten. Als geeignete Produktionsstandorte werden oft Nord- und Westafrika, der Mittlere Osten, Chile, Australien und Norwegen diskutiert.

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Auch Off-Shore-Windenergie wird gebraucht, um Wasserstoff zu erzeugen. © IStock / Getty Images
Auch großflächige Off-Shore-Windenergie wird gebraucht, um Grünen Wasserstoff zu erzeugen. © IStock / Getty Images

Wenn Wasserstoff importiert bzw. exportiert wird, muss sichergestellt sein, dass der Strom für die Wasserstoffproduktion tatsächlich 100 Prozent erneuerbar ist und nicht mit Kohle- oder Kernkraftstrom ergänzt wird, wodurch indirekt der Neubau von Kohle- und Kernkraftwerken in anderen Ländern drohen würde.

Lokale Energiewende first, Energie-Exporte second

Deutschland ist nicht das einzige Land, das auf den Import von Grünem Wasserstoff angewiesen ist. Und auch die Wasserstoff-Produktionsländer selbst benötigen erneuerbaren Strom und grünen Wasserstoff für ihre eigene Energiewende. Zudem ist in vielen geeigneten Standorten in Ländern des globalen Südens Energiearmut teilweise noch ein großes Problem. Deshalb darf der Aufbau von grünen Wasserstoff-Anlagen nicht die lokale Energiewende ausbremsen, sondern muss Hand in Hand gehen.

Wasserrisiken und Naturschutz mitdenken

Als weiteres Ausgangsmaterial für die Herstellung von grünem Wasserstoff wird Wasser benötigt. Zum Beispiel braucht man für einen Liter synthetisches Kerosin (auf Basis von Wasserstoff) rund 1,4 Liter sauberes Süßwasser. Hochgerechnet auf den Kerosinbedarf der deutschen Fluggesellschaften wären dafür jährlich rund 16 Millionen Kubikmeter Wasser nötig. Zum Vergleich: Dies entspricht dem durchschnittlichen, jährlichen Wasserbedarf von rund 350.000 Tausend Menschen in Deutschland.

Fehlendes oder verschmutztes Süßwasser ist oft der unsichtbare Startpunkt von Problemen. © WWF
Fehlendes oder verschmutztes Süßwasser ist oft der unsichtbare Startpunkt von Problemen. © WWF

Sonne, Wasser und Wind sind nicht nur die Basis für eine nachhaltige, Grüne Wasserstoffproduktion, sondern auch für das Leben auf der Erde. Sehr gute Erneuerbaren-Standorte überschneiden sich deshalb teilweise mit Schlüsselregionen der biologischen Vielfalt. In Wüstenregionen, wie zum Beispiel Nordafrika, ist dies der Fall. Denn auch die Wüste lebt und vermeintlich artenarme Regionen und Ökosysteme spielen eine wichtige Rolle für den Erhalt der Artenvielfalt.

Wie kommt der grüne Wasserstoff zu uns?

Für den internationalen Transport des Wasserstoffs gibt es unterschiedliche Optionen. Aus Nordafrika zum Beispiel könnten Pipelines genutzt werden. Spezielle Transportschiffe würden benötigt, um Wasserstoff von weiter entlegenen Produktionsorten zu importieren. In welcher Form der Wasserstoff am besten transportiert wird, ist noch nicht hinreichend geklärt. Die Möglichkeiten variieren zwischen „pur“ flüssig oder gasförmig, wobei es zu hohen Transportverlusten kommen kann. Weiterhin wäre es möglich, Wasserstoff an Kohlenstoff zu binden, um Methan, Methanol oder Ammoniak zu erhalten. Dabei besteht aber die Problematik, dass es eine nachhaltige Kohlenstoffquelle, z. B. die Luft, braucht. Auch ist Methan ein sehr starkes Treibhausgas und Ammoniak sehr giftig.

Grünen Wasserstoff ganzheitlich betrachten

Rein theoretisch schickt uns die Sonne einen gigantischen Überfluss an Energie. Doch die Wasserstoffgewinnung ist mit einigen kritischen Themen verbunden. Es muss sichergestellt werden, dass Wasserrisiken und mögliche Auswirkungen auf die Artenvielfalt berücksichtigt werden. Dies gilt dabei nicht nur für Landflächen, sondern auch für Meeresregionen bzw. Küstenlinien beispielsweise in Südamerika.

Die WWF-Schlüsselregionen der Biodiversität © WWF
Die WWF-Schlüsselregionen der Biodiversität © WWF

In Summe lässt sich festhalten, dass beim Thema Wasserstoff – ähnlich wie beim Windenergieausbau in Deutschland – die Landschaftsräume ganzheitlich zu betrachten sind. Klimaschutz und Energiewende stellen ein globales, gesellschaftliches Gemeinschaftswerk dar, an deren Gestaltung die Menschen vor Ort spürbar mitwirken und teilhaben sollten. Deshalb möchte dieser Artikel keine Standortempfehlungen abgeben, sondern dient vielmehr als Denkanstoß für die weitere Debatte. 

Was macht der WWF zum Thema Wasserstoff?

Der WWF ist an diesem hochaktuellen und wichtigen Thema dran. So sind wir am Kopernikus-Projekt Power-to‑X beteiligt. Dort arbeiten Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft gemeinsam an Lösungen für die Energie der Zukunft, gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Falls du dich mehr für dieses Thema interessierst und mehr darüber erfahren möchtest, wie klimaneutral CO2 als Rohstoff wirklich ist und wie der Industriesektor klimaneutral werden kann, schau auch auf unseren Themenseiten zu CCU und Industrie vorbei.

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Hellgrünes Konjunkturpaket

Die Zeiten haben sich geändert. Die Bundesregierung hat am Mittwochabend (3.6.2020) ihr milliardenschweres Programm zur Stärkung der Wirtschaft in der Corona-Pandemie vorgestellt. Es ist ein erster Schritt, um Wirtschaft und Gesellschaft zukunftsfähig auszurichten. Wir finden darin Investitionen in Elektromobilität und Nahverkehr. Es enthält Impulse für Wasserstoffwirtschaft und energetische Gebäudesanierung. Die umstrittene Kaufprämie für Verbrennungsmotoren ist abgesagt. Gut so, die Richtung stimmt.

Kein Geld für die Verbrenner!

Halten wir fest: Es gibt keinen gesellschaftlichen Konsens mehr, eine Abwrackprämie für Verbrennungsmotoren durchzuwinken und staatliche Gelder für die Industrie des Gestern auszugeben. Die Bundesregierung hat das trotz des großen Drucks der Autolobby erkannt.

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Rund ein Viertel der staatlichen Investitionen sollen in die Bereiche Energie, Klima und Mobilität fließen. Dieser ökologische Neustart der Wirtschaft ist zwingend nötig, damit Deutschland weiter wettbewerbsfähig bleibt. Viel Geld fließt auch in die Forschung und Entwicklung der Wasserstoffindustrie sowie in klimafreundliche Industrieprozesse.

Schulden für die Zukunft nur ökologisch!

Machen wir uns nichts vor: Wir bauen mit dem Konjunkturprogramm gerade einen gigantischen Schuldenberg auf. Unsere Kinder werden den wieder abbauen müssen. Deswegen muss der ökologische Umbau zwingend auf den Erhalt ihrer Lebensgrundlagen und ihrer Zukunft einzahlen.

Konjunkturprogramm Corona: Radfahrer vor Steigung
Das Konjunkturpaket könnte Schwung für die grüne Zukunft geben © natsura chantara/iStock/Gettyimages Plus

Unsere Stimmen wurden gehört: Danke!

Deswegen haben wir auch massiv für grüne Konjukturprogramme lobbyiert, die im Einklang mit Natur und Umwelt stehen. Und wir haben nach Eurer Hilfe für unsere Petition gefragt. 75.000 haben unterschrieben. Vielen Dank für dieses Engagement! Wie wir jetzt sehen: Unsere Stimmen wurden gehört.

Positiv finden wir vor allem drei Punkte des Konjunkturprogramms:

  1. Die Absage an den Verbrenner bei gleichzeitiger Förderung für Elektroautos und der Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur sind ein starker Impuls — obwohl besser auch Plug-in Hybride ausgeschlossen wären. Auch die Unterstützung des Öffentlichen Nahverkehrs setzt die richtigen Akzente für eine zukunftsgerechte Mobilität.
  2. Die Fixierung der EEG-Umlage ist ein wichtiger Schritt, um Verbraucher zu entlasten und strombasierte Anwendungen durch verlässliche, niedrigere Strompreise attraktiver zu machen.
  3. Impulse für die Wasserstoffwirtschaft und damit für klimafreundliche Industrie werden mit einer milliardenschweren Starthilfe gesetzt.

Bei all diesen Punkten kommt es aber nun auf’s Detail und die Umsetzung an. Und auch darauf, die angekündigten Prüfaufträge auch anzugehen.

Wo wir uns mehr gewünscht hätten:

Natürlich hätten wir uns insgesamt mehr Mut gewünscht. So lässt die Bundesregierung die Chance ungenutzt, Klimaschutz langfristig und breit zu verankern. Grundlegende Kriterien werden nicht aufgestellt, die etwa das Pariser Klimaschutzabkommen und die Nachhaltigkeitskriterien der Vereinten Nationen in den Mittelpunkt stellen. Auch Maßnahmen zur Überprüfung der Klimaschutzfunktion aller Investitionen gibt es nicht. Immer noch fehlt der konsequente Abbau klimaschädlicher Subventionen (etwa das Dieselprivileg), gerade weil nun auch über die abgesenkte Mehrwertsteuer Benzin, Diesel und auch Heizöl nochmal günstiger werden. Dass die Bundesregierung weitere 700 Millionen Euro für nachhaltige Waldbewirtschaftung zur Verfügung stellen möchte, ist grundsätzlich begrüßenswert. Es braucht aber Kriterien, was unter nachhaltiger Waldbewirtschaftung verstanden wird. Damit die Auswirkungen künftiger Dürren nicht jedes Mal Millionen kosten.

Ja, dieses Konjunkturpaket ist ein guter Schritt, ein erster Schritt. Wir werden aufmerksam verfolgen, wie und wann die nächsten gesetzt werden.

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Corona: Gewinner Fahrrad

„Fahrräder sind das neue Klopapier“, so brachte es der Besitzer eines australischen Fahrradgeschäftes auf den Punkt. Nachdem sich der Run auf die Hygienepapiere inzwischen abgekühlt hat, hält die Nachfrage nach Zweirädern nicht nur in Australien unvermindert an. Corona macht es möglich. Es passiert etwas zugunsten des Fahrrads.

Neue Radwege in Großstädten wie Berlin, Brüssel, Paris oder Barcelona. Autofreie Sonntage in Bogotá und anderswo sind die Antwort auf den Verkehrskollaps in unseren Städten. Ein Trend, der sich angesichts überfüllter U‑Bahnen, fehlender Parkplätze und nerviger Staus in den Innenstädten hoffentlich noch weiter verstärken wird. Gut für das Klima, für die Gesundheit, für unsere Städte.

Fahrrad-Prämie in Italien

Während hierzulande heftig über eine Kaufprämie für Autos gestritten wird, will Italien den Kauf von Rädern mit bis zu 500 Euro fördern. Ob das ein Vorbild für Deutschland sein könnte, um die Verkehrswende voranzubringen, sei dahingestellt. Zumindest in Deutschland gibt schon jetzt es mehr Fahrräder als Autos. Die Frage ist aber, ob die Drahtesel auch benutzt werden. Nicht nur Pkws stehen mehr als 23 Stunden am Tag ungenutzt, meist im öffentlichen Raum, herum. Auch viele der fast 80 Millionen Velos verstauben in Deutschland auf Dachböden oder Kellern. Ja, auch bei mir.

Fahrräder: Es gibt geug
Es gibt in Deutschland 80 Millionen Fahrräder CC0 Hector Martinez https://unsplash.com/photos/Hs-Tt4fBX3M

Wir brauchen keine neuen Fahrräder, wir brauchen Infrastruktur!

Ich bin mir sicher: Fahrräder haben wir in Deutschland echt genug. Das Rad muss nur deutlich attraktiver werden. Als alltägliches Verkehrsmittel war das Fahrrad bisher vielen schlicht zu unbequem und vor allem zu gefährlich. Angesichts von mit Schlaglöchern gespickten oder nicht vorhandenen Radwegen, der Angst vor plötzlich aufgehenden Autotüren oder mit Scherben übersäten Pisten kann ich das ehrlicherweise verstehen. Natürlich strampele ich mit dem Rad zur Arbeit. Aber in einer Stadt wie Berlin ist das mitunter lebensgefährlich.

Statt wie in Italien generell den Kauf von Fahrrädern zu bezuschussen, scheinen mir Investitionen in eine bessere Infrastruktur zielführender. Wann, wenn nicht jetzt, liebe Verkehrspolitik? Denn die Zeichen der Zeit sind positiv. Eine aktuelle Studie zu Mobilität in Deutschland belegt, dass der Anteil der mit dem Rad zurückgelegten Wege hierzulande in Städten auf immerhin 15 Prozent gestiegen ist.

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Zurückzuführen ist das wohl vor allem darauf, dass Autos angesichts von Dauerstaus, Baustellen und Parkplatzmangel für den innerstädtischen Verkehr schon lange immer unattraktiver werden.

Trend zum Elektrofahrrad

Warum die Menschen ihr Geld trotzdem noch immer mit wachsender Vorliebe für überdimensionierte Stadtpanzer und schwergewichtige SUV ausgeben, bleibt für mich ein Rätsel des Alltags. Jenseits der noch immer wachsenden Zulassungszahlen beim Kraftfahrzeugbundesamt gibt es aber durchaus interessante Trends bei der Verkehrsmittelwahl hierzulande. Dazu gehört der Zuwachs beim Verkauf von Elektrofahrrädern. Trendsetter sind hier aber nicht die Hipster aus der Großstadt sondern ältere Menschen vom Land.

Corona: Unterschreiben Sie für grüne Konjunkturprogramme!

Unsere Oma fährt nicht mehr im Hühnerstall Motorrad, sondern sattelt auf’s Pedelec um. Weil sie uns weiter tragen als unsere Muskelkraft allein, sind die elektrobetriebenen Pedelecs — und nebenbei auch Lastenräder — zunehmend eine Alternative zum Auto.

Das ist doch immerhin ein Lichtblick zum Welttag des Fahrrads.

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Just Transition: Wie gelingt der Kohleausstieg?

Für den Klimaschutz kann der Umstieg auf erneuerbare Energien gar nicht schnell genug gehen. Doch der Kohleausstieg ist für die betroffenen Regionen, die über Jahrzehnte für Wachstum und Prosperität standen, mit vielen, manchmal schmerzhaften Brüchen verbunden. Der von der EU vorgeschlagene “Just Transition Mechanism” beschäftigt sich mit der Frage, was diese Gemeinden wirklich benötigen. Damit, was nach der Kohle kommt und wie der Strukturwandel nachhaltig, gerecht und klimaneutral gestaltet werden kann.

Ende 2018 war in Deutschland „Schicht im Schacht“. Die letzte Steinkohlezeche in Deutschland, Prosper Haniel in Bottrop, stellte die Förderung ein. Auch der schrittweise Ausstieg des Braunkohleabbaus in Deutschland ist überfällig und beschlossen. Deutschland steht damit längst nicht allein. Der sogenannte Strukturwandel verbindet die Lausitz und das Rheinische Revier in Deutschland mit vielen Regionen in Europa.

Kohleausstieg in Europa: Parallelen – aber kein Patentrezept

Daher haben wir uns vier Kohleregionen in Deutschland, im griechischen West-Mazedonien, im polnischen Schlesien und im Südwesten Bulgariens genauer angeschaut. Welche Sorgen und Ängste haben die Menschen in den verschiedenen Revieren? Welche Gemeinsamkeiten gibt es? Wie kann ein gerechter und sinnvoller Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft gelingen?

Mit unserem Bericht „Just Transition to Climate Neutrality“ wollen wir dazu beitragen, einen gerechten und nachhaltigen Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu gewährleisten.

Schritt 1: Ein definierter Schlusspunkt für den Kohleausstieg

Von grundlegender Bedeutung ist der konkrete und schnelle Ausstieg aus der Kohleverstromung. Nur ein klarer Zeitplan mit einem verbindlichen und ehrgeizigen Kohle-Ausstiegsdatum verschafft Investor:innen, Arbeitnehmer:innen, Anwohner:innen notwendige Planungssicherheit. Ein klarer Pfad hilft, Fehlinvestitionen zu vermeiden. Hier kann man aus den schmerzhaften Erfahrungen im Ruhrgebiet oder im Saarland lernen. Dort wurde der Kohleausstieg — mit zum Teil gravierenden witschaftlichen Folgen — über Jahrzehnte hinausgezögert.

Schritt 2: Richtig in den Kohleausstieg investieren

Der European Green Deal muss den Regionen finanzielle Hilfe bieten. Entscheidend ist jedoch, wie diese Mittel eingesetzt werden. Mit dem Geld betroffenen Arbeitnehmer:innen zu helfen kann nur ein erster Schritt sein, um den sozialen Frieden zu wahren. Noch wichtiger wäre es, Impulse für eine Neuausrichtung zu initiieren. Der Übergang erfordert Vorabinvestitionen, die nicht immer von privaten Investor:innen allein getätigt werden können.

Schritt 3: Vielfalt fördern

Nach dem Zusammenbruch großer Industrien ruhen die Hoffnungen oftmals auf der Ansiedelung neuer Großbetriebe anderer Branchen. Diese Gedanke ist zwar nachvollziehbar, zeigt in der Praxis aber oft nur kurzlebige Effekte. Investitionen in Forschung, Entwicklung und die Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen machen Regionen widerstandfähig gegenüber wirtschaftlichen Veränderungen. Die Diversifizierung sollte auf der Grundlage der ökologischen Nachhaltigkeit erfolgen, damit langfristige, hochwertige Arbeitsplätze entstehen.

Schritt 4: Auf lokales Know How setzen

Die Kohleregionen haben jahrzehntelang zum Wohlstand Europas beigetragen. Wir müssen sicherstellen, dass diese Regionen vom Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft profitieren. Lokale Vertreter:innen und nationale Institutionen spielen eine Schlüsselrolle. Gemeinschaften sind eher bereit, Strategien finanziell mitzutragen und ihre Umsetzung zu unterstützen, wenn sie die treibende Kraft hinter der Entwicklung waren. Die Gemeinden haben einen besseren Blick dafür, was sie brauchen, was sie wollen.

Kohleausstieg: Strukturwandel in Dortmund, Luftbild Phönixsee
Strukturwandel in Dortmund: Aus dem Stahlwerk wurde Stadtnatur am Phönixsee © RVR, 1986, Aerowest GmbH, dl-de/by‑2–0

Schritt 5: Langfristig denken

Übergangsstrategien und ‑pläne sollten durch eine quantifizierte, transparente und objektive Analyse gestützt werden. Wir brauchen ein formuliertes Ziel, wie wir echte ökologische Nachhaltigkeit erreichen. Um sicherzustellen, dass der Übergang eine dauerhafte Perspektive für die Regionen schafft.

Just Transition – So geht der Kohleausstieg gerecht, nachhaltig und klimaneutral

Dennoch gibt es Parallelen – aber kein Patentrezept. Wir wollen mit unserem Bericht „Just Transition to Climate Neutrality“ dazu beitragen, einen gerechten und nachhaltigen Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu gewährleisten. Mit dem EU-Vorschlag des „Just Transition Mechanism” ist die Diskussion über die Zukunft der europäischen Kohleregionen eröffnet – wir werden sie gemeinsam mit Vertreter:innen der Regionen in Brüssel weiter führen.

Haben wir nicht schon ein gerechtes Gesetz zum Kohleausstieg?

Nein. Das Gesetz zum Kohleausstieg, das die Bundesregierung Ende Januar 2020 verabschiedete, ist leider weit entfernt von einem gerechten und nachhaltigen Kohleausstieg. Meine Kollegin Viviane erklärt hier an welchen Stellen das Kohleausstiegsgesetz zu wünschen übrig lässt. Wenn ein gerechter Kohleausstieg gelingen soll, muss unbedingt nachgeschärft werden.

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