Just Transition: Wie gelingt der Kohleausstieg?

Für den Klimaschutz kann der Umstieg auf erneuerbare Energien gar nicht schnell genug gehen. Doch der Kohleausstieg ist für die betroffenen Regionen, die über Jahrzehnte für Wachstum und Prosperität standen, mit vielen, manchmal schmerzhaften Brüchen verbunden. Der von der EU vorgeschlagene “Just Transition Mechanism” beschäftigt sich mit der Frage, was diese Gemeinden wirklich benötigen. Damit, was nach der Kohle kommt und wie der Strukturwandel nachhaltig, gerecht und klimaneutral gestaltet werden kann.

Ende 2018 war in Deutschland „Schicht im Schacht“. Die letzte Steinkohlezeche in Deutschland, Prosper Haniel in Bottrop, stellte die Förderung ein. Auch der schrittweise Ausstieg des Braunkohleabbaus in Deutschland ist überfällig und beschlossen. Deutschland steht damit längst nicht allein. Der sogenannte Strukturwandel verbindet die Lausitz und das Rheinische Revier in Deutschland mit vielen Regionen in Europa.

Kohleausstieg in Europa: Parallelen – aber kein Patentrezept

Daher haben wir uns vier Kohleregionen in Deutschland, im griechischen West-Mazedonien, im polnischen Schlesien und im Südwesten Bulgariens genauer angeschaut. Welche Sorgen und Ängste haben die Menschen in den verschiedenen Revieren? Welche Gemeinsamkeiten gibt es? Wie kann ein gerechter und sinnvoller Übergang in eine klimaneutrale Wirtschaft gelingen?

Mit unserem Bericht „Just Transition to Climate Neutrality“ wollen wir dazu beitragen, einen gerechten und nachhaltigen Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu gewährleisten.

Schritt 1: Ein definierter Schlusspunkt für den Kohleausstieg

Von grundlegender Bedeutung ist der konkrete und schnelle Ausstieg aus der Kohleverstromung. Nur ein klarer Zeitplan mit einem verbindlichen und ehrgeizigen Kohle-Ausstiegsdatum verschafft Investor:innen, Arbeitnehmer:innen, Anwohner:innen notwendige Planungssicherheit. Ein klarer Pfad hilft, Fehlinvestitionen zu vermeiden. Hier kann man aus den schmerzhaften Erfahrungen im Ruhrgebiet oder im Saarland lernen. Dort wurde der Kohleausstieg — mit zum Teil gravierenden witschaftlichen Folgen — über Jahrzehnte hinausgezögert.

Schritt 2: Richtig in den Kohleausstieg investieren

Der European Green Deal muss den Regionen finanzielle Hilfe bieten. Entscheidend ist jedoch, wie diese Mittel eingesetzt werden. Mit dem Geld betroffenen Arbeitnehmer:innen zu helfen kann nur ein erster Schritt sein, um den sozialen Frieden zu wahren. Noch wichtiger wäre es, Impulse für eine Neuausrichtung zu initiieren. Der Übergang erfordert Vorabinvestitionen, die nicht immer von privaten Investor:innen allein getätigt werden können.

Schritt 3: Vielfalt fördern

Nach dem Zusammenbruch großer Industrien ruhen die Hoffnungen oftmals auf der Ansiedelung neuer Großbetriebe anderer Branchen. Diese Gedanke ist zwar nachvollziehbar, zeigt in der Praxis aber oft nur kurzlebige Effekte. Investitionen in Forschung, Entwicklung und die Förderung kleinerer und mittlerer Unternehmen machen Regionen widerstandfähig gegenüber wirtschaftlichen Veränderungen. Die Diversifizierung sollte auf der Grundlage der ökologischen Nachhaltigkeit erfolgen, damit langfristige, hochwertige Arbeitsplätze entstehen.

Schritt 4: Auf lokales Know How setzen

Die Kohleregionen haben jahrzehntelang zum Wohlstand Europas beigetragen. Wir müssen sicherstellen, dass diese Regionen vom Übergang zur klimaneutralen Wirtschaft profitieren. Lokale Vertreter:innen und nationale Institutionen spielen eine Schlüsselrolle. Gemeinschaften sind eher bereit, Strategien finanziell mitzutragen und ihre Umsetzung zu unterstützen, wenn sie die treibende Kraft hinter der Entwicklung waren. Die Gemeinden haben einen besseren Blick dafür, was sie brauchen, was sie wollen.

Kohleausstieg: Strukturwandel in Dortmund, Luftbild Phönixsee
Strukturwandel in Dortmund: Aus dem Stahlwerk wurde Stadtnatur am Phönixsee © RVR, 1986, Aerowest GmbH, dl-de/by‑2–0

Schritt 5: Langfristig denken

Übergangsstrategien und ‑pläne sollten durch eine quantifizierte, transparente und objektive Analyse gestützt werden. Wir brauchen ein formuliertes Ziel, wie wir echte ökologische Nachhaltigkeit erreichen. Um sicherzustellen, dass der Übergang eine dauerhafte Perspektive für die Regionen schafft.

Just Transition – So geht der Kohleausstieg gerecht, nachhaltig und klimaneutral

Dennoch gibt es Parallelen – aber kein Patentrezept. Wir wollen mit unserem Bericht „Just Transition to Climate Neutrality“ dazu beitragen, einen gerechten und nachhaltigen Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft zu gewährleisten. Mit dem EU-Vorschlag des „Just Transition Mechanism” ist die Diskussion über die Zukunft der europäischen Kohleregionen eröffnet – wir werden sie gemeinsam mit Vertreter:innen der Regionen in Brüssel weiter führen.

Haben wir nicht schon ein gerechtes Gesetz zum Kohleausstieg?

Nein. Das Gesetz zum Kohleausstieg, das die Bundesregierung Ende Januar 2020 verabschiedete, ist leider weit entfernt von einem gerechten und nachhaltigen Kohleausstieg. Meine Kollegin Viviane erklärt hier an welchen Stellen das Kohleausstiegsgesetz zu wünschen übrig lässt. Wenn ein gerechter Kohleausstieg gelingen soll, muss unbedingt nachgeschärft werden.

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Naturschutz ist systemrelevant

Die Wissenschaft zeigt uns: Der Schutz der biologischen Vielfalt kann nicht länger warten. Naturschutz ist systemrelevant — nicht nur für die Wirtschaft, sondern für den ganzen Planeten.

In einer Studie der Leopoldina haben sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus den Disziplinen Biodiversität, Ökologie, Ökonomie, Anthropologie und integrierter Landsystem-Forschung mit Fragen der globalen Krise der biologischen Vielfalt befasst. Die Forschergruppe der Wissenschaftsakademie warnt darin eindringlich vor den Folgen der Biodiversitätskrise und des weltweiten Artensterbens. Die Studie zeigt aber auch politische Handlungsoptionen auf. Dabei geht es vor allem um die ökologischere Ausrichtung des Agrarsektors, auch und gerade bei uns vor der Haustür.

Ich kann mich den Schlussfolgerungen der Wissenschaftler nur anschließen. Die Zerstörung der Tropenwälder und der Verlust an biologischer Vielfalt sind fast überall auf der Welt auf intensive und nicht nachhaltige Landwirtschaft zurückzuführen. Wir brauchen eine Neuausrichtung für Landwirte, Natur und Verbraucher. Dazu gehört natürlich auch eine Verringerung des hohen Fleischkonsums und eine ökonomische „Einpreisung des ökologischen Fußabdrucks”, wie von der Leopoldina vorgeschlagen.

Corona: Unterschreiben Sie für grüne Konjunkturprogramme!

 

Von der Covid-19-Pandemie bis zum Dürrestress für Felder und Wälder wird uns gerade in diesen Zeiten deutlich vor Augen geführt, wie gravierend die Wechselwirkungen zwischen unserem Handeln und der Natur sind. Neben der langfristigen EU-Biodiversitätsstrategie werden auch die kurzfristigen Wirtschaftshilfen darüber entscheiden, ob Deutschland und Europa in Zukunftsfähigkeit investieren. Alte Technologien bringen uns nicht weiter. Jetzt kommt es darauf an Wettbewerbsfähigkeit, wirtschaftliche Stabilität und Wohlstand mit Klima- und Biodiversitätsschutz zu verbinden!

Wir brauchen nachhaltigere Landwirtschaft!

Die Ergebnisse der Leopoldina zeigen eindeutig, dass wir eine nachhaltigere Landwirtschaft brauchen. Landwirte müssen entlohnt werden, wenn sie nachweislich Klima und Grundwasser schützen und biologische Vielfalt auf ihren Betrieben fördern. Das macht unsere Landwirtschaft auch krisenfester.

landwirtschaft Massentierhaltung
Wir brauchen nachhaltigere Landwirtschaft! © Digital Vision / Getty Images / WWF

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Eine entsprechende  Agrarpolitik muss auch zu einer  ökologisch und sozial verträglicheren Fleischproduktion führen. Noch immer werden für unseren Hunger auf Fleisch und Wurst im großen Stil Soja-Monokulturen in Südamerika benötigt – verbunden mit einem gravierenden Verlust an biologischer Vielfalt!

Es führt kein Weg daran vorbei: Die Bundesregierung muss den New Green Deal für die EU unterstützen. Corona-Konjunkturprogramme müssen Zukunftstechnologien im Sinne des Klima- und Umweltschutzes fördern – und nichts anderes.

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Zugvögel im Wattenmeer: Unentbehrlicher Rastplatz

Riesige Vogelschwärme am Himmel, lautes Geschnatter und Gepiepe aus tausenden Schnäbeln: Das Wattenmeer wimmelt eigentlich immer von Vögeln.
Zu den Höhepunkten des Vogelzugs im Frühjahr und im Herbst sind es besonders viele. Das nahrungsreiche Watt wird zum Rastplatz für rund zehn Millionen Wat- und Wasservögel zwischen ihren Winterquartieren im Süden und den Brutgebieten in der Arktis.

Knutt — Tanken für den Langstreckenflug

Einer, der sich bei uns so viel Fett anfrisst, dass er sein Körpergewicht fast verdoppelt, ist der Knutt. Dabei ist das ohnehin ein recht plumper Watvogel. Man glaubt kaum, welche Strecken er zurücklegt: Wenn er im Mai aus Westafrika bei uns ankommt, hat er knapp 5000 Kilometer Non-Stopp-Flug hinter sich. Er bleibt etwa vier Wochen. Dann geht es Richtung Sibirien zum Brüten, wieder bis zu 5000 Kilometer, ohne Pause und Nahrung. Dort ist die Arktis möglicherweise noch schneebedeckt und er muss weiter aushalten, bevor es etwas zu Fressen gibt. Gut, dass er bei uns mit vielen kleinen Muscheln vorher ordentlich auftanken kann!

Kommen und Gehen: Im Wattenmeer ist immer Vogelzug

Im Frühjahr und Herbst machen viele Zugvögel in Deutschland Station. Das Wattenmeer ist wichtiger Rastplatz.
Knutts auf einem Rastplatz im Wattenmeer bei Hochwasser © Hans-Ulrich Rösner, WWF

Während die Knutts aus Westafrika noch bei uns ankommen, fliegen die Knutts, die in Europa überwintert haben, schon wieder weiter. In ihrem Fall aber Richtung Grönland! Und die Alpenstrandläufer ziehen, je nachdem in welchem Teil der Arktis sie brüten, von Anfang bis Ende Mai in Richtung Norden: Die verschiedenen Arten und Populationen der Zugvögel sind zu unterschiedlichen Zeiten bei uns.

Die meisten stoppen auch nicht nur kurz, sondern bleiben länger. Im Frühjahr beginnt die besonders vogelreiche Zeit im März, der Höhepunkt liegt im Mai. Der Herbstzug startet schon im Juni, die meisten Zugvögel beobachten wir dann im September und Oktober. Die Wat- und Wasservögel nutzen den Aufenthalt im Wattenmeer neben der intensiven Nahrungsaufnahme oft auch zum Federwechsel.

Küstenseeschwalbe — Der weiteste Zugweg der Welt

Nicht alle Wattenmeervögel fliegen weiter in die Arktis. Manche Zugvögel, die im Frühjahr aus dem Süden kommen, bleiben zum Brüten hier und fliegen dann wieder zurück. Dazu gehört die Küstenseeschwalbe. Sie ist nicht schnell, aber ausdauernd! Küstenseeschwalben sind die Tiere mit den längsten bekannten Zugwegen der Welt. Die im Wattenmeer brütenden Küstenseeschwalben legen im Jahr um die 90.000 Kilometer zurück – die afrikanische Küste entlang, teils auch nach Südamerika und bis in die Antarktis.

Zugvögel im Wattenmeer: Die Küstenseeschwalbe legt die längsten Strecken der Welt zurück
Eine Küstenseeschwalbe bewacht ihren Brutplatz. © Hans-Ulrich Rösner, WWF

Wie orientieren sich Zugvögel?

Vögel navigieren mithilfe des Magnetfeldes der Erde und der Stellung der Sonne und der Sterne. Zusätzlich erinnern sich Zugvögel an die Region, in der sie aufgewachsen sind oder wo sie schon einmal gerastet haben und tragen sie wie eine innere Landkarte mit sich. Landmarken wie Flüsse, Gebirgszüge und Küstenlinien helfen dabei. Viele Arten sind so in der Lage, zum Beispiel im Wattenmeer immer wieder die gleiche Insel zum Rasten oder im Brutgebiet das gleiche Revier und manchmal sogar den gleichen Nestplatz zu finden.

Das Wattenmeer liegt auf dem sogenannten ostatlantischen Zugweg der ZugvögelWarum ist das Wattenmeer so wichtig für Zugvögel?

Das Wattenmeer entlang der Nordseeküste Deutschlands, Dänemarks und der Niederlande ist eine der vogelreichsten Regionen der Welt und ein riesiges Feuchtgebiet.
Das macht es zur Drehscheibe für ziehende Wat- und Wasservögel auf ihrem sogenannten ostatlantischen Zugweg: Von Südafrika über das Wattenmeer bis nach Grönland oder zur nordsibirischen Taimyr-Halbinsel.
Das Einzugsgebiet, aus dem die Vögel zu uns kommen, umfasst die halbe Arktis – noch eine Besonderheit des Wattenmeeres!

Formationsflug der Wildgänse

Die Vogelwelt im Wattenmeer ist beeindruckend. Aber massenhaft Formationsflüge wie die von Kranichen darf man sich hier nicht vorstellen. Die meisten Vögel fliegen in eher kleinen Schwärmen, oft auch hoch jenseits der Sichtbarkeit. Am auffälligsten sind die Formationen von ziehenden Wildgänsen, etwa den Ringelgänsen. Das sieht dann wirklich aus wie eine V- oder 1‑Formation aus dem Bilderbuch.

Warum fliegen viele Zugvögel in Formation?

Warum fliegen Zugvögel Formationen?
Ringelgänse: Warum fliegen Zugvögel Formationen? © Hans-Ulrich Rösner, WWF

Dieses Zugverhalten hat einen einfachen Grund: Es spart Kraft. Die hinteren Vögel fliegen im Windschatten und können auf den Luftverwirbelungen gleiten, die das Flügelschlagen der vorderen Vögel erzeugt. Wenn die anführenden Vögel nicht mehr können, lassen sie sich zurückfallen und die nächsten rücken auf.

Wie bedroht sind Zugvögel?

Zug ist für sehr viele Vögel notwendig, aber immer auch mit Gefahren verbunden. Viele davon sind menschgemacht: Künstliche Hindernisse wie Stromleitungen oder Hochhäuser bedrohen die wandernden Vögel auf ihrem Weg – und sogar der Abschuss oder Fang mit Netzen! Außerdem lässt die konventionelle Landwirtschaft immer weniger geeignete Brutplätze und Nahrung für die Vögel übrig. Umso wichtiger und ein großer Erfolg für die Natur, dass der äußerst wertvolle Lebensraum hier im Wattenmeer fast vollständig als Nationalpark geschützt ist!

Welche Folgen hat der Klimawandel für Wattenmeervögel?

Das werde ich oft gefragt. Im Zuge des Klimawandels drohen dramatische Folgen auch für die Vogelwelt des Wattenmeeres. Durch den beschleunigten Meeresspiegelanstieg könnten Wattflächen und Salzwiesen im Wattenmeer dauerhaft überflutet werden und für die Vögel verloren gehen. Und viele arktische Tundragebiete, in denen die Vögel brüten, drohen ebenso verloren zu gehen wie Feuchtgebiete im Süden, in denen sie überwintern.

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Zugvögel beobachten

Im Nationalpark Wattenmeer gibt es vielfältige Möglichkeiten für Gäste, die Vögel zu beobachten. Es gibt Führungen und Flyer und Broschüren zu geeigneten Beobachtungsspots. Die findet Ihr am besten auf der Nationalpark-Wattenmeer-Website oder über das jeweilige Nationalpark-Infozentrum vor Ort.

Eine Übersicht über zwei größere Veranstaltungen gibt es hier: www.wwf.de/watt/events.

Die Ringelganstage im Mai auf den schleswig-holsteinischen Halligen müssen allerdings in diesem Jahr wegen der Corona-Krise leider ausfallen. Hoffen wir das Beste für uns alle – und damit auch, dass die Zugvogeltage im Herbst im Nationalpark niedersächsisches Wattenmeer wieder stattfinden können. Denn der Mensch braucht die Natur. Und sie ist nicht nur für die Vögel, sondern für unser aller Gesundheit von maßgeblicher Bedeutung.

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Ein Veto gegen den vergoldeten Auspuff: Warum die Autoindustrie keine Kaufanreize braucht

Meinen Kindern wird bei längeren Autofahrten öfter mal schwummrig. Ein ähnliches Gefühl beschleicht mich, wenn Automanager nach Steuergeldern rufen. Ob sie mit ihrer Forderung Gehör finden, bleibt abzuwarten. Die Bundesregierung hat die Entscheidung über Konjunkturhilfen erst einmal bis Juni vertagt.

Corona: Unterschreiben Sie für grüne Konjunkturprogramme!

 

Es steht außer Frage, dass die Verkaufszahlen von Neuwagen im März eingebrochen sind. Das Schicksal sinkender Verkäufe teilt die Branche aber mit Unternehmen aller Couleur. Nach Jahren der Rekordumsätze trifft es auch keinen Armen. Selbst wenn kein Fahrzeug verkauft würde, wären BMW, Volkswagen und Daimler bis weit in den Herbst noch flüssig, rechnet das Handelsblatt vor.

Weil jemand vier Wochen nicht ins Autohaus konnte, dürfte er kaum auf die geplante Anschaffung eines fahrbaren Untersatzes verzichten. Das unterscheidet die Autokäufer von Konzertbesuchern oder Kneipengängern. Die dürfen zwar auch wieder raus, doch so viel Bier können sie gar nicht trinken, damit die krisengeplagten Gastronomen ihre ausgefallen Einnahmen kompensieren können. Bei Autohändlern ist das anders.

Schon nach Wochen wieder normaler Absatz

Von Nissan ist zu hören, dass sich der Absatz auf dem wichtigen chinesischen Markt schon wenige Wochen nach dem Lockdown wieder auf dem Vorjahresniveau eingependelt habe. 

Das Auto – Profiteur der Pandemie?

Die Vermutung liegt nahe, dass die Entwicklung in Deutschland ähnlich verläuft. Mittelfristig dürfte das Auto sogar zu den Profiteuren der Epidemie gehören. Eine aktuelle Umfrage des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt belegt, dass viele, die bislang ohne Pkw unterwegs waren, sogar wegen des Corona-Virus über die Neuanschaffung nachdenken. Das eigene Auto weise gegenüber anderen Verkehrsmitteln einen deutlich höheren Wohlfühlfaktor auf. Und keine Infektionsgefahr.

Im Grunde ist das nicht wirklich überraschend. Aus Angst vor Ansteckung steigen viele auf’s Fahrrad, nehmen den Wagen und meiden Öffentlichen Nahverkehr oder Carsharing. Wenigstens der Trend zum Rad ist ein Lichtblick. Händler machen glänzende Geschäfte.

 

Viele Städte, von Bogota bis Budapest und sogar Berlin, reagieren auf den Boom der Bikes mit einer Neuverteilung des öffentlichen Raums und sogenannten Pop-Up-Radwegen. Sie machen sogar Straßen für Fußgänger frei. 

Düster für die Verkehrswende

Jenseits der neuen Radstreifen sieht es aber für die Verkehrswende eher düster aus. Zu den großen Verlieren von Corona gehören alle Öffentlichen Verkehrsmittel. Die Fahrgastzahlen sind in einigen Städten um mehr als 80 Prozent gesunken! Ähnlich dramatisch stellt sich die Lage für die Deutsche Bahn dar. Die Zahl der Reisenden im Fernverkehr ist auf 10 bis 15 Prozent des Niveaus vor der Krise zurückgegangen. Auch Busunternehmer stehen vor dem Konkurs.

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Fraglos: Im Mobilitätssektor gibt es viele, die sich berechtigt Sorgen machen müssen. VW, BMW und Co gehören eher nicht dazu. In dieser Krise kommen viele Selbstverständlichkeiten auf den Prüfstand, so auch der selbstverständliche Ruf nach öffentlichen Geldern für die Autohersteller. Die gesamte Branche sollte prüfen, ob und wie die eigenen Anteilseigner an dem Weg aus der Krise beteiligt werden können. Das ist normale Unternehmenspolitik, vor allem weil in den vergangenen Jahren hohe Gewinne gemacht wurden und die Wende zur E‑Mobilität ausgesprochen zögerlich angelaufen ist.

Elektromobilität verschlafen

Die Unternehmen setzen jetzt zunehmend auf Elektromobilität — nachdem sie die Entwicklung jahrelang verschleppt hatten und mit Wasserstoff vielfach auf’s falsche Pferd gesetzt haben. In den gegenwärtigen Krisenforderungen an Steuerzahler:innen muss deshalb zuallererst klar werden, wie die Anteilseigner ihren Beitrag zur Krisenstabilität leisten. Wenn die Gesellschaft einen Anteil leisten sollte, dann vor allem zur Transformation der Branche.

Autoindustrie Corona: Neuwagen Stoßstange an Stoßstange
Wir brauchen weniger Autos © roibu/iStock/Gettyimages Plus

Es ist ein gutes Signal, dass es beim Autogipfel am Dienstag (05. Mai 2020) keine Zusagen gab. Nun sollten alle nochmal überlegen, wie eine sinnvolle Förderung aussieht. Das Konzept der Kaufprämie hat schon einmal nicht funktioniert. Bei der Abwrackprämie 2009 wurden Käufe lediglich vorgezogen. Es war und wäre wieder ein ökonomisches Strohfeuer, das ökologisch ohnehin höchst fragwürdig ist.

Lieber ein Bonus-Malus-Ansatz, als Milliarden sinnlos zu verheizen

Verbrennern auch noch mit staatlichen Geldern den Auspuff zu vergolden, ist eine ganz schlechte Idee. Es ist sinnlos, Milliarden als kurzfristige Konsumanreize für klimaschädliche Produkte zu verheizen. Mögliche Prämien auf Elektrofahrzeuge zu beschränken, kann nur das mindeste sein. Es gibt bereits Zuschüsse für Elektroautos und Plug-in-Hybride, die noch zu erhöhen wären.

Darüber hinaus sollte aber die Systemumstellung unterstützt werden — durch das Gegenteil einer Kaufprämie, nämlich die Erhebung eines zusätzlichen Betrages beim Kauf von besonders ineffizienten Verbrennern (Bonus-Malus-System). Im Gegenzug für Hilfen müssten die Unternehmen sich verpflichten, einen klaren Pfad zur Klimaneutralität zu definieren und über die Erfüllung dieses Ziels auch transparent berichten.

Elektroautos lösen Verkehrsprobleme, Unfälle, lange Staus, wenig Platz für Fußgänger und Radfahrer und versiegelte Flächen aber nicht. Für eine moderne Mobilität brauchen wir insgesamt nicht mehr, sondern weniger Autos.

Verkehr auf den richtigen Weg bringen!

Es wäre fahrlässig, Verbrennungsmotoren mit Steuergeldern weiter zu fördern, während der Verkehrssektor beim Klimaschutz seit 30 Jahren nicht vorankommt. Die Gelder lassen sich sinnvoller einsetzen. Die Förderung von Batterieforschung und ‑Produktion sowie eine gezielte Förderung von E‑Mobilität für Flotten kämen indirekt auch der Autoindustrie zugute. Programme für einen besseren ÖPNV, digitale Angebote und Sharing-Modelle, ein leistungsfähiges Nachtzugnetz sowie Kaufprämien für Lastenräder, E‑Bikes und auch BahnCards können den Verkehr jetzt auf den richtigen Weg bringen.

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Klimaschutz bedeutet Gesundheitsschutz

Weltweit kämpfen  Nationalstaaten oft im Alleingang gegen Covid-19. Währenddessen entfaltet sich weiter eine schwerwiegendere, fundamentale Krise, die nur durch gemeinsames Handeln der Staatengemeinschaft bekämpft werden kann. Die Klimakrise ist ohne Zweifel eine der größten Einzelbedrohungen für uns Menschen und die biologische Vielfalt. Die globale Erderhitzung wird unsere Umwelt und unsere Lebensbedingungen in sehr kurzer Zeit, nämlich in der Lebensspanne der heute Jugendlichen, drastisch verändern.

Viele bewohnbare Regionen sind zunehmend von Dürren und Wasserknappheit bedroht. Wir werden häufiger mit extremen Wetterereignissen wie Hitzewellen und Überschwemmungen konfrontiert. Die prognostizierte Erderhitzung und das veränderte Wetter werden die Gesundheit der Menschen stark beeinträchtigen. Heute bereits bestehende Krankheitsmuster werden sich verschärfen.

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Im 21. Jahrhundert rechnen wir in vielen Regionen der Welt, vor allem aber in den armen Niedriglohnländern des globalen Südens, mit einer Zunahme der Krankheiten. Die Klimakrise droht die enormen Errungenschaften in der öffentlichen Gesundheit zu untergraben.

Wie die Klimakrise auf den Menschen wirkt

Mehr Hitzetote

Erstens durch direkte Auswirkungen, die vor allem mit Hitzewellen, Dürren und Überschwemmungen zusammenhängen. Hitze wird beispielsweise die Thermoregulation insbesondere von Alten und Kranken hart treffen, was durch Dehydrierung zu Hitzeschlag oder Schlaganfall führen kann. Auch indirekt ist die Gesundheit betroffen. Lebensgrundlagen sind durch wetterbedingte Ernteausfälle bedroht. Nahrungsmittelknappheit und Migration sind die Folgen, Flucht und Vertreibung. Verstärkte Migration an die Küsten und die dort dann zunehmende urbane Verdichtung erhöhen zudem das Risiko durch Überschwemmungen.

Mehr vektorübetragene Krankheiten

Zweitens werden durch die Klimakrise vermehrt Infektionskrankheiten auf den Menschen übertragen. Ökosysteme verändern sich. Vektorübertragene breiten sich schneller aus. Deren Erreger werden durch Vektoren, zumeist blutsaugende Insekten wie Stechmücken oder Zecken, zwischen Menschen oder von infizierten Tieren auf Menschen übertragen. Malaria, Dengue-Fieber, West-Nil-Fieber oder Zika sind  vektorübertragene Krankheiten, die auf Faktoren wie Temperaturen und Feuchtigkeit reagieren. Selbst bescheidene Temperatur- oder Niederschlagserhöhungen können zu einer starken Zunahme der Übertragung dieser Krankheiten führen, da sich bei Wassermangel während Dürreperioden und Überschwemmungen nach starkem Regen Vektoren verstärkt vermehren. Mit der Verschiebung der Klimazonen in Richtung der Pole werden in den gemäßigten Zonen vermehrt invasive Vektoren und neuartige Infektionskrankheiten auftreten.

Klima und Gesundheit: Die Gefahr für Überschwemmungen mit katastrophalen Folgen nimmt zu
Die Gefahr für Überschwemmungen mit katastrophalen Folgen nimmt zu CC BY-NC-ND 2.0 — Kompas / Hendra A Setyawan

Mehr Infektionen durch Wasser und Lebensmittel

Auch lebensmittel- und wasserbedingte Infektionen werden sehr wahrscheinlich häufiger auftreten, da klimaempfindliche Krankheitserreger (Vibrionen, Parasiten, Bakterien und Viren) durch die Erderhitzung direkt in Wachstum, Überleben, Persistenz und Übertragung beeinflusst werden. Wenn Ökosysteme durch die voranschreitenden massiven Eingriffe des Menschen aus dem Gleichgewicht geraten, steigt also das allgemeine Risiko der Übertragung von Krankheiten auf den Menschen.

Mehr Hunger

Drittens wird es zu Effekten kommen, die stark durch den menschlichen Organismus selbst vermittelt werden, wie Unterernährung. Unsere Ernährung ist besonders empfindlich gegenüber den Auswirkungen der Klimakrise. Vor allem in Gebieten, die bereits heute nahrungsunsicher sind.

Wir müssen jetzt entschlossen handeln!

Je früher und entschlossener wir handeln, desto größer die Chancen unsere Zukunft zum Besseren zu gestalten. Das bedeutet vorrangig den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen hin zu erneuerbaren Energien in einer klimaneutralen und zirkulären Wirtschaft. Gewissermaßen en passant könnte sich ein entschlossenes Vorgehen gegen die Klimakrise als die größte Chance der Menschheit im 21. Jahrhundert herausstellen, um die allgemeine Gesundheitssituation weltweit nachhaltig zu verbessern.

Wie sich der Kampf gegen Klimakrise positiv auswirkt

Die unmittelbar wirksamen gesundheitlichen Vorteile sind gar nicht mal auf die Reduzierung der Treibhausgasemissionen selbst zurückzuführen — sondern auf den Rückgang der kurzlebigen Klimaschadstoffe (short lived climate pollutants — SLCP). Das sind beispielsweise Methan, Aerosole, troposphärisches Ozon, Fluorkohlenwasserstoffe und Schwebe- und Feinstaube wie Rauch, Ruß oder Benzo(a)pyren. Die Reduzierung dieser kurzlebigen Klimaschadstoffe mildert also die Erderhitzung und verbessert kurzfristig die Gesundheitssituation. Saubere Energie (z.B. PV-Solar- und netzunabhängige Batteriespeichersysteme) ermöglicht es in armen Regionen, Brennstoffe wie Holz, Holzkohle und Dung zu verringern. Luftverschmutzung und Atemwegserkrankungen nehmen ab. Entwaldung und Erosion gehen zurück.

Kohle — die größte Einzelquelle der Klimaverschmutzung

Kohlekraftwerke machen nur 40 Prozent der weltweiten Stromerzeugung aus, sind aber für mehr als 70 Prozent der klimaschädlichen CO2-Emissionen verantwortlich. Kohlekraftwerke sind die weltweit größte Einzelquelle der Klimaverschmutzung. Kohle stellt die größte Bedrohung für unser globales Klimasystem dar. Emissionen aus Kohlekraftwerken sind auch die größte Einzelquelle für Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie setzen beträchtliche Mengen an hochgiftigen Partikeln (Schwermetalle wie Quecksilber, Blei, Cadmium oder Arsen), Schwefeldioxid und Stickoxiden frei. Letztere tragen indirekt zur Bildung von Ozon bei.

Klima und Gesundheit: Solarspiegel
Kllimafreundlich heißt gesundheitsfreundlich CC BY-NC-ND 2.0 — DENNIS SCHROEDER / NREL

Neben der Verbrennung fossiler Energieträger in Energiewirtschaft und Industrie gilt der Verkehrssektor als der größte Feinstaub-Emittent. Gegenwärtig wird untersucht, ob und in welchem Maße die Verbreitung von Viren wie Covid-19 durch erhöhte Feinstaubkonzentrationen begünstigt werden könnte. Laut Weltgesundheitsorganisation gelten Feinstäube als eine große Gefahr für die öffentliche Gesundheit. Sie sind eine der Hauptursachen für chronische Atemwegserkrankungen und sie tragen zu jährlich weltweit 4,2 Millionen frühzeitiger Todesfälle bei, vor allem in den armen Ländern.

Gesundheit gewinnt zunehmend an Bedeutung im Kampf gegen die Klimakrise

Um unsere Verwundbarkeit gegenüber der Erderhitzung kurzfristig zu reduzieren, müssen sauberes Wasser, Elektrizität und sanitäre Einrichtungen für alle gewährleistet sein. Und wir müssen natürlich die  gesundheitliche Mindestversorgung einschließlich Impfungen und Kindergesundheitsdiensten sichern.

Mit der Anpassung an die Klimakrise (und der frühzeitigen Minimierung ihrer Schäden) können Länder vermehrt in eine verbesserte Gesundheitsversorgung und das Wohlergehen ihrer Bevölkerung investieren. Die Klimaanpassung hat daher positive Auswirkungen auf die Gesundheit, da sie zur Entlastung der öffentlichen Budgets beiträgt, die Gesundheitskosten senkt und Investitionen in ein stabiles und möglichst krisenfestes Gesundheitssystem ermöglicht.

Klima und Gesundheit: Menschen mit Schutzmasken an einer Bushaltestelle
Gesndheitsgefahr: Emissionen im Strassenverkehr CC BY 2.0 — MAVERICK PHOTO AGENCY

Umgekehrt: Klimafreundlich heißt gesünder

Das funktioniert auch umgekehrt. Eine klimafreundliche Infrastruktur zugunsten des Radverkehrs hat offensichtlich positive Auswirkungen auf die Gesundheit. Weniger Konsum von Fleisch und tierischen Lebensmitteln mindert das Risiko von Krebs und  Herzerkrankungen. Es ist aber auch enorm positiv für Landnutzung, Bodenqualität, Wasser und biologische Vielfalt.

Corona: Unterschreiben Sie für grüne Konjunkturprogramme!

 

Der Kampf gegen die Erderhitzung und die weltweite Armut als die Hauptursachen weltweiter Gesundheitsprobleme muss in den Fokus politischen Handelns rücken. Drastisch gesunkene Kosten und massive Technologiesprünge bei erneuerbaren Energien und der Digitalisierung zeigen: Klimaneutrales und gerechtes Wirtschaften ist ökonomisch und technologisch nicht nur machbar, sondern deutlich günstiger als der Status quo.

Es fehlt der Wille — bisher

Was fehlt ist der politische Wille. Und ein stärkerer öffentlicher Druck. Es ist mehr denn je an der Zeit, die globale Transformation hin zu einem guten, gesunden und lebenswerten Leben für alle Menschen auf unserem Planeten zu beschleunigen und die wirtschaftliche Entwicklung auf Dekarbonisierung und eine erhöhte Resilienz gegenüber der Klimakrise umzulenken. Dabei können die vielfältigen Auswirkungen der Klimakrise auf die Gesundheit gar nicht oft genug betont werden.

Wenigstens unsere eigene Gesundheit sollte es uns doch wert sein. Oder?

Corona-Notspende: Hilferufe aus der ganzen Welt

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