Zurück von der COP26: Wie war es denn nun?

Klimakonferenzen machen müde, oh ja. Wir haben alle wenig geschlafen. Und sind täglich fast einen Halbmarathon zwischen den verschiedenen Terminen gelaufen. Was die Verhandlungen bringen weiß man erst zum Schluss. In jeder Sekunde kann alles scheitern, was bisher verabredet war. Ob man es dann “Blah, blah, blah” findet wie Greta Thunberg oder “historisch” wie Svenja Schulze kommt ganz auf die Perspektive an. Und die ist gemessen an dem was wirklich nötig ist, nicht gerade rosig. Es klaffen mehrere Lücken im Gefüge.

Eine riesige Lücke zwischen 1,5°C und den in Glasgow verabredeten Zielen und eine noch größere zwischen den Zielen und ihrer Umsetzung. Da ist Greta Thunberg nicht die Einzige, die frustriert ist, denn es muss alles viel schneller und entschiedener vorangehen – auf einer Konferenz, bei der sich 196 Länder einigen sollen, geht es eben dann aber sehr langsam. Deshalb ist es wichtig zu verstehen was Klimakonferenzen sind und leisten können – und was nicht.

Was eine COP kann — und was nicht

Ich war zum ersten Mal bei einer und habe sehr viel dazugelernt. COPs sind ein Ort des Zusammenkommens, ein Instrument für globale Beschlüsse. Und sie können die Strategien der Staaten aufeinander abstimmen. Was Klimakonferenzen nicht leisten können, ist die Umsetzung ihrer Beschlüsse. Diese liegt bei den Staaten selbst, bei Unternehmen und Regierungen. Und diese Aufgabe beginnt jetzt.

Denn beim Zusammenkommen, bei den globalen Beschlüssen und beim Abstimmen hat die COP26 Fortschritte gemacht: Wir sind auf einem gemeinsamen Weg. Wichtig ist: auf dieser Klimakonferenz wurden die noch offenen Punkte des Pariser Abkommens fertig verhandelt. Dazu gehören der Handel mit Emissionsminderungen (Artikel 6), das Berichtswesen der Staaten (Transparenz) und die Gültigkeitsdauer der nationalen Klimaziele (Common Time Frames). So wird für die nationalen Klimaziele (NDCs) jetzt eine Gültigkeitsdauer von fünf Jahren empfohlen und Schlupflöcher für die doppelte Anrechnung von Emissionsminderungen wurden geschlossen. Zudem sind alle Länder aufgefordert ihre NDCs bis zum nächsten Jahr erneut nachzubessern. Außerdem wurde die Klimafinanzierung erhöht. In Zukunft soll doppelt so viel Geld wie bisher für die Anpassung an die Klimakrise zur Verfügung stehen.

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Auch beim Thema Kohleausstieg gab es einen entscheidenden Fortschritt. Und zwar, dass er genannt wird in der Abschlusserklärung. Zum ersten Mal! Darauf bezieht sich dann auch Svenja Schulze mit der Bewertung “historisch”. Zwar war die Enttäuschung riesig, als Indien und China in letzter Minute die Formulierung von einem „Ausstieg“ aus der Kohle blockierten. So riesig, dass beim COP-Präsidenten Alok Sharma kurz Tränen flossen. Doch auch die abgeschwächte Formulierung von einem „Herunterfahren“ der Kohleverstromung, ist ein elementarer Schritt, der noch zu Beginn der COP kaum gangbar erschien. Noch vor wenigen Jahren haben wir in Deutschland für den Kohleausstieg demonstriert. Jetzt steht er sogar in einem globalen Abkommen. Ein deutliches Signal an die Länder der Welt: macht Euch auf dem Weg zu einer post-fossilen Energieversorgung.

Zu den Beschlüssen der COP kommen zahlreiche Allianzen einzelner Staaten, die auf der Klimakonferenz gegründet wurden. Deutschland ist beispielsweise schon länger bei der Powering Past Coal Alliance Mitglied. Auf der COP ist Deutschland jetzt auch der Allianz gegen Entwaldung und der Allianz zur Finanzierung der Energiewende beigetreten. Bei dem Aus für Verbrennermotoren und der „Beyond Oil and Gas Alliance“ leider nicht. Diese Allianzen müssen in den kommenden Jahren zeigen, dass sie mehr sind als Versprechungen. Wobei wir wieder beim Thema Umsetzung wären.

Was auf der COP26 auf der Strecke geblieben

Noch immer haben die Industrieländer ihr Versprechen nicht eingelöst, jährlich 100 Milliarden Dollar Klimafinanzierung für Schwellen- und Entwicklungsländer zur Verfügung zu stellen. Es gab kaum Fortschritte bei der Verantwortungsübernahme für klimabedingte Schäden und Verluste. Und in freiwilligen Kohlenstoffmärkten ist die doppelte Anrechnung von Emissionsminderungen immer noch möglich — ebenso wie die Nutzung uralter Zombie-Zertifikate aus der Kyoto-Zeit.

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Deswegen und aufgrund der Struktur der Konferenz bleibt nach der COP26 noch viel zu tun. Der Wendepunkt zu einem 1,5‑Grad-Pfad ist noch nicht erreicht, die Bedrohung für Menschen, Tiere und Ökosysteme real. Es liegt jetzt an den Vertragsstaaten, den Klimaschutz in ihren Ländern umzusetzen: Das vielzitierte „Umsetzungsjahrzehnt“ beginnt.

Für Deutschland und die Verhandler:innen der Ampel-Parteien bedeutet das, dass sie Klimaschutz in das Zentrum ihres Koalitionsvertrags stellen müssen. Zur Einhaltung des Klimaschutzgesetzes und der Sektorziele müssen sie den Ausbau der erneuerbaren Energien beschleunigen, den Kohleausstieg bis spätestens 2030 umsetzen, sowie klimaschädliche Subventionen ab- und umbauen. Außerdem dürfen keine Öl- und Gasprojekte im Ausland mehr finanziert werden. Das „FitFor55-Paket“ sollte gestärkt und neue Partnerschaften mit Schwellenländern geschlossen werden, um die Umsetzung des Pariser Abkommens auf globaler Ebene voranzutreiben.

Hinweis: In diesem Beitrag ist eine Umfrage eingebunden, bitte besuche die Webseite, um an der Umfrage teilzunehmen.

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Wie uns eine klimafreundliche Finanzpolitik hilft

Kurz vor Halloween veröffentlicht das Umweltbundesamt seinen Bericht zu umweltschädlichen Subventionen in Deutschland. Zufall? Es ist eine 160-Seiten-starke Auflistung von Steuerbegünstigungen und Subventionen in Höhe von 65,4 Milliarden Euro, die im Berichtsjahr 2018 auf Kosten der Steuerzahlenden und des Klimas ausgegeben wurden.

Für mich lesen sie sich wie eine Gruselgeschichte längst vergangener Zeiten: Steuerliche Begünstigungen für Braunkohle und für Diesel. Energiesteuerbefreiungen für fossile Energie. Zuschüsse an stromintensive Unternehmen, die dem Emissionshandel zuwiderlaufen. Besonders absurd wirken die Zahlen, da just die Ampelkoalitionäre in spe zäh darüber verhandeln, wie Zukunftsinvestitionen etwa in Klimaschutz – nach Forderung von Bündnis 90/Die Grünen in Höhe von 50 Milliarden Euro jährlich — bereitgestellt werden können, ohne die gesetzliche Schuldenbremse aufzuweichen.

Zudem fließen bereits jetzt Milliarden in die Dekarbonisierung von Energie‑, Verkehrs- und Gebäudesektor. Diese widersprüchliche und ineffiziente Finanzpolitik muss schnellstens im Hier und Jetzt ankommen. Vorschläge dazu, wie das gelingen kann, liegen vor. Sie können dem sozial-ökologischen Wandel und der Energiewende mehr Dynamik verleihen.

Das größte Potenzial liegt im Verkehrssektor

30,8 Milliarden Euro flossen laut Bericht unter anderem in die Steuervergünstigung für Diesel gegenüber Benzin, für die private Nutzung von Dienstwagen und in die Entfernungspauschale. Die Regelungen setzen ökonomische Anreize für umweltschädliches Verhalten. Das führt zu mehr Verkehr und einer stärkeren Luftschadstoffbelastung. Und bevorteilt vor allem Besserverdienende. Viel besser wäre es, wenn Fahrtkosten zur Arbeit nur noch im Rahmen einer Härtefallregelung steuerlich abgesetzt werden könnten. Das würde gezielt jene Arbeitnehmer entlasten, die aus sozialen oder beruflichen Gründen lange Arbeitswege haben. Mehreinnahmen könnten für die Stärkung des ÖPNVs genutzt werden.

Für einen zügigen Strukturwandel hin zu Klimaneutralität müssen wir solche Subventionen aber auch gezielt und zeitlich begrenzt so umbauen, dass sie die Verkehrswende beschleunigen.

 

Anteile umweltschädlicher Subventionen nach Sektoren
Anteile umweltschädlicher Subventionen nach Sektoren © UBA

Die klimaschädlichen Begünstigungen in der Energieversorgung schlagen mit 25,4 Milliarden Euro zu Buche. Subventionen entlasten energieintensive Unternehmen im internationalen Wettbewerb durch Begünstigungen bei der Strom- und Energiesteuer. Doch die Begünstigungen erfolgen pauschal nach dem Gießkannenprinzip, egal ob Unternehmen tatsächlich im internationalen Wettbewerb stehen oder nicht. Alternativ könnten Vergünstigungen nach der Handels- und Stromintensität gestaffelt werden und nur tatsächlich gefährdete Unternehmen unterstützt werden. Ähnliches gilt für die energieintensiven Unternehmen. Sie zahlen im Rahmen der Besonderen Ausgleichsregelung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nur einen Bruchteil der Umlage zur Finanzierung der Energiewende. Und treiben die Kosten für alle anderen Stromkunden und Unternehmen so in die Höhe.

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Hinzu kommt neben dem ohnehin niedrigeren Energiesteuersatz für Kohle die implizite Begünstigung der Braunkohleförderung. Etwa durch Verzicht auf die Förderabgabe für Bodenschätze und Freistellung von den Wasserentnahmeentgelten. Diese Fehlanreize müssen wir abbauen. Das würde langfristig helfen, den Anteil der Braunkohle-Verstromung zu mindern. Der Weg für mehr erneuerbare Energien wird dadurch schneller frei.

Einnahme- und CO2-Einsparpotenzial der zehn klimaschädlichsten Subventionen
Einnahme- und CO2-Einsparpotenzial der zehn klimaschädlichsten Subventionen © WWF

Auf EU-Ebene kann sich die Bundesregierung gegen die Energiesteuerbefreiung von Kerosin und die Mehrwertsteuerbefreiung internationaler Flüge einsetzen.

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Freiwerdende Gelder sollten wir dafür nutzen, soziale Härten abzufedern und steigende Preise durch eine effektive Sozialpolitik zu flankieren. Bürgerinnen und Bürger mit geringeren Einkommen können wir so entlasten. Wie sich an der aktuellen Energiepreisentwicklung zeigt, hilft energiepolitisch nur die Flucht nach vorn: Der beschleunigte Ausbau erneuerbarer Energien und der zügige Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas werden uns langfristig unabhängig von Preisspitzen und teuren Energieimporten machen.

Mehr Geld für den Sozial-ökologischen Umbau

Ein klimafreundlicher Umbau der Subventionen verschafft der öffentlichen Hand Mehreinnahmen, die sinnvoller eingesetzt werden können. Und zwar so, dass sie die sozial-ökologische Transformation für alle erleichtern, statt Investitionen in Klimaschutz zu neutralisieren. Die neue Bundesregierung muss sich dieser Aufgabe stellen.

Wie die Modernisierung der Klimafinanzpolitik mutig gestaltet und auf das 1,5 Grad-Ziel eingestellt werden kann, haben wir gemeinsam mit dem FÖS erarbeitet: Fünf Impulse für eine zukunftsfähige Klima-Finanzpolitik.

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Warum kleine Wasserkraftwerke viel schaden, aber wenig nutzen

Kleinwasserkraftanlagen sind umweltschädlich, ineffizient für die Energiewende, makroökonomisch unwirtschaftlich. Und werden staatlich immer stärker gefördert. Wissenschaftler protestieren jetzt.

“Gewässer dürfen nicht die Verlierer des Pariser Klimaabkommens sein”, warnt Senckenberg-Generaldirektor Professor Klement Tockner während eines Interviews, das ich mit ihm für das WWF-Magazin (04.21) geführt habe. Ich bin ihm schon einmal begegnet, im Februar 2020, bei unserem Flussfilmfest in München. Unter dem Motto „Aus Liebe zum Wasser“ bestaunten wir damals Flusslandschaften aus der Vogelperspektive, sahen einen Film über den König der Alpenflüsse, den Tagliamento, und diskutierten darüber, was uns Menschen mit Flüssen verbindet.

Schon damals wies der Gewässerökologe Tockner darauf hin, dass Kleinwasserkraftwerke fast nichts zur Stromversorgung beitragen, aber überproportional viel Schaden an den Gewässern anrichten. Doch was tut die deutsche Politik? Sie erhöht die Subventionen noch einmal kräftig: Seit Jahresbeginn 2021 erhalten Betreiber kleiner Anlagen (bis 500 Kilowatt Leistung) drei Cent pro Kilowattstunde mehr  als bisher. Der Bonus gilt bis zu zehn Jahre lang. Die Begründung: „Gesunkene Stromerträge u. a. aufgrund des Klimawandels stellen insbesondere kleine Wasserkraftanlagen vor große Herausforderungen“. Mit dem Geldsegen wird also gar nicht die Energiewende angeschoben, es werden schlicht die Einnahmenverluste der Betreiber kompensiert.

Vetternwirtschaft statt Einsatz für die Energiewende?

Für die Finanzspritze stark gemacht hat sich unter anderem ein mittlerweile durch die sogenannte Maskenaffäre weithin bekannter CSU-Abgeordneter: Dr. Georg Nüßlein, selbst Wasserkraftbetreiber. Die Bundesregierung schätzt, dass dieses Geschenk die Steuerzahler:innen jährlich rund 43 Millionen Euro kosten wird. Und das mindestens acht Jahre lang.

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Warum fördert die Bundesregierung solche Kleinstanlagen immer mehr, wo sie doch immer weniger Strom erzeugen? Und sie meist nicht einmal ökologische Mindeststandards erfüllen? Von den 43 Millionen Zusatzförderung für die kleine Wasserkraft könnten wir jährlich neun Windräder mit einer Leistung von drei Megawatt bauen. In acht Jahren also insgesamt 72 Stück. Alle Haushalte einer Stadt in der Größe von Regensburg könnten mit dem Ertrag von 72 Windanlagen versorgt werden. Das wäre tatsächlich ein Beitrag zur Energiewende!

Wissenschaftler:innen fordern: Energiewende nicht auf Kosten unserer Gewässer!

Dies hat nun 65 Forschende aus 30 wissenschaftlichen Institutionen auf den Plan gerufen, unter ihnen Klement Tockner. Sie empfehlen der Bundespolitik in einer gemeinsamen Stellungnahme vom 4. November 2021 dringend, die Förderung von Kleinwasserkraftwerken zu beenden. Ich kann Martin Pusch vom IBG, einem der Initiatoren der Stellungnahme, nur beipflichten, wenn er sagt: „Grundsätzlich beeinträchtigen alle Wasserkraftwerke den ökologischen Zustand der Gewässer. Extrem ist dies jedoch bei der Kleinwasserkraft der Fall: Hier steht der geringe gesellschaftliche Nutzen durch wenig Stromerzeugung den hohen ökologischen Kosten durch massive Umweltschäden gegenüber“.

Wir sind uns also einig: Die öffentliche Unterstützung von Kleinwasserkraftanlagen ist umweltschädlich. Sie ist im Sinne der Energiewende ineffizient und makroökonomisch unwirtschaftlich.

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Ich freue mich über diese Initiative aus der Wissenschaft. Wir dürfen ineffiziente Anlagen nicht fördern, sondern Stilllegung und Rückbau baufälliger Wehre fördern. Damit die Bagger nicht nur an der Baunach rollen, sondern bald auch andernorts.

Wir alle können in der Zwischenzeit schon einmal Strom sparen. Jede Kilowattstunde, die nicht verbraucht wird, muss auch nicht produziert werden. Nicht von Wasserkraft, Windenergie oder gar fossilen Energieträgern.

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COP26 Glasgow: Was die Klimakonferenz in Glasgow leisten kann — und muss

Was ist von der COP26 in Glasgow für das Klima zu erwarten? Ein Gastbeitrag der britischen Botschafterin in Berlin, Jill Gallard. 

Gestern startete in Glasgow die Weltklimakonferenz COP26. Ein wichtiger Moment für alle, die sich lange und intensiv darauf vorbereitet haben. Ich habe während meiner Laufbahn als Diplomatin gesehen, wie das Thema Klimaschutz für britische Regierungen immer wichtiger wurde. Seit ich vor einem Jahr nach Berlin kam, haben mein Team und ich uns sehr bemüht, zum Erfolg der COP26 beizutragen, ebenso wie alle anderen Botschaften, deren diplomatische Bemühungen auf Hochtouren liefen, und natürlich das Team in London, das alles koordiniert hat.

Einige Fortschritte lassen sich bereits verzeichnen:

Durch unsere Partnerschaft mit Italien, bei der COP, aber auch als G7 und G20 Vorsitzende, konnten wir den internationalen Klimaschutz ganz oben auf die politische Agenda setzen. Viele Länder haben ehrgeizigere Klimaschutz-Zusagen (NDCs) vorgelegt – darunter alle G7-Staaten.

Neue Ankündigungen der Geberländer, nicht zuletzt von Deutschland, und ein neuer „Fahrplan“ für Klimafinanzierung lassen erwarten, dass wir die versprochenen 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr für die Unterstützung der Entwicklungsländer in naher Zukunft erreichen werden. Und nie zuvor gab es so viel technologischen Fortschritt, Engagement und so viele Ideen, um die Welt auf den Weg der Klimaneutralität zu bringen.

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Aber die Herausforderungen bleiben riesig. Auch mit den inzwischen 116 neuen beziehungsweise aktualisierten NDCs sind wir noch weit von dem entfernt, was für die Einhaltung des 1,5‑Grad-Ziels notwendig ist. Vom G20-Gipfel am Wochenende kamen zwar einige positive Signale, aber sie sind „Tropfen in einem sich rasch erwärmenden Ozean“, wie Premierminister Boris Johnson sagte. Also nicht genug.

Was kann, was muss die Klimakonferenz in Glasgow leisten?

Unser erstes Ziel ist eine Einigung auf die noch offenen Punkte des Pariser Abkommens. Wir erwarten von allen Verhandlern, dass sie mit der ernsthaften Bereitschaft nach Glasgow kommen, nach Lösungen zu suchen.

Unser zweites Ziel sind ehrgeizige neue Zusagen, vor allem in den Bereichen Minderung, Anpassung und Finanzierung. Wir brauchen mehr Mittel für Anpassung, denn der Klimawandel passiert jetzt, vor allem in ärmeren Ländern. Darüber hinaus brauchen wir konkrete Maßnahmen, um Klimaschutzziele umzusetzen: Wir müssen schnell aus der Kohlekraft aussteigen, die Wende zur Elektromobilität beschleunigen und die Waldzerstörung stoppen. In diesen drei Bereichen hat das Vereinigte Königreich seit Beginn unserer Präsidentschaft gezielte Kampagnen verfolgt, die auf der COP26 mit speziellen Thementagen prominent behandelt und natürlich nach der COP weiter vorangebracht werden.

Jill Gallard Botschafterin UK Berlin und der stellvertretende Botschafter Kieran Drake vor der Berliner Mauer
Die Botschafterin und der stellvertretende Botschafter Kieran Drake © British Embassy Berlin

Unser drittes Ziel ist eine inklusive COP, bei der verschiedene Stimmen Gehör finden – Vertreter indigener Völker, die Jugend, die breite Zivilgesellschaft. Die UN-Initative „Race to Zero“ bündelt Klimaneutralitäts-Zusagen von Unternehmen, Städten, Regionen. Als Botschafterin hier in Deutschland freut es mich besonders, dass in letzter Zeit einige namhafte deutsche Unternehmen, mehrere Städte und einige Bundesländer dem „Race to Zero“ beigetreten sind.

Keine Wunder zu erwarten, aber Fortschritte

Wir werden keine Wunder bewirken können in Glasgow. Aber ich hoffe, dass wir in diesen drei Bereichen Fortschritte machen, mit Unterstützung unserer wichtigsten Partner. Als Präsidentschaft sind wir bereit, viel Verantwortung zu übernehmen, aber zum Gelingen von Glasgow müssen alle 197 Staaten beitragen.

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Unseren Partnern in Deutschland– der Bundesregierung, deutschen NGOs und Jugendorganisationen, Unternehmen und der Wissenschaft sei an dieser Stelle herzlich gedankt für ihre Unterstützung.

Das eigene Beispiel

Als Botschafterin versuche ich, mit gutem Beispiel voranzugehen: An der Botschaft in Berlin haben wir komplett auf Ökostrom umgestellt. Mein Dienstwagen ist ein elektrischer Jaguar, und ich fahre viel Fahrrad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Wegwerfplastik haben wir komplett aus der Botschaft verbannt.

Es sind die kleinen Dinge des Alltags, mit denen jeder von uns etwas tun kann. Um unseren Planeten zu schützen, und die unser aller Bewusstsein für die Umwelt schärfen.

Hinweis: In diesem Beitrag ist eine Umfrage eingebunden, bitte besuche die Webseite, um an der Umfrage teilzunehmen.

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Was gegen die hohen Energiepreise getan werden muss

Die Preise für fossile Energieträger sind rasant gestiegen. Allen voran der Gaspreis. Der Börsenstrompreis hat sich verdreifacht. Ausgerechnet zu Beginn der Heizperiode drohen europaweit spürbar höhere Kosten. Die Klimapolitik wird dabei oft zum Sündenbock. Das ist gefährlich.

Gerade jetzt brauchen klima- und energiepolitische Maßnahmen die Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit. Klar ist: ein höherer Anteil an erneuerbaren Energien hätte den ausufernden Preisen Einhalt geboten. Einmal mehr zeigt sich, dass verpasste Chancen beim Klimaschutz sehr teuer werden können. Wenn die Debatte um hohe Energiepreise jetzt in die falsche Richtung gelenkt wird, könnten wichtige klimapolitische Instrumente, darunter die CO2-Bepreisung, im Streit zwischen den EU-Mitgliedsstaaten zerrieben werden. Das gefährdet auch die Energiewende.

Volatile Preise für Gasimporte treiben Kosten in die Höhe

Laut der Agentur für die Zusammenarbeit der Energieregulierungsbehörden, kurz ACER, sind die gestiegenen Gaspreise an den globalen Märkten der Hauptgrund für die rasante Energiepreisentwicklung. Nach dem pandemiebedingten Einbruch der Konjunktur läuft der globale Wirtschaftsmotor wieder an. Damit schnellt auch die Nachfrage nach fossilen Energieträgern nach oben – zuletzt insbesondere in Asien. Dort ist die Zahlungsbereitschaft hoch. Gleichzeitig war der letzte Winter überdurchschnittlich kalt, die europäischen Gasspeicher sind für diese Jahreszeit ungewöhnlich leer. Der nun bevorstehende Winter wird die weitere Preisentwicklung entscheidend beeinflussen.

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Einige Energieversorger haben sich bereits aus dem Markt zurückgezogen und bieten derzeit keine neuen Gas- oder Stromverträge an. Der Deutsche Mieterbund sowie der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) warnten angesichts der Preisentwicklung vor einer Nebenkostenexplosion – auch, da Verbraucher:innen in die teure Grundversorgung rutschen könnten, wenn Energieanbieter sich übergangsweise zurückziehen. Unterdessen geht die Internationale Energieagentur (IEA) davon aus, dass die Nachfrage nach Rohöl über den Winter deutlich steigt. Die Gaskrise kann sich so auch auf den Ölmarkt ausweiten.

Die aus dem Ruder gelaufenen Energiepreise zeigen, wie problematisch Europas Abhängigkeit vom Import fossiler Energieträger ist. Auch aus geopolitischer Sicht. In einem globalen Markt kann es zu hohen Preisausschlägen kommen. Gerade dann, wenn Nachfragespitzen auf eine knappe Versorgungslage treffen.

CO2-Preis ist nicht für die hohen Kosten verantwortlich

Der logische Rückschluss müsste also lauten, sich endlich unabhängig von fossilen Energieträgern zu machen – und zwar nicht nur im Sinne des Klimaschutzes, sondern auch, um das Portemonnaie zu schonen. Stattdessen kann man geradezu absurde Entwicklungen beobachten. Die hohen Gaspreise führen dazu, dass die noch schmutzigere Kohle – trotz CO2-Bepreisung – wieder wettbewerbsfähig wird. Sogar die unter normalen Umständen extrem teure Steinkohle kann derzeit günstiger verfeuert werden als Erdgas. Gleichzeitig werden die Rufe nach neuen Gaskraftwerken lauter. Dabei sind Gaskraftwerke sogenannte Grenzkraftwerke. Sie decken in der Regel den Letztbedarf, der den Strompreis festlegt, welcher folglich ebenso rasant gestiegen ist, wie der Gaspreis. Der französische Präsident, Emmanuel Macron, holte jüngst sogar die Atomkraft wieder aus der Mottenkiste – die teuerste Form der Energieerzeugung, ganz zu schweigen vom Entsorgungsproblem und den Sicherheitsrisiken. Neun weitere EU-Staaten schlossen sich dem Aufruf an, Atomenergie in die EU-Taxonomie aufzunehmen.

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Die entscheidende Rolle der erneuerbaren Energien geht in der Empörung über die hohen Energiepreise unter, so scheint es. Wer angesichts der aktuellen Lage behauptet, dass die Klimapolitik – oder gar die Energiewende – für die hohen Gas- und Strompreise verantwortlich seien, erweckt bei der Öffentlichkeit ein falsches Bild. Zwar ist der ETS-Preis im Jahresverlauf ebenfalls gestiegen. Doch der Anteil an der gesamten Preisentwicklung ist sehr gering, wie eine Analyse des Energie-Think-Tanks Ember zeigt.

Mehr Erneuerbare hätten die Energiepreise abfedern können

Gerade jetzt gilt: die Verbrauchssektoren müssen so schnell wie möglich elektrifiziert werden — mit Windenergie und Photovoltaik. Solange fossile Energieträger, wie Gas und Kohle, wesentlich zum Strommix beitragen, haben Preissteigerungen nicht nur einen Einfluss auf die Wärmeversorgung. Auch der Strompreis wird dann mitgerissen. Hätte man den Ausbau der Erneuerbaren Energien in den vergangenen Legislaturperioden nicht abgewürgt, wäre Deutschland heute unabhängiger von dieser Volatilität. Die Transformation des Energiesystems wäre die Aufgabe des letzten Jahrzehnts gewesen. Wind- und Solarenergie sind auch hierzulande unlängst die günstigsten Formen der Energieerzeugung. Mehr noch: pro eingesetztem Euro haben sie das größte Emissionsminderungspotenzial. Von den geringen Stromgestehungskosten könnten die Verbraucher:innen nicht nur beim Strompreis profitieren. Auch im Wärme- und Verkehrssektor könnten die günstigeren Erneuerbaren zum Einsatz kommen – in Gestalt von E‑Autos und Wärmepumpen. Natürlich wäre auch aus Klimaschutzperspektive ein schnellerer Ausbau der Erneuerbaren dringend nötig. Erst zu Beginn der Woche zeigte die IEA in ihrem World Energy Outlook, dass die derzeitigen klimapolitischen Zusagen nur 20 Prozent der Emissionsreduktionen abdecken, die nötig wären, um bis 2030 wieder auf den 1,5°C‑Pfad zurückzukehren.

Was wir jetzt brauchen

Kurzfristig braucht es jetzt wirksame Mechanismen, die die steigenden Energiepreise insbesondere für ärmere Haushalte abfedern. Langfristig ist die echte Lösung gegen Preisspitzen der Ausstieg aus den fossilen Energieträgern – allen voran Kohle, aber auch Öl und Gas.

Wir fordern daher, dass 80 Prozent des Bruttostromverbrauchs bis 2030 aus Erneuerbaren stammen sollten. Im Schnitt müssten mindestens 15 bis 20 Gigawatt an Wind- und Solarenergie pro Jahr neu ans Netz gehen, damit Deutschland die eigenen Klimaziele erreichen kann. Das ist eine Vervielfachung des aktuellen Zubaus. Speichertechnologien und eine Strategie für grünen Wasserstoff müssen diese Transformation flankieren. Parallel dazu müssen die Subventionen für fossile Brennstoffe endlich abgebaut werden. Gleichzeitig sollte der CO2-Preis steigen. Auch hierfür braucht es Instrumente zur sozial gerechten Ausgestaltung, wie etwa eine Klima-Prämie.

Keine Scheindebatten!

Es ist jetzt höchste Zeit, sich nicht in Scheindebatten zu verlieren, die auf energiepolitische Abwege führen. Deutschland hat sich das Ziel gesetzt, bis spätestens 2045 klimaneutral zu wirtschaften. Große Leitstudien haben gezeigt: Das ist machbar, das ist finanzierbar. Entscheidend ist, dass die breite Unterstützung der Bevölkerung, die die Energiewende so dringend braucht, jetzt nicht verloren geht. Deshalb müssen die tatsächlichen Gründe für die hohen Energiekosten auf den Tisch. Die aktuelle Preisentwicklung ist eine Warnung an jene Länder, die die Transformation ihres fossilen Energiesystems nicht entschlossen in Richtung der erneuerbaren Energien voranbringen. Für die Energiewende in Deutschland muss daher jetzt das Jahrzehnt der Umsetzung beginnen.

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