Wie raus aus der Abhängigkeit vom russischen Gas?

Deutschland sitzt in der Falle der fossilen Abhängigkeit. Verdeutlicht nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Wie kommen wir da raus?

Gas, Öl, Kohle und Uran – hier sind Deutschland und die Europäische Union von Russland abhängig. Die EU überweist Tag für Tag bis zu einer Milliarde Euro an Gazprom, Rosneft und Co. Und finanziert so indirekt die russischen Devisenkassen. Also einfach nicht mehr in Russland kaufen? So einfach ist es mal wieder nicht.

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Deutschland könnte bis 2027 auf nahezu alle russischen Importe und damit auf bis zu ein Fünftel der Gasimporte generell verzichten, schätzt die Denkfabrik Agora Energiewende. Dazu sind aber weitreichende Maßnahmen nötig.

Was schnell hilft: Sparen!

Es ist ganz klar: ein Bereich mit sehr großem Potential wurde viele Jahre lang brachliegen gelassen: die Energieeffizienz beziehungsweise die gesamtwirtschaftliche Effizienz. Zu Deutsch: das Einsparen. Das müssen wir jetzt als erstes machen. Jede nicht verfeuerte Kilowattstunde an fossiler Energie entlastet die Energieversorgung im kommenden Winter.

Der größte Teil des deutschen Erdgasverbrauchs geht in unsere Heizungen. Diese hängen zu oft noch an den Wänden ungedämmter Häuser unter zugigen Fenstern. Für kurzfristig wirksame Ergebnisse bräuchte es Verhaltensänderungen bei Verbrauchern, Gewerbe und Industrie. Die Absenkung der Raumtemperatur brächte, wenn flächendeckend durchgeführt hohe Ersparnisse.

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Dazu könnten gasabhängige Industrieprozesse zurückgefahren werden. Eine jetzt mit Nachdruck gestartete Sanierungsoffensive für die Bausubstanz und ein schnelles Tauschprogramm fossiler Heizungen gegen Wärmepumpen würde hier mittelfristig helfen. Schon bis zum nächsten Winter.

Wie beim Heizen sparen?

Die Elektrifizierung von Heizungen und Autos ist langfristig der Schlüssel zur Halbierung des gesamten Energieverbrauchs. Elektrische Anwendungen sind deutlich sparsamer als die Verbrennung von Gas und Öl in Heizkesseln und Motoren. Dafür braucht es aber mehr erneuerbaren Strom.

Was mittelfristig hilft: Endlich Erneuerbare Ausbauen!

Auch die bisher hartnäckigsten Gegner der Energiewende in der Bundesregierung haben in der Konsequenz des Ukrainekrieges erkannt. Sonne, Wind und Wasserkraft sind eben „Freiheitsenergien“, die rasant ausgebaut werden müssen. Die Erkenntnis ist genauso überfällig wie richtig. Sie wird uns aber nicht in wenigen Monaten unabhängig von fossiler Energie machen.

Hier rächt sich, dass die Vorgängerregierungen durch das Festhalten an fossilen Energieträgern die Energiewende ausgebremst, den Zusammenbruch der deutschen Solarindustrie nicht verhindert haben und bei der Windkraft aufgrund seit Jahren Flaute herrscht. Bis also die „Freiheitsenergien“ Deutschland komplett versorgen können, werden also noch einige Jahre ins Land gehen.

Schneller als beim Gas könnte es beim Öl gehen

Hier könnten mittelfristig eine Reihe anderer OPEC Länder von Saudi-Arabien bis Venezuela einspringen. Darüber hinaus stehen eine Reihe von verkehrspolitischen Maßnahmen bereit, die sofort wirken. Von Tempolimit zu autofreien Wochenenden oder die Verlängerung der Home-Office Pflicht. Mittelfristig gilt es die Verlagerung vom motorisierten Individualverkehr auf Busse und Bahnen ebenso wie die Elektrifizierung des Sektors schneller als bisher voranzutreiben.

Was nicht hilft: Tankrabatt

Neuwagen Stoßstange an Stoßstange
Wir brauchen weniger Autos © roibu/iStock/Gettyimages Plus

Angesichts der steigenden Energiepreise wird nicht nur in Deutschland über eine Entlastung der Verbraucher:innen debattiert. Ausgerechnet der liberale Finanzminister Christian Lindner brachte einen staatlichen Tankrabatt ins Spiel. Das wäre sozusagen die erneute Subventionierung von „Unfreiheitsenergien“. Dies freut zwar die Autofahrer, bedeutet aber vor allem das Festhalten an fossilen Abhängigkeiten und Ankurbeln des Verbrauchs. Den es eigentlich zu reduzieren gilt.

Ein sozialer Ausgleich für die rasant gestiegenen Energiepreise sollte deshalb nicht über die direkte Subventionierung oder Deckelung der Preise geschehen. Schon jetzt wird der Haushalt mit über 65 Milliarden Euro umweltschädlichen Subventionen pro Jahr belastet. Geld, das an anderer Stelle für die Transformation der Wirtschaft fehlt.

Eine gezieltere und sozial gerechtere Entlastung könnte beispielsweise über Pro-Kopf-Rückerstattungen in Form von Klima- und Mobilitätsgeldern erfolgen — ergänzt um eine Zusatzprämie, die sich an der Höhe der Einsparmaßnahmen orientiert.

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Dreifach gut: Investitionen in gesunde Böden

Gesunde Böden sind das Kapital unserer Landwirtschaft. Investitionen in gesunde Böden sind folglich Investitionen in die Zukunft. Oft fehlt es jedoch an speziell zugeschnittenen Finanzierungsmöglichkeiten für eine Umstellung auf nachhaltige landwirtschaftliche Praktiken, die auch unsere Böden schonen und deren Fruchtbarkeit wiederherstellen und verbessern. Außerdem boomt der (Finanz-)Markt für die Kohlenstoff-Senke Böden. Das wird als Finanzierungsquelle hochgelobt. Nur zum Teil zu Recht.

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Gesunde Böden helfen bei der Anpassung in der Klimakrise

Böden sind eine wichtige Kohlenstoffsenke. Sie regeln und säubern das Wasser, sind die Heimat von einer Vielzahl an Lebewesen, sind wichtig für unsere Nährstoffkreisläufe und die Grundlage gesunder Lebensmittel. Trotzdem nimmt weltweit die Fläche an gesunden und fruchtbaren Böden ab. Und das seit Jahren. Dreiviertel aller Böden weltweit gelten bereits als degradiert. Und wir müssen immer mehr Menschen weltweit ernähren. Wie soll das gehen?

Die Wiederherstellung gesunder und fruchtbarer Böden ist dafür ein dreifacher Gewinn:

  1. Sie steigert die Produktivität der Böden und fördert damit die Ernährungssicherheit.
  2. Besserer Boden ist widerstandsfähiger gegenüber der Klimakrise.
  3. Höhere Bodenfruchtbarkeit bedeutet eben auch mehr organischen Kohlenstoffs darin. Ergo: Gesunder Boden ist auch eine bessere Kohlenstoffsenke.

Kohlenstoffmarkt als Instrument

Die Landwirtschaft steht unter hohem Druck, sich an die klimatischen Veränderungen anzupassen. Auch in Deutschland. Insbesondere kleine Betriebe fallen häufig durch das Raster. Und das, obwohl diese Kleinerzeuger weltweit ein Drittel unserer Lebensmittel produzieren. Und dies auf einem Zehntel der landwirtschaftlichen Nutzfläche.

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Kohlenstoffmärkte können eines der Instrumente werden, die wir brauchen, um den Mehrwert der Ökosystemleistung für die Gesellschaft zu entlohnen. Wenn denn das Geld erst einmal fließt. Besonders für Kleinbäuerinnen und ‑bauern ist es noch schwierig so weit zu kommen.

Böden sind nicht die Lösung, aber ein Instrument gegen die Klimakrise

Das Potential als Kohlenstoffsenke wird aber überschätzt. Böden sind nicht die Lösung der Klimakrise, aber eine der vielen notwendigen Maßnahmen ihrer Eindämmung. Eine Kompensation durch Kohlenstoffzertifikate könnte aber die notwendigen, unabhängigen Bemühungen in anderen Sektoren um eine Reduzierung der CO2 ‑Emissionen untergraben. Der Agrarsektor braucht einen Wandel, keine eindimensionalen Lösungen. Sondern eine Änderung hin zu einem holistischen Bodenmanagements. Klimazertifikate kompensieren nicht einen politischen Rahmen wie die gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP), die Bemühungen um öffentliche Umweltgüter fördert.

Chancen, um diese Konzepte in die Breite zu skalieren, könnte der Finanzsektor bieten. Die allgemeine Risikoperspektive im Finanzsektor hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Nachhaltigkeit ist mittlerweile systemrelevant. Investitionsmöglichkeiten mit einem Positive Impact stehen hoch im Kurs. Die Aufnahme von Kohlenstoff ist damit auch ein wichtiger Aspekt für Finanzierungsmechanismen.

Das Interesse an Böden steigt

Zusammenfassend kann ich also sagen: Gesunden Böden und deren vielseitiger Mehrwert stehen mehr und mehr im Rampenlicht. Und das ist gut so. Wenn nun Politik und Finanzmarkt Hand-in-Hand die wichtige Arbeit der Landwirtschaft zur Pflege und Wiederherstellung zielgerichteter entlohnen, bleiben die Böden weiterhin die Grundlage unseres Lebens.

Ihr wollt mehr wissen? Hier geht es zur Dokumentation eines Panels des Global Forum for Food and Agriculture (GFFA) — unter anderem mit meiner Wenigkeit…

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Das Taxonomie-Fiasko

Die Europäische Kommission hat heute fossiles Gas und Atomkraft im Rahmen der EU-Taxonomie als nachhaltig eingestuft. Das ist aus mehreren Gründen fatal. Mitgliedsstaaten und EU-Parlament müssen jetzt handeln.

Diese Einstufung führt zu einem Standard, der deutlich hinter schon bestehenden Standards für grüne Investitionen zurückbleibt. Der Vorschlag ignoriert, dass Gas enorme Emissionen verursacht und Atomkraft eine Risikotechnologie ist, für deren hochradioaktiven Abfall es keine Entsorgung gibt.

Atommüll fässer
Atomkraft kann nicht nachhaltig sein © Thall/iStock/Getty Images

Jetzt drohen Milliarden Euro in diese schädlichen Technologien zu fließen. Erst Ende Januar hatte die wissenschaftliche Expertengruppe der Europäischen Kommission den Entwurf der Kommission kritisiert. Er stehe „nicht im Einklang mit der Taxonomie-Verordnung“ und berge die „ernste Gefahr, den nachhaltigen Taxonomie-Rahmen zu untergraben“.

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Mit dem Kommissionsvorschlag sollen die Details der EU-Taxonomie-Verordnung präzisiert werden, deren Artikel 19 vorschreibt, dass die Kriterien auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen, keine Sonderbehandlung für bestimmte Technologien vorsehen und leicht überprüfbar sein müssen. Die neuen Kriterien für Gas und Atom verstoßen jedoch gegen jede dieser Anforderungen.

Wir fordern: Die Bundesregierung im Rat und das Europäische Parlament müssen diese Entscheidung der EU-Kommission ablehnen.

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Der heutige Rechtsakt spaltet den Finanzmarkt und bremst die notwendige Transformation – entgegen dem Ziel der Taxonomie, die Ansätze der Märkte zu vereinheitlichen. Einer grüngewaschenen Taxonomie mit Atomkraft und Erdgas wird der Finanzmarkt nicht vertrauen. Klare, einheitliche und wissenschaftlich fundierte Kriterien sollten eigentlich mehr Kapital für den nachhaltigen Umbau mobilisieren.

Fatales Signal für grüne Finanzen

Den glaubwürdigen Kompass für den Finanzmarkt hat die EU-Kommission über Bord geworfen. Mit dieser Taxonomie verspielt die EU ihre Führungsrolle im Bereich der grünen Finanzen — und sendet weltweit ein völlig fatales Signal.

Gas und Atom dürfen so nicht grüngewaschen werden!

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Neulich im Kohlekraftwerk Moorburg

Ein bisschen ist es so, als wäre man bereits in der Zukunft angekommen und der Kohleausstieg schon längst abgeschlossen: im Kohlekraftwerk Moorburg im Süden von Hamburg. Wenn man sich dem Kraftwerk nähert, dann hört und sieht man vor allem: nichts. Es ist ruhig, kein Rauch , der aus Schornsteinen aufsteigt, nur ein paar Vögel und ab und an ein einsames Auto, das vorbeifährt.

Zehn Jahre gebaut, fünf Jahre in Betrieb, viele Jahre Abbruch

Denn das „Heizkraftwerk Moorburg“, wie es korrekt heißt, wurde im Sommer 2020 endgültig stillgelegt. Ein Steinkohlekraftwerk, das fast zehn Jahre gebaut wurde und nur etwa fünf Jahre Strom produziert hat – bevor es jetzt (ebenfalls über Jahre) abgerissen wird. Alles in allem ein ökologisches und finanzielles Desaster. Aber was können wir aus Moorburg lernen?

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Die Geschichte des Kraftwerks Moorburg

Um die Problematik des Heizkraftwerks in Hamburg besser zu verstehen, muss man bei seiner Historie anfangen. Anfang des Jahrtausends begann Vattenfall bereits das neue Kraftwerk im Hamburger Süden zu planen. Die CDU-geführte Hamburger Regierung befürwortete damals den Bau. Sie regte an, den Umfang des Kraftwerks zu verdoppeln und es als Fernwärmekraftwerk zu nutzen. Dann könne man es an Hamburgs umfangreiches Fernwärmenetz anschließen und das veraltete Heizkraftwerk Wedel ersetzen.

Kohle Heizkraftwerk Kraftwerk Moorburg Hamburg
Ich habe es mir mal selbst angeschaut © WWF / Nele Steinbrecher

Es sollte allerdings anders kommen: Zwar wurde das Kraftwerk – so wie angeregt – doppelt so groß wie ursprünglich geplant. Bei voller Auslastung konnte Moorburg etwa elf Terrawattstunden Strom pro Jahr liefern. Allerdings wurde das Kraftwerk nie an das Fernwärmenetz angeschlossen. Und konnte so auch nie das überholte Wedeler Heizkraftwerk ersetzen. 15 Jahre nach Beginn der Planung ist Moorburg vom Netz genommen. Wedel produziert immer noch Strom und Wärme. Und jede Menge CO2.

Wie konnte es zu der politischen Entscheidung zum Baus von Moorburg kommen?

Die Planung des Hamburger Kohlekraftwerks begann um das Jahr 2004. Richtig, 2004. Wir sprechen also von einer Zeit, die noch gar nicht so lange her ist. Einer Zeit, in der die Klimakrise bereits wissenschaftlicher Konsens war. Um nur einige Beispiele zu nennen: 1988 wurde der Weltklimarat ins Leben gerufen und warnt seitdem Jahr für Jahr eindringlicher vor der Erderhitzung. Bereits 1992 diskutierten Regierungen alternative Energiequellen zur Kohleenergie auf der Rio Konferenz der Vereinten Nationen. 2005 wurde das Kyoto Protokoll verabschiedet. Tja, und 2007 begann der Bau des neuen Kohlekraftwerks Moorburg.

Kohle Heizkraftwerk Kraftwerk Moorburg Hamburg
Moorburg — jahrelang gebaut, kurz in Betrieb, jetzt vor dem Abriss © WWF / Nele Steinbrecher

Die Entscheidung Vattenfalls und des Hamburger Senats passt sowohl aus heutiger als auch aus damaliger Sicht nicht zu den wissenschaftlichen Erkenntnissen und Empfehlungen. Eberhard Brandes, der Geschäftsführer des WWF Deutschland, sagte schon 2008: “Das neue Kraftwerk wird aller Voraussicht nach über Jahrzehnte die Atmosphäre belasten und so zu einer enormen Klimahypothek”. Und weiter: “Es ist völlig inakzeptabel, dass der Bau eines Kohlekraftwerks wegen seines hohen Kohlendioxidausstoßes nicht abgelehnt werden kann”. Trotz Aufforderung zur Streichung des Vorhabens durch den WWF und viele weiteren Teilen der Zivilgesellschaft wurde Moorburg gebaut.

Ein Paradebeispiel für das Ignorieren der Wissenschaft

Damit ist das Kraftwerk Moorburg ein Paradebeispiel für wirtschaftliche und politische Entscheidungen, die Erkenntnisse aus der Klimawissenschaft nicht berücksichtigen – und damit scheitern. Vattenfall hatte während des Betriebs des Heizkraftwerks mit dem Einhalten zahlreicher Umweltauflagen zu kämpfen und musste immer wieder Umbaumaßnahmen am Kraftwerk durchführen. Außerdem will das Unternehmen nun bis 2040 klimaneutral werden – ein Ziel, das nicht besonders zu einem Kohlekraftwerk  passt. Darum hat Vattenfall 2020 die Notbremse gezogen. Es war bereits klar, dass alle Kohlekraftwerke mit der zunehmenden Energiewende einen starken Wertverlust verzeichnen werden. 2020 bot Vattenfall in der ersten Stilllegungsauktion der Bundesnetzagentur das Kohlekraftwerk Moorburg zur frühzeitigen Stilllegung an und erhielt dafür einen Zuschlag.

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Wie geht es weiter mit Moorburg?

Alles in allem ist die Geschichte des Kraftwerks Moorburg ziemlich deprimierend: Für die Mitarbeiter:innen, den Rohstoffverbrauch, die Finanzen und das Klima sieht die Bilanz nicht besonders gut aus. Es gibt aber auch Hoffnungsschimmer. Die Stadt Hamburg hat in einer Machbarkeitsstudie festgestellt, dass der Standort Moorburg gut geeignet ist für die Herstellung von Wasserstoff. Denn der Strom aus Windkraftanlagen an der Küste kann in Hamburg ankommen und dort für die energieintensive Wasserstoffproduktion genutzt werden. Die Netze zum Weitertransport des  sind durch das Kohlekraftwerk bereits vorhanden und könnten so weitergenutzt werden.

Kohle Heizkraftwerk Kraftwerk Moorburg Hamburg
Es ist dunkel. Und Moorburg ist stillgelegt © WWF / Nele Steinbrecher

Allerdings besteht das Projekt “Wasserstoff-Hub Moorburg” der vier Konzerne Vattenfall, Shell, Mitsubishi und Wärme Hamburg  bisher nur aus einer Absichtserklärung. Ihre Umsetzung hängt vermutlich auch von der Bereitstellung öffentlicher Fördermittel für das Projekt ab. Vattenfall schreibt selbst, es gebe keine “belastbaren Planungen oder eine glaubhaft zugesagte Investitionsbereitschaft”. Darum werden wir wohl erst in den nächsten Jahren erfahren, was wirklich mit dem Standort Moorburg passieren wird.

Das Beispiel Moorburg macht deutlich, dass wir eine wissenschaftsbasierte, langfristig ausgerichtete Politik brauchen. Politische Entscheidungen müssen sowohl die Bedürfnisse jetziger als auch die kommender Generationen berücksichtigen. Im Hinblick auf die Klimakrise bedeutet das: Wir müssen den Ausstoß von Treibhausgasen beenden – und zwar besser früher als später.

Mehr Fortschritt umsetzen!

Die Ampelkoalition in Berlin geht mit ihrem neuen Koalitionsvertrag in eine richtige Richtung. Ihre Pläne für verstärkten Klimaschutz, den massiven Ausbau von erneuerbaren Energien und das Ende der Kohleenergie in Deutschland sind wichtige Schritte für den Klimaschutz. Allerdings gilt jetzt nicht mehr nur der Titel des Koalitionsvertrags „Mehr Fortschritt wagen“, sondern eben „Mehr Fortschritt umsetzen“. Und zwar so schnell wie möglich.

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Sieben Megatrends der Energiewende, Remix 2022

2015 war ein großes Jahr. Gerade für mich. Ich wurde volljährig, habe mein Abi gemacht und bin in die weite Welt gereist. Good memories. Ach ja, und das Pariser Abkommen. Da war ja was. Ja, das Jahr 2015 markierte nicht nur einen großen Meilenstein im internationalen Klimaschutz. Mit der internationalen Vereinbarung, die Erderhitzung auf 2, wenn möglich eher 1,5 Grad zu begrenzen, setzte die internationale Staatengemeinschaft das Signal, dass sie verstanden hatte: Wir alle müssen die Erderhitzung schnell eindämmen, wenn wir nicht unsere eigenen Lebensgrundlagen zerstören wollen.

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In genau diesem Jahr, 2015, veröffentlichte der WWF gemeinsam mit LichtBlick einen Bericht zu den Megatrends der globalen Energiewende nahm – passend zur Klimakonferenz in Paris.

Mittlerweile sind wir im Jahr 2022 und es hat sich (nicht nur bei mir) einiges getan. Deswegen haben wir uns die Energiewende noch einmal angeschaut: Was ist aus den Megatrends von damals geworden? Welche haben sich verstärkt, wo gab es neue Dynamiken?

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Unser neuer Bericht zeigt, wie sich die alten Trends entwickelt haben und welche neuen Tendenzen es gibt. Hier kommen die neuen sieben Megatrends der globalen Energiewende:

1. Das Ende der fossilen Ära ist unausweichlich

Ein alter Trend, der sich seit 2015 deutlich verstärkt hat: Die Zeit der fossilen Energien ist vorbei. Auf der COP26 in Glasgow haben sich die Vertragsstaaten klar zum 1,5‑Grad-Pfad bekannt. Um diese Begrenzung der Erderhitzung zu erreichen, muss ein Großteil der fossilen Brennstoffvorräte im Boden bleiben und kann nicht mehr zur Energiegewinnung genutzt werden. Das wurde dieses Jahr auch im Abschlusstext der Klimakonferenz in Glasgow deutlich. Denn auch wenn die Formulierung in letzter Sekunde von einem “phase-out” (Ausstieg) aus der Kohle zu einem “phase-down (Abbau) geändert wurde, war das Signal da: Wir kommen dem Ende der fossilen Energien immer näher.

2. Die Zukunft ist Gegenwart – fast überall

Vor sieben Jahren hieß es in unserer Studie noch “Die Energiezukunft hat schon begonnen” – jetzt schreiben unsere Autoren Gerd Rosenkranz und Jürgen Quentin, dass die Energiezukunft bereits Gegenwart ist. Der Grund? Erneuerbare Energien sind schon jetzt fast überall auf der Welt die günstigsten Energiequellen und in immer mehr Ländern wird der Ausstoß von CO2 bepreist. Das hat zur Folge, dass Erneuerbare Energien mittlerweile wettbewerbsfähiger sind als die fossilen Energien und ihr Anteil an der Energieversorgung weltweit ansteigt. 2020 beispielsweise waren über 80 Prozent der neu installierten Erzeugungsleistung erneuerbar.

3. Die Energiezukunft ist erneuerbar – und unumkehrbar

Noch ein Trend, der sich verstärkt hat: Schon 2015 sanken die Kosten für erneuerbare Energien deutlich. Diese Entwicklung hat sich fortgesetzt, sodass Solar- und Windenergie heute einen klaren Preisvorteil vor Kohle- und Atomstrom haben. Zusätzlich werden die Kosten von fossilen Energien in Zukunft durch wachsende CO2-Preise weiter ansteigen. Atomstrom wiederum ist nicht nur teurer als erneuerbarer Strom – sondern geht auch noch mit großen sicherheitstechnischen Bedenken einher. Deswegen ist heute klar, dass erneuerbare Energien das Mittel der Wahl für das Erreichen von Klimaneutralität in diesem Jahrhundert sind.

4. Die Zukunft ist dezentral — und gerechter?

2015 war bereits vorhersehbar, dass Energie in Zukunft dezentralisiert wird: Wir werden unabhängig von Großkraftwerken und fossilen oder nuklearen Energiequellen. Stattdessen wird es ein komplexes Netz aus einerseits Millionen von kleinen, andererseits aber auch einigen großen, Erzeugern geben, die Strom ins Netz einspeisen. Diese Dezentralisierung des Energiesystems ist gleichzeitig eine Möglichkeit für mehr Verteilungsgerechtigkeit. Denn viele Staaten, die im bisherigen Energiesystem eher benachteiligt waren, verfügen über große Potenziale für Photovoltaik und Windkraft. Beispielsweise verfügen viele Länder Afrikas über optimale Bedingungen für Solarenergie. Deutschland hat nun die Chance, durch die Unterstützung des Aufbaus einer klimafreundlichen Infrastruktur im Globalen Süden, zur globalen Klimagerechtigkeit beizutragen.

5. Die Energiewende ist elektrisch

Ein neuer Megatrend, der die bisherigen aus 2015 ergänzt ist die Fokussierung der Energiewende auf Strom. Denn wenn Strom mit erneuerbaren Energien hergestellt wird, kann er zur Dekarbonisierung von Sektoren beitragen. Bereiche wie die Industrie, die Wärmeproduktion und der Verkehr beruhen dann nicht mehr auf dem Ausstoß von Kohlenstoffdioxid – sondern auf grünem Strom. Dafür wiederum braucht es eine Sektorenkopplung, also die Vernetzung von Wärme‑, Strom‑, Verkehrs- und weiteren Systemen. Zusätzlich wird es in Zukunft Effizienzsteigerungen geben, die es ermöglichen werden, den produzierten Strom außerdem auch effektiver zu nutzen als bisher.

6. Energiewende braucht Wasserstoff – für „besondere Aufgaben“

Ein weiterer neuer Megatrend ist die gestiegene Klarheit über die Nutzung von Wasserstoff bei der Energiewende. Denn Wasserstoff wird dringend für 1) die Dekarboniserung von Industriebranchen wie der Zement- und Stahlindustrie benötigt, sowie 2) in nicht oder kaum elektrifizierbaren Mobilitätssegmenten wie dem Flug- oder Schiffsverkehr und 3) als Energiespeicher, sogenannte Back-Up-Systeme. Gleichzeitig ist die Produktion von Wasserstoff aber sehr energieintensiv. Deswegen ist wichtig, dass Wasserstoff nur gezielt dort eingesetzt wird, wo es keine alternativen elektrischen Lösungen gibt. Außerdem muss der produzierte Wasserstoff für die Energiewende „grün“ sein, also ausschließlich mit erneuerbaren Energien produziert worden sein.

7. Ohne Digitalisierung keine Energiewende und keine Dekarbonisierung

Der letzte Megatrend der Energiewende hat sich ebenfalls schon 2015 angekündigt und seitdem verstärkt: die Digitalisierung. Verstärkt durch den Einfluss der Corona-Pandemie, arbeiten, lernen, kommunizieren und spielen wir bereits heute digital – klar, dass das auch an der Energiewende nicht vorüber geht. Um Energieangebot und ‑bedarf optimal zusammenzubringen, brauchen wir in Zukunft ein smartes Energiesystem. Denn künstliche Intelligenz birgt die Chance unsere Energieversorgung langfristig sicherer und kostengünstiger zu machen.

Fazit?

Der Bericht zu den Megatrends der Energiewende macht ganz klar: Die Energiewende ist unumkehrbar. Energie aus Wind und Sonne sind weltweit auf dem Vormarsch und die Zeit von fossilen Brennstoffen – aber auch von Atomenergie – geht zu Ende. Trotzdem reicht das Tempo beim Ausbau von erneuerbaren Energien weltweit noch nicht aus: Denn die Zeit drängt, die Erde erhitzt sich und jedes Zehntelgrad zählt. Für Deutschland kommt es darauf an, nicht den Anschluss an die globale Energiewende zu verlieren. Es muss sicherstellen, die von der Bundesregierung gestellten Ziele zu erreichen, nach denen bis 2030 80 Prozent des deutschen Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen soll. Um dies zu erreichen, musss die Bundesregierung Genehmigungsverfahren vereinfachen, die Ausbauziele für Wind und Sonnenstrom deutlich erhöhen und auf internationaler Ebene den Klimaschutz und den Ausbau von erneuerbaren Energien schneller voranbringen.

Der Beitrag Sieben Megatrends der Energiewende, Remix 2022 erschien zuerst auf WWF Blog.