Eisbären könnten bis Ende des Jahrhunderts nahezu ausgestorben sein

Der Eisbär ist längst zum Symboltier der Erderhitzung geworden. Eine neue Studie zeigt, wie dramatisch die Lage ist. Die Eisbären werden bis zum Ende des Jahrhunderts ausgerottet sein, wenn nicht mehr gegen den Klimawandel unternommen wird. Bei einem Szenario mit den aktuellen Treibhausgasemissionen werden alle Eisbärenpopulationen bis auf einige wenige bis 2100 zusammenbrechen.

Wissenschaftler sagen, dass einige Populationen der Eisbären bereits ihre Überlebensgrenzen erreicht haben, da das arktische Meereis schrumpft, hieß es in einer Studie, die in der Zeitschrift „Nature Climate Change“ veröffentlicht wurde.

Den Eisbären geht das Fressen aus

Das Meereis ist seit Beginn der Satellitenaufzeichnungen Ende der 1970er Jahre um etwa 13 Prozent pro Jahrzehnt zurückgegangen. Eisbären sind aber auf das Meereis angewiesen, um Robben zu jagen. Wenn das Eis bricht, müssen die Bären weite Strecken wandern. Oder an die Küste ziehen, wo sie darum kämpfen, Nahrung zu finden und ihre Jungen zu füttern. Durch die Modellierung des Energieverbrauchs von Eisbären konnten die Forscher die Ausdauergrenzen der Eisbären berechnen – und wann sie eben überschritten sein werden.

Folge uns in Social Media

Facebook
Twitter
Instagram
YouTube
RSS

 

Die Studie zeigt, dass zunächst die Überlebenschancen der Jungen sinken. Die Weibchen werden nicht genug Körperfett haben, um Milch zu produzieren, um sie durch die eisfreie Jahreszeit zu bringen.

Erstmals ein Datum

Es ist zwar für uns Wissenschaftler:innen nichts Neues, dass der Rückgang des Meereises die Zahl der Eisbären verringern wird. Die Studie jetzt gibt aber erstmals einen Zeitrahmen, wann dies geschehen könnte.

Hilf die Eisbären zurück aufs Eis zu kriegen!

 

Die Studie sagt auch vorher, wann die Schwellenwerte für das Überleben der Eisbären in verschiedenen Teilen der Arktis erreicht werden. Dies könnte in einigen Gebieten bereits geschehen sein. Die zeitliche greifbare, unmittelbare Bedrohung für die verschiedenen Eisbärenpopulationen müssen wir als eine weitere Erinnerung daran verstehen, dass wir jetzt handeln müssen, um die schlimmsten Probleme der Zukunft gerade noch abzuwenden.

Die Eisbären und wir – wir haben keine Zeit mehr zu verlieren. Ich sage es immer, ich sage es wieder. Ich hoffe, dass ich es nicht mehr so oft sagen muss.

Der Beitrag Eisbären könnten bis Ende des Jahrhunderts nahezu ausgestorben sein erschien zuerst auf WWF Blog.

Kohleausstiegsgesetz: aus der Zeit gefallen

Bundestag und der Bundesrat haben das Kohleausstiegsgesetz und das Gesetz zur Unterstützung des Strukturwandels der Kohleregionen verabschiedet. Nach vielen Jahren Arbeit zum Kohleausstieg ist das aber für mich leider kein Grund zum Feiern.

Milliarden als Entschädigung im Kohleausstiegsgesetz

Die Bundesregierung hat das Kapitel Kohle eben nicht angemessen geschlossen. Die Braunkohlekraftwerksbetreiber bekommen mehr als vier Milliarden Euro Entschädigung. Viel Steuergeld für einen völlig unzureichenden, viel zu langsamen Ausstieg.

Damit könnte ich noch leben, wenn dafür beherzt neue Seiten im Klimaschutz aufgeschlagen worden wären. Der Fahrplan zum Ausstieg 2038 ist aber leider eine besonders auf der Klimaschutzseite schwache Umsetzung des ohnehin schon schwachen Kohlekompromisses.

Klar war immer: Es ist ein diffiziler Deal aus den Interessen von Klimaschutz, Betreibern, Arbeitnehmern und den Regionen. Am Ende bleibt die bittere Erkenntnis: Alle Seiten konnten etwas mehr rausholen, der Klimaschutz weniger. Es war aus Klimaschutzperspektive nie entscheidend, wann das letzte Kraftwerk vom Netz geht — sondern, dass möglichst früh möglichst viele gehen. Mindestens stetig, wie die Kommission vorschlug. Das ist nun insbesondere bei der Braunkohle dezidiert anders. Möglichst viele Gigawatt gehen jetzt möglichst spät vom Netz. Die CO2-Emissionen der Kohleverstromung werden sehr hoch bleiben. Gegenüber dem Kompromiss der Kohlekommission werden bis zu 130 Millionen Tonnen CO2 zusätzlich emittiert. Die Hälfte aller Braunkohlekraftwerke soll erst nach 2030 vom Netz gehen. Das ist wirklich wenig Klimaschutz angesichts der Milliarden für die Kraftwerksbetreiber.

Der Weg müsste ein anderer Sein

Über einen Stillegungspfad in Verbindung mit einem CO2-Mindestpreis wäre mehr Klimaschutz für deutlich weniger öffentliche Gelder zu haben. Gelegenheiten zur Einführung eines CO2-Mindestpreises mit den europäischen Partnern gab es. Schon heute ist ein Großteil der Kraftwerke nicht mehr rentabel beim gegenwärtigen CO2-Preis. Das ist im Prinzip das größte Problem des Gesetzes: Es ist bereits am ersten Geltungstag überholt von den Realitäten: Der Realität des Strom- und CO2-Marktes, der Realität eines Neustartes nach der Corona, der Realität der Erfordernisse des Green Deals. Und der Erhöhung der Klimabeiträge der Vertragsparteien im Pariser Abkommen. Der Kohleausstieg kommt. Wie und wann er letztendlich abgeschlossen wird, ist mit dem heutigen Tag nicht endgültig entschieden.

Folge uns in Social Media

Facebook
Twitter
Instagram
YouTube
RSS

 

Wichtig ist: Das Strukturstärkungsgesetz befähigt die Regionen den Strukturwandel voranzutreiben. Klarheit über das Ende der Kohleverstromung ist die entscheidende Voraussetzung für das Gelingen des Strukturwandels. Das löst das Kohleausstiegsgesetz jetzt zwar ein, aber der sehr lange und späte Abschied von der Braunkohle insbesondere in der Lausitz erschwert den frischen Schwung für die Regionen. Denn erstmal bleibt noch sehr lange alles wie es ist.

Die Braunkohleregion Lausitz: Vieles wird erstmal bleiben wie es ist © Peter Jelinek / WWF
Die Braunkohleregion Lausitz steht vor dem Strukturwandel © Peter Jelinek / WWF

Auch im Strukturstärkungsgesetz zementieren viele Mittel eher die fossilen Infrastrukturen als die klimafreundliche Transformation der lokalen Wirtschaft, Beteiligung der Bürger:innen und Bürger an Strukturwandel und Energiewende. Selbst in den letzten Änderungen diese Woche wurden beispielsweise noch Radverkehrsförderung gestrichen.

Chance vertan

Dieses Kohleausstiegsgesetz befriedet weder die vielen Konflikte um die Kohle, noch bringt es den notwendigen Schwung für Klimaschutz und Energiewende. Die Geltungszeit des Kohleausstiegsgesetzes beginnt mit mehr Kohle, mit der umstrittenen Inbetriebnahme von Datteln IV. Es  sorgt außerdem dafür, dass noch immer die Heimat vieler Menschen in mehreren Dörfern im Namen einer vermeintlichen „energiepolitischen Notwendigkeit“ preisgegeben und abgebaggert werden sollen. So bleibt der Konflikt um die Kohle auch nach dem beschlossenen Ausstieg weiter auf der Tagesordnung.

Der Beitrag Kohleausstiegsgesetz: aus der Zeit gefallen erschien zuerst auf WWF Blog.

Das ist die historische Chance, Frau Bundeskanzlerin

Liebe Frau Bundeskanzlerin,

Sie wollen “Europa wieder stark machen”. Mit diesem ambitionierten Ziel haben Sie Ihr Programm für die nun beginnenden sechs Monate EU-Ratspräsidentschaft überschrieben. Dabei möchte ich Sie und die Bundesregierung gerne unterstützen. Ein starkes und zukunftsfähiges Europa wird jedoch nur mit einem gesunden Leben für alle, einer intakten Natur und der Begrenzung der Erderhitzung gelingen. Die Fortschritte stehen am Ende für Ihr Vermächtnis als Kanzlerin. Denn in der sechsmonatigen Ratspräsidentschaft stellt die EU mit den milliardenschweren Konjunkturpaketen die Weichen für die nächsten Generationen. Dieses halbe Jahr darf nicht vergeudet werden.

Klima muss im Mittelpunkt stehen

Deutschland muss endlich wieder vorangehen und sich zuvorderst für ein ambitioniertes Klimaziel der EU einsetzen. Die Treibhausgas-Minderung muss auf mindestens 55 Prozent (im Vergleich zu 1990) steigen – als erster Schritt zu den aus wissenschaftlicher Sicht erforderlichen 65 Prozent. Der Beschluss eines EU-Klimagesetzes muss für die deutsche Ratspräsidentschaft ein weiteres entscheidendes Ziel sein. Ansonsten ist die Begrenzung der Erderhitzung auf 1,5 Grad nicht zu erreichen. 

Folge uns in Social Media

Facebook
Twitter
Instagram
YouTube
RSS

 

Jetzt Grundsteine für Nachhaltigkeit legen!

Die Wirtschaftshilfen werden Deutschland und Europa für die nächsten Jahrzehnte prägen. Die junge Generation wird den Preis für die milliardenschweren Konjunkturpakete zahlen.Die Programme müssen die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft im Blick haben und im gleichen Atemzug naturzerstörende Strukturen abbauen. Die aktuellen Vorschläge für das EU-Konjunkturpaket schließen umweltverschmutzende Aktivitäten noch nicht aus. Wir fordern, dass das Do No Harm-Prinzip angewendet wird — dass also umweltschädliche Subventionen künftig verhindert werden.

Intakte Natur für ein gesundes Europa

Schützen wir die Natur, dann schützen wir damit auch unsere Gesundheit. Dies hat uns die Corona-Pandemie dramatisch vor Augen geführt. Wo Wälder gerodet werden und die Lebensräume für Wildtiere schrumpfen, steigt die Gefahr, dass Viren vom Tier auf den Menschen überspringen. Die von der Kommission bereits vorgelegte EU-Biodiversitätsstrategie links liegen zu lassen, wäre angesichts von Insektensterben und Dürre ein fatales Signal. Zusammen mit der ebenfalls neuen Farm-to-Fork-Strategie kann die Biodiversitätsstrategie Großes für die europäische Natur erreichen. Die deutsche EU-Ratspräsidentschaft bietet nun die Chance, diese richtigen Ansätze anzuschieben. 

Taxonomie als notwendiger Kompass

Die EU-Taxonomie kann als Kompass für die staatlichen Hilfen funktionieren und ist in den Überlegungen der EU Kommission auch bereits enthalten. Dieser Standard definiert die Nachhaltigkeit wirtschaftlicher Aktivitäten. Er muss dabei kohärent und wissenschaftsbasiert die Anforderungen aus der Bindung an das 1,5‑Grad-Ziel des Pariser Abkommens oder die Sustainable Development Goals abbilden. Die EU-Taxonomie ist wissenschaftlich fundiert und auf die Ziele des Green Deals abgestimmt. Das Instrument ist jetzt schon geeignet, um zielgerichtet zu unterstützen und schädliche Ausgaben zu vermeiden. Es muss konsequent in den Wiederaufbauprogrammen eingesetzt werden. Aktuell steht zu befürchten, dass dies nicht sicher ist. Eine beliebige Verteilung der Mittel durch die Mitgliedsstaaten ohne transparente Bindung an Klimaziele über die Taxonomie zu verhindern, ist zentrale Aufgabe der Ratspräsidentschaft.

Liebe Frau Bundeskanzlerin, als Krisenmanagerin haben Sie während der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Aufgabe, die EU-Staaten vom Weg in eine nachhaltige Zukunft zu überzeugen. Wann, wenn nicht jetzt? 

Der Beitrag Das ist die historische Chance, Frau Bundeskanzlerin erschien zuerst auf WWF Blog.

Fleisch: Schmeckt es Euch noch?

Massentierhaltung kann man als Tierfreund eigentlich nur schrecklich finden. Dass in Deutschland pro Jahr 55 Millionen Schweine und noch viel mehr Hühner geschlachtet und in alle Welt exportiert werden, ist spätestens seit Corona nicht nur moralisch, sondern auch gesundheitspolitisch relevant. Die derzeitige Intensivtierhaltung ist nicht nur ethisch fragwürdig. Sie ist ein Gesundheitsrisiko.

Seit dem Corona-Skandal im Schlachthof Tönnies wissen wir alle, dass in der Fleischindustrie auch Arbeiter zur Gewinnmaximierung ausgebeutet werden. Wir haben auch alle schon davon gehört, dass zwischen Tiermast und Regenwaldabholzung ein direkter Zusammenhang besteht. Und uns schmeckt das Fleisch immer noch?

Fleisch: Schweinehälften im Schlachthof
55 Millionen Schweine werden jedes Jahr in Deutschland geschlachtet © Marina Karkalicheva / iStock / GettyImages

Die Politik ist für diese ganzen Missstände verantwortlich, sagen wir. Es muss sich etwas ändern. Stimmt. Und zwar auch bei uns selbst.

Billig hat seinen Preis

Gut und billig soll unser Fleisch sein, unsere Wurst, unser Käse, unsere Milch. Doch billig hat seinen Preis. Zum Beispiel den Preis, dass in der fleischverarbeitenden Industrie Menschen aus Osteuropa als Billiglohnkräfte verheizt werden. Und dass Tierwohl immer noch klein geschrieben wird.

Hinweis: In diesem Beitrag ist eine Umfrage eingebunden, bitte besuche die Webseite, um an der Umfrage teilzunehmen.

Wenn es um Corona geht, zeigen wir angesichts von Corona mit dem Finger in ferne Länder. Wir reden über Wildtiermärkte in Wuhan, Buschfleisch in Afrika und immer wieder über Fledermäuse. Wir schütteln den Kopf über Ernährungs- und Lebensweisen in Südostasien und Afrika. HIV, Ebola, SARS, MERS und Co. – ihr Ursprung liegt woanders, der Funke springt eben in globalisierten Zeiten schlicht schnell über. Das Problem aber sind „die Anderen“. Darauf erst mal einen leckeren Burger um die Ecke.

Wir haben als Konsumentinnen und Konsumenten mehr mit dem wachsenden Risiko der nächste Zoonose zu tun, als wir wahrhaben wollen. Der nächste Viren-Sprung von Tier zu Mensch liegt vielleicht ganz nah — im Stall um die Ecke. Die Spanische Grippe stammte wahrscheinlich aus einem nordamerikanischen Hühnerstall. Das Schweinegrippevirus von 2009 wurde erstmals unweit von einem Schweinemastbetrieb in Mexiko nachgewiesen. Nutztiere spielen weltweit eine Rolle als potenzielle Überträger von Viren. Das kann jederzeit auch in Deutschland der Fall sein.

Die Sache mit den Antibiotika…

Zur Zoonosen-Gefahr gesellt sich die Resistenz-Falle. Zwar ist der Einsatz von Antibiotika in der Schweinehaltung in den letzten Jahren zurück gegangen. Dennoch kommen insbesondere bei Mastkälbern und ‑hühnern weiter Antibiotika inklusive wichtiger Reserve-Antibiotika zur Anwendung. Im Stall bilden Keime Resistenzen; multi-resistente Bakterien können durch die Stallabluft, durch Gülle und durch das Fleisch der Tiere auf den Menschen wechseln.

Umweltrisiko Fleisch

Große Geflügel‑, Schweine- und Rindermastanlagen produzieren viel zu viel Stickstoff, der als Teil reaktiver chemischer Verbindungen Probleme schafft. Zu hohe Nitrateinträge durch Gülle und Mist auf viel zu wenig Fläche bereiten Trinkwasserversorgern vielerorts Sorge. Stickoxide sind Luftschadstoffe, ebenso wie Feinstaubverbindungen, bei denen Ammoniak im Spiel ist. Lachgas, was aus überdüngten Böden entweicht, ist wiederum ein Klimakiller.

Fleisch frisst Land

Soja Bohnen
Soja: Sollen wir weiter importieren, was dem Regenwald schadet? © David Bebber / WWF-UK

Andernorts frisst unser Fleisch Wald und Wildnis auf, weil das billige Futtermittel Soja dort riesige Flächen braucht. Die EU ist hinter China der zweitgrößte globale Importeur von Soja. In unseren Futtertrögen landet Lebensraum von Menschen und Tieren, darauf weisen wir schon seit vielen Jahren hin. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass das in die EU importierte Sojaschrot aus Gebieten mit einem hohem Entwaldungsdruck stammt wie zum Beispiel Brasilien. Neben dem Verlust einzigartiger Savannen und tropischer Wälder geht dies auch auf Kosten des Klimas. Verschwindet Wald für Acker, werden Treibhausgasen frei.

Politik gefragt – und wir alle

Keine Frage: Wir brauchen einen breiten gesellschaftlichen Dialog über den Wert von Lebensmitteln und Natur. Über die Wertschätzung für nachhaltige Tierhaltung und Landwirtschaft. Wir müssen uns bewegen und verändern. Ja, da ist die Politik gefragt. Die Ausbeutung von Menschen im Schlachthof muss per Gesetz enden. Sicher, die Bundesregierung hat den Einstieg in mehr Tierwohl und Umweltschutz im Stall und auf dem Acker jahrelang verschleppt.

Folge uns in Social Media

Facebook
Twitter
Instagram
YouTube
RSS

 

Die Verantwortung liegt aber nicht allein in den Händen der Politik, des Lebensmitteleinzelhandels oder der Landwirt:innen. Sie schließt uns alle genauso ein.

Zurzeit stammt aber beispielsweise nur knapp ein Prozent des in Deutschland verkauften Fleisches aus dem Bio-Landbau. Veränderung beginnt bei uns auf dem Teller. Es macht mir in diesem Zusammenhang Hoffnung, dass in Deutschland offenbar deutlich seltener Fleisch auf den Tisch kommt als noch vor einigen Jahren. In der Umfrage “Ernährungsreport 2020” gaben 26 Prozent an, täglich Wurst oder Fleisch zu konsumieren. Im ersten “Ernährungsreport” vor fünf Jahren waren es noch 34 Prozent.

Wir sagen es schon lange, wir sagen es weiter: Wer sich sein Fleisch weiter schmecken lassen möchte, sollte weniger davon essen. Und die Finger von Billigfleisch lassen. Für das Tierwohl, das Klima, die Weltgesundheit, für dich selbst.

Der Beitrag Fleisch: Schmeckt es Euch noch? erschien zuerst auf WWF Blog.

Cerrado darf nicht sterben

Cerrado? Bei Südamerika denken wahrscheinlich die meisten an den Amazonas, die Anden und vielleicht noch die Pampas. Den Savannenwald Cerrado kennt hierzulande kaum jemand. Dabei ist der Cerrado wunderschön, riesengroß, sehr besonders – und leider auch massiv bedroht.

Was ist der Cerrado überhaupt?

Der Cerrado ist eine Savanne-Wald Landschaft in Südamerika. Das bedeutet: Dichtes Gras mit vereinzelten Büschen und Bäumen, aber auch fast geschlossene Waldgebiete. Etwa 25 Prozent der Fläche Brasiliens gehören zum Cerrado. Er grenzt im Norden an den Amazonasregenwald und an die Mata Atlantica im Süden. Der Cerrado ist keine ebenmäßige Fläche, sondern charakteristisch unterbrochen von den „chapadas“, ausgedehnten kilometerlangen Plateaus. Mit gut zwei Millionen Quadratkilometern ist der Cerrado so groß wie Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien und Großbritannien zusammen. Es ist das zweitgrößte Biom Südamerikas nach dem Amazonas-Regenwald.

Cerrado: Wertvolle Biodiversität
Der Savannenwald des Cerrado © Bento Viana / WWF Brazil

Warum ist der Cerrado so wichtig?

Der Cerrado ist die artenreichste Savanne der Welt. Fünf Prozent aller Arten der Welt kommen hier vor! Und viele sind endemisch, kommen also nur hier vor. Der Cerrado versorgt auch drei der größten Wasserquellen Südamerikas: den Amazonas, Paraguay und São Francisco.

Wodurch wird der Cerrado bedroht?

Der Boden des Cerrado ist sehr arm und sauer. Bis vor 50 Jahren galt der Cerrado daher als wertlos für die Landwirtschaft. Durch moderne tropische Agrartechnik entwickelte sich der Cerrado dann aber in die lukrative Kornkammer Brasiliens. 70 Prozent des brasilianischen Soja kommen inzwischen von hier. Von den ursprünglichen Wäldern stehen nur noch 20 Prozent. Ein weiteres Drittel ist schon stark beschädigt. Der Rest wurde vor allem zu Viehweiden gemacht, die wiederum zunehmend in Sojafelder umgewandelt werden. Jährlich werden immer noch circa 90.000 Hektar gerodet. Nur fünf Prozent des Cerrado sind geschützt.

Folge uns in Social Media

Facebook
Twitter
Instagram
YouTube
RSS

Unglaublich, wie schnell der Mensch eine so große Naturlandschaft massiv verändert. Die Folgen für die Artenvielfalt sind immens. Noch kann man auf intensiv bewirtschafte Sojafeldern Renditen von knapp 10 Prozent erwarten. Dadurch steigt der Druck auf die noch vorhandenen Reste des Savannenwaldes.

Nicht nur ich frage mich, wie lange die Böden des Cerrados den intensiven Sojaanbau tragen. Unter anderem wegen Pestiziteinsatz und Bodenerosion. Nachhaltig ist das jedenfalls nicht. Von sozialen Fragen wie der Verdrängung von Kleinbauern ganz abgesehen. Indigene haben fast keine Landrechte im Cerrado.

Cerrado: Brandrodung für Soja
Feuer in Brasilien. Wald schwindet immer schneller für die Landwirtschaft. © David Bebber / WWF-UK

Und wie viel hat das mit uns zu tun?

Tonnenweise. Ein Großteil des angebauten Sojas geht in die Massentierhaltung nach China und Europa. Dieses Fleisch wird dann vor allem in Supermärkten an uns Verbraucher verkauft. Mit Soja werden vor allem Schweine und Hühner gefüttert. China importierte 54 Millionen Tonnen, die EU 13 Millionen Tonnen im Jahr 2017. Wer sein täglich Fleisch braucht, muss wissen: Wir tragen mit unserer Massentierhaltung, die nur mit Sojakraftfutter zu den heutigen Preisen möglich ist, erheblich zur Entwaldung bei.

Achtung, jetzt kommt ein Satz zum Merken: Der Sojaanbau nimmt eine noch viel größere Fläche in Beschlag als der Anbau von Palmöl.

Wie können wir den Cerrado retten?

Eine Idee zur Rettung liegt darin, die Strategie aus dem Amazonas zu kopieren: eine Verpflichtung aller nicht weiter für Soja zu roden. Hat im brasilanischen Amazonas zumindest in Bezug auf Soja funktioniert. Seit 2006 gelang es dort, die Sojaproduktion auf bestehenden Flächen um 400 Prozent zu steigern. Dadurch ging der Anteil an der Regenwaldrodung für den Sojaanbau von 30 auf 1,5 Prozent zurück.

Auch im Cerrado würde sich eine freiwillige und privatwirtschaftliche Lösung anbieten. Die großen Soja-Unternehmen können sich zusammentun und sehr schnell auf entwaldungsfreie Lieferketten umstellen. Das geht unter anderem, weil wir ein Oligopol von nur sechs bis acht Unternehmen bei den Sojahändlern haben und weil in Brasilien ein jährliches Entwaldungsmonitoring auf Farmebene möglich ist. Stark vereinfacht: Wir können jährlich überprüfen, ob für eine Farm Flächen gerodet wurden. Wenn die Händler deshalb das Soja nicht mehr kaufen, dann ist das Problem gelöst. Zumindest das Problem der Entwaldung. Diese Lösung wäre ein großer Schritt. Es wäre dennoch nur ein Mindeststandard. Soziale und weitere Umweltprobleme sind dadurch nicht gelöst.

Cerrado: Soja soweit das Auge reicht
Cerrado: Soja soweit das Auge reicht

Eine gemeinsame Lösung zum Stopp der Entwaldung haben sich Ende 2019 mehr als 150 Unternehmen und Investoren zum Ziel gesetzt. Eine entsprechende Absichtserklärung wurde unterzeichnet. Doch die großen brasilianischen Sojaverbände ABIOVE und ANEC sind vor der finalen Unterzeichnung abgesprungen.

Was die Politik tun muss: Lieferketten und Mercosur

Ein ganz anderer Lösungsansatz liegt bei den Handelspartner Brasiliens. Deutschland diskutiert jetzt endlich ernsthaft ein Lieferketten-Gesetz, stellt aber bis jetzt keine Umweltkriterien auf. Die EU entwickelt ebenfalls ein Lieferkettengesetz. Wir können noch hoffen, dass dies wirkungsvoll die weitere Entwaldung verhindert.

Es kann schlicht nicht sein, dass die EU und insbesondere Deutschland Entwaldung und andere Umweltfragen im Rahmen des EU-Mercosur Freihandelsabkommens überhaupt nicht ernst nehmen. Dort ist gibt es keinerlei Verbindlichkeit im Umweltkapitel — das muss sich unbedingt ändern!

Deklaration der deutschen Lebensmittelkonzerne 

Ich kann nur begrüßen, dass sich jetzt in Deutschland Lebensmittelhändler für einen Stopp der Entwaldung einsetzen. In einer gemeinsamen Deklaration fordern Aldi-Nord, Aldi-Süd, EDEKA, Kaufland, Lidl, Metro, Netto Marken-Discount und Rewe die brasilianischen Sojahändler auf, die Entwaldung zu beenden. Die deutschen Lebensmittelhändler rufen die Sojakonzerne auf den Verhandlungstisch zurückzukehren, damit Vereinbarungen für eine entwaldungsfreie Sojaproduktion so schnell wie möglich in Kraft treten können. Aus anderen europäischen Ländern wie Norwegen, Frankreich und Dänemark kommen aktuell gleichlautende Appelle.

Der Beitrag Cerrado darf nicht sterben erschien zuerst auf WWF Blog.